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Newsletter vom 19. März 2023

Transparenz-Niemandsland

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Hallo!
 

Ex-Kanzler Schröder jubelt vielleicht gerade, denn Informationen zu seinen Lobby-Aktivitäten für den russischen Konzern Gazprom müssen weiterhin nicht offengelegt werden. Wir wurden zuerst von Behörde zu Behörde geschickt, nur damit dann das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) zwei Mal unseren Eilantrag ablehnt. Willkommen im Transparenz-Niemandsland.

In diesem Newsletter wollen wir Euch dazu ein Update geben. In der Zwischenzeit sind wir aufgrund dieses Verfahrens offiziell als Presse anerkannt worden. Begonnen hat alles vor einem Jahr:

Sackgasse

Auch nach Ende ihrer Amtszeit stehen ehemaligen Bundeskanzler*innen in den Räumen des Bundestags Büros zur Verfügung – so auch Gerhard Schröder. Vergangenes Jahr wollten wir wissen, ob durch das Altkanzler-Büro und damit auf Steuerzahlerkosten private Lobby-Termine mit Gazprom und anderen russischen Staatskonzernen organisiert wurden. Schröder steht schon länger wegen seiner Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Kritik. Verstärkt hat sich das durch die russische Invasion in der Ukraine.

Per Eilantrag verlangten wir, jegliche Informationen zu seinen Lobby-Terminen offenzulegen. Womit sich Gerichte dann aber befassten, waren zwei andere Fragen: Erstens, ob wir überhaupt ein Presseorgan sind und Auskunft verlangen können. Und zweitens, wie bzw. wo das Büro des Ex-Kanzlers zu erreichen ist.

Die erste Frage konnten wir durch den Druck unserer ersten Zeitung klären. Damit können wir uns nun durch das OVG bestätigt auf das Presserecht berufen. Im gleichen Schritt entschied das Gericht allerdings, dass wir uns nicht ans Kanzleramt, sondern an Schröders Büro wenden müssen. Dabei hatten wir unsere Presseanfrage sowohl an das Kanzleramt als auch an das Ex-Kanzlerbüro gerichtet und hatten nur in dem Antrag an das Gericht das Kanzlerbüro nicht separat benannt. Eigentlich ist das alles jedoch hinfällig, denn Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren ohnehin die Bundesrepublik Deutschland und keine bestimmte Behörde.

Somit baute das OVG eine Sackgasse: Denn jetzt entschied das Gericht, dass das Schröder-Büro keine Auskunft geben kann, da es nicht mehr besetzt sei. Die einjährige Gerichts-Farce mit vielen Umwegen nimmt damit sein Ende, ohne Transparenz geschaffen zu haben.

Obwohl Schröder im vergangenen Jahr vom Haushaltsausschuss des Bundestags der Geldhahn zugedreht wurde, liegen die Infos über die Organisation seiner Lobby-Termine in den vergangenen Jahren weiterhin vor. Die Akten wurden offenbar nicht gelöscht. Nur können wir durch den OVG-Beschluss weder das angeblich nicht zuständige Kanzleramt noch das unbesetzte Ex-Kanzlerbüro verpflichten, uns die Infos herauszugeben.

Spiegel, ZEIT und der Tagesspiegel berichten über das Hin und Her in diesem Rechtsstreit, denn das öffentliche Interesse an Transparenz ist groß. Uns sind jedoch die Hände gebunden.

Manchmal kämpfen wir gegen Windmühlen. Es ist dennoch wichtig, sich auf diese Kämpfe einzulassen. Nur so können wir Öffentlichkeit schaffen, was wiederum zur Verbesserung der Praxis und Reformen führen kann. Unterstütze uns dabei mit Deiner regelmäßigen Spende!

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Beste Grüße aus Berlin
Judith und das gesamte FragDenStaat-Team