Sehr
<< Anrede >>
nachdem Sie auf meine vorige Nachricht beinahe 1 Monat nicht reagiert haben, nehme zu Ihrem letzten Schreiben erneut wie folgt Stellung:
1. Ihre Auffassung, es lägen Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Antragstellung vor, ist nicht nachvollziehbar. Sie beziehen sich dafür auf die Gesetzesbegründung und tragen vor, das Informationsfreiheitsgesetz solle ein individuelles Informationsinteresse befriedigen. Hierbei lassen Sie jedoch außen vor, dass das Wesen eines grundsätzlich voraussetzungslosen Zugangsrechts auch beinhaltet, dass jede Person gegenüber den Behörden und Einrichtungen des Bundes einen Anspruch auf Information haben soll, gerade ohne hierfür ein rechtliches oder berechtigtes Interesse geltend machen zu müssen (BT-Drs. 1544/93, S. 6).
Der Zugang zu amtlichen Informationen ist grundsätzlich unabhängig von den Motiven, Zielen und Zwecken sowie Interessen der antragstellenden Person zu gewähren. Deshalb ist anerkannt, dass der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nicht auf die Missbilligung bestimmter Motive, Ziele, Zwecke oder Interessen des Antragstellers gestützt werden kann. Andernfalls würde die Voraussetzungslosigkeit des Informationszugangsrechts über die „Hintertür“ des Rechtsmissbrauchs ausgehebelt (Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 25 m.w.N.).
Der Anspruch auf Informationszugang kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen als rechtsmissbräuchlich abgelehnt werden. Der Einwand unzulässiger Rechtsausübung ist nur dann begründet, wenn es dem Antragsteller nicht um die begehrte Information geht, er vielmehr ausschließlich andere und von der Rechtsordnung missbilligte Zwecke verfolgt. Diese Voraussetzungen sind etwa dann gegeben, wenn das Informationsbegehren den Zweck verfolgt, die informationspflichtige Behörde lahmzulegen. Zudem hat ein Antragsteller sein Informationsinteresse nicht darzulegen; es wird vom Gesetz vermutet. Es ist Sache der informationspflichtigen Behörde, gegen diese Vermutung den Beweis des Gegenteils zu führen (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2020 - 10 C 24/19 -, NVwZ 2021, 642, 643).
In Ihrem Schreiben wird nicht vorgetragen, dass bzw. inwiefern meine konkrete Anfrage rechtsmissbräuchlich sein soll. Sie stellen lediglich auf den Umstand ab, dass meine Anfrage im Rahmen der Kampagne „Lobbyregister selbst gemacht“ gestellt wurde und beziehen sich auf ein Zitat von der Kampagnenwebseite. Dieses Zitat stammt aber nicht von mir. Ich habe eine einzige Anfrage gestellt. Bei dieser Anfrage geht es mir um die Erlangung der Information als solcher. Ich verfolge ein berechtigtes Informationsinteresse. Darüber hinaus ist auch das Ziel der Kampagne die Erlangung der konkreten Informationen. Allein die Tatsache, dass die über die einzelnen Anfragen erlangten Informationen im Rahmen eines „Lobbyregisters selbst gemacht“ zusammengefasst werden sollen und darüber hinaus darauf aufmerksam gemacht werden soll, dass es wünschenswert wäre, wenn der Gesetzgeber zukünftig für die Bereitstellung derartiger Informationen sorgen würde, ändert daran nichts.
2. Soweit Sie sich auf etwaige Ausschlussgründe beziehen, erschließt sich mir anhand Ihres Schreibens nicht, warum diese einschlägig sein sollten. Sie legen nicht dar, warum und auf welche Art und Weise der Beratungsprozess von Behörden durch meine Anfrage beeinträchtigt sein sollte (§ 3 Nr. 3b IFG). Ebensowenig ist ersichtlich, dass durch meine Anfrage der Erfolg einer Entscheidung oder von bevorstehenden behördlichen Maßnahmen beeinträchtigt werden könnte (§ 4 Abs. 1 Satz 1 IFG) oder wie vorliegend der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung berührt sein könnte. Dasselbe gilt für das Vorliegen von personenbezogenen Daten (§ 5 IFG) sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 6 Satz 1 IFG). Einen konkreten Bezug zu meiner Anfrage lassen Ihre Ausführungen insofern nicht erkennen.
3. Die von Ihnen in Ihrem Schreiben ins Spiel gebrachte Notwendigkeit eines Drittbeteiligungsverfahrens erschließt sich ebenfalls nicht. Sollten in den von mir beantragten Unterlagen personenbezogene Daten vorhanden sein, erkläre ich mich mit deren Schwärzung hiermit ausdrücklich einverstanden. Dass vorliegend Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betroffen sein sollten, erscheint abwegig. Interessenvertreter:innen werden in aller Regel bei Gesprächen in Ministerien keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse preisgeben. Soweit es um Gespräche mit Vertreter:innen von Verbänden als eingetragene Vereine geht, weise ich zudem darauf hin, dass sich diese in aller Regel nicht auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berufen werden können (vgl. etwa Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. August 2016 – OVG 12 N 20.15 –, juris Rn. 12). Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse überhaupt tangiert sein sollten, haben Sie bisher nicht vorgetragen.
Nichtsdestotrotz begründe ich meinen Antrag sicherheitshalber wie folgt:
Infolge vermehrter Skandale im Zusammenhang mit Fällen potentieller Korruption und bekannt gewordener Verbandelungen zwischen Politiker:innen und Unternehmen bzw. Vertreter:innen aus der Wirtschaft, besteht ein überragendes Informationsinteresse daran, welche Wirtschaftsgrößen zu welchen Sachthemen mit Vertretern der Regierung in Kontakt getreten sind.
In Bezug auf die von Ihnen ins Spiel gebrachte Gebührenerhebung erschließt sich mir nicht, weshalb es sich bei meiner Anfrage nicht um eine einfache Auskunft handeln sollte. Wie bereits dargelegt, gehe ich nicht davon aus, dass die Durchführung eines Drittbeteiligungsverfahrens erforderlich sein wird. Im Übrigen gehe ich davon aus, dass es sich bei dem Anfragezeitraum um einen Zeitraum handelt, in dem die Unterlagen in Ihrem Hause digital erfasst und dementsprechend strukturiert durchsuchbar sind. Auch vor diesem Hintergrund ist nicht von einer langen Bearbeitungsdauer auszugehen.
Ihrem Schreiben entnehme ich, dass eine einzelfallbezogene Befassung mit meiner Anfrage bisher noch nicht stattgefunden hat. Ich bitte insofern darum, dies zunächst zu tun und zu überprüfen, ob die Durchführung eines Drittbeteiligungsverfahrens tatsächlich für erforderlich gehalten und von dem Entstehen von Gebühren wirklich ausgegangen wird. Ich gehe derzeit davon aus, dass es sich um eine einfache Auskunft im Sinne von § 1 Abs. 1 IFGGebVO iVm Anlage zu § 1 Abs. 1 Nr. 1.1. handelt. Sollten Sie Ihre Rechtsauffassung angesichts dieses Schreibens und nach inhaltlicher Prüfung meiner Anfrage dennoch aufrechterhalten, bitte ich um einen ausdrücklichen Hinweis.
Mit freundlichen Grüßen
Antragsteller/in Antragsteller/in
Anfragenr: 222460
Antwort an:
<<E-Mail-Adresse>>
Laden Sie große Dateien zu dieser Anfrage hier hoch:
https://fragdenstaat.de/a/222460/