2013-protokoll-nr-506

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Sitzungsprotokolle des Beirats des Bundesministeriums der Finanzen

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Niederschrift   4/13

der 506.   Tagung des Wissenschaftlichen Beirats

    beim Bundesministerium der Finanzen

           am 4./5. Juli 2013 in Mainz
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B.       Tagesordnung:

 1.       Mitteilungen des Vorsitzenden
 I.       Feststellung der Tagesordnung
 fl.      Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung
 1V.      Gutachten/Stellungnahme »Finanzaufsicht/Bankenunion®
 Vv.      Gutachten/Stellungnahme ,,Der Staat als privilegicrter SchuldnerTM
 VI.      Diskussion iiber weitere mégliche Themen
 VIL.     Tagesordnung der nachsten Sitzung
 VIII.    Verschiedenes.



L        Mitteilungen des Vorsitzenden




 angenommen.




 IIL. _ Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung
 Das Protokoll wurde ohne Anderungen angenommen.


 IV.      _Gutachten/Stellungnahme ..Finanzaufsicht/Bankenunion“
 Entfallt.



 Vv.      Stellungnahme ,.Der Staat         rivilegierter Schuldner“
 ie -——s« fiihrte in die Diskussion ein, indem er die Struktur der Stellungnahme und
 Veranderungen gegeniiber der letzten Version erlauterte. In der allgemeinen Diskussion
 wurden die Anreize erértert, die aus der Finanzmarktregulierung entstehen, insbesondere die
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(Fehl-)Anreize die sich aus der Null-Risiko-Gewichtung von Staatsanleihen bei Banken

  ergeben. Die Abschaffung dieses Privilegs wiirde zu héheren Eigenkapital-Unterlegungen

 fiihren und steigende Zinsen bzw. Kapitalkosten fiir die Emittenten nach sich ziehen. Die

 relativen     Vorteile   von   Staatsanleihen   gegeniiber    anderen    Assetklassen    wiirden   sich

 verringern, innerhalb der Assetklasse wiirden die giinstigen Finanzierungsbedingungen fiir

 Deutschland gegentiber Staatsanleihen anderer Lander jedoch bestehen bleiben. Da eine

 héhere Eigenkapital-Unterlegung von Staatsanleihen durch den Bankensektor nicht kurzfristig

 zu realisieren sei, plddierte der Beirat dafiir, zur Ubergangsproblematik (Phasing-in) einen

 eigenen Punkt in die Stellungnahme aufzunehmen.


 Der Beirat erérterte, inwieweit Ankaufe von Staatsanleihen auf dem Sekund&rmarkt durch die

 EZB ein Privileg darstellten. Die Kommission sah in erster Linie die Substitutionsbeziehung

 zu anderen Anleihen auf dem Primérmarkt, die die EZB nicht kaufen diirfe (z.B. wiirden

 durch den Ankauf von Staatsanleihen Unternehmensanleihen relativ weniger nachgefragt).

Zum Teil hinge das Privileg auch davon ab, wie die Zentralbank die Geldpolitik ausgestalte

und sei daher nicht so eindeutig wie andere Privilegien.


Ob Haftungsiibernahmen fiir Staatsanleihen ein weiteres Privileg darstellen, war im Beirat

nicht unumstritten. Allerdings wurde daftir eingetreten, die unterschiedliche Behandlung

gegentiber privaten Emittenten herauszuarbeiten. Dieselbe Klarstellung wurde auch fir die

Ausnahmen von der Publizititspflicht und der Prospekthaftpflicht gewtinscht. Fiir private
Emittenten wirden Unterlassungen in diesen Bereichen scharfer beurteilt oder sogar zu

Straftatbestanden fiihren.

In der Diskussion um die Konsequenzen der staatlichen Privilegien wurde noch einmal

klargestellt, dass es nicht um Vorteile des Staates ginge, die er sui generis habe, sondern um

Privilegien, die zusatzlich tiber weitere Rechts- und Regulierungsvorschriften eingerdumt

werden. In Bezug auf geringere Kapitalkosten fiir staatliche Investitionen wurde ins Feld

gefiihrt,    dass   ein   Grofteil der   Staatsausgaben       nicht   Investitionen   seien,   sondern

Sozialausgaben und dass die politékonomischen Aspekte wie z.B. Wahlversprechen bei der

Verschuldung eine groBe Rolle spielten. Betont wurde in Bezug auf die aufgeweichten

Budgetrestriktionen, dass es Wechselwirkungen zwischen dem begiinstigten’ Zugang zum

Kapitalmarkt und der Verschuldungsneigung gebe: nicht nur steigerten die Privilegien die

Verschuldungsneigung, sondern durch die bestehende Verschuldungsneigung’ wiirden auch

erleichterte Zugdinge zum Kapitalmarkt gesucht.

Ferner berieten die Beiratsmitglieder, welche Effekte es habe, wenn der Staat als Bankier


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aufirete. Bei Ausleihungen der EZB an ,,staatliche’ Banken wiirden diese wegen der
(iibertragencn) besseren Bonitét bessere Konditionen erhalten. Andere Banken wtirden damit

schlechter gestellt werden. Landes- und Férderbanken wiirden die private Kapitalallokation
verzerren und in Konkurrenz zu privaten Kreditanbietern treten. Dies k6nne dazu fiihren, dass
Preise auf einem niedrigeren Niveau angesiedelt seien und unter Umstanden die notwendige
Kapitalbildung in Banken behindere. Private wiirden aus Geschaftsfeldern verdrangt, in denen

sie wegen der subventionierten Preise der ,.staatlichen* Banken nicht mehr konkurrenzfahig
anbicten k6nnen.

Bei der Diskussion der Schlussfolgerungen sprach sich der Beirat flir cine starkere
Eigenkapital-Unterlegung von Staatsanleihen aus. Fiir die Risikogewichtung wurde ins Feld
gefiihrt. dass diese den Gewichtungen von Anleihen privater Emittenten entspreche solle. Als

Ubergang zu einer stirkeren Eigenkapital-Unterlegung der Staatsanleihen wurde erértert, ob
ein Grandfathering von Alt-Anleihen eine Lésung darstelle. Dabei trat die Frage auf, ob dies

am Akteur oder am Wertpapier festzumachen sei. Wiirden diese Rechte verbrieft und
handelbar, wiirden Windfall-Gewinne entstehen, die dem Bankensektor zufielen.

Des Weiteren wurde debattiert, inwiewcit Intransparenz und Fehlinformationen seitens der

Politik-Vertreter mit Insidergeschaften gleichgesetzt werden kénnten. Politikinteressen und

Kapitalmarktinteressen seien doch sehr unterschicdlich, zumal auch handelnde Personen in
der Politik nicht persGnlich begtinstigt seien. Demgegentiber wurde cingewandt, dass auch in

der Politik Vorteile fiir die cigene Interessensgruppe bzw. ftir das eigene Land erreicht

wiirden, ahnlich wie sie cin Vorstandsvorsitz fiir sein Unternehmen erreiche. Dartiber hinaus

wurde eingewandt, dass maximale Transparenz zu wirtschaftlichen Ineffizienzen fihren
kénne (z.B. ein Bank-Run).

Die Kommission stellte fiir die November-Sitzung cine tiberarbeitete Fassung in Aussicht.

Gegf. werde sie im September fiber die Fortschritte berichten und das neue Kapitel zur
Ubergangsproblematik (Phasing-in) vorstellen.


VI.__   Diskussion tiber kiinftige Themen

 Europdische Bankenregulierung

                erlduterte, dass das aktuelle Gutachten von der Kommission zurtickgezogen

worden sei, da das Thema cinc solche Dynamik bekommen habe, dass zu den laufenden

 Entwicklungen kurzfristig nicht beigetragen werden kénne. Das Thema solle daher langfristig
 weiterentwickelt werden und den Aspekt des Bail-ins starker ausbauen.



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Der Beirat befiirwortete insgesamt, dass Eigentiimer zur Haftung herangezogen werden

  sollen. Das Thema passe gut in die Reihe der Beiratsverdffentlichungen, die fiir cin robusteres

  Finanzsystem eintreten.


  Kontrovers wurde iiber die Frage diskutiert, ob auch Fremdkapital                     zur Haftung mit

  herangezogen werden solle. Die Kommission vertrat die Auffassung, dass Fremdkapital

  haften solle, wobei das Haftungskapital idealerweise auBerhalb des Bankensektors gehalten

  werden solle. Dazu miissten (ggf. aufsichtsrechtlich) die Halter festgestellt werden. Auch

 stelle sich die Frage nach eigenen Beschlussrechten fiir Fremdkapital oder wandelbarem

 Fremdkapital. Andere Beiratsmitglieder beflirworteten erh6hte Eigenkapitalquoten, damit

 Konkurskosten nicht auf den Staat externalisiert werden kénnen. Dagegen wurde eingewandt,

 dass auf volkswirtschaftlicher Ebene nicht alle Sparer Aktiondre werden wollten, es wiirde

 also   immer    einen    gewissen     Fremdkapitalanteil     geben.     Auch   seien   die   unterstellten

 vorteilhaften Eigenkapital-/Fremdkapitalstrukturen nicht aus einem theoretischen Konzept

 abgeleitet und miissten begriindet werden.


 Die Haltung des Beirats konnte noch nicht abschlieBend festgestellt werden, jedoch wurde

 eine weitere Bearbeitung des Themas befiirwortet. Die Kommission stellte fir die September-

 Sitzung eine erweiterte Version des Gutachtens in Aussicht.



Steueroasen / Steuerflucht / BEPS (Base erosion and profit shifting)

                schlug als Thema die internationale Steuerverlagerung vor, das aktuell stark im

Fokus stehe. Diskutiert wurden als Inhalte eines solchen Gutachtens: die Besteuerung von

Lizenz- und Zinscinktinften, digitale Wirtschaft, die Definition von Betriebstatten und gef.

Country-by-Country-Reporting.


Uber die Zusammensetzung einer Kommission wurden noch keine Beschliisse gefasst.


Familienbezovene Leistunven

                  schlug     vor,     die   derzeit   durchgefiihrte     Evaluierung    der   ehe-   und

familienbezogenen        Leistungen     aufzugreifen    und   kritisch    zu    kommentieren.     Einige

Beiratsmitglieder stimmten zu, andere sahen Schwierigkeiten bei den empirischen Daten oder

den festzulegenden Zielsetzungen.


                    schlug vor,       das Thema zundchst noch stérker auf die Machbarkeit

auszuloten,
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Neuordnung der Ldnderjfinanzen /Féderalismuskommission Il
                    schlug als weiteres Thema die Nevordnung der Landerfinanzen vor, das
auf allgemeine Zustimmung stieB.

              s0t an, fir die September-Sitzung cine Themensammlung zusammen zu stellen.


Wachstum / Wohlstand/ Lebensqualitat
              trat dafiir cin, ankniipfend an den Bericht der Enquéte-Kommission des
Bundestags, sich diesem Thema zu widmen. Wohlstand und Wohlfahrt kénnten innerhalb der
Volkswirtschaftlichen    Gesamtrechnung       (VGR)_     starker   untersucht   werden   (z.B.
Haushaltsproduktion, Ehrenamt, Sozialwirtschaft), aber auch auBcrhalb der VGR, wenn man
neuere Forschungen zur Wohilstandsmessung der Stiglitz-Sen-Fitoussi-Kommission oder der
OECD (Better-Life-Index) heranzége. Auch kénnten Veriinderungen im Zcitablauf analysiert
werden. Der Vorschlag stieB auf ein geteiltes Echo im Beirat: zum einen wurde befiirwortet,
die 6konomischen Aspekte dieses Themas starker herauszuarbciten, zum anderen wurde als
Problem gesehen, dass sich Indikatoren auBerhalb der VGR nicht aggregicren licBen. Als
weiteres Problem wurde die Operationalisierung der konkret formulierten Politikzicle
gesehen.


                  sprach sich daftir aus, das Thema nicht zu priorisicren.


 Grundsdize der Finanzpolitik
                    regte an, aus heutiger Sicht Grundsdtze der Finanzpolitik zu formulieren,
 die als Prinzipien angcwendet werden kénnten. Wenn es auch cinzeine Beiratsmitglieder
 kritisch sahen, ob heutzutage cine solche Formulierung noch gelingen kénnte, wurde das
 Thema doch von der Mehrheit positiv aufgenommen.

                     bot an, Themen fiir die Diskussion zusammen zu stellen.


 VIL.   _Tagesordnung der nichsten Sitzung am 26./27.09.13 in Berlin
  I.       Mitteilungen des Vorsitzenden

  Il.      Feststellung der Tagesordnung

  Ii.      Bemerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung
  IV.      ggf. Vortrag BMF zum neuen Haushaltsverfahren

  Vv.      Stellungnahme _.Offentlich-rechtliche Medien ~ Aufgabe und FinanzierungTM
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VI.      Diskussion tiber weitere mégliche Themen

            gef. Punktationen zu Finanzaufsicht/Bankenunion mit neuen Schwerpunkten;

            Steueroasen/Steuerflucht, Grundsatze der Finanzpolitik: Féko IL

  VIL       Tagungsorte fiir 2015

  VU.       Tagesordnung der nichsten Sitzung

  IX.    — Verschiedenes.



VII. Verschiedenes

Entfallt.




Berlin, den 26. September 2013

gez.
                                                                 gez.
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