Än­de­rung des An­wen­dungs­er­las­ses zur Ab­ga­ben­ord­nung (AEAO), 31.01.2019

"Der Grund? Das Finanzamt selbst und die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen äußern sich dazu nicht: Aufgrund des Steuergeheimnis dürfe man dies prinzipiell nicht. Aber es gibt eine Anweisung aus dem Bundesfinanzministerium vom 31. Januar 2019, ein Erlass zur Abgabenordnung, welche die Gemeinnützigkeit von Vereinen regelt. Dort wird „klargestellt“: Eine Institution verliert ihre Gemeinnützigkeit, sobald sie in einem Verfassungsschutzbericht genannt wird und den vorgeworfenen Extremismus nicht widerlegen kann."

https://taz.de/VVN-BdA-nicht-mehr-gemeinnuetzig/!5644360/

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Seite 11 KStG auch Aufwendungen für die Erfüllung von Zwecken, die in der Satzung vorgeschrieben sind. Die Aufwendungen für gemeinnützige oder satzungsmäßige Zwecke können auch nicht aufgrund einer „Auflage“ als abziehbare Betriebsausgaben behandelt werden (Nicht- anwendung des BFH-Urteils vom 5.6.2003, I R 76/01, BStBl II 2005 S. 305).“ d) Die bisherigen Nummern 7 bis 11 werden die neuen Nummern 8 bis 12. e) Nach der neuen Nummer 12 wird folgende neue Nummer 13 eingefügt: „13. Unter Beschäftigungsgesellschaften sind Körperschaften zu verstehen, die - gegebenenfalls unter Nutzung arbeitsförderungsrechtlicher Instrumente und sonstiger Förderungsmöglichkeiten - die Hilfe für früher arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen ins- besondere durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, berufliche Quali- fizierungsmaßnahmen und Umschulungen zum Ziel haben. Beschäftigungsgesellschaften können in der Regel nicht als gemein- nützig behandelt werden, wenn sie Waren herstellen und vertreiben oder Leistungen an Dritte erbringen, da sie dann wie andere Unter- nehmen eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Dies ist kein gemein- nütziger Zweck. Dass durch die wirtschaftliche Tätigkeit Arbeitsplätze erhalten oder geschaffen werden, rechtfertigt nicht die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen ist mit jeder wirtschaftlichen Tätigkeit verbunden. Eine Beschäftigungsgesellschaft kann aber dann als gemeinnützig anerkannt werden, wenn das Schwergewicht ihrer Tätigkeit auf der beruflichen Qualifizierung, der Umschulung oder der sozialen Betreuung liegt. Werden dabei Waren hergestellt und vertrieben (z.B. im Rahmen einer Ausbildung angefertigte Sachen) oder Leistungen gegenüber Dritten erbracht, liegt insoweit ein wirtschaftlicher Ge- schäftsbetrieb (§ 14 Satz 1 und 2 AO) vor. Ist dieser steuerpflichtig, darf er weder Satzungszweck noch nach der tatsächlichen Geschäfts- führung Selbst- oder Hauptzweck der Gesellschaft sein. Ob der wirt- schaftliche Geschäftsbetrieb steuerpflichtig oder ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb ist, richtet sich nach den §§ 65 und 68 AO. Ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb liegt insbesondere vor, wenn die Voraussetzungen des § 68 Nr. 3 AO erfüllt sind. Danach sind Werk- stätten für behinderte Menschen, die nach den Vorschriften des Arbeits- förderungsgesetzes förderungsfähig sind und Personen Arbeitsplätze
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Seite 12 bieten, die wegen ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, sowie Einrichtungen für Beschäfti- gungs- und Arbeitstherapie, die der Eingliederung von Behinderten dienen, als Zweckbetriebe zu behandeln. Die Voraussetzungen des § 65 AO für die Zweckbetriebseigenschaft einer wirtschaftlichen Betätigung sind regelmäßig erfüllt, wenn sich der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in einer aus- oder weiterbildenden Tätigkeit gegen Teilnehmergebühren erschöpft. Sie sind auch erfüllt, soweit als Ausfluss der beruflichen Qualifizierungs- und Umschulungs- maßnahmen Waren hergestellt und veräußert oder Dienstleistungen gegenüber Dritten gegen Entgelt erbracht werden. Dagegen wird ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 64 AO) begründet, wenn die Herstellung und Veräußerung von Waren oder die entgelt- lichen Dienstleistungen den Umfang überschreiten, der zur Erfüllung der beruflichen Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen not- wendig ist. Bei der gemeinnützigkeitsrechtlichen Behandlung von Körperschaften, die ähnliche Zwecke wie die Beschäftigungsgesellschaft fördern, ist nach den gleichen Grundsätzen zu verfahren.“ f) Die bisherigen Nummern 12 und 13 werden die neuen Nummern 14 und 15. g) Nach der neuen Nummer 15 wird folgende neue Nummer 16 eingefügt: „16. Die entgeltliche Übernahme von Verwaltungstätigkeiten durch Einsatz- stellen, Zentralstellen und Träger i.S.d. §§ 6 und 7 Bundesfreiwilligen- dienstgesetz (BFDG) aufgrund von Verträgen nach § 16 BFDG begrün- det einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach § 64 AO (teilweise Nichtanwendung des BFH-Urteils vom 23.7.2009, V R 93/07, BStBl 2015 II S. 735).“ h) Die bisherigen Nummern 14 bis 36 werden die neuen Nummern 17 bis 39. i) In der neuen Nummer 18 wird die Angabe „(vgl. Nr. 17 des AEAO zu § 64)“ durch die Angabe „(vgl. Nr. 20 des AEAO zu § 64)“ ersetzt. j) In der neuen Nummer 20 wird die Angabe „i.S.d. Nr. 16 des AEAO zu § 64“ durch die Angabe „i.S.d. Nr. 19 des AEAO zu § 64“ ersetzt. k) Die neue Nummer 29 wird wie folgt gefasst:
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Seite 13 „29. l) § 64 Abs. 5 AO gilt nur für Altmaterialsammlungen (Sammlung und Verwertung von Lumpen, gesammelten Kleidungsstücken, Altpapier, Schrott). Zahngold ist kein Altmaterial. Die Regelung gilt nicht für den Einzelverkauf gebrauchter Sachen (Gebrauchtwarenhandel). Basare und ähnliche Einrichtungen sind deshalb nicht begünstigt (vgl. BFH-Urteil vom 11.2.2009, I R 73/08, BStBl II S. 516). Zu Kleiderkammern siehe Nr. 9 des AEAO zu § 66.“ Die neue Nummer 35 wird wie folgt gefasst: „35. Das Veranstalten von Trabrennen kann ein steuerpflichtiger wirtschaft- licher Geschäftsbetrieb nach § 64 AO sein, der mit dem Betrieb eines Totalisators einen einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bildet. Diesem Betrieb sind grundsätzlich sämtliche Einnahmen und Ausgaben zuzuordnen, die durch ihn veranlasst sind (BFH-Urteil vom 22.4.2009, I R 15/07, BStBl 2011 II S. 475). Nach § 64 Abs. 6 Nr. 2 AO kann der Gewinn aus dem Totalisator- betrieb der Pferderennvereine allerdings mit 15 % der Einnahmen angesetzt werden. Die maßgeblichen Einnahmen ermitteln sich insoweit wie folgt: Wetteinnahmen abzgl. Rennwettsteuer (Totalisatorsteuer) abzgl. Auszahlungen an die Wetter.“ 16. Nach der Nummer 8 des AEAO zu § 66 wird folgende neue Nummer 9 eingefügt: „9. 17. Der Einzelverkauf gesammelter Kleidungsstücke in einer Kleiderkammer oder einer ähnlichen Einrichtung kann ein Zweckbetrieb i.S.d. § 66 AO sein. Dies setzt voraus, dass mindestens zwei Drittel der Leistungen der Einrichtung hilfe- bedürftigen Personen i.S.d. § 53 AO zugutekommen.“ Der AEAO zu § 67 wird wie folgt gefasst: „AEAO zu § 67 - Krankenhäuser: Nach § 2 Nr. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz sind Krankenhäuser Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können. Krankenhausleistungen sind Leistungen, die unter Berücksichtigung
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Seite 14 der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung der Patienten notwendig sind. Es handelt sich u.a. um - ärztliche und pflegerische Behandlung oder - Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind, oder - Unterkunft und Verpflegung. Zu dem Zweckbetrieb Krankenhaus gehören damit alle Einnahmen und Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen (BFH-Urteil vom 6.4.2005, I R 85/04, BStBl II S. 545). Darunter fallen auch die an ambulant behandelte Patienten erbrach- ten Leistungen, soweit diese Bestandteil des Versorgungsauftrages des Krankenhauses sind. Gleiches gilt für typischerweise von einem Krankenhaus gegenüber seinen Patienten erbrachte Leistungen, soweit das Krankenhaus zur Sicherstellung seines Versorgungsauftrages von Gesetzes wegen zu diesen Leistungen befugt ist und der Sozialversicherungsträger die insoweit entstehenden Kosten trägt (BFH-Urteile vom 31.7.2013, I R 82/12, BStBl 2015 II S. 123, und vom 18.10.2017, V R 46/16, BStBl 2018 II S. 672). Der Versorgungsauftrag eines Krankenhauses (§ 8 Abs. 1 Satz 4 Krankenhausentgeltgesetz) regelt, welche Leistungen ein Krankenhaus, unabhängig von der Art der Krankenversicherungsträger, erbringen darf. Für die gemeinnützig- keitsrechtliche Beurteilung folgt daraus, dass für Leistungen, die außerhalb des Versorgungsauftrages erbracht werden, eine Zuordnung zum Zweckbetrieb Krankenhaus ausscheidet. Für die Zurechnung der Behandlungsleistungen zum Zweckbetrieb Krankenhaus ist es unbeachtlich, wenn die Behandlungen von Patienten des Krankenhauses durch einen ermächtigten Arzt als Dienstaufgabe innerhalb einer nichtselbstständigen Tätigkeit (Einkünfte nach § 19 EStG) erbracht werden. Für die Beurteilung eines Krankenhauses als Zweckbetrieb ist allein § 67 AO maß- gebend. Es müssen nicht zusätzlich die Voraussetzungen des § 66 AO erfüllt sein.“ 18. Der AEAO zu § 67a wird wie folgt geändert: a) In der Nummer 8 wird die Angabe „Nrn. 29 bis 36 des AEAO zu § 64“ durch die Angabe „Nrn. 32 bis 39 des AEAO zu § 64“ ersetzt. b) In der Nummer 17 wird die Angabe „Nr. 15 und 16 des AEAO zu § 64“ durch die Angabe „Nr. 18 und 19 des AEAO zu § 64“ ersetzt.
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Seite 15 19. Der AEAO zu § 68 wird wie folgt geändert: a) Der erste Absatz der Nummer 5 wird wie folgt gefasst: „Der Begriff „Werkstatt für behinderte Menschen“ bestimmt sich nach § 219 SGB IX. Werkstätten für behinderte Menschen bedürfen der förmlichen Aner- kennung. Anerkennungsbehörde ist die Bundesagentur für Arbeit, die im Ein- vernehmen mit dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe über die Anerkennung einer Einrichtung als Werkstatt für behinderte Menschen durch Anerkennungs- bescheid entscheidet (§ 225 SGB IX).“ b) Die Nummer 6 wird folgt gefasst: „6. Inklusionsbetriebe i.S.d. § 215 SGB IX sind rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen oder unternehmensinterne oder von öffent- lichen Arbeitgebern i.S.d. § 154 Abs. 2 SGB IX geführte Betriebe oder Abteilungen zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen, deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund von Art oder Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände voraussichtlich trotz Ausschöpfens aller Fördermöglichkeiten und des Einsatzes von Integrationsfachdiensten auf besondere Schwierigkeiten stößt. Inklusionsbetriebe i.S.d. § 215 SGB IX müssen mindestens 30 % und sollen in der Regel nicht mehr als 50 % der genannten Personengruppe beschäftigen, um sozialrecht- lich als Inklusionsbetrieb anerkannt werden zu können. Für die steuer- liche Eignung als Zweckbetrieb bedarf es insgesamt einer Beschäfti- gungsquote von mindestens 40 % der genannten Personengruppen. Auf diese Quoten wird auch die Anzahl der psychisch kranken beschäftigten Menschen angerechnet, die behindert oder von einer Behinderung bedroht sind und deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf Grund von Art und Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände auf besondere Schwierig- keiten stößt. Für Inklusionsbetriebe wird anders als bei Werkstätten für behinderte Menschen kein förmliches Anerkennungsverfahren durch- geführt. Als Nachweis für die Eigenschaft als Inklusionsbetrieb dient in der Regel der Bescheid des zuständigen Integrationsamtes über erbrach- te Leistungen nach § 217 SGB IX (Leistungsbescheid) sowie, im Falle einer Beschäftigung psychisch kranker Menschen, der Leistungsbe- scheid des zuständigen Rehabilitationsträgers. Bei der Ermittlung der Beschäftigungsquote von 40 % sind alle schwerbehinderten und psychisch kranken Menschen, für die das jeweils zuständige Integra- tionsamt bzw. der zuständige Rehabilitationsträger auch Leistungen der
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Seite 16 begleitenden Hilfe im Arbeitsleben nach § 217 SGB IX erbringen kann, zu berücksichtigen. Dies ist bei Inklusionsbetrieben bei Beschäftigten mit einer wöchentlichen Arbeitszeit ab 12 Stunden möglich. Ein über diese Grenze hinausgehend Teilzeitbeschäftigter wird voll angerechnet. Für Altfälle bis einschließlich VZ 2018 wird nicht beanstandet, wenn die bisherige Fassung der Nr. 6 des AEAO zu § 68 Nr. 3 angewendet wird.“ c) Die Nummer 7 wird wie folgt gefasst: „7. Zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten für (schwer-)behinderte Menschen schaffen Handelsbetriebe, die als wohnortnahe Einzel- handelsgeschäfte beispielsweise mit einem Lebensmittelvollsortiment und entsprechendem Einsatz von Fachpersonal betrieben werden. Mit dieser Beschäftigungsform soll behinderten Menschen eine Möglichkeit zur Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch außerhalb von Werkstätten für behinderte Menschen geboten werden. Handelsbetriebe, die keine Läden oder Verkaufsstellen von Werkstätten für behinderte Menschen i.S.d. Nr. 5 des AEAO zu § 68 darstellen, können als Inklusionsbetrieb (vgl. Nr. 6 des AEAO zu § 68) oder als zusätzlicher Arbeitsbereich, zusätzlicher Betriebsteil oder zusätzliche Betriebsstätte einer (anerkannten) Werkstatt für behinderte Menschen gegründet werden. Im letzteren Fall muss die Werkstatt für behinderte Menschen bei den Anerkennungsbehörden (§ 225 SGB IX) die Erweite- rung der anerkannten Werkstatt um den zusätzlichen Arbeitsbereich, den Betriebsteil oder die zusätzliche Betriebsstätte „Handelsbetrieb“ anzeigen und um deren Einbeziehung in die Anerkennung nach § 225 SGB IX ersuchen. Die Anerkennungsbehörden prüfen, ob die aner- kannte Werkstatt für behinderte Menschen auch mit einer solchen Erweiterung insgesamt noch die Anerkennungsvoraussetzungen als Werkstatt für behinderte Menschen nach § 225 SGB IX erfüllt. Handelsbetriebe, die von den Sozialbehörden als Inklusionsbetriebe gefördert werden, stellen grundsätzlich einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 3 Buchstabe c AO dar, wenn die Beschäftigungsquote von 40 % der Personengruppe erreicht ist. Die von den Sozialbehörden vorgenommene sozialrechtliche Ein- ordnung dieser Handelsbetriebe als Teil einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 68 Nr. 3 Buchstabe a AO) oder als Inklusionsbetrieb (§ 68 Nr. 3 Buchstabe c AO) soll von der zuständigen Finanzbehörde regel-
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Seite 17 mäßig übernommen werden. Dem zuständigen Finanzamt obliegt aber die abschließende rechtsverbindliche Entscheidung im Einzelfall. Dabei kommt den Bescheiden der Sozialbehörden (Anerkennungsbescheid nach § 225 SGB IX bzw. Bescheid über erbrachte Leistungen nach § 217 SGB IX) grundsätzlich Tatbestandswirkung zu. Die Bescheide stellen aber keine Grundlagenbescheide i.S.d. § 171 Abs. 10 AO dar.“ d) Die bisherige Nummer 15 wird durch folgende neue Nummern 15 bis 20 ersetzt: „15. An Veranstaltungen belehrender Art i.S.d. § 68 Nr. 8 AO sind keine besonderen inhaltlichen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass bei den jeweiligen Veranstaltungen überwiegend Vorträge gehalten werden, die naturgemäß belehrenden Charakter haben (BFH-Urteil vom 21.6.2017, V R 34/16, BStBl 2018 II S. 55). 16. Bei der Anwendung des § 68 Nr. 9 AO bestehen keine Unterschiede zwischen Wissenschaftseinrichtungen und Forschungseinrichtungen. Die nachfolgenden Erläuterungen zur steuerlichen Behandlung von Forschungseinrichtungen gelten deshalb auch für Wissenschafts- einrichtungen. 17. § 68 Nr. 9 AO gilt nur für Körperschaften, deren satzungsmäßiger Zweck die Förderung von Wissenschaft und Forschung ist. Fördert die Körperschaft daneben nach ihrer Satzung auch andere steuerbegünstigte Zwecke, ist § 68 Nr. 9 AO nur anzuwenden, wenn die Forschungs- tätigkeit bei der tatsächlichen Geschäftsführung die Förderung der anderen steuerbegünstigten Zwecke überwiegt. Die Sonderregelung in § 68 Nr. 9 AO geht der allgemeinen Regelung über die Zweckbetriebseigenschaft wirtschaftlicher Betätigungen in § 65 AO vor. Die Zweckbetriebseigenschaft der Forschungstätigkeit von Forschungseinrichtungen, auf die § 68 Nr. 9 AO anzuwenden ist, richtet sich deshalb ausschließlich nach dieser Vorschrift. Darauf, ob die Forschungstätigkeit die Voraussetzungen des § 65 AO erfüllt, kommt es nicht an. Dies gilt auch dann, wenn die Forschungseinrich- tung die Voraussetzungen des § 68 Nr. 9 AO für die Annahme eines Zweckbetriebs nicht erfüllt. Die gesamte Forschungstätigkeit ist in diesem Fall ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Die steuerliche Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft von wirt- schaftlichen Geschäftsbetrieben, die nicht unmittelbar der Forschung dienen, richtet sich nach den §§ 65 bis 68 Nrn. 1 bis 8 AO. Danach ist
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Seite 18 z.B. die teilweise Überlassung der Nutzung eines Rechenzentrums für Zwecke Dritter gegen Entgelt ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Zweckbetriebe kommen insbesondere bei der Förde- rung anderer steuerbegünstigter Zwecke in Betracht (z.B. Unterhaltung eines Museums durch den Träger einer Forschungseinrichtung - § 68 Nr. 7 AO). Betreibt eine steuerbegünstigte Körperschaft, auf die § 68 Nr. 9 AO nicht anzuwenden ist, auch Forschung, ist die Zweckbetriebseigenschaft der Forschungstätigkeit nach § 65 AO zu beurteilen. Hierbei sind die Grundsätze des BFH-Urteils vom 30.11.1995, V R 29/91, BStBl 1997 II S. 189, zu beachten. Danach ist die Auftragsforschung ein steuer- pflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Falls sich die Auftrags- forschung nicht von der Grundlagen- oder Eigenforschung abgrenzen lässt, liegt insgesamt ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäfts- betrieb vor. Eine Körperschaft ist nicht selbstlos tätig und kann deshalb nicht als gemeinnützig behandelt werden, wenn sie in erster Linie nicht steuer- begünstigte, sondern eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AO). Zweckbetriebe sind bei dieser Abgrenzung dem ideellen steuerbegünstigten Bereich zuzuordnen. Wenn eine Forschungseinrich- tung nach § 68 Nr. 9 AO ein Zweckbetrieb ist, besteht deshalb die un- widerlegbare Vermutung, dass das Schwergewicht ihrer Tätigkeit im steuerbegünstigten Bereich liegt. Bei einer Forschungseinrichtung, auf die § 68 Nr. 9 AO anzuwenden ist, deren Träger die Finanzierungs- voraussetzungen der Vorschrift jedoch nicht erfüllt, kann nicht zwin- gend davon ausgegangen werden, dass sie in erster Linie eigenwirt- schaftliche Zwecke verfolgt. Nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 4.4.2007, I R 76/05, BStBl II S. 631, ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob sich die Auftrags- forschung von der steuerbegünstigten Tätigkeit trennen lässt. Ist in diesem Fall die Auftragsforschung von untergeordneter Bedeutung, kann der Träger der Einrichtung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG gleichwohl steuerbefreit sein und die Auftragsforschung lediglich einen steuer- pflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 AO) darstellen. Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG geht nur dann verloren, wenn die Auftragsforschung als eigenständiger Zweck neben die Eigen- forschung (Grundlagenforschung) tritt und somit gegen das Gebot der Ausschließlichkeit des § 56 AO verstoßen wird. 18. Unter „Träger“ einer Forschungseinrichtung ist die Körperschaft (z.B. Verein, GmbH) zu verstehen, die die Einrichtung betreibt. Wie sich die
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Seite 19 Mitglieder oder Gesellschafter der Körperschaft finanzieren, ist ohne Bedeutung. 19. Die überwiegende Finanzierung des Trägers ergibt sich aus der Gegen- überstellung der Zuwendungen an den Träger von dritter Seite zuzüg- lich der Einnahmen aus der Vermögensverwaltung einerseits und der übrigen Einnahmen des Trägers andererseits. Zuwendungen von dritter Seite sind nur unentgeltliche Leistungen. Dazu gehören z.B. die Projektförderung von Bund, Ländern und der Europäischen Union, Spenden und echte Mitgliedsbeiträge. Fördert die Körperschaft auch andere steuerbegünstigte Zwecke als die Wissenschaft und Forschung und geschieht dies durch einen Zweck- betrieb, sind die Einnahmen und Überschüsse aus diesem Zweckbetrieb bei der Beurteilung der Frage, aus welchen Mitteln sich der Träger der Forschungseinrichtung überwiegend finanziert, nicht zu berücksich- tigen. Die Einnahmen und Überschüsse anderer Zweckbetriebe sind also weder als Zuwendungen noch als andere (schädliche) Mittel- zuflüsse zu erfassen. In welchem Jahr die Einnahmen anzusetzen sind, bestimmt sich nach den Grundsätzen der steuerlichen Einkünfteermittlung. Bei Körper- schaften, die den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 oder § 5 EStG) ermitteln, sind Forderungszugänge bereits als Einnahmen zu erfassen. Bei anderen Körperschaften sind die im Kalenderjahr zugeflossenen Einnahmen maßgeblich (§ 11 EStG). Der Beurteilung, ob der Träger einer Forschungseinrichtung sich über- wiegend aus Zuwendungen und der Vermögensverwaltung finanziert, ist grundsätzlich ein Dreijahreszeitraum zugrunde zu legen. Dieser umfasst den zu beurteilenden und die beiden vorangegangenen Veran- lagungszeiträume. Beispiel Jahr Zuwendungen und Vermögensverwaltung Andere Finanzierung Gesamt- finanzierung € € € 01 1.000 1.100 2.100 02 1.400 1.000 2.400
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Seite 20 03 1.200 1.300 2.500 Zusammen 3.600 3.400 7.000 Im Jahr 03 (zu beurteilender Veranlagungszeitraum) liegt ein Zweck- betrieb vor, weil sich der Träger der Forschungseinrichtung im maß- geblichen Beurteilungszeitraum (Jahre 01 bis 03) überwiegend aus Zuwendungen und der Vermögensverwaltung finanziert hat. Für die Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft im Jahr 04 ist die Finan- zierung des Trägers der Forschungseinrichtung in den Jahren 02 bis 04 zugrunde zu legen. 20. Die Anfertigung von Prototypen und die Nullserie gehören noch zur Forschungstätigkeit. Bei Routinemessungen, dem Routineeinsatz eines Ergebnisses und der Fertigung marktfähiger Produkte ist grundsätzlich anzunehmen, dass sich die Tätigkeit auf die Anwendung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse beschränkt. Dies ist eine Vermutung, die im Einzelfall von der Forschungseinrichtung widerlegt werden kann. Bei der Anfertigung von Gutachten kommt es bei der Zuordnung auf Thema und Inhalt an. Gutachten, in denen lediglich gesicherte wissen- schaftliche Erkenntnisse verwertet werden, gehören nicht zur For- schungstätigkeit. „Projektträgerschaften“ sind von der „Projektförderung“ zu unter- scheiden. „Projektförderung“ ist die Vergabe von Zuwendungen für bestimmte, einzeln abgrenzbare Forschungs- und Entwicklungsvorhaben an Forschungseinrichtungen, z.B. durch Bund, Länder und Europäische Union. Bei der Forschungseinrichtung liegen hierbei Zuwendungen i.S.d. § 68 Nr. 9 Satz 1 AO vor. „Projektträgerschaft“ ist die fachliche und verwaltungsmäßige Be- treuung und Abwicklung der Projektförderung durch Forschungs- einrichtungen (Projektträger) im Auftrag des Bundes oder eines Landes. Zu den Aufgaben der Projektträger gehören u.a. die Prüfung und Beur- teilung der Förderanträge der Forschungseinrichtungen, die eine Projektförderung beantragen, mit Entscheidungsvorschlag, Verwaltung der vom Zuwendungsgeber bereitgestellten Mittel, Kontrolle der Ab-
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