In der Verwaltungsrechtssache erklärt sich der Kläger mit einer Entscheidung des Vorsitzenden bzw. Berichterstatters anstelle der Kammer nicht einverstanden (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO). Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache bestehen auch Bedenken, den Rechtsstreit auf den Einzelrichter zu übertragen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 VwGO).
Zum Schriftsatz der Beklagten vom 21. Oktober 2022 nehmen wir wie folgt Stellung.
A. Sachverhalt
I. Finanzielle Mehrbelastung für die Studierenden
Die Beklagte behauptet, dass durch die Ausweitung des HVV-Tarifs grundsätzlich keine Verschlechterung für Studierende eingetreten sei. Die folgenden Ausführungen zeigen, dass das Gegenteil der Fall ist.
Die meisten hamburgischen staatlichen Studierendenschaften haben 1998 Semesterticketverträge mit den Verkehrsunternehmen im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) geschlossen, wie etwa die verfasste Studierendenschaft der Universität Hamburg (Vertrag der verfassten Studierendenschaft der Universität Hamburg und den HVV (Anlage K7)). Als Geltungsbereich des Semestertickets ist in diesem Vertrag der „Gesamtbereich“ in § 1 Absatz 2 in Verbindung mit Anlage 1 sowie § 2 Absatz 3 festgelegt worden (vgl. Anlage K7). Dieser Gesamtbereich wurde durch den HVV zum Fahrplanwechsel 2002 auf 2003 nach Schleswig-Holstein deutlich erweitert. Die Studierendenschaften haben damals zugestimmt, die daraus resultierenden Fahrgeldmindereinahmen mit 1 € pro Semester und pro Studierenden abzudecken (Anlage K8).
Auf Grundlage der „Öffentlich-rechtlichen Vereinbarung über die Integration von SPNV-Teilstrecken in den HVV-Tarif“ vom 7. Februar 2019 (im Folgenden: SPNV-Vertag) wurde das HVV-Gebiet zum Fahrplanwechsel 2019/20 nun um die Ringe F-H erweitert. Im selben Vertrag wurde der Gültigkeitsbereich des Semestertickets auf die Ringe A-E begrenzt (Anlage 1.3. zum SPNV-Vertrag). In diesem Zusammenhang hat sich der Gültigkeitsbereich des Semestertickets im Ergebnis um vier Haltestellen verkleinert: Die sechs Haltestellen Wolterdingen, Soltau-Nord und Soltau (Zone 1028), Leitstade und Hitzacker (Zone 1017) sowie Dannenberg-Ost (Zone 1027) sind entfallen, weil diese vom Ring E in den Ring F verlagert wurden. Dafür sind die zwei Gebietserweiterungshaltestellen Hesedorf und Bremervörde (Zone 959) zum Gültigkeitsbereich des Semestertickets hinzugekommen, weil diese innerhalb des Rings E liegen.
Diese Begrenzung des Gültigkeitsbereichs auf die Ringe A-E wurde mit den Studierendenschaften nicht abgestimmt. Im immer noch gültigen Semesterticketvertrag von 1998 zwischen dem HVV und der Verfassten Studierendenschaft der Universität Hamburg ist hingegen als Geltungsbereich des Semestertickets nach wie vor der „Gesamtbereich“ des HVV festgelegt. Dass der Gültigkeitsbereich des Semestertickets sich auf die Ringe A-E (mit neuem Zuschnitt des Tarifrings E) beschränkt, ergibt sich nur aus den Benutzungsbedingungen, die 2019 durch den HVV einseitig geändert worden sind (Anlage K9).
Durch die Benutzungsbedingungen wurde auch der tatsächliche Gesamtbereich des HVV in „Gesamtnetz“ umbenannt, was freilich den Zweck der in den Semesterticketverträgen erzielten Einigung auf eine Gültigkeit der Semestertickets im „Gesamtbereich“ des HVV untergräbt.
Die Verschlechterung besteht in mehrfacher Hinsicht. Zum einen ist durch die Begrenzung des Semestertickets auf die Ringe A-E der Gültigkeitsbereich tatsächlich um vier Haltestellen verringert worden. Eine Anpassung des Gültigkeitsbereichs des Semestertickets an das gesamte HVV-Netz wurde den Studierendenschaften nur gegen eine Preiserhöhung von 3,17€ pro Semester und Studierenden angeboten (Anlage K10). Es handelt sich dabei nicht um eine Preiserhöhung des Tickets im Rahmen der in den Semesterticketverträgen festgelegten jährlichen Verhandlungen zu normalen Preissteigerungen, sondern um eine zusätzliche finanzielle Belastung. Diese Preissteigerung ist im Vergleich zu den Preiserhöhungen anderer Zeitkarten deutlich höher, andere Zeitkarten sind sogar gar nicht betroffen. Das Spar-Senioren-Abonnement bleibt etwa im gesamten HVV gültig. Semesterticketinhabende müssen hingegen zusätzliche Fahrkarten kaufen, wenn sie die Ringe F-G nutzen wollen, was mit einer erheblichen finanziellen Mehrbelastung einhergeht.
II. Abstimmung mit den niedersächsischen Gesellschaftern
Anlässlich des Vortrages der Beklagten, es liege kein Einverständnis zur Informationserteilung durch die niedersächsischen Gesellschafter vor, sei darauf hingewiesen, dass die Zustimmung der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachen mbH (LNVG), rechtlich bei der Prüfung des Ausschlussgrundes nach § 6 Absatz 3 Nr. 1 HmbTG relevant ist. Diese Tatsache – dazu sogleich – spricht nämlich dagegen, dass eine Informationserteilung die Beziehungen zum Land Niedersachsen erheblich gefährden würde.
Diese Zustimmung ergibt sich aus der E-Mail der LNVG an die Beklagte vom 9. Juli 2021 (Seite 103 der Sachakte). Darin stimmt die LNVG der Zugänglichmachung des Gutachtens sowie der Verhandlungsprotokolle, soweit diese Bezug zu dem Semesterticket haben, ausdrücklich zu. Eine Gelegenheit zur Zustimmung zu der Zugänglichmachung der übrigen angefragten Unterlagen wurde der LNVG gar nicht erst gegeben, da die Beklagte nur den „Kompromissvorschlag“ zur Disposition stellte (S. 104 der Sachakte). Der Kompromissvorschlag beinhaltete statt der angefragten Informationen, insbesondere der Kommunikation, nur das geschwärzte Gutachten und die entsprechenden Verhandlungsprotokolle zur Verfügung zu stellen. Laut der Beklagten liegt der Vorteil dem Kläger nur den Kompromissvorschlag zur Verfügung zu stellen darin, dass
„aus diesen Unterlagen letztendlich nur hervorgeht, dass die Ausweitung des Geltungsbereichs des Semestertickets damals durchaus Gegenstand der gutachterlichen Betrachtung war und dann nur deswegen nicht erfolgte, weil keine Bereitschaft der Studenten dazu Bestand, den entsprechende Finanzierungsbedarf durch eine Preiserhöhung zu decken. Letztlich wird dadurch die schon bekannte Position der Aufgabenträger offengelegt, dass die Ausweitung des Geltungsbereichs des Semestertickets durch die Studenten finanziert werden müssen. So wäre dann auch nachvollziehbar erklärt, wie es am Ende zu der auf Seite 12 des fraglichen Vertrages befindlichen Regelungen gekommen ist, wonach das HVV-Semesterticket auf den fraglichen Strecken nicht gilt, bzw. auf den alten Geltungsbereich beschränkt bleibt.“ (E-Mail der Beklagten vom 30. Juni 2021, S. 104 der Sachakte).
Die Entscheidung, dem Kläger dann doch nur noch eine geschwärzte Version des Gutachtens zur Verfügung zu stellen, beruht laut den Aussagen der Beklagten in der E-Mail vom 4. Oktober 2022 allein auf dem Entschluss der Beklagten. Diese habe bei der Durchsicht der Unterlagen im Rahmen der Vornahme der Schwärzungen festgestellt, dass der Gutachtentext über die enthaltenen Zusammenfassungen und Beschreibungen der Abläufe bereits einen guten Überblick über die damaligen Geschehnisse gebe und dass die die vorhandenen Verhandlungsprotokolle keinen weiteren Mehrwert böten.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass soweit die niedersächsischen Gesellschafter zur Zugänglichmachung der Informationen befragt wurden, diese zugestimmt haben. Die Zurückhaltung der übrigen Informationen beruht auf einem Entschluss, den die Beklagte allein getroffen hat und der offenbar in erster Linie den eigenen Interessen dient.
B. Rechtliche Würdigung
I. Zulässigkeit
Die Klage ist zulässig. Dem Kläger wurde das Gutachten unter rechtswidriger Schwärzung zur Verfügung gestellt. Weitere vom Klageantrag umfasste Informationen, insbesondere die Verhandlungsprotokolle, wurden bisher nicht zugänglich gemacht. Die Klage bleibt daher zur Verfolgung des Anspruches aus § 1 Absatz 2 HmbTG geboten.
II. Begründetheit
Die Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zugang zu den im Antrag genannten Informationen aus § 1 Abs. 2 Hs. 1 HmbTG. Insbesondere ist die Beklagte auskunftspflichtig und die streitgegenständlichen Informationen unterliegen auch dem Anwendungsbereich des HmbTG (dazu unter 1.). Der Zurverfügungstellung des Gutachtens unter Schwärzung der personenbezogenen Daten steht weder der Schutz des geistigen Eigentums (dazu unter 2.) noch Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse entgegen (dazu unter 3.). Hinsichtlich der übrigen Informationen, etwa der Verhandlungsprotokolle und der Kommunikation, wurden keine Ausschlussgründe vorgetragen (dazu unter 4.).
1. Auskunftspflicht der Beklagten
a) Anwendbarkeit des HmbTG
Der Anwendungsbereich des HmbTG umfasst auch länderübergreifende Informationen sowie Informationen, die im Rahmen der interföderalen Zusammenarbeit entstanden sind. Die Beklagte ist damit im vollen Umfang der angefragten Informationen auskunftspflichtig.
Die Begrenzung des Anwendungsbereichs des HmbTG, die die Beklagte annimmt, überzeugt nicht, weder als grundsätzliche Begrenzung des Anwendungsbereichs noch über die von der Beklagten vorgeschlagenen Auslegung des § 2 Abs. 3 HmbTG. Beide Ansätze finden im Gesetzestext keine Stütze und brechen mit der Systematik informationsrechtlicher Zugangsansprüche. Sie sind darüber hinaus auch nicht aufgrund des Bundesstaatsprinzips geboten.
Der Anwendungsbereich wird von § 1 – 3 HmbTG definiert. Demnach kommt es darauf an, dass es sich um amtliche Informationen handelt, die bei einer informationspflichtigen Stelle vorhanden sind. Unter amtliche Informationen fallen alle Informationen, die zu amtlichen Zwecken aufgezeichnet worden sind (Bü-Drs 20/4466, Seite 13).
Von wem die Informationen herrühren oder bei wem die Federführung bei deren Entstehung gelegen hat, ist hingegen für den Anwendungsbereich unerheblich (Maatsch/Schnabel, HmbTG, 2. Auflage, § 1, Rn. 11). Gleichfalls ist es für den Informationszugangsanspruch unerheblich, unter welchen Umständen die Informationen entstanden sind, namentlich wie die interne Entscheidungsfindung gesellschaftsrechtlich oder vertraglich geregelt ist oder welche Themen sie berühren, soweit die Informationen zu amtlichen Zwecken gespeichert sind. Den Interessen Privater Dritter, anderer Bundesländer oder auch dem Schutz internationaler Beziehungen wird durch Ausschlusstatbestände (wie dem § 6 – 8 HmbTG) Rechnung getragen.
Diese Auslegung ist für informationsrechtliche Zugangsansprüche üblich. Auch das IFG des Bundes eröffnet nicht nur den Zugang zu Informationen, die von staatlichen Stellen des Bundes verfasst worden sind. Insbesondere können auch Informationen der Länder, Gemeinden, ausländischer Staaten, nationaler und internationaler Organisationen sowie privater Unternehmen oder wissenschaftlicher Institute über das IFG des Bundes erfragt werden, wenn sie bei einer Behörde des Bundes vorhanden sind. Nach der Gesetzesbegründung reicht es für den Zugangsanspruch ausdrücklich aus, dass die angefragten Informationen dem Bund dauerhaft zugehen (BT-Drs. 15/4493, Seite 7).
Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass es für die Anwendbarkeit des HmbTG irrelevant ist, dass die angefragten Informationen zum Teil auch Informationen über territoriale Gebiete außerhalb Hamburgs beinhalten oder dass private juristische Personen und das Land Niedersachsen an deren Entstehung beteiligt waren und durch die Informationen berührt werden. Hingegen ist es die Regel, dass Informationen, die unter informationsrechtliche Zugangsansprüche fallen, Themen berühren, die territorial wie sachlich außerhalb der Gesetzgebungskompetenz des jeweiligen Informationsfreiheitsgesetzgebers oder der Kompetenzen der informationspflichtigen Stelle liegen. So unterfallen beispielsweise die Lageberichte des Auswärtigen Amtes, die ausschließlich Informationen über für Asylverfahren relevante Herkunftsländer, also ausländische Staaten, enthalten, dem Grunde nach dem IFG des Bundes. Ebenso unterfällt die Kommunikation der Bremer Finanzbehörde zu den Themen „Cum/Cum- und Cum/Ex-Geschäfte“ unter das Landes-IFG, obwohl die Kommunikation zwischen Bund und mehreren Ländern betroffen ist und inhaltlich Themen, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Einkommens-/Umsatzsteuer) zuzuordnen sind, betroffen waren (VG Bremen, Urteil vom 8. Februar 2021 – 4 K 1437/19 – , juris, Rn. 23. 24).
Eine Verengung des Anwendungsbereichs, wie die Beklagte sie vorschlägt, würde dazu führen, dass das HmbTG nie zur Anwendung gelangen würde, sobald Informationen im Rahmen interföderaler Zusammenarbeit oder in Zusammenarbeit mit privaten Dritten entstanden wären und damit einen erheblichen Teil des hamburgischen Verwaltungshandels von vornherein vom HmbTG ausnehmen. Es würden erhebliche Lücken im Informationszugangsrecht entstehen, die von der Gesetzgebung der Länder nicht gewollt ist.
Hingegen wird den Interessen privater Dritter, anderer Bundesländer und internationaler Beziehungen durch entsprechende Schutzvorschriften und Ausschlussgründen Rechnung getragen. Dem Schutz der interföderalen Zusammenarbeit dient insbesondere § 6 Absatz 3 Nr. 2 HmbTG. Auch das erkennende Gericht geht in dem von der Beklagten zitierten Urteil davon aus, dass die dort streitgegenständlichen Informationen zur länderübergreifenden Reglementierung des Glücksspiels grundsätzlich dem Anwendungsbereich des HmbTG unterfallen, dass allerdings aufgrund der ablehnenden Stellungnahmen der betroffenen Bundesländer § 6 Absatz 3 Nr. 1 HmbTG einschlägig sei und daher diese von der Informationspflicht ausgenommen seien (vgl. VG Hamburg im Urteil vom 28.08.2018 – 17 K 6863/16). Würde die Begrenzung des Anwendungsbereichs, die die Beklagte vertritt, greifen, hätte diese Norm kaum noch einen Anwendungsbereich.
Daher kann auch allein die Tatsache, dass der Rechtskreis und die Interessen anderer Bundesländer berührt sind, nicht zur Nichtanwendbarkeit führen. Vielmehr muss die materielle Schwelle des § 6 Absatz 3 Nr. 1 HmbTG erreicht werden, namentlich müssen durch die Bekanntmachung der Informationen die Beziehungen zu einem Land nicht unerheblich gefährdet werden.
Wie die erkennende Kammer bereits entschieden hat, genügt § 6 Absatz 3 Nr. 1 HmbTG dem Bundesstaatsprinzip (VG Hamburg, Urteil vom 28. August 2018 – 17 K 6863/16 –, juris, Rn. 58). Selbst wenn man der Ansicht folgt, dass ein Widerspruch des betroffenen Bundeslandes ausreicht, um die von § 6 Absatz 3 Nr. 1 HmbTG geforderte nicht unerhebliche Gefährdung zu begründen, so sind auch an diesen Widerspruch Anforderungen zu stellen. Die erkennende Kammer führt dazu wie folgt aus: „Vorauszusetzen ist dabei, dass ein solches Widersprechen nach seriöser Befassung ergangen ist. Daran mag es im Einzelfall fehlen, wenn es etwa ersichtlich vorgeschoben oder aus offenkundig unsachlichen Gründen geäußert worden ist“ (VG Hamburg, Urteil vom 28. August 2018 – 17 K 6863/16 –, juris, Rn. 58). Dass ein solcher Widerspruch geäußert wurde, wurde bisher nicht vorgetragen und ist angesichts der oben bereits erläuterten Zustimmung der niedersächsischen Gesellschafter fernliegend.
b) Die Beklagte ist auskunftspflichtige Stelle nach § 2 Absatz 3 a.E. i.V.m. § 2 Absatz 4 Nr. 2 lit. a)
und b) HmbTG
Auch die Ausführungen der Beklagten auf Seite 6 zur Entscheidungsfindung innerhalb der HVV GmbH führen sind unerheblich. Ausschlaggebend ist alleine der Behördenbegriff, wie er in § 2 Absatz 3 a.E. definiert ist. Demnach gelten als informationspflichtige Stellen auch juristische Personen des Privatrechts, soweit sie öffentliche Aufgaben erbringen und dabei im Sinne der § 2 Absatz 4 HmbTG der Kontrolle der FHH unterliegen. Eine juristische Person des Privatrechts ist also nur insoweit auskunftspflichtig, als sie öffentliche Aufgaben wahrnimmt und dabei der Kontrolle der FHH unterliegt. Der ÖPNV fällt unstreitig unter den Bereich der Daseinsvorsorge und ist damit eine öffentliche Aufgabe (vgl. § 2 Absatz 10 HmbTG).
Eine Kontrolle der FHH ist gem. § 2 Absatz 4 Nr. 2 lit. a) und b) HmbTG gegeben. Wie in der Klageschrift ausgeführt, liegt Anteilsmehrheit als auch Stimmrechtsmehrheit vor. Diese Definition der Kontrolle ist abschließend (Maatsch/Schnabel, HmbTG, 2. Auflage, § 2, Rn. 29). Die gesellschaftsrechtlichen Machtverhältnisse bleiben unabhängig vom konkreten Aufgabenbereich gleich, so dass sich das „soweit“ nur auf die Aufgaben selbst bezieht (Maatsch/Schnabel, HmbTG, 2. Auflage, § 2, Rn. 38).
Die angefragten Informationen unterfallen danach dem Aufgabenbereich, der dem HmbTG unterworfen ist.
Weitere Aspekte der gesellschaftsrechtlichen oder vertraglich vereinbarten Entscheidungsfindung haben daher keinen Einfluss auf die informationsrechtliche Auskunftspflicht. Wie oben bereits erläutert, ist auch sonst im Informationszugangsrecht die Urheberschaft von Informationen für die Anwendbarkeit von Informationszugangsansprüchen irrelevant (Verwaltungsgericht Hamburg, 27. August 2010, 7 K 619/09, Rn. 30; VG Stuttgart, 17.05.2011, 13 K 3505/09, Rn. 50; Polenz, IFG § 2, 1. Aufl. 2017, Rn. 20). Auch Informationen, deren Urheber nur Private sind, können als amtliche Informationen informationsrechtlichen Zugangsansprüchen unterliegen, soweit sie anschließend bei einer Behörde im Rahmen der Aufgabenerfüllung gespeichert werden (so etwa bei Informationen, die im Rahmen eines Kartellver waltungsverfahren angefallen sind, vgl. OVG NRW, 22. Mai 2019, 15 A 873.18, Rn. 92). Selbst Informationen, an die die Behörde nur zufällig gelangt ist, können informationsrechtlichen Zugangsansprüchen unterliegen (Schoch, § 1, Rn. 32; Kugelmann, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, NJW 2005, 3609 (3610)).
Daher ist die Entstehungsgeschichte der Informationen für die Anwendbarkeit des HmbTG nicht von Bedeutung. Es ist insbesondere unerheblich, ob im Gesellschaftsvertrag darüber hinaus geregelt ist, dass bei den betroffenen Fragen Einvernehmlichkeit anzustreben und ein dennoch streitig ergangener Beschluss von den Genehmigungsbehörden in den jeweiligen Bundesländern zu genehmigen ist. Es kommt darauf an, ob die Informationen bei einer Behörde vorhanden sind und zu amtlichen Zwecken gespeichert worden sind. Abgesehen davon, sind die Ausführungen der Beklagten hinsichtlich der vertraglichen und öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für die HVV-Erweiterung falsch. Zunächst ist für Beschlüsse zur Tariferweiterung, um die es vorliegend geht, gar keine Einstimmigkeit erforderlich (§ 18 Abs. 4 Gesellschaftsvertrag). Darüber hinaus ist § 39 PBefG nicht einschlägig. Bei der HVV-Erweiterung handelt es sich um eine Erweiterung im Schienenpersonennahverkehr und nicht um eine Erweiterung von Straßenbahnen. Die Tarifgenehmigung muss daher unter Beachtung des Allgemeinen Eisenbahngesetz erfolgen. Die Tarifgenehmigung ist in § 12 AEG geregelt. Die zuständige Genehmigungsbehörde ist die Hamburger Verkehrsbehörde, weil der Sitz des HVV in Hamburg liegt, § 5 Absatz 4 Nr. 3 AEG. Die betroffenen oder anderen Bundesländer müssen gem. § 5 Absatz 4 Satz 3 AEG beim Tarifgenehmigungsverfahren nur angehört werden. Daher liegt hier eher eine noch „stärkere“ Kontrolle durch die FHH vor.
Selbst wenn man annimmt, dass Aufgaben, die sich nur auf ein anderes Bundesland beziehen, nach § 2 Absatz 3 a.E. HmbTG ausgenommen sind, betrifft dies nicht die angefragten Informationen. Die Tariferweiterung des HVV betrifft ganz überwiegend den hamburgischen Nahverkehr und die Berechnungen zum Semesterticket die Hamburger Studierendenschaften. Zwar sind zu einem geringen Anteil auch die Streckennetze in Niedersachsen betroffen. Eine klare Trennung nach Aufgabenbereichen ist jedoch nicht möglich. Eine gemischte Aufgabenteilung fällt unter das HmbTG (Maatsch/Schnabel, HmbTG, 2. Auflage, § 2, Rn. 38). Ansonsten könnten sich juristische Personen ihrer Auskunftspflicht entziehen, in dem sie Aufgabenbereiche, die – wie hier – größtenteils die FHH betreffen und deswegen dem HmbTG unterworfen sind, mit Aufgabenbereichen von viel geringerem Umfang, die aber ein anderes Bundesland betreffen, vermischen (vgl. a.a.O.). Das widerspricht dem vom Gesetzgeber gewolltem Anwendungsbereich des HmbTG.
2. Kein Ausschluss des Informationsanspruchs zum Schutz des geistigen Eigentums Dritter
Eine Veröffentlichung der von Schwärzungen betroffenen Stellen des Gutachtens der PTV Group vom 30.11.2018 zum Thema „HVV-Tarifausweitung Niedersachsen“ verletzt auch keine geistigen Eigentumsrechte, so dass die Informationspflicht gem. § 8 Abs. 1 HmbTG nicht ausgeschlossen ist.
a) Keine Werksqualität
Zunächst ist schon fraglich, ob es bei den von Schwärzungen betroffenen Stellen des Gutachtens um urheberechtlich geschützte Werke handelt. Gemäß § 2 Abs. 2 UrhG genießen nur persönliche geistige Schöpfungen Urheberrechtsschutz.
Wie die Beklagte richtigerweise ausführt, muss es sich zum einen bei dem betreffenden Gegenstand um ein Original in dem Sinne handeln, dass er eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt. Zum anderen ist die Einstufung als Werk Elementen vorbehalten, die eine solche Schöpfung in einem mit hinreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbaren Gegenstand zum Ausdruck bringen. Originalität ist dann gegeben, wenn der Gegenstand die Persönlichkeit seines Urhebers widerspiegelt, indem er dessen freie kreative Entscheidungen zum Ausdruck bringt. Daran fehlt es, wenn die Schaffung eines Gegenstands durch technische Erwägungen, durch Regeln oder durch andere Zwänge bestimmt wurde; Arbeitsaufwand oder bedeutende Sachkenntnis, die in die Gestaltung eingeflossen sind, genügen demnach nicht (BVerwG, Urteil vom 26. September 2019 - BVerwG 7 C 1.18, juris. Rn. 22).
Zwar mag das streitgegenständliche Gutachten Urheberrechtsschutz im Sinne des § 2 UrhG genießen. Die Beklagte hat jedoch nicht vorgetragen, inwiefern die einzelnen geschwärzten Abschnitte gesonderten Urheberrechtsschutz genießen. Die Beklagte hat insbesondere nicht vorgetragen, inwiefern die einzelnen Abschnitte die Persönlichkeit seiner Urheber widerspiegeln, indem sie deren freie kreative Entscheidung zum Ausdruck bringen (vgl. VG Berlin, Urt. v. 1.11.2021 – 2 K 142/20). Zur Begründung trägt die Beklagte lediglich pauschal vor, dass die erforderlichen Voraussetzungen, „d.h. ausreichende Schöpfungshöhe, individuelle Gliederung/Analyse/Auswertung und Darstellung sowie Auswahl einzelner Wörter“ vorliegen würden (vgl. Schriftsatz vom 21.10.2022, Seite 9).
Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Abschnitte Berechnungen und Ergebnisse wiedergeben, die auf den von der HVV GmbH zur Verfügung gestellten Daten sowie auf wissenschaftlichen Methoden beruhen und dadurch durch technische Erwägungen, durch Regeln und andere Zwänge bestimmt werden. Die vier untersuchten Tarifmodelle inklusive Preistabellen wurden von der HVV GmbH entwickelt und vorgegeben (vgl. Seite 10 des Gutachtens). Die geschwärzten Abschnitte, vor allem Kapitel 8 – 10, betrachten vor allem die verschiedenen Tarifmodelle, um anschließend einen realistischen Kostenrahmen für die zu erwartenden Tarifkosten je Tarifmodell geben zu können. Es ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar, inwiefern die Wiedergabe der Tarifmodelle die erforderliche Schöpfungshöhe erreicht. Denn rein informative Dokumente, deren Inhalt im Wesentlichen durch die in ihnen enthaltenen Informationen bestimmt wird, sodass diese Informationen und ihr Ausdruck in den Berichten deckungsgleich und die Berichte somit allein durch ihre technische Funktion gekennzeichnet sind, unterfallen nicht dem Urheberrecht (VG Berlin, Urteil vom 13. August 2020 – 2 K 52.18 –, juris, Rn. 37 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 29. Juli 2019 – C-469/17 [Funke Medien] – GRUR 2019, 934 Rn. 23 f.).
b) Hilfsweise keine Verletzung der Urheberrechte
Jedenfalls steht dem Zugangsanspruch keine Verletzung von Urheberrechten entgegen, weil der Beklagten durch die „Vereinbarung über die Einräumung von Nutzungsrechten“ (Anlage B3) die Nutzungsrechte entsprechend überlassen worden sind und diese unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes davon Gebrauch machen darf (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 – 7 C 1/14 –, BVerwGE 152, 241-255, Rn. 38).
Dazu führt das Büro des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit in seiner E-Mail vom 30. September 2022, die als Anlage K6 eingereicht wird, ausdrücklich aus:
„Bei Gutachten, die eine informationspflichtige Stelle in Auftrag gibt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie sich die Rechte insoweit einräumen lässt, wie es zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Informationspflichten erforderlich ist; die Informationspflicht ist also bei der Auslegung entsprechender Vereinbarungen zu berücksichtigen (BVerwG, NVwZ 2015, 1603, 1607, Rn. 38 ff.). Die HVV GmbH hat sich vom Gutachter hier ein ausschließliches und zeitlich unbeschränktes Nutzungsrecht einräumen lassen, das sich inhaltlich nach dem Vertragszweck richten soll. Die gesetzlichen Pflichten, zu deren Erfüllung die Nutzungsrechte übertragen werden, sind dabei objektiv zu bestimmen. Eine Stelle kann sich ihrer Auskunftspflicht nicht entziehen, indem sie sich „irrt“ oder vorsätzlich ihre Auskunftspflicht bestreitet und deswegen nicht über die zur Erfüllung der (objektiv gegebenen) Auskunftspflichten erforderlichen Nutzungsrechte verfügt. Ansonsten könnte die auskunftspflichtige Stelle ihre Informationspflicht beliebig einschränken, indem sie sich ständig, wiederholt und regelmäßig über den Umfang ihrer Auskunftspflicht irrt und damit genau das beabsichtigte Ergebnis erzielt, nämlich keinerlei Auskunft erteilen zu müssen.“
Wie das Büro des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit richtig ausführt, ist der Vertragszweck nicht alleine auf die unmittelbar betroffene behördliche Aufgabe begrenzt. Zur behördlichen Aufgabenerfüllung zählt vielmehr auch die Gewährung von Zugangsansprüchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (für das IFG des Bundes, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - BVerwG 7 C 1.14 - BVerwGE 152, 241 Rn. 41). Die Erfüllung dieser Aufgabe erfordert die Überlassung der entsprechenden Nutzungsrechte, etwa des Erstveröffentlichungsrechts und des Vervielfältigungsrechts, wie sie zur tatsächlichen Gewährung des Informationszugangs notwendig ist (VG Berlin, Urteil vom 13.08.2020, juris, Rn. 41 – 42; bestätigt durch Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Oktober 2021 – 12 B 20/20 –, Rn. 49, juris). Auch die Veröffentlichungspflicht des Gutachtens im Transparenzportal nach § 2 Absatz 5 in Verbindung mit § 3 Absatz 1 Nummer 8 HmbTG erfordert die Übertragung entsprechender Nutzungsrechte.
Des Weiteren wurde das nach § 8 Abs. 2 HmbTG notwendige Drittbeteiligungsverfahren nicht durchgeführt.
3. Kein Ausschluss des Informationsanspruchs zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen
Der Informationszugang kann auch nicht nach § 7 Abs. 2 HmbTG ausgeschlossen werden. Die Beklagte hat ihre Darlegungspflicht nicht hinreichend erfüllt.
Macht eine auskunftspflichtige Stelle geltend, dass die Offenlegung eines bestimmten Dokuments Rückschlüsse auf ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis ermögliche, bedürfen – soweit dies unter Wahrung der behaupteten Geheimhaltungsbedürftigkeit der Informationen möglich ist – sowohl das zu schützende Geheimnis wie auch die zu offenbarende Information einer so präzisen Umschreibung, dass der Kläger und das Gericht in die Lage versetzt werden, die Behauptungen der informationspflichtigen Stelle schlüssig nachzuvollziehen (OVG Hamburg, Urteil vom 2. Juli 2018 – 3 Bf 153/15).
Die Beklagte trägt vorliegend lediglich vor, dass es vorrangig um die Berechnungen und die Darstellungen durch den Gutachter sowie die genutzten statistische Methoden gehe (Schriftsatz der Beklagten vom 21.10.2022, Seite 11). Es werden weder das zu schützende Geheimnis noch die offenbarenden Informationen präzise umschrieben. Die für die Annahme eines berechtigten Interesses nach § 7 Absatz 1 Satz 2 HmbTG notwendigen negativen Auswirkungen sind ebenfalls nicht nachvollziehbar und plausibel dargelegt.
Auch hat die Beklagte nicht gem. § 7 Absatz 3 HmbTG vermerkt, welche Teile des Gutachtens ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis darstellen sollen. Daher liegt es nahe, dass schon gegenüber der Beklagten seitens der PTV Group keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet worden sind und ein entsprechendes Geheimhaltungsinteresse nicht dargelegt wurde. So ist es jedoch in § 7 Absatz 3 Satz 1 und 2 HmbTG vorgesehen. Auch ein Drittbeteiligungsverfahren, wie von § 7 Absatz 4 HmbTG vorgeschrieben, wurde nicht durchgeführt. Ein solches Drittbeteiligungsverfahren soll gerade auch zwecks Klärung, ob überhaupt ein solches Geheimnis vorliegt, durchgeführt werden (vgl. OVG Hamburg, Beschl. V. 7. Juni 2017 – 3 Bs 202/16). All dies sind Indizien dafür, dass das Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nur vorgeschoben ist.
Jedenfalls überwiegt das öffentliche Interesse, sodass gem. § 7 Absatz 2 HmbTG die streitgegenständlichen Informationen ohnehin der Informationspflicht unterliegen.
Die Studierendenschaften in Hamburg und Umgebung werden durch den SPNV-Vertrag im Vergleich zu anderen HVV-Nutzern benachteiligt. Im Zuge der HVV-Erweiterung sind sechs SPNV-Haltestellen entfallen und an anderer Stelle zwei Haltestellen dazu gekommen. Für die Erweiterung verlangen die SPNV-Vertragsparteien nun 3,17€ pro Studierenden und Semester. Die Mehrbelastung allein für die hamburgischen Studierendenschaften beträgt damit pro Jahr mehr als 500.000 EUR. Darüber tragen einzelne Studierende eine Mehrbelastung, indem diese zur Zeit Anschlusskarten zum Semesterticket kaufen müssen.
Die Berechnungen, die der Preiserhöhung zu Grunde liegen sind für die Studierendenschaften nicht nachvollziehbar. Es ist insbesondere nicht nachvollziehbar, warum andere Abonnements eine deutlich geringere Preissteigerung erfahren haben.
Die Studierendenschaften wurden in die Verhandlungen um die Erweiterung nicht einbezogen, obwohl die Erweiterung die bisherigen Einigungen zwischen den Studierendenschaften und der Beklagten in Frage stellt.
Es besteht ein öffentliches Interesse daran, die Datengrundlagen und Berechnungen, die der Preiserhöhung zu Grunde liegt, transparent und nachvollziehbar zu machen.
4. Weitere angefragte Informationen vorhanden und keine Ausschlussgründe ersichtlich
Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten gemäß § 1 Absatz 2 Alternative 1 HmbTG auch das Recht auf Zugänglichmachung der ebenfalls beantragten Kommunikation und den ebenfalls beantragten weiteren Unterlagen, wie der Verhandlungsprotokolle, die im Rahmen der Verhandlungen über SPNV-Vertrag entstanden sind, zu.
Aus der Sachakte geht, wie oben bereits erwähnt, hervor, dass bei der Beklagten weitere Informationen vorliegen, namentlich mindestens weitere Korrespondenz und die Verhandlungsprotokolle (S. 104). Auch die Unterlagen, die den Gutachtern zur Verfügung gestellt worden sind, sind von dem Informationszugangsanspruch umfasst.
Dr. Kube
Rechtsanwältin