2004-protokoll-nr-448

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen

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                                                                                                          Vertraulich*
                                                  Niederschrift 6/04

                               er 4       agung     des Wi         haftlichen Beirats

                                  beim Bundesministerium der Finanzen

                                             am 8/9. Oktober 2004




A.   Teilnehmer




      Es wird ausdriickiich ~ insbesondere im Hinblick auf die Diskussion mit Gasten und die Verteilung von Unterlagen
      ~ auf den Vertraulich-Vermerk hingewiesen.
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Mitteilungen des Vorsitzenden

I.    Feststellung der Tagesordnung

I.    Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung

      Gespriich nit    I. aktuellen Fragen des europdischen Stabilitatspaktes
      Gutachten ,,Haushaltskrisen im Bundesstaat*

VL    Gutachten ,,Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer“ (erste Skizze)

VU.   Reform der Beiratsarbeit (interne Sitzung)

Vit   Sitzungstermine 2006-2007

      Tagesordnung der nachsten Sitzung

      Verschiedenes
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Mitteilungen des Vorsitze




Die Tagesordnung wird in der vorliegenden Form gebilligt.




lil.    Bemerkungen zum Protekoll



Das Protokoll wird mit einer Anderung angenommen. Auf S. 9 ist der letzte Absatz ,.Im Anschluss
... versenden soll.“ zu streichen.




        tatspaktes



ee secu: dem Beirat fir die Méglichkeit, zur aktuellen Reformdebaite
beim Europdischen Stabilitats- und Wachstumspakt berichten zu kénnen.



Das Urteil des EUGH zum Europiischen Stabilitétspakt vom 13. Juli 2004 habe zwei wesentliche Er-

gebnisse, die sowohl die EU Kommission als auch den Rat der Staats- und Regierungschefs gestarkt

hatten. Zum einen dirfe der Rat nicht ohne Vorschlag bzw. Empfehlung der KOM zusatzliche

Schlussfolgerungen abgeben — wie anlisslich der Sitzung des ECOFTN-Rates am 25. November 2003

geschehen. Zum anderen habe der Rat aber cinen Ermessensspielraum, wenn es um Schiussfolgerun-

gen aus den Analysen der KOM bei der Frage der Verletzung des Stabilitatspaktes durch einzelne

Mitgliedstaaten gehe. Er mtisse hier kemneswegs den Schlussfolgerungen der KOM folgen.
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In der Folge seien verschiedentlich Uberlegungen zur Interpretation bzw. Weiterentwicklung des Sta-

bilitatspaktes angestellt worden. So habe die KOM cin erstes Papier vorgelegt und zundchst drei wich-

tige Eckpunkte neu in die Diskussion eingebracht.

Zum Ersten miisse bei der Bewertung der Staatsfinanzen der einzelnen MS dem jeweiligen Schul-

denstand und seiner Dynamik sowie der Nachhaltigkeit mehr Gewicht eingeriumt werden. Zwar sei

die Nachhaltigkeit bereits jetzt Thema der Stabilitatsprogramme, notwendig sei allerdings eine Stir-

kung dieses Gesichtspunktes, ctwa durch Ausweitung der Berichtspflichten in diesem Bereich.

Zum Zweiten sollten die landerspezifischen Umstande starker als bisher bei der Bewertung beriick-

sichtigt werden. Das betreffe insbesondere die Wachstumsperformance, aber auch die Inflationsent-

wicklung, Fragen von Strukturreformen sowie der Investitionsbedarfe einzelner Linder.

Zum Dritten seien mehr landerspezifische Méglichkeiten im Verfahren zu implementieren. Das betref-

fe die Vermeidung von EinmalmaSnahmen und insbesondere das Sparen in guten Zeiten. Hier miissten

leichter als bisher Friihwamungen méglich sein.



Ausgehend von diesen positiven Grundansatzen habe sich die KOM in der Folge jedoch auf eine

strenge Kasuistik detailliert und mechanistisch zu definierender Falle versteift, welche die erforderli-

che Flexibilitat wieder zunichte mache. Die aktuellen Vorschlage der KOM wiirden nach Priifung

durch die Ausschiisse von den Finanzministern im ECOFIN-Rat Anfang November auf Basis eines

»Key Issues“-Papiers bewertet und sollten in der Folgezeit in eine abschlieBende Ratsposition miin-

den.



Erganzend berichteie               dass die Arbeiten zur Errichtung eines European Centers for Inter-

national Economy gut vorankommen. Auch das Projekt der Erstellung eines Tragfahigkeitsberichts

des BMF werde voraussichtlich 21 Beginn des kommenden Jahres abgeschlossen. SchlieSlich sei zur

Analyse der Qualitat der Staatsfinanzen vom Wirtschaftspolitischen Ausschuss der EU eine Arbeits-
gruppe unter deutschem. Vorsitz eingerichtet worden, die eine groBe Resonanz erfahre. Ein erster

Zwischenbericht dieser AG set fiir Beginn 2005 zu erwarten.



Die Diskussion dreht sich vordringlich um dic Interpretation des Stabilitatspaktes.

Ein Beiratsmitglied betonte, dass der Stabilitatspakt dynamisch zu interpretieren sei. So sei es notwen-

dig, Vorsorge fiir schwache Wachstumsphasen zu treffen, so z.B. durch Alternativszenarien und

-vorschlage. Der Gedanke einer aktiven Investitionspolitik sei dabei aber nach Auffassung einiger Bei-

ratsmitglieder zwiespiltig. Einerseits entspreche cine antizyklisch ausgerichtete Investitionspolitik

dem Verstandnis einer Goldenen Kreditregel, andererseits sei das eigentliche Problem aber die Quali-

tat der Offentlichen Investitionen, was dazu fiihre, dass Investitionen nicht zwangsliufig zum ge-

wunschten Wachstum fihrten.
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  Ein Beiratsmitglied wies in diesem Zusammenhang auf die Problematik des Schuldenstandskriteriums

  hin, denn dies knne einer Parallelpolitik Vorschub leisten; Schuldenabbau kénne vielmehr nur durch

  Wachstum gefordert werden.



              entgegnete, dass rein kurzfristige makrodkonomische Aspekte in der aktuellen Diskussion

 um den Stabilitatsaspekt zwar nicht beriihrt seien, dass aber zweifellos ein Policy Mix erforderlich sei,

 der auch den Aspekt der Qualitat der 6ffentlichen Finanzen im Blick behalten miisse.



 Im Weiteren drehte sich die Diskussion um die polit-Gkonomischen Aspekte des Stabilitatspaktes. So

 fragte ein Beiratsmitglied nach der Zukunft der derzeit bestehenden Sanktionsmechanismen und ihrem

 Verhdltnis zu einem méglichen eher praventiven Ansatz. Ein anderes Beiratsmitglied stellte die Wirk-

 samkeit zusatzlicher nicht mehr tberschaubarer Kriterien in Frage, denn es kénne und diirfe jenseits

 der 3 %-Regel nur wenige Interpretationen geben.



              fllhrte dazu aus, dass die bestehenden Sanktionsmechanismen nach wie vor Giltigkeit hit-

 ten, jedoch logischer Endpunkt eines Prozesses sein mtissten; daher miissc der Pakt an diesem Punkt

 auch nicht geindert werden.



 Ein Beiratsmitglied sah durch die aktuelle Diskussion und nicht zuletzt durch die relative Intranspa-

renz im Reformprozess dic Glaubwiirdigkeit des Stabilitatspaktes erheblich gefahrdet. Auf die Frage

nach dem weiteren Verfahren erlauterte               _ dass das Sekretariat des Wirtschafts- und Finanz-
ausschusses der EU und die KOM auf Basis eines Ecofin-Mandats Papiere zur Weiterentwicklung des

Paktes erarbeiteten und diese innerhalb des BMF durch entsprechende Arbcitsgruppen ausgeweftet

und gef. angepasst wirden.



                  dankt abschlieBend                      fiir die instruktiven Informationen und die in-

tensive Diskussion. Er schlagt vor, dass der Beirat sich mit dem zustindigen-

       bzw. mit dem Minister ber diese Frage weiter austausche.

                                                                   ?




Vv.     Gutachten .Haushaltskrisen im Bundesstaat“



Der Beirat berat den Entwurf des Gutachtens (Stand Januar 2004) allgemein und als Textiiberarbei-

tung von S. 7 bis Ende des Entwurfs (S. 40). Einvernehmliche Anderungen, die sich aus der Diskussi-

on ergeben haben, konnen der Anlage entnommen werden.
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Bei der Darstellung der Gkonomischen Begriindungen ftir das Eingreifen im Fall von Haushaltskrisen

(S. 7, Z. 1, bis S. 8, Z. 14) stellte sich zunachst die Frage, inwieweit das biindische Prinzip an dieser

Stelle — mit bkonomischem Bezug zu Externalitaéten — aufgegriffen werden solle. Es wurde deutlich,

dass dieses Prinzip eher unter ,,Institutionelles darzustellen sei. Hierzu werde es einen gesonderten

Textvorschlag eines Kommissionsmitglieds geben. Auch werde diesbeziiglich in der Einleitung auf
das Urteil des BVerfG Bezug genommen.



In der Textdarstellung miissten nach Auffassung eines Beiratsmitglieds auch einnahmeseitige Externa-

litaten (Zinseffekte, Belastung Kapitalmarkte) sowie der Zusammenhang mit dem Stabilitétspakt be- .

rucksichtigt werden. Ein Beiratsmitglied pladierte zudem dafiir, auch die Folgen konjunktureller Ent-

wicklungen anzusprechen. Es wurde allerdings entschieden, dieses Thema erst spater im Abschnitt zu

den Verschuldungsgrenzen anzusprechen.



Bei der Diskussion der Ausgestaltung mdglicher Eingriffe der bundesstaatlichen Gemeinschaft bei

eingetretenen Finanzkrisen (S. 8, Z. 16 ff.) wurden von einem Beiratsmitglied Uberschneidungen so-

wie Inkonsistenzen mit den Ausfiihrungen auf S. 6 des Textes festgestellt (hier 4 MaBnahmen, vorne

2 MaBnahmen).



Ein weiteres Beiratsmitglied regte an, bereits an dieser Stelle oder zumindest in einem spateren Text-

teil die Falle Bremen, Saarland, Berlin zu beschreiben und zu diesen konkret Stellung zu nehmen.

Auch sei die Einleitung scharfer zu formulieren und das Verfahren klarer zu fassen (dies spatestens

auf den 8. 20 ff.).




Ein Beiratsmitglied thematisierte den Begriff ,,unverschuldet‘ (S. 8, Z. 27 ff£.). Man kénne die Auffas-

sung vertreten, dass Haushaltskrisen immer durch politische Entscheidungen verursacht seien. Daher

miisse vor allem die Politik eingeschrankt werden, bspw. durch Mechanismen wie Genehmigungsvor-

behalte, die derzeit bereits gegentiber den Kommunen institutionell verankert seien. Aus polit-

okonomischer Sicht impliziere dies, dass in der Umsetzung der MaBnahmen das Anreizproblem als in-

stitutionelles Kernproblem gelést werden miisse. An dieser Stelle miisse als verbale Erlauterung zu-

mindest der Begriff des exogenen Schocks methodisch eingefiihrt werden und es sei auch klarzustel-

len, welche Art von exogenen Schocks gemeint sein konnen (z.B. Strukturbriiche massiver Art).



Zu Abschnitt 2.3.2. (S. 9, Z. 17 ff.) entwickelte sich eine Fusionsdebatte, die darauf hinauslief, dass

die Eigenstaatlichkeit kein notwendiges Problem der Notlage sei, sondern schlicht eine empirische

Frage eines systematischen Zusammenhangs und dass die Linderfusion daher keine zwingende Option

darstelle. So ergabe sich bei einer Landerfusion allein tiber den kommunalen Finanzausgleich eine vél-
6

a7«



 lige Neuverteilung der relativen Positionen mit erheblichen finanzwirtschaftlichen Konsequenzen. Der

 Kommission liegt zur Fusionsproblematik ein Formulierungsvorschlag vor, mit dem sie sich auseinan-

 dersetzen wird.

 Bei der Diskussion des Vorschlags einer Kombination von Hilfen mit einem Konkursverfahren (8. 11,

 Z. 18-34) wurde von einigen Beiratsmitgliedern auf das damit verbundene Glaubwiirdigkeitsproblem

 hingewiesen, das jeder Sanktion anhafte. Allerdings wurde auf das Beispiel Schweiz verwiesen, das

 durch Verankerung in der Verfassung das Glaubwiirdigkeitsproblem lése. Dieser Fall spiegele auch

generell die Probleme fOderativer Finanzverfassungen und mégliche Lésungen wider. Zu dieser Prob-

lematik kénne auch im Zwischenfazit Stellung genommen werden.



                               stellte fest, dass das Zwischenfazit (Abschnitt 2.3.5, S. 12, Z. 2 f£.) mit

Blick auf die Diskussion angepasst werde miisse. Auch solle das anschlieBende Kapitel 2.4. (8. 12, Z.

26, bis 8. 13, Z. 24) gektirzt und die Abgrenzung zum vorigen Kapitel deutlich gemacht werden. Dar-

liber hinaus wirden begriffliche Unklarheiten (Haushaltskrise, Finanzkrise) bereinigt.



Der Abschnitt zum Verschuldungsverbot (,,Balanced Budget Rules“) in Abschnitt 2.4.1. (8. 13,

Z. 26 ff.) betrifft nach Ansicht einiger Beiratsmitglieder im fOderalen Geftige die Verantworhing des

Bundes fir die Konjunktur und legt die Méglichkeit von Stabilisierungstransfers (Zuweisungen vom

Bund bzw. an ihn) nahe. Problematisch sei an dieser Passage aber das Fehlen eines polit-

Skonomischen Ansatzes, vor allem bei dezentraler Betrachtung. Gerade aufgrund der ahnlichen insti-

tutionellen Problematik kénnten Verschuldungsverbot und Verschuldungsgrenzen auch gemeinsam

behandelt werden: hier sei dann die Frage der Durchsetzbarkeit und Wirksamkeit der Regeln empi-

risch zu priifen. Allerdings sei in jedem Fall richtig, dass die Kreditfinanzierung Sffentlicher Ausgaben

aus polit-Gkonomischer Sicht ein héchst fragwiirdiges Instrument sei; deshalb wirden vicle Kammerer

im Hinblick auf ihre Kommunalhaushalte eine Ausgleichsregel bevorzugen.



Bei Abschnitt 2.4.4. des Entwurfs (Steuern auf dffentliche Verschuldung) wurde von einigen Beirats-

mitgliedern gefordert, dass die Nachteile ener solchen Lésung deutlicher gemacht werden miissten,

und zwar sowohl individuell fiir den Burger als auch aus der Makroperspektive (z.B. Zinseffekt). Der

Vorschlag zur Reform der Budgetprozesse (Volksabstimmung, S, 16, Z. 21 ff.) ) wurde tiberwiegend

als problematisch und komplex erachtet. In jedem Fall seien bei diesem Vorschlag die Abstimmungs-

ébene und der institutionelle Kontext naher zu kléren.



Das Kapitel zu den Sanktionen kann nach Auffassung einiger Beiratsmitglieder auch als MaBnahme

unter Préventionsgesichtspunkten und damit als Gliederungspunkt 2.4.6. cingeordnet werden.
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 Nach Meinung einiger Beiratsmitglieder miisse sich an die mdglichen MaBnahmen ein Zwischenfazi
                                                                                                t
 anschlieBen in dem die Prioritdten und Richtlinien aus allgemeiner Sicht beschrieben werden
                                                                                             (2.5.
Zwischenfazit: Verfahrensregeln bei eingetretenen Finanzkrisen). Dort miisse ua. geklart werden, wie

 ein Praventionsprogramm aussehe und dabei miisse klar herausgestellt werden, was vor und was nach

 Eintreten der Krise ablaufe. Die Méglichkeiten einer stirkeren Automatik miissten diskretiondr
                                                                                                en Ein-
griffen gegeniibergestellt werden, wobei die Regelbindung klar zu beschreiben sei (auch spater
                                                                                               im in-
stitutionellen Kontext). Allerdings diirften konkrete Mafnahmen oder Regeln erst spiiter
                                                                                         thematisiert

werden,




                              kundigte an, die Einleitung des nachfolgenden Kapitels 3 noch starker

institutionell auszurichten. Auf S. 18 wurden die Z. 12 bis 16 (Mitte) aufgrund der Unklarheit
                                                                                               des Ar-
guments gestrichen. Im Folgenden wurde das Zitat auf S. 19, Z. 22 ff. von einigen
                                                                                  Beiratsmitgliedern

als klarungsbediirftig erachtet; es miisse prizisiert werden, welche Funktion die im Zitat verwendeten

Indikatoren in diesem Gliederungsabschnitt hatten und wie sie im Vergleich zu alternativen Indikato-

ren (2.B. Nachhaltigkeit, Primarsalden, Ausgabenniveaus) bewertet wiirden.



Unter Abschnitt 3.2 Delegationsproblem (5S. 21, Z. 6 ff.) sei ein einfilhrender Ubergangssatz erforder-

lich, um den Kontext besser zu verdeutlichen. Im Text selbst seien u.a. asymmetrische
                                                                                      Schocks niiher

zu definicren und einige Gesichtspunkte der Anreizproblematik intensiver zu priifen. So sei die Inter-

pretation des Schleiers des Unwissens, der Méglichkeiten des Finanzausgleichs und allg.
                                                                                        des biindi-
schen Prinzips (S. 23, Z. 29 einfligen) im Falle des hier erérterten Gefangenendilemmas naher
                                                                                              zu qua-
hifizieren. Einen Ausweg aus dem Gefangenendilemma kénne nach Auffassung eciniger Beiratsmit-

glicder eine Zentralisierung im Sinne einer Verlagerung der Lasten auf den Bund bieten, verbunden

mit einer entsprechenden Kompetenzverlagerung. Von einigen Betratmitgliedern wurde tiberdies
                                                                                             die
Prifung cines Hinweises auf Basel I! und des dort verankerten Kommunal-Ratings bzw. generell
                                                                                             die
Moglichkeiten der Kontrolle durch die Kapitalmirkte empfohlen (S. 24, Z. 5/6).



Grundsatzlich wurde die Ubertragbarkeit des in diesem Abschnitt propagierten Modells eines
                                                                                           Ver-
schuldungsratcs mit entsprechenden Kumpetenzen in Zweifel gezogen. Die erforderlichen Kompeten-

zen seien zu klaren, dartiber hinaus bestehe ein Zeitinkonsistenzproblem hinsichtlich der
                                                                                          nétigen Hirte
bei den Sanktionen, des gesetzlichen Auftrags und der entsprechenden Praéferenzen. Eine zentrale
                                                                                                 Fra-
ge sei auch, welche Entscheidung zu delegieren sei, die Diagnose (Feststellung der Haushaltsnot
                                                                                                lage)
oder Sanktionsverteilung? Orientierung kénne hier nach Auffassung einiger Beiratsmitgl
                                                                                       ieder ein Ver-

fahren analog des Europdischen Stabilitaétspaktes bieten, verbunden mit einem mit entsprechen
                                                                                              den
Kompetenzen ausgestatteten Rat und sinnvollen Sanktionsméglichkeiten.
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-9-



  Die Diskussion um die Diagnose von Haushaltsnotlagen mittels Indikatoren (S. 24, Z. 23 ff.) drehte

  sich zum einen darum, wie die mittelfristige Perspektive beriicksichtigt werden kann (strukturelles De-

  fizit) und zum anderen, wie der Primariiberschuss exakt zu interpretieren sei (Einschrankung von

  Haushaltsspiclraum durch Vorabbindung von Haushaltsmittein). Auch seien Unklarheiten bei den

  Begniffen Zinslast, Zinsausgabenquote, Zinslastquote zu vermeiden. Ergdnzend wurde darauf verwie-

  sen, dass auch der Gesichtspunkt der qualitativen Konsolidierung, ggf. in Form von Indikatoren, abge-

  bildet werden miisse; dies habe Konsequenzen fiir mégliche MaBnahmen.



 Ein Beiratsmitglied warf die Frage auf, welchen Sinn die auf S. 30 ( Mitte) beschriebenen Darlegungs-

 pflichten hatten angesichts der durchaus praktizierten Falschmeldungen, wie sie jiingst auch im EU-

 Kontext zu beklagen seien.”                                     stellte fest, dass es sich hier um einen Be-

 eriff und cine Auflage des BVerfG handele und dass die Pflicht im Gutachten auch angercichert sei,
 etwa durch begriindete Stellungnahmen an Landesparlamente, was den Offentlichkeitsdruck spirbar

 erhéhen wiirde.



 Im Abschnitt zum Feststellungsverfahren fiir Haushaltsnotlagen (S. 31, Z. 17 ff.) wurde von einigen

 Beiratsmitglieder eine scharfere Begriffsbestimmung gefordert, so u.a. hinsichtlich des Beeriffs der

 » Wesentlichkeit'. Im Weiteren (S. 33, Z. 15) sei mit Blick auf die modgliche Gewdhrung von Sanie-

 rungshilfen zu klaren, was unter den im MaBstAbegesetz geforderten ,,ausreichenden Eigenanstren-

gungen” zu verstehen sei.|                          ;         _flihrte hierzu aus, dass eine tief greifende
 Strukturanalyse erforderlich sei und dass einfache finanzwirtschaftliche und Skonomische Indikatoren

zu wenig aussagekraftig seien. Allerdings sei die Strukturanalyse schwer zu objektivieren und stark

einzelfallbezogen. Daher kénne an dieser Stelle sinnvoller Weise auch nur die Einrichtung einer Ex-

pertenkommission gefordert werden, die extern begleitet werden miisse. Eine nahere Spezifizierun
                                                                                                 g

k6nne vorgenommen werden, dass bspw. die als Eigenanstrengungen deklarierten MaBnahmen auch

umgesetzt sein mtissen. Auch spiele der qualitative Aspekt gerade dann, wenn das betroffene
                                                                                            Land -

wie ium Falle Bremens - eine ,,Investitionsstrategie® verfolge, eine entscheidende Rolle.

im Ubrigen sei nach Auffassung _                                      die Bewertung der jeweiligen Sanie-
rungsstrategien Bremens und des Saarlands durchaus offen. Generell lieBe sich aber zumindest festhal-

ten, dass eine strikte Ausgabenlinie vorzugeben sei und sicherlich der Personalausgabenbereich ein

Hauptproblem der Konsolidierung sei, auch in Berlin.



Auch im Folgeabschnitt 4.4. MaBstabe ftir die Sanierung (S. 35, Z. 20 ff., insb. S. 36, Z. 33 ff.) sei
                                                                                                       der
allg. Ausgabendeckel (fir Plan und Ist) und die geforderte Verbesserung der Ausgabenstruktur besser

zu beschreiben (allgemeine Validitatsprifung, Personal, Sozialhilfe vs. Investitionen). Auch sci an
9

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dieser Stelle zu betonen, dass Ineffizienzen und Subventionen abzubauen sowie Privatisierungen und

qualitativ hochwertige Investitionen zu fOrdern seien.



Hier kann nach Auffassung                                 allerdings keine abschlieBende Bewertung

der méglichen Strategie vorgenommen werden, sondern kénnen lediglich Vor- und Nacheile beschnie-

ben werden. SchlieBlich sei im Anschluss immer zu klaren, wie verbindlich die MaSstébe seien und

welcher Mechanismus in Gang kommt. Nach Auffassung eines Beiratsmitglieds sei die Bewertung der

Bundeserginzungszuweisungen trotz des Hinweises auf §. 38, Z. 3, zu positiv und miisse weiter diffe-

renziert werden.



Fiir den letzen Abschnitt 5 (Weitergehende Vorschlége) wurde angeregt, diesen entsprechend der Dis-

kussion zu iiberarbeiten und zu erginzen, sowie entscheidende Stichworte im Text zu platzieren. Auch

solle eine Einordnung der Uberlegungen in die Finanzverfassung vorgenommen werden.


Im Anschluss an die Textdiskussion beschlieBt der Betrat. dass die Kommission den Entwurf tiberar-

beiten und die neue Fassung an die Mitglieder versenden soll.




Vi.   _ Gutachten_,. Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer* (erste Skizze)



Auf der Grundlage ciniger Uberlegungen der Kommission wird die Marschroute fiir das Gutachten mit
dem Arbeitstitel ,.Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer* festgelegt.



Ein Schwerpunkt der Diskussion bildete die Frage, ob in dem Gutachten zundchst ein zentrales Prinzip
eingeflhrt werden soll, um von dort aus eine Systematik fiir die Bemessungsgrundlage der Einkom-

menssteuer bzw. fiir etwaige Abziige entwickeln zu kénnen, oder ob ,,ohne Prinzip“ eine Systematik

im Sinne cincr Kasuistik entwickelt werden kénne,



Aus der Diskussion ergab sich, dass es nicht unbedingt um die Frage der Verwendung eines Prinzips

gehe, sondern eher darum, ob ein solches im Gutachten prominent behandelt werden miisse. Einige

Beiratsmitglicder wiesen darauf hin, dass selbstverstindlich cme Konzeption notwendig sei, erst dar-

aus ergiben sich mégliche Abziige.



Allerdings bestehe dann konkreter K]arungsbedarf bei den Abziigen. Grundsatzlich setze dieser K14-

rungsbedarf bereits bei dem Einkommensbegriff an sowie bei der Einkommensermittlung. Hier sei

bspw. das Problem der Gewinnermittlung ein zentrales Problem, vor allem mit Blick auf Uberlegun-
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