Der Landesbeauftragte für den Datenschutz
und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz
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Datum: 29.03.2022
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Musterbescheid der Task Force für die NOYB-Beschwerden [#238647]
Sehr
Antragsteller/in
Ihren o.g. Antrag auf Zugang zu dem im Protokoll zur 102. Datenschutzkonferenz (
https://www.datenschutzkonferenz-onli...) erwähnten Musterbescheid der Task Force für die NOYB-Beschwerden (im Folgenden: Musterbescheid) lehne ich ab.
In Bezugnahme auf mein Schreiben vom 24.02.2022 teile ich Ihnen mit, dass ich bezüglich Ihres Antrages sowohl eine Stellungnahe des European Data Protection Board (EDPB) als auch der Commission Nationale de l'Informatique et des Libertés (CNIL) erhalten habe.
Die CNIL äußerte sich dahingehend, dass es sich bei dem Musterbescheid um ein Arbeitsdokument handele, das noch nicht förmlich vom EDPB angenommen worden sei. Es könne sich im Laufe der Zeit auch aufgrund der laufenden Diskussionen zwischen den Behörden, die noch keinen Beschluss gefasst haben, weiterentwickeln, um gegebenenfalls eingebrachte Änderungen zu berücksichtigen.
Ebenso teilte mir das EDPB mit, bei dem von Ihnen beantragten Musterbescheid handele es sich um ein Dokument, welches weiterhin Gegenstand der Diskussionen sei und als Basis für künftige Diskussionen innerhalb der Taskforce dienen solle. Das EDPB stuft den Musterbescheid im Kontext der Taskforce 101 als EDPB-Dokument ein und teilte mir mit, kürzlich einen ähnlichen Antrag auf Herausgabe des Musterbescheides abgelehnt zu haben. Als Begründung führte das EDPB an, es bestehe die Gefahr, die Herausgabe des Dokuments würde mehrere laufende nationale Untersuchungen ernsthaft beeinträchtigen.
Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 Landestransparenzgesetz RLP (LTranspG) soll der Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden, soweit und solange der Antrag sich auf die Zugänglichmachung von Material, das gerade vervollständigt wird, noch nicht abgeschlossene Schriftstücke oder noch nicht aufbereitete Daten bezieht. Schriftstücke sind nicht abgeschlossen, solange sie lediglich einen Entwurf darstellen und noch nicht - z. B. durch den verantwortlichen Entscheidungsträger oder mittels Übersendung an einen Dritten - freigegeben worden sind (vgl. BVerwGE 130, 223, vgl. Verwaltungsvorschrift zum LTranspG Ziff. 14.1.2.11). Bei dem von Ihnen beantragten Musterbescheid handelt es sich um ein Dokument, welches ausweislich der Stellungnahme des European Data Protection Board (EDPB) weiterhin Gegenstand der Diskussionen ist und als Basis für künftige Diskussionen innerhalb der Taskforce dienen soll. Ebenso ist dem Protokoll zur 102. Datenschutzkonferenz zu entnehmen, dass der Musterbescheid nicht die erforderliche Mehrheit erreicht hat, um als einheitliche Grundlage angenommen zu werden. Demzufolge befindet sich der Musterbescheid noch im Entwurfsstadium, da weitere Diskussionen hierzu geplant sind. Eine Freigabe durch die Urheber ist noch nicht erfolgt, was die Taskforce nicht zuletzt auch durch Kennzeichnung des mir vorliegenden Musterbescheids als "confidential" zum Ausdruck gebracht hat.
Ebenso soll gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LTranspG der Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden, soweit und solange das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die inter- und supranationalen Beziehungen, die Beziehungen zum Bund oder zu einem Land, die Landesverteidigung oder die innere Sicherheit hätte. Geschützt werden Informationen, deren Bekanntwerden nachteilige Auswirkungen auf das diplomatische Verhältnis zu ausländischen Staaten oder zu zwischen sowie überstaatlichen Organisationen - wie etwa der Europäischen Union oder der Vereinten Nationen - zur Folge hätte.
Für alle durch Nummer 1 geschützten öffentlichen Belange gilt, dass Informationen nicht zugänglich gemacht werden sollen, wenn ihr Bekanntwerden nachteilige Auswirkungen haben kann (vgl. LT RLP Drucksache 16/5173, 23. 06. 2015, Gesetzentwurf der Landesregierung zum Landestransparenzgesetz. S. 43). Ausweislich der Stellungnahme des EDPB stuft das EDPB den Musterbescheid im Kontext der Taskforce 101 als EDPB-Dokument ein und teilte mir mit, kürzlich einen ähnlichen Antrag auf Herausgabe des Musterbescheides abgelehnt zu haben. Das EDPB hat diesbezüglich angeführt, es bestehe die Gefahr, die Herausgabe des Dokuments würde mehrere laufende nationale Untersuchungen ernsthaft beeinträchtigen. Insofern würde sich ein Informationszugang durch meine Behörde in Widerspruch mit der Entscheidung des EDPB setzen und den durch das EDPB verfolgten Schutz nationaler Untersuchungen untergraben. Hierdurch bestände die Gefahr, dass ein Informationszugang sowohl die Beziehungen zu den Aufsichtsbehörden der anderen beteiligten Mitgliedstaaten als auch zum EDPB selbst belastet.
Ebenfalls geschützt sind Informationen, die im Falle ihres Bekanntwerdens die Beziehungen des Landes Rheinland-Pfalz zum Bund oder zu anderen Ländern beeinträchtigen. Dies ist der Fall, wenn das Bekannt werden der Informationen die Vertraulichkeit von Abstimmungsprozessen zwischen den Ländern oder mit dem Bund gefährdet. Durch die Ausnahmevorschrift soll verhindert werden, dass der schutzwürdige Informationsfluss zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und den übrigen Ländern sowie dem Bund aufgrund der Regelungen des Landestransparenzgesetzes beeinträchtigt wird (vgl. Verwaltungsvorschrift zum LTranspG, Ziff. 14.1.2.1 sowie LT RLP Drucksache a.a.O.). Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass der Musterbescheid meiner Behörde im Rahmen der Gremienarbeit in einem Arbeitskreis der Datenschutzkonferenz zur Kenntnis gegeben sowie ausdrücklich als vertraulich ("confidential") gekennzeichnet worden ist und als Diskussionsgrundlage dienen sollte. Die unabhängige Arbeit in einem länderübergreifenden Gremium setzt jedoch voraus, dass Informationen auch vertraulich zwischen den teilnehmenden Aufsichtsbehörden der Länder ausgetauscht werden können, ohne dass diese befürchten müssen, dass dort eingebrachte Informationen aufgrund informationsfreiheitsrechtlicher Regelungen anderer Länder an Dritte herausgegeben werden. Insofern besteht ein "informationsrechtliches Rücksichtnahmegebot" (vgl. LT RLP Drucksache a.a.O. m.w.N.).
§ 14 Abs. 1 S. 2 LTranspG ist als Soll-Vorschrift ausgestaltet. Dies bedeutet, dass der Antrag auf Informationszugang bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen im Regelfall abzulehnen ist. Nur im Ausnahmefall, nämlich bei einer atypischen Fallgestaltung oder besonderen Umständen, kann ein Informationszugang erfolgen, sofern keine anderen entgegenstehenden Belange vorliegen (Verwaltungsvorschrift zum Landestransparenzgesetz, Ziffer 14.1.2). Eine atypische Fallgestaltung oder besondere Umstände liegen nicht vor. Im Rahmen der Abwägung ist insbesondere zu Lasten des Informationsinteresses der Öffentlichkeit und der in § 1 LTranspG genannten Zwecke zu berücksichtigen, dass sowohl im Hinblick auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LTranspG als auch im Hinblick auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 LTranspG durch den Informationszugang EU- und Länderübergreifend mittelbar eine Vielzahl anderer Behörden betroffen wäre. Insbesondere im Hinblick auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LTranspG ist zu berücksichtigen, dass die unbelastete Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden sowohl im Rahmen der Durchsetzung aufsichtsbehördlicher Maßnahmen als auch deren Vorbereitung und Diskussion in den zuständigen Gremien für die Gewährleistung und Förderung einer einheitlichen Rechtsanwendung innerhalb der Mitgliedstaaten unabdingbar ist.
Auch im Rahmen der Abwägung nach § 17 LTranspG komme ich zu keinem anderen Ergebnis und verweise entsprechend auf obige Ausführungen.
Derzeit ist nicht absehbar, ob oder wann Ihnen der Musterbescheid ganz oder teilweise zugänglich gemacht werden kann.
Mit freundlichen Grüßen