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Newsletter vom 29. Oktober 2023

Wie Tesla deutsche Politiker steuert und Elon Musk hofiert wird

FragDenStaat-Newsletter

Hallo!
 

„We are happy to use ‘erheblich’“ – die E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und Tesla liest sich zuweilen skurril. Das Wort „drastisch“ hatte Tesla nicht gefallen. Die Behördenmitarbeiterin änderte daraufhin gern die eigene Pressemitteilung für den Milliardenkonzern.


Die neue Recherche von Aiko zeigt, mit welcher Unterwürfigkeit deutsche Politiker und ihre Mitarbeiter*innen um die Gunst von Elon Musk und Tesla werben. Anhand dieser Recherche wollen wir Euch heute einmal zeigen, wie wir arbeiten:

 

Aiko arbeitet seit anderthalb Jahren als investigativer Journalist bei FragDenStaat und hat seine Liebe für die Informationsfreiheit inzwischen sogar per IFG-Tattoo verewigt: „Informationsfreiheit mit Nachdruck durchzusetzen hat für mich etwas sehr empowerndes und ist zugleich demokratisierend.“


Für die Tesla-Recherche stellte er bereits Anfang Februar 2022 die ersten IFG-Anfragen an das Land Brandenburg, das Bundeswirtschafts- sowie Umweltministerium und den Landkreis. Seitdem hat er sich gemeinsam mit Kolleg*innen vom Stern durch tausende Seiten E-Mails, Briefe, Gesprächsprotokolle und Tischvorlagen gewühlt und diese ausgewertet.
 

Wie entsteht eine Recherche?


Aiko: „Wenn wir ein Thema haben, das uns reizt, überlegen wir zuerst, bei welchen Behörden interessante Dokumente dazu liegen könnten und stellen dort die ersten allgemeinen Anfragen. Aus den Unterlagen, die wir bekommen, können wir oft viele weitere Ansätze bilden und entsprechend neue Anfragen stellen, bis sich ein Gesamtbild ergibt. Bei der Tesla-Recherche konnten wir etwa aus der Korrespondenz der Ministerien genau rekonstruieren, wann welche Termine stattgefunden haben und dann gezielt Unterlagen dazu anfragen. Oft gibt es auch kleine Details, die sich etwa in den Adresszeilen verstecken. So fanden wir heraus, dass der zuständige Landkreis extra eine eigene Mailadresse beim Umweltamt nur für Tesla angelegt hatte. Bis heute wurden übrigens noch immer nicht alle Anfragen aus der Recherche beantwortet, da vor allem die lokalen Behörden sich damit schwertun.“


Was haben wir herausgefunden?


Planungen zu einem „parlamentarischen Abend“ für Tesla-Mitarbeitende und Abgeordnete wurden gestoppt, als Brandenburgs Wirtschaftsministerium darauf hinwies, dass bei derartigen Veranstaltungen auch die Presse geladen werden müsse. Daneben wurde die Außenkommunikation der Behörden maßgeblich beeinflusst oder Interviewfragen für den Star-Gast Elon Musk bei einer Online-Konferenz vorher im Detail abgestimmt.


Am meisten Austausch gab es aber zu einem Subventionsantrag bei der Europäischen Union. Tesla sollte 1,135 Milliarden Euro für sein geplantes Batteriewerk aus dem sogenannten IPCEI-Topf erhalten. Die Beamt*innen des Bundeswirtschaftsministeriums halfen dem Konzern beim Ausfüllen der Antragsunterlagen, teilweise formulierten sie Anträge sogar selbst. Fast zwei Jahre Arbeit hatte das Ministerium in den letztlich gescheiterten Antrag investiert. Die Kosten könne man nicht beziffern.


„Aus einem Mailverlauf über knapp 200 Seiten konnten wir Stück für Stück rekonstruieren, wie das Ministerium die treibende Kraft hinter dem Antrag war – und wie wenig sich die Realität mit dem Bild deckt, das nach außen kommuniziert wurde. Unsere Kolleg*innen vom Stern haben das Ministerium dann mit den Ergebnissen unserer Recherchen konfrontiert. Die Antwort fiel erwartungsgemäß sehr ausweichend und nichtssagend aus.“
 

Startpunkt für unsere Kooperation mit dem Stern war übrigens unser Anfragenportal: Weil viele von Aikos Anfragen dort öffentlich einsehbar sind, entdeckte eine Journalistin des Stern, dass sie nicht allein mit dem Vorhaben ist, sich genauer mit Tesla in Deutschland zu beschäftigen. Deshalb sind wir das Thema mit vereinten Kräften angegangen und die Ergebnisse flossen in Veröffentlichungen in einer RTL-Reportage, mehrere Texte im Stern, einen Podcast und die Veröffentlichungen bei FragDenStaat.
 

Die Dokumente, die wir befreien, machen wir übrigens immer allen zugänglich. Auch bei der Tesla-Recherche kannst Du dich selbst durchklicken und dir einen Eindruck machen.

 

Für investigative Recherchen spenden

Investigative Recherchen brauchen Zeit. Die Tesla Recherche hat sich über anderthalb Jahre  gezogen. Die Antworten der Behörden lassen auf sich warten. Die Massen an Dokumenten, die wir letztlich erhalten, müssen durchgearbeitet werden. Und da wir vorzugsweise mit Medien kooperieren wollen, müssen wir die richtigen Partner finden. Darüber hinaus kommt es nicht selten vor, dass wir für wichtige Informationen klagen müssen. Auch gegen Ministerpräsident Woidke ist aktuell noch eine Klage offen.


Deine Unterstützung schenkt uns also die Zeit, die wir für sorgfältige Recherchen, die Missstände aufdecken, brauchen. Bitte unterstütze unsere investigative Arbeit mit einer regelmäßigen Spende, damit wir damit weitermachen können!

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Beste Grüße aus Berlin
Judith, Aiko und das gesamte FragDenStaat-Team

 

PS: Unser neuer Transparenzbericht ist online. Lies jetzt, was wir im dritten Quartal durch deine Unterstützung alles geschafft haben.