Sehr geehrter Herr Semsrott,
mit Antrag vom 15.09.2021 haben Sie nach dem VIG über das Internet-Portal Frag-den-Staat, Rubrik "Topf-Secret" Auskunft über den Betrieb Peter Wald & Sohn Fleischerei GmbH, Langgasse 3, 55435 Gau-Algesheim beantragt.
Der Antrag umfasst die Herausgabe von Informationen über die beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen.
Nach § 6 Abs. 1 VIG ergeht, nach Abwägung Ihrer Interessen sowie der im Rahmen der Anhörung dargelegten Sichtweise des betroffenen Dritten, folgender Bescheid
1. Dem Antrag auf Informationsgewährung für den Betrieb Peter Wald & Sohn Fleischerei GmbH, Langgasse 3, 55435 Gau-Algesheim wird gemäß §§ 1, 2 und 5 VIG entsprochen (Informationen im Sinne von § 2 Abs. 1 VIG zu den beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen).
2. Die Herausgabe der letzten beiden Kontrollberichte sowie der Kontrolldaten in elektronischer Form (E-Mail) wird abgelehnt. Stattdessen erfolgt der Informationszugang durch Herausgabe der Kontrollberichte in dem beantragten Umfang mit postalischer Versendung an die von Ihnen als Antragsteller angegebene Adresse. Personenbezogene Daten werden (auch entsprechend Ihres Antrages) geschwärzt, ebenso auch Daten und Informationen, die nicht durch Ihren Antrag nach VIG und der aktuellen Rechtslage abgedeckt sind.
3. Dieser Bescheid ergeht kostenfrei.
Begründung
Ihre Anfrage bezieht sich auf die letzten beiden lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen der Betriebsstätte Peter Wald & Sohn Fleischerei GmbH, Langgasse 3, 55435 Gau-Algesheim und im Beanstandungsfall auf den Zugang zu dem jeweiligen Kontrollbericht. Sie beantragen somit Zugang zu allen Daten über im Betrieb festgestellte nicht zulässige Abweichungen von den geltenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften gemäß § 2 Abs. 1Nr. 1 VIG.
Danach hat jeder Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen
a) des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes,
b) der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen,
c) unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze
sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den in den Buchstaben a bis c genannten Abweichungen getroffen worden sind.
Der vorliegende Antrag ist ein Fall von § 2 Abs. 1 Nr. 1 VIG. Gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG haben Widerspruch und Anfechtungsklage in diesen Fällen keine aufschiebende Wirkung.
Die §§ 1 und 2 VIG gewähren jedem Verbraucher freien Zugang zu Informationen und zu nicht zulässigen Abweichungen über Erzeugnisse im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches.
Sie haben als Verbraucher ein berechtigtes Interesse auf Informationen, ob der Betrieb die lebensmittelrechtlichen Vorschriften beachtet, die aktuell geltende Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 29.08.2019 - BVerwG 7 C 29.17) bestätigt das Anrecht des antragstellenden Verbrauchers auf die verlangten Informationen. Ihrem Antrag auf Auskunft ist daher dem Grunde nach stattzugeben. Ausschluss- und Beschränkungsgründe nach § 3 VIG liegen nicht vor; insbesondere kann Ihr Antrag nicht unter Berufung auf das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis des Betriebes abgelehnt werden.
Bei der Abwägung, ob man Ihrem Wunsch auf Bereitstellung der Informationen mittels E-Mail nachkommt (wie es § 6 Abs.1 VIG grundsätzlich fordert) oder ob ein gewichtiger Grund vorliegt, die Information nur postalisch zu versenden, haben wir uns für letzteres entschieden. Wir sehen die grundsätzliche Möglichkeit, dass Unbeteiligte E-Mails "abfangen" bzw. mitlesen. Daher haben wir Ihr Interesse an der beantragten Art der Informationsgewährung gegen die Grundrechte des Lebensmittelunternehmers entsprechend der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 31.03.2018 zu § 40 Abs. 1a LFGB (Az.: 1 BvF 1/13) abzuwägen.
In Ihrem Antrag bitten Sie um Schwärzung von personenbezogenen Daten von Behörden- oder Betriebspersonal in den Dokumenten vor einer Übermittlung. Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtes Regensburg vom 20.02.2014-RNS5K 12.1758, juris Rnr. 56 und 60 erscheint die Herausgabe von Kontrollberichten mit (teilweiser) Schwärzung entsprechender Passagen in einem Kontrollbericht aufgrund datenschutzrechtlicher
Bestimmungen grundsätzlich zulässig. Insofern werden wir eine Schwärzung entsprechender Daten vornehmen und dieses Verfahren auch auf Informationen und Daten anwenden, welche nicht durch Ihre Anfrage nach dem VIG abgedeckt sind. Beispielsweise handelt es sich dabei um Informationen, die entsprechend dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) erhoben wurden.
Die in Ihrem Antrag zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) Baden-Württemberg 10 S 1891/19 geht u.a. auch auf die Notwendigkeit der Vollständigkeit von ggfs. herauszugebender Informationen ein. Nicht vollständige Informationen, wie zum Beispiel eine zum Zeitpunkt der Informationsherausgabe noch nicht abgeschlossene Behebung von Abweichungen dürfen demnach nicht herausgegeben werden bzw. müssen einer Schwärzung unterzogen werden.
Der VGH Baden-Württemberg führt in seinem Beschluss vom 13.12.2019 (10 S 1891/19) zu einer möglichen Weitergabe bzw. Veröffentlichung von Informationen und Daten, die der Antragsteller durch eine Anfrage nach dem VIG von der informationserteilenden Behörde erhalten hat, folgend aus:
Das VIG regelt im Fall eines Anspruchs nur die Herausgabe der begehrten Information an den Antragsteller; wie dieser mit der ihm erteilten Information umgeht, ist nicht (mehr) Regelungsgegenstand des VIG und der auf seiner Grundlage getroffenen Verwaltungsentscheidung (VG Augsburg a. a. O. Rn. 28; VG Freiburg a. a. O. Rn. 20). Folglich verbietet das VIG die Veröffentlichung der von der Behörde herausgegebenen Information nicht (VG Düsseldorf a. a. O. Rn. 72). Die informationspflichtige Stelle hat nach dem VIG keine Befugnis, eine eventuelle Weiterverwendungsabsicht des Antragstellers zu ergründen oder gar dagegen zu intervenieren (VG München a.a.O.Rn. 63; VG Weimar a. a. O. Rn. 23). Die gesetzliche Systematik entspricht der Trennung zwischen dem Informationszugangsrecht nach dem VIG und dem im IWG geregelten Informationsweiterverwendungsrecht.
Wir als informationserteilende Behörde weisen somit Sie als Antragsteller darauf hin, dass die Weitergabe der Informationen in Ihrer eigenen Verantwortung als Informationsempfänger liegt, geltendes Recht ist hierbei zu beachten. Möglicherweise kann es bei einer Weitergabe der Informationen zu einer zivilrechtlichen Klage eines betroffenen Dritten (in der Regel das Unternehmen, über welches die Informationen beantragt wurden) gegen Sie kommen.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass nach § 5 Abs. 2 VIG die Entscheidung über den Antrag auch dem Dritten, mithin dem Lebensmittelunternehmer, bekannt zu geben ist. Nach § 5 Abs. 4 VIG darf der Informationszugang erst erfolgen, wenn die Entscheidung dem Dritten bekannt gegeben worden ist und diesem ein ausreichender Zeitraum zur Einlegung von Rechtsbehelfen eingeräumt worden ist. Dieser Zeitraum soll 14 Tage nicht überschreiten. Mit Post vom heutigen Tage ist der Dritte über diese Entscheidung informiert worden, so dass zu erwarten ist, dass ihm diese Entscheidung spätestens am 18.11.2021 bekannt gegeben wird. Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass sich die Bekanntgabe verzögerte, kann sich die Informationsgewährung - entsprechend der verspäteten Bekanntgabe an den Dritten - zeitlich verschieben.
Eine Verzögerung könnte sich auch ergeben, wenn der Dritte Widerspruch einlegt, da dieser aufschiebende Wirkung hat.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 VIG ist der Zugang zu Informationen bis zu einem Verwaltungsaufwand von 250,- € gebühren- und auslagenfrei.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist bei der Kreisverwaltung Mainz-Bingen, - Außenstelle Mainz -, Große Langgasse 29, 55116 Mainz, einzulegen. Der Widerspruch kann
e schriftlich oder zur Niederschrift bei der Kreisverwaltung Mainz-Bingen, - Außenstelle Mainz -, Große Langgasse 29, 55116 Mainz, oder
e durch E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur! an: <<E-Mail-Adresse>> oder
e durch De-Mail in der Sendevariante mit bestätigter sicherer Anmeldung nach dem De-Mail-Gesetz an: <<E-Mail-Adresse>>
erhoben werden. Die Frist wird auch durch Einlegung des Widerspruchs beim Kreisrechtsausschuss der Kreisverwaltung Mainz-Bingen, Georg-Rückert-Str. 11, 55218 Ingelheim am Rhein, gewahrt.
Mit freundlichen Grüßen