Sehr
geehrteAntragsteller/in
mit Ihrer E-Mail vom 06. Januar 2021 beantragen Sie auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) Informationen zur beiliegenden Anfrage und den nachfolgenden Fragen:
1. Hat das Ministerium hier eingewirkt und an den entscheidenden Stellen eine Weisung erteilt, so dass eine Einzelfallprüfung erfolgt? Aus Ihrer Sicht wird demnach eine Bevölkerungsgruppe bevorteilt und kommt in den Genuss von UVG, obwohl der Vater eine Betreuungsleistung übernimmt.
2. Wie sehr greift das Ministerium in die Rechtsprechung ein und nutzt die Berater z.B. Verband der Alleinerziehenden oder Mütterverbände um Politisch Weichen zu stellen. Aus Ihrer Sicht werden Väter und vor allem Trennungsväter weiter ausgegrenzt.
3. Wie vereinbart der Staat die Grundsätze des Grundgesetzes (Gleichheit, Würde und Artikel 6 Abs. 2 u. 3 des Grundgesetzes). Trägt er dafür Sorge, dass die Gesetze auch umgesetzt werden?
Nach Kriterien des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) stellt Ihr Anliegen keinen IFG-Antrag dar, sondern es wird vielmehr eine Sachanfrage an die fachlich zuständige Stelle des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gestellt. Mit dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) erhält jede/r grundsätzlich einen voraussetzungslosen - wenn auch nicht ausnahmslosen - Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber Behörden des Bundes. Gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG besteht ein Anspruch auf Zugang zu vorhandenen amtlichen Aufzeichnungen. Demgegenüber gewährt das IFG insbesondere kein Recht auf Beantwortung von allgemeinen Fragen und Zusammenstellungen von Auskünften, die über die Einsichtnahme in amtliche Informationen hinausgehen.
Bei Ihrem Anliegen handelt es sich um Letzteres, daher ergeht in diesem Fall kein Bescheid nach dem IFG.
Ihres als Bürgeranfrage gewertetes Anliegen wurde innerhalb des BMFSFJ durch das Fachreferat fachlich geprüft.
Nachfolgend habe ich Ihnen die zusammengefasste Antwort beigefügt.
Aufgrund der zitierten Textpassagen wird auf die kleine Anfrage, welche unter
https://www.linksfraktion-tempelhof-sch… abrufbar ist, Bezug genommen.
Frage 1: Die Antwort des Bezirksamtes nimmt Bezug auf die Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG-RL). Diese Richtlinien beruhen auf einvernehmlichen Abstimmungen der zuständigen obersten Landesbehörden mit dem Bundesfamilienministerium. In der Richtlinie zum Unterhaltsvorschussgesetz ist folgendes geregelt:
„Das Unterhaltsvorschussgesetz wird nach Artikel 83 des Grundgesetzes von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt. Zur Gewährleistung einer bundeseinheitlichen Verwaltungspraxis ist zwischen Bund und Ländern im Hinblick auf Artikel 84 des Grundgesetzes vereinbart:
- Gemäß den nachstehenden Richtlinien zu verfahren, erforderlichenfalls auch im Rechtsmittelverfahren;
- In Fällen, in denen es zu einem Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungs-gericht oder vor einem anderen obersten Gerichtshof des Bundes kommt, die oberste Landesbehörde bei der Abfassung der Revisionsbegründung oder Revisionserwiderung zu beteiligen.
Insofern besteht – je nach landesrechtlicher Regelung – ein Weisungsverhältnis innerhalb des Landes. Auf diesem Weg stellen die Länder sicher, dass die vereinbarten UVG-Richtlinien beachtet werden.
Zum Alleinerziehendenbegriff im Sinne des UVG:
Im Gesetz ist dieser Begriff nicht näher definiert. Die Leistungen nach dem UVG, also Unterhaltsvorschuss oder Unterhaltsausfall-Leistung, kann ein Kind erhalten, welches bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet oder geschieden ist oder von seinem Ehegatten oder Lebenspartner dauernd getrennt lebt.
Die Auslegung orientiert sich neben dem Wortlaut auch am Gesetzeszweck, konkret dem Ausgleich besonderer Härten, die aus dem Zusammentreffen der alleinigen Alltagsverantwortung für ein Kind und dem gleichzeitigen Ausbleiben der laufenden Unterhaltszahlungen entstehen. Insofern knüpft die Leistung an das unterhaltsrechtliche Residenzmodell an, bei dem die Belastungen auf die Elternteile aufgeteilt werden in den Betreuungsunterhalt einerseits und den Barunterhalt andererseits.
Ab einem mehr als üblichen Anteil der Mitbetreuung durch den anderen Elternteil kann man nicht mehr davon ausgehen, dass der hauptsächlich betreuende Elternteil eine Doppelbelastung im Sinne einer besonderen, auszugleichenden Härte trägt. Das Unterhaltsrecht geht derzeit bis zu einer im wesentlichen gleichumfänglichen Betreuung durch beide Elternteile vom Vorliegen eines Residenzmodells und der Barunterhaltspflicht nur eines Elternteils aus.
Insofern ist es aus Sicht des barunterhaltspflichtigen Elternteils auch ohne Bedeutung, ab genau welchem Umfang der Mitbetreuung keine Leistungen nach dem UVG mehr gewährt werden. Der Unterhalt wird unabhängig davon geschuldet, ob Unterhaltsvorschuss gezahlt wird oder nicht und ob 1/4, 1/3 oder 40% des Monats durch diesen Elternteil betreut werden.
Die in der Antwort zur Kleinen Anfrage dargestellten Veränderungsschritte der UVG-RL beschreiben die historische Entwicklung. Die nun umfassende Darstellung zur Prüfung des „nur bei einem Elternteil lebend“ in der Richtlinie wurde aufgenommen, da die zuvor knappe Darstellung nach Rückmeldungen aus der Praxis keine ausreichende Orientierung bot.
Das beschriebene Vorgehen der UV-Stelle bei der Sachverhaltsermittlung im UVG-Antragsverfahren sowie folgenden Überprüfungen erscheint zutreffend. Gemäß der UVG-Richtlinie sollen die UV-Stellen die Einzelfälle zunächst schematisch und bei Anhaltspunkten für besondere Verantwortungsübernahmen vertieft einzelfallbezogen prüfen.
Frage 2: Das Bundesfamilienministerium greift nicht in die Rechtsprechung ein. Hinsichtlich der Gestaltung des UVG-Vollzugs gab es keine Nutzung von Beratern.
Frage 3: Der Staat schützt die Rechte seiner Bevölkerung. Dies geschieht auch im Rahmen der Bundesaufsicht über den Vollzug des UVG. Der Bund ist hier nach Artikel 84 Absatz 3 Satz 1 GG zur Aufsicht verpflichtet. Die Aufsicht erstreckt sich nicht nur auf das „Wie“, sondern auch auf das „Ob“ der Ausführung. Von einem rechtmäßigen Vollzug ist dann auszugehen, wenn im Rahmen der hinreichenden Beobachtung und Begleitung des Gesetzesvollzugs weder Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Durchführung noch für pflichtwidrige Untätigkeit vorliegen.
Mit freundlichen Grüßen