Sehr geehrter Herr Semsrott,
mit E-Mail vom 26.06.2020 bitten Sie beim Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) um folgende Informationen:
1. Sämtliche Informationen in Bezug auf die Ankündigung von BM Seehofer, eine Strafanzeige in Bezug auf die taz-Kolumne von Hengameh Vaghoobifarah zu stellen, insbesondere sämtliche Kommunikation dazu, unter anderem mit der Bild-Zeitung im Vorfeld des Interviews vom 21./22.6.2020. Ich beziehe mich ausdrücklich auch auf sämtliche Informationen, die auf Dienstgeräten des BM Seehofer vorliegen und (noch) nicht veraktet wurden, beispielsweise auf Tablets und Smartphones. Diese sind ebenfalls herauszugeben und dürfen nicht gelöscht werden. Zu den Informationen gehören unter anderem auch Vermerke, Leitungsvorlagen und Sprechzettel interne Kommunikation des BMI sowie Kommunikation mit anderen Behörden, darunter das Bundeskanzleramt und das Bundespresseamt.
2. Die Auskunft, wann BM Seehofer auf seinen Dienstgeräten die taz-Kolumne "All Cops are berufsunfähig" abgerufen hat und welche Kommentare er dazu in anderen Medien gelesen hat
3. Die Auskunft, wann die Kolumne im BMl-Pressespiegel auftauchte und auf welche weiteren Artikel dazu im Pressespiegel verwiesen wurde
Zu 1: Der Antrag wird unter Berufung auf§ 3 Nr. 1 lit. g und§ 4 IFG abgelehnt.
Nach§ 3 Nr. 1 lit. g IFG besteht der Anspruch nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens, den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren oder die Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitsrechtlicher oder disziplinarischer Ermittlungen haben kann.
Das ist hier der Fall. Denn eine Veröffentlichung könnte ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren, dass gegen die Autorin Hengameh Yaghoobifarah bei der Staatsanwaltschaft Berlin geführt wird, beeinträchtigen.
Bei den beantragtenlnformationen handelt es sich um ein rechtliches Gutachten, in dem eine strafrechtliche Würdigung der TAZ-Kolumne „All cops are berufsunfähig" auf bestimmte Straftatbestände vorgenommen wird.
Würde die konkrete juristische Subsumtion im noch laufenden Ermittlungsverfahren bekannt - zumal vom BMI, Referat ÖS I 1 gefertigt, dass die Themen Polizei und Strafverfolgung im Verfassungsministerium bearbeitet - bestünde die Besorgnis, dass die unabhängige Entscheidungsfindung der Staatsanwaltschaft vereitelt wird.
Der Anspruch soll gemäß § 4 IFG abgelehnt werden, für Entwürfe zu Entscheidungen sowie Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung, soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen den Erfolg der Entscheidung oder der bevorstehenden behördlichen Maßnahme vereitelt würde. So liegt der Fall hier ebenfalls. Denn nach dem Erscheinen der Kolumne hat der Minister die Prüfung einer etwaigen Strafbarkeit vornehmen lassen und die Chefredaktion der Zeitung zu Gesprächen eingeladen, die allerdings bis heute nicht stattgefunden haben. Da die Akten einschließlich der juristischen Einschätzung, ob eine Strafbarkeit vorliegt oder nicht, ebenfalls zur Grundlage des Gesprächs gemacht werden sollen, würde die vorzeitige Veröffentlichung den behördlichen Entscheidungsprozess und das zu führende Gespräch erheblich beeinträchtigen.
Zu 2: Herr Minister hat am Morgen der Veröffentlichung Kenntnis erhalten, auf allen ihm zur Verfügung stehenden Medien. Näheres ist nicht dokumentiert.
Zu 3: Im Pressespiegel des BMI vom 22.06.2020 wurde die Berichterstattung der Bild Berlin-Brandenburg (S. 2), der Frankfurter Rundschau (S. 25), der Süddeutschen Zeitung (S. 21) wiedergegeben.
[Rechtsbehelfsbelehrung]
Mit freundlichen Grüßen