Sehr geehrteAntragsteller/in
mit Mail vom 15. Juni 2020 baten Sie um Übermittlung "alle(r) internen Unterlagen (z.B. Vermerke, Risikoanalysen, Stellungnahmen, Sprechzettel) die im Zusammenhang mit Schutzmaßnahmen für Lehrkräfte und Schüler bei der geplanten Wiedereröffnung der Schulen in der Corona-Pandemie stehen. Auf Pressemitteilungen und im Inernet veröffentlichte Informationen kann ich verzichten." Mit Mail vom 19. Juli 2020 an Herrn Alexander Kraft konkretisierten Sie Ihr Auskunftsbegehren und erweiterten Ihre Anfrage dahingehend, dass über die Grundschulen hinaus auch anderen Schulformen einzubeziehen seien.
Die erbetenen Unterlagen wurden unter der von Ihnen angegebenen Adresse hochgeladen. Die Unterlagen wurden mit dem Programm "7-Zip“ im ZIP-Format gespeichert, wobei wir die Dateien in 100 MB große Teilstücke gesplittet haben.
Die Herausgabe weiterer Dokumente wie Kabinettsvorlagen und Sprechzettel wird abgelehnt.
Begründung:
Die Herausgabe ist aufgrund von § 9 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 IZG-SH abzulehnen. Danach ist ein Antrag abzulehnen, soweit die Bekanntgabe der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Vertraulichkeit der Beratungen von informationspflichtigen Stellen hätte und wenn das sich aus der Nummer 3 ergebende öffentliche Interesse an der Geheimhaltung gegenüber dem öffentlichen Bekanntgabeinteresse überwiegt. So liegt es bzgl. der hier in Rede stehenden Dokumente.
Die darin enthaltenen Informationen fallen unter den von § 9 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 IZG-SH verwendeten Begriff der Beratung und gehören mithin dem Beratungsprozess als solchem an, da es sich bei den betroffenen Dokumenten um die Entscheidung der Landesregierung (Kabinettsbeschluss) vorbereitende und begleitende Unterlagen handelt. Insoweit bilden diese Unterlagen den behördlichen Willensbildungs- und Abwägungsprozess teilweise ressortübergreifend ab. Dieser ist auch noch nicht abgeschlossen, obwohl bereits Kabinettsbeschlüsse gefasst worden sind. Denn die Entwicklung der Corona-Pandemie ist als Gesamtvorgang zu verstehen, der es notwendig macht, durch Kabinettsbeschlüsse getroffene Maßnahmen laufend zu überprüfen und in Abhängigkeit zum Pandemie-Verlauf anzupassen.
Das Bekanntwerden dieser Informationen hat nachteilige Auswirkungen auf die Vertraulichkeit von Beratungen im Sinne von § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 IZG-SH. Solch nachteilige Auswirkungen sind anzunehmen, wenn eine ernsthafte und konkrete Gefährdung des Schutzgutes hinreichend wahrscheinlich prognostiziert werden kann. Der Schutz der Vertraulichkeit von Beratungen beruht auf der Notwendigkeit, Sachverhalte zu ermitteln, sie zu diskutieren und dann erst Entscheidungen zu treffen. Dies kann nur gelingen, wenn es den Beteiligten möglich ist, Meinungen und Einschätzungen frei zu äußern. Dies gilt aktuell umso mehr, da das Pandemie-Geschehen und diesbezügliche Maßnahmen noch immer akut sind und die in den Unterlagen enthaltenen Informationen (Einschätzungen und Meinungen) abhängig vom weiteren Verlauf der Pandemie geprüft, revidiert oder wieder aufgegriffen werden müssen. Die aktuelle Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen und Maßnahmen werden in der Öffentlichkeit - zum Teil äußerst kritisch - diskutiert. Die Bekanntgabe hätte zur Folge, dass durch Reaktionen in der Öffentlichkeit der freie Meinungsaustausch und die ergebnisoffene Meinungsbildung in den und zwischen den staatlichen Stellen nicht mehr unbelastet möglich wäre. Die ungestörte Vertraulichkeit der Beratungen innerhalb der Landesregierung und der jeweiligen Ressorts ist insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Lage jedoch unabdingbar.
Überdies sind die Wertungen und Einschätzungen der Landesregierung und einzelner Ressorts zu bestimmten Maßnahmen auch unter dem Aspekt des Schutzes des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung schützenswert und geheimhaltungsbedürftig. Die Bekanntgabe von Informationen, die insbesondere die Willensbildung der Landesregierung betreffen und sich auf Maßnahmen zum Umgang mit einem immer noch gegenwärtigen Pandemie-Geschehen beziehen, würde die Funktionsfähigkeit der Exekutive hinsichtlich der noch nicht absehbaren weiteren Entwicklung des Pandemie-Verlaufs beeinträchtigen. Weitere Maßnahmen sowie die Änderung bestehender Maßnahmen aus Gründen des Infektionsschutzes fallen in die eigenverantwortliche und selbstständige Kompetenzausübung der Landesregierung. Dies gilt vor allem für Erörterungen im Kabinett und die diese Erörterungen vorbereitenden Unterlagen.
Auch vor diesem Hintergrund ist zudem die Regelung des § 26 Satz 1 Geschäftsordnung der Landesregierung Schleswig-Holstein (GeschO LReg) heranzuziehen. Danach sind die Beratungen der Landesregierung vertraulich. Dazu gehören gemäß § 26 Satz 2 GeschO LReg im Besonderen auch die „Ausführungen der an der Sitzung Teilnehmenden“ sowie das „Stimmenverhältnis“. Aus den Informationen ließen sich die vorgenannten, unter einem besonderen Schutz stehenden „Ausführungen“ und „Stimmenverhältnis“ ableiten und die Bekanntgabe ist daher abzulehnen.
Darüber hinaus ist ebenfalls von einem eindeutigen Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Geheimhaltung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe auszugehen. Ihrer Anfrage nach begehren Sie die Herausgabe „alle(r) internen Unterlagen im Zusammenhang mit Schutzmaßnahmen für Lehrkräfte und Schüler bei der geplanten Wiedereröffnung der Schulen in der Corona-Pandemie“. Damit agieren Sie stellvertretend für eine Öffentlichkeit, die ein Interesse an der Bekanntgabe solcher „internen Unterlagen“ respektive Informationen zu den Hintergründen von einzelnen Maßnahmen der Landesregierung im aktuellen Pandemie-Geschehen hat. Damit ist das Interesse der Öffentlichkeit an der Geheimhaltung in Abwägung zu bringen. Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Maßnahmen des Staates erfordern von Verwaltungen und Regierungen eine dynamische Zusammenarbeit, um adäquat auf Entwicklungen reagieren zu können. Die Vertraulichkeit der Beratungen dieser staatlichen Stellen vor dem Hintergrund des Pandemie-Geschehens stellt dabei ein Schutzgut dar, dass derzeit noch viel mehr als sonst notwendig ist, um die Landesregierung ohne Einfluss von außen Entscheidungen und Maßnahmen treffen lassen zu können, die mehr als nur mittelbar dem Infektionsschutz und damit hochrangigen Rechtsgütern wie dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung dienen. Dieser Umstand für sich genommen bedingt schon ein Überwiegen des Interesses der Öffentlichkeit an der Geheimhaltung. Dieses Überwiegen wird durch das ebenfalls zu berücksichtigende Schutzgut des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung sowie den Wertungen der Geschäftsordnung der Landesregierung Schleswig-Holstein weiter verfestigt.
Mit freundlichen Grüßen