2004-protokoll-nr-445
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen“
west_beirat_0304II.doc Vertraulich’ iederschrift 3/04 der 445, Tagung des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen am 23/24, April 2004 in Baden-Baden - it Maison Messmer“ * Es wird ausdriicklich~ insbesondere im Hinblick auf die Diskussion mit Gasten und die Verteilung von Unterlagen ~ auf den Vertraulich-Vermerk hingewiesen.
B. Tagesordnung J Mitteilungen des Vorsitzenden I. Feststellung der Tagesordnung TL Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitamg Iv Gutachten ,,Flat tax oder Duale Einkommensteuer ~ Zwei Entwiirfe zur Reform der deutschen Einkommensbesteverung“ V. Tagesordnung der nachsten Sitzung Vis Verrschiedenes I. Mitteilungen des Vorsitzenden
Il. Feststellung der Tagesordnung Die Tagesordnung wird in der vorliegenden Form gebilligt. 1 Bemerkungen zum Protokoll Das Protokoll wird ohne Anderungen angenommen. JV.___ Gutachten Flat Tax oder Duale Einkommensteuer — Zwei Entwiirfe zur Reform der deutschen Einkommensbesteueruno“ Vor Beginn der Diskussion thematisiert die Frage, wie das Gutachten veréffentlicht werden solle. Es konne beispielsweise so wie beim Beirat des BMWA verfahren werden (Auffthrung der Kommissionsmitglieder, Nennung des Kommissionsvorsitzenden). Der Beirat beschlieBt, dieses Thema bei seiner nichsten Sitzung ermeut aufzugreifen. Der Beirat berait den Entwurf des Gutachtens (Stand 7. April 2004) von Beginn an. Redaktionelle Anderungen, die sich aus der Diskussion ergeben haben, kénnen der Anlage entnommen werden. Ein Beiratsmitglied wirft die Frage auf, ob das Gutachten auf aktuelle Vorschlage aus Wissenschaft und Politik zur Reform der Einkommensteuer eingehen solle. Der Beirat spricht sich mehrheitlich ge- gen eine solche Erginzung aus. Es handle sich um einen wissenschaftlichen Text, der zwei Modelle gegenliberstelle. An dieser Grundkonzeption solle festgchalten werden. Anlasslich der Diskussion von Seite 4, Zeilen 18 ff. wird die Kommission gebeten, deutlicher heraus- zustellen, dass bei der Flat Tax (FT) die Veraniagung nur noch auf Antrag des Steuerzahlers erfolgen wirde. Damit komme es zu einer erheblichen Steuervereinfachung. Die weiteren Argumente zur Be- gréndung einer FT werden erértert und entsprechend ihrer Bedeutung im Text gewichtet. Die Kom- Kinderfreibetrag in HGhe von 10.000 € vorzusehen. In diesem Zusarmmenhang solle klar werden, dass sich die Kommission bzw. der Beirat ganz bewusst fiir die auf Seite 8f. dargestellte Lésung entschie- den habe. Der Beirat diskutiert den Aufbau des Kommissionsentwurfs, Einige Beiratsmitgheder hatten einen Entwurf gewtinseht, der zanachst das Fir und Wider beider Systeme auffiihre, bevor eine Entschei-
-4- dung ftir ein bestimmtes Modell dargestellt werde. Hierzu fithri ein Kommissionsmitglied an, dass es bei der Dual Income Tax (DIT) um eine pragmatische Lésung gehe, die aus theoretischer Sicht allerdings weniger gut zu begriinden sei. Deshalb sei es schwierig, FT und DIT gleichgewichtig darzu- stellen. Der Beirat erértert Vor- und Nachteile der Reformmodelle. Angefithrt wird, dass die FT nicht die Herausforderungen des internationalen Wettbewerbes beantworte. Hier sei die DIT die bessere Lé6- sung. Ein Kommissionsmitglied weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass im Gutachtenent- wurf bereits jetzt die Vorteile der DIT deutlich benannt wiirden. Ein Beiratsmitglied weist darauf hin, dass Steuervergleiche aus methodischen Griinden von einem gleichen Aufkommen ausgehen mtissen (Konzept der Differentialinzidenz). Erforderlichenfalls muss eine weitere Steuer gedindert werden. Dass Mitglied bittet deshalb darum, ,,in Paketen zu denken“ und wendet sich gegen die Feststellung eines anderen Beiratsmitgliedes, wonach die FT der Spezialteil einer DIT sei. Auch bei einer sinnvoll erganzten FT stiinde ein weiteres Instrument zur Verftigung, um dem internationalen Wettbewerb zu begegnen. So kénne eine Verringerung des Einkommensteuersatzes von einer Erhdhung des Umsatzsteuersatzes begleitet werden, wolle man das Steueraufkommen insgesamt sicher. Bei der DIT miisse man die Besteuerung der Arbeitseinkommen erhdhen, wenn man die Besteuerung der Kapitaleinkiinfte verringern wolle. Beides trafe die Arbeitseinkommen: Die DIT greife beim Bruttoeinkommen an, die erganzte FT bei der Verwendung des Nettoeinkommens. Ein anderes Beiratsmitglied betont die Schwierigkeiten, Einkiinfte aus Arbeit und Einkiinfte aus Kapital von einander abzugrenzen. Diese Erfahrungen hatten auch einige skandinavische Lander machen miissen, welche die DIT eingeftihrt haben. Dies spriche gegen die DIT. Ein Beiratsmitglied geht davon aus, dass ein kurzfristiges steuerpolitisches Handeln der Bundesregie- rung nicht zu erwarten sei. Demnach kénne das geplante Gutachten eine langfristige Orientierung fiir eine gute ordnungspolitische und korrekte steuerpolitische Entwicklung geben. Ein Beiratsmitglied bringt seine Uberzeugung zum Ausdruck, dass sowohl die FT als auch die DIT die Bezieher hoher Einkommen massiv begiinstigen, und kiindigt ein Minderheitsvotum an. Dem entgegnet ein Kommissionsmitglied, dass alle Formen der gegenwartig diskutierten Steuermodelle zu einer geringeren Umverteilung als im Status quo flihren. Das Ziel, Arbeitsplitze zu schaffen, kénne hoher als das Umverteilungsziel gewichtet werden. Ein Kommissionsmitglied informiert, dass die Berechnung der Steuermindereinahmen bei einem Wechsel zu einer FT mit einem Steuersatz von 30 v.H. auf Seite 9, FuBnote 5. noch nicht die Steuer-
-5- ausfalle eines erhOhten Freibetrages auch fiir Kinder in Héhe von 10.000 € berticksichtige. Tatsachlich Mrd. €; dabei seien Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer nicht berticksichtigt. Ein Kommissions- mitglied weist darauf hin, dass derartige Berechnungen statischer Natur seien und die vorteilhaften Anreizwirkungen der Systemumstellung nicht berticksichtigten. Ein anderes Kommissionsmitglied stellt fest, dass man bislang davon ausgegangen sei, die Steuer- mindereinnahmen einer FT mit hohen Freibetragen durch einen Abbau von Subventionen gegenfinan- zieren zu kénnen. Auf der Grundlage der nun vorliegenden Berechnung miisse man u.U. bereits zu Beginn des Gutachtens die ErhGhung anderer Steuern thematisieren. Im vorliegenden Entwurf des Gutachtens erfolge dies erst im hinteren Teil im Hinblick darauf, dass der internationale Wettbewerb eine FT unter 30 v.H. erfordern kénne. Ein Vertreter des Ministeriums hebt hervor, dass Steuerreformvorschlage ohne Gegenfinanzierungs- vorschlage sicherlich kaum auf Akzeptanz hoffen kénnten. Dies gelte im Ubrigen gerade auch mit Blick auf das Gutachten ,,Nachhaltige Finanzierung der Kranken- und Rentenversicherung“, das keine Vorschlage zur Gegenfinanzierung enthalte. Der Beirat beschlie8t mehrheitlich, das Aufkommensproblem der FT am Ende des dritten Abschnitts des Gutachtens zu thematisieren: Hier sollen dann auch die mit der Einfiihrung der FT verbundenen Steuermindereinnahmen genannt werden, die das Ministerium nach Vorgaben der Kommission ermit- teln wird. Dabei sind auch die Auswirkungen der Abschaffung einer méglichen Doppelférderung durch Grundfreibetrag in der Einkommensteuer und Kindergeldzahlungen zu berticksichtigen. Bei der Darstellung der DIT soll analog vorgegangen werden. Zur Berechnung der mit der DIT verbundenen Mindereinnahmen tibermittelt die Kommission dem Ministerium genaue Spezifikationen. Zur Klarung der Aufkommensunterschiede wird das Gutachten um eine Darstellung der systematischen Unter- schiede der FT und DIT erganzt. Bezug nehmend auf Seite 7, FuBnote 4, diskutiert der Beirat das Problem, dass unterschiedliche Hebe- sitze bei der Gewerbesteuer bzw. die Tatsache, dass Freiberufler nicht gewerbesteuerpflichtig sind, dazu fiihren, dass bei der FT unterschiedliche Steuersatze méglich sind. Damit werde der ,,Charme“ der Besteuerung an der Quelle verringert. Der Hinweis auf dieses Problem miisse zwar aufgenommen werden. Die Grundkonzeption der FT werde dadurch aber nicht in Frage gestellt, da die Masse der Steuerzahler keine Gewerbesteuer zahle. Es sei das Grundverstindnis der Kommission, dass ein Steuersatz von 30 v.H. die Gewerbesteuer bereits beinhalte. Ein Beiratsmitglied merkt an, dass eine ErhGhung der K6rperschaftsteuer auch in internationaler Hinsicht kontraproduktiv ware. Ein Beirats-
-6- mitglied weist darauf hin, dass sich das geschilderte Problem auch bei der DIT stelle, die zu einem einheitlichen Steuersatz fiir Kapitaleinkommen fiihren solle. Darauf kénne mit einer FuBnote hingewiesen werden. Ein Beiratsmitglied bittet deutlicher herauszustellen, dass die Einfithrung der FT auch zu SteuererhOhungen fiihre. So steige der Eingangsteuersatz von 15 v.H. auf 30 v.H.; dieser Anstieg werde allerdings durch héhere Freibetrage kompensiert. Die Kommission wird im Hinblick auf die hohen fiskalischen Konsequenzen gebeten, Seite 9, Zeile | um eine Begriindung zu erginzen, wieso fir Erwachsene und Kinder der gleiche Grundfreibetrag gel- ten solle. Grundsatzlich sei es méglich, mit unterschiedlichen Grundfreibetrigen zu arbeiten. In die- sem Zusammenhang weist ein Kommissionsmitglied darauf hin, dass im Lichte der gegentiber der ur- spriinglichen Berechnung héheren Steuerausfalle iiber die Héhe der Grundfreibetrage nachgedacht werden sollte. Ein Beiratsmitglied auBert die Befiirchtung, dass die FT an der unzureichenden Gegenfinanzierung eines hohen Kinderfreibetrags scheitern kénne. Ein anderes Mitglied des Beirats weist darauf hin, dass bei der DIT geringere Freibetrage méglich seien, weil der Eingangsteuersatz geringer ist. Ein Beiratsmitglied pladiert dafiir, auf Seite 10, Zeilen 8f., die Pendlerpauschale aufzunehmen, und wird dies schriftlich begriinden. Die Entscheidung iiber diese Erganzung wird vertagt. Um zu verdeutlichen, welche Einsparpotentiale bei den Steuervergiinstigungen bestehen, wird das Ministerium gebeten, zunachst die mit den Zuschlégen zur Nacht- und Feiertagsarbeit, der Eigenheim- zulage und der Pendlerpauschale verbundenen Steuermindereinnahmen zu berechnen. Bei den Ausfiihrungen ab Seite 11, Zeile 27, vermisst ein Beiratsmitglied den Hinweis, dass die DIT der FT im Hinblick auf die Besteuerung von Kapital klar tiberlegen sei. Dem entgegnet ein Kommissionsmitglied, dass die DIT nur aus Griinden des internationalen Wettbewerbs erklar- und rechtfertigbar sei. Die DIT berge die Gefahr, dass mittelstindische Untérnehmen diskriminiert werden. - Es sei problematisch, Gewinn- und Arbeitseinkommen voneinander zu trennen. Der Beirat unterstreicht, dass er sowohl die FT als auch die DIT fiir besser erachtet als die gegenwartige Form der Einkommensbesteuerung und beendet die Textdiskussion auf Seite 11, Zeile 25 der Kommissionsvorlage.
Vv. Tacesordnune der nachsten Sitzune Im Mittelpunkt der nachsten Sitzung steht das Gutachten ,,Flat Tax oder Duale Einkommensteuer — Zwei Entwiirfe zur Reform der deutschen Einkommensbestevuerung”. Das Gutachten ,,Nachhaltige Pinanzierung der Kranken- und RentenversicherungTM soll ebenfalls be- handelt werden. Die Beiratsmitglieder werden gebeten, mdgliche Stellungnahmen zu diesem Gutach- ten (Fassung vom 16. April 2004) bis Ende April an den Kommissionsvorsitzenden zu tibersenden. In der nachsten Sitzing wird dann eine Fassung vorgelegt, in der entsprechende Anderungen kenntlich gemacht sind. Auf dieser Grundlage kGnne die Diskussion fiber dieses Gutachten in der Mai-Sitzung abgeschlossen werden, AnschlieBend soll eine Redaktionskommission eingesetzt werden. Zu deren Fassung des Gutachtens kénnen die Beiratsmitglieder in einer noch festzulegenden Frist schriftlich Stellung nehmen. Danach kann tiber die Endfassung abgestimmt werden. Vor diesem Hintergrund beschlieSt der Beirat folgende Tagesordnung der nachsten Sitzung: Mitteilungen des Vorsitzenden 2R O Feststellung der Tagesordnung Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung Gutachten ,,Flat Tax oder Duale Einkommensteuer — Zwei Entwiirfe zur Reform der deutschen Einkommensbesteuerung* V. Gutachten ,.Nachhaltige Finanzierung der Kranken- und Rentenversicherung* VI Tagesordnung der nachsten Sitzung VIL ~—s-Verschiedenes VL Verschiedenes Entfalit, Berlin/Minster, den 7. Mai 2004 3&2. gez.