Sehr geehrter Herr Semsrott,
mit Widerspruch vom 27. August 2020 haben Sie sich gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) vom 26. August 2020 gewandt.
Ursprünglich beantragten Sie mit E-Mail vom 25. Juni 2020 Zugang zu folgenden Informationen:
"Sämtliche Nachrichten aus der Whatsapp-Gruppe mit BM Scheuer und Augustus Intelligence (vgl.
https://www.handelsblatt.com/politik/...). Personenbezogene Daten können geschwärzt werden, soweit dies erforderlich ist und damit eine Drittbeteiligung verhindert werden kann."
Mit Bescheid vom 26. August 2020, zugestellt am 27. August 2020, wurde Ihnen mitgeteilt, dass dem Antrag nicht entsprochen werden kann.
Begründet wurde die Ablehnung damit, dass es sich bei den WhatsApp-Nachrichten des Ministers nicht um amtliche Informationen handele. Selbst wenn man eine Amtlichkeit annähme, lägen hier Entwürfe bzw. Notizen vor, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollten.
Gegen die Ablehnung Ihres Antrags haben Sie mit Schreiben vom 27. August 2020, hier eingegangen am 31. August 2020, Widerspruch erhoben.
Zur Begründung Ihres Widerspruchs führen Sie aus, dass die nach Ihrer Behauptung existierenden WhatsApp-Nachrichten Teil vermeintlicher Gespräche mit Augustus-Vertretern seien, die der Bundesminister als Minister geführt haben soll. Die WhatsApp-Nachrichten seien weder Entwürfe noch Notizen. Im Übrigen meinen Sie, dass es für den Informationsanspruch nicht entscheidend sei, dass etwaige Informationen nicht veraktet seien und verweisen in diesem Zusammenhang auf das Urteil des VG Berlin vom 26. August 2020 (Az. VG2K 163.18).
Es ergeht folgender Widerspruchsbescheid
1. Der Widerspruch vom 27. August 2020, hier eingegangen am 31. August 2020, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 26. August 2020 (Az.: SeIFG/286.2/1-556 IFG), wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens trägt der Widerspruchsführer.
3. Die Kosten werden auf 30,00 Euro festgesetzt.
Begründung:
I. Sachentscheidung
Ihr zulässiger Widerspruch ist unbegründet. Der mit dem Widerspruch angefochtene Bescheid des BMVI vom 26. August 2020 ist rechtmäBig und verletzt Sie nicht in Ihren Rechten. Eine erneute Überprüfung der Sach- und Rechtslage rechtfertigt auch unter Berücksichtigung Ihrer Widerspruchsbegründung keine abweichende Entscheidung.
Es besteht kein Informationsanspruch gemäß $ 1 Absatz 1 Satz 1 IFG, da bereits kein tauglicher Anspruchsgegenstand im Sinne des $ 2 Nummer 1 Satz 1 IFG vorliegt.
An der Ausgangslage, dass WhatsApp-Nachrichten keine amtlichen Informationen im Sinne des $ 2 Nummer 1 Satz 1 IFG darstellen, wie im Bescheid vom 26. August 2020 ausgeführt, hat sich insofern nichts geändert. Die Gründe aus dem Ausgangsbescheid gelten weiterhin.
Vor dem Hintergrund, dass allein die Zweckbestimmung der Information maßgeblich für die Feststellung der Amtlichkeit im Sinne des $ 2 Nummer 1 Satz 1 IFG ist, stellen etwaige WhatsApp-Nachrichten des Bundesministers keine amtlichen Zwecken dienende Informationen dar. Die Amtlichkeit der Information ist eine zwingende Voraussetzung, um von der Begriffsbestimmung des $ 2 Nummer 1 Satz 1 IFG erfasst zu werden. Sie ist erfüllt, wenn es um eine Aufzeichnung geht, die amtlichen Zwecken dient. Maßgeblich für die Feststellung der "Amtlichkeit" einer Information im Sinne des $ 2 Nummer 1 Satz 1 IFG ist demnach allein ihre Zweckbestimmung. Hier betreffen etwaige WhatsApp-Nachrichten aber weder das BMVI1 als informationspflichtige Stelle, noch fallen sie in Erfüllung ihrer amtlichen Tätigkeiten an. Sie stehen auch nicht in anderer Weise im Zusammenhang mit ihrer amtlichen Tätigkeit. Hierin liegt insbesondere auch der Unterschied zu dem nicht rechtskräftigen und durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) angefochtenen, von Ihnen in das Feld geführten Urteil des VG Berlin vom 26. August 2020 (Az. VG2K 163.18). Denn im Unterschied zu einem offiziellen Twitter-Account des BMI, der Gegenstand des Urteils des VG Berlin vom 26. August 2020 war und der auch eine amtliche Zwecksetzung hat, besteht für einen individuellen WhatsApp-Account eines Mitarbeiters/einer Mitarbeiterin oder eines Ministers im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur bereits keine derartige Zwecksetzung. Gegenstand des vorgenannten Urteils waren sog. Twitter-Direktnachrichten, die über den offiziellen Twitter-Account des BMI, dessen Nutzungsberechtigung außerdem das Referat Internet, Soziale Medien besaß, zur Beantwortung von Anfragen versandt wurden und dort eingingen. Das BMVI verfügt über keinen offiziellen WhatsApp-Account.
WhatsApp-Nachrichten als Kommunikationsform unterliegen grundsätzlich schon deshalb nicht dem Informationszugang, da sie heutzutage besonders anstelle der mündlichen Unterhaltung genutzt werden. Noch mehr als die Kommunikation mittels SMS-Schriftverkehr wird durch eine WhatsApp-Nachricht das telefonisch - oder in kleinem Kreis - nicht öffentlich gesprochene Wort ersetzt. Der Grund für die besondere Flüchtigkeit dieser informellen Kommunikationsmethode
mittels WhatsApp liegt zum einen in der Verwendungsfunktion und zum anderen in den unterschiedlichen Varianten von WhatsApp-Nachrichten. WhatsApp ist ein Instant-Messaging-Dienst und bietet die Möglichkeit, Nachrichten unmittelbar mit anderen Nutzern auszutauschen. Dieses Kommunikationsmittel geht insofern weiter als die SMS-Kommunikation, als Nachrichten unmittelbar dem Empfänger unmittelbar die Möglichkeit haben in einem "Chat" zu kommunizieren, sofern sie die Applikation zeitgleich nutzen. Diese Art der Kommunikation ersetzt in heutigen Zeiten der zunehmenden Nutzung von diversen Instant-Messaging-Diensten mindestens das gesprochene Wort.
Neben getippten Textnachrichten bestehen WhatsApp-Nachrichten zunehmend aus kurzen Sprachnachrichten, die ausgetauscht werden. Diese Sprachnachrichten werden häufig verwendet, wenn der Empfänger nicht zeitgleich online ist und aus diesem Grund keine Anrufe über WhatsApp getätigt werden können. Diese Anwendungsfunktion ermöglicht gewissermaßen ein zeitlich versetztes Telefongespräch, bei dem die Gesprächspartner die Möglichkeit haben, das Gespräch flexibel zu führen. Außerdem ist die Textlichkeit von WhatsApp-Textnachrichten zumeist auch deshalb gering, da sie häufig unter Verwendung der Diktierfunktion der Anwendung entstehen. Daneben bietet WhatsApp den Nutzern die Möglichkeit der Audio- und Videoanrufe, was den Unterschied zum SMS-Schriftverkehr nochmals verdeutlicht.
Diese Differenzen der Kommunikationsmittel machen deutlich, weshalb WhatsApp-Nachrichten in der heutigen Zeit mindestens die klassische Telefonie ersetzen. Anders als SMS-Schriftverkehr ersetzen WhatsApp-Nachrichten nicht nur das gesprochene Wort, sondern geben das gesprochene Wort unmittelbar wieder. Aus diesem Grund sind WhatsApp-Nachrichten grundsätzlich flüchtig und dürfen nicht unbefugt aufgezeichnet werden.
In diesem Sinne können etwaige WhatsApp-Nachrichten von Mitarbeitenden eines Ministeriums und damit auch des Bundesministers generell nur insoweit dem IFG unterliegen, als sie Teil der Akten werden. Leitlinie für diese Entscheidung ist, ob die Informationen für die inhaltliche Bearbeitung eines Verwaltungsvorgangs relevant sind. Ist das der Fall, werden diese Informationen festgehalten und in geeigneter Form entsprechend der Registraturrichtlinie veraktet. In diesem Sinne wurde eine solche Handhabung auch schon im Jahre 2013 in Bezug auf den SMS-Schriftverkehr der Bundeskanzlerin auf der Regierungspressekonferenz vom 14.01.2013 erläutert, vgl.
https://archiv.bundesregierung.de/arc...
sekonferenz-vom-14-januar-842562. In Ermangelung der nötigen Aktenrelevanz wurden hier etwaige WhatsApp-Nachrichten des Bundesministers nicht veraktet. Das BMVI hat entsprechend seiner Verpflichtungen zur ordnungsgemäßen Aktenführung gemäß der Registraturrichtlinie gehandelt. Ein Informationszugang auf nicht veraktete Kommunikation ist nach dem IFG ferner nicht geboten.
II. Kostenentscheidung
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 73 Absatz 3 Satz 3 Verwaltungsgerichtordnung (VwGO) in Verbindung mit § 80 Absatz 1 Satz 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG).
III. Festsetzung der Kostenhöhe (§ 10 IFG i. V. m. IFGGebV)
Die Kostenfestsetzung erfolgt auf der Grundlage des § 10 IFG in Verbindung mit § 1 Absatz 1 der Verordnung über die Gebühren und Auslagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (Informationsgebührenverordnung — IFGGebV).
Bei der festgesetzten Gebühr handelt es sich um die Mindestgebühr für das Widerspruchsverfahren gemäß Teil A Nummer 5 des zugehörigen Gebühren- und Auslagenverzeichnisses für einen Widerspruchsbescheid. Danach wird für die vollständige oder teilweise Zurückweisung eines Widerspruchs eine Gebühr bis zur Höhe der für den angefochtenen Verwaltungsakt festgesetzten Gebühr erhoben, mindestens jedoch 30,00 Euro. Tatbestände, die eine Gebührenermäßigung oder eine Befreiung von der Gebührenerhebung begründen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Bitte überweisen Sie den Betrag innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Bescheides unter Angabe des Verwendungszwecks wie folgt:
Empfänger:
BM für Verkehr und
digitale Infrastruktur
Bank:
BBk Leipzig (Deutsche Bundesbank, Filiale Leipzig)
BIC:
MARKDEF1860
IBAN:
DE38 8600 0000 0086 0010 40
Verwendungszweck / - | IFG 556 Kassenzeichen:
1180 0486 2788
Mit freundlichen Grüßen