Vertragliche Bewirtschaftung von Privatwald durch den Landesbetrieb Forst Brandenburg Oberförsterei Lehnin
Für wie viele und welche privaten Forstbetriebe (>10ha) erfolgt aktuell eine vertragliche Bewirtschaftung durch Beamte und Angestellte der Landesoberförsterei Lehnin?
Wie hoch ist die bewirtschaftete Fläche dieser privaten Forstbetriebe (Angaben in ha)?
Wieviele Beamte (Anzahl) und Angestellte (Anzahl) sind mit welchem Zeitaufwand (h/a) und zu welchen Kosten (€/a) zu dieser Bewirtschaftung privater Forstbetriebe eingesetzt ?
Wieviele Beschäftigte hat die Landesoberförsterei Lehnin (Angaben getrennt nach Besoldungs/Gehaltsklassen)?
Welche Einzel-Diestleistungen wurden im Rahmen dieser vertraglichen Bewirtschaftung für die jeweiligen Einzelbetriebe erbracht (Auflistung der Dienstleistungen je Einzelbetrieb und Gesamt)?
Wie hoch sind die Einnahmen der Landesoberförsterei Lehnin aus der Bewirtschaftung dieser privaten Forstbetriebe (Angaben in € und €/ha jeweils für den Einzelbetrieb und Gesamt)?
Sind die für die Bewirtschaftung von privaten Forstbetrieben eingesetzten Beamten und Angestellten der Landesoberförsterei Lehnin gleichzeitig mit Aufgaben der staatlichen Forstaufsicht betraut?
Sind diese Beamten oder Angestellten mit gesetzlichen Aufgaben der Ordnungspolizei im Wald betraut?
Sind diese Beamten und Angestellten gleichzeitig mit Aufgaben der Landesplanung, Planfeststellungen und vergleichbaren behördlichen Aufgaben betraut?
Erstellen die eingesetzten Beamten oder Angestellten Anträge für Subventionen (Fördermittelanträge) im Auftrag ihrer Kunden oder erbringen sie sonstige Leistungen im Zusammenhang mit dem Einwerben und Abrechnen von Subventionen für diese Kunden?
Erhält die Landesoberförsterei Lehnin Subventionen, wenn ja in welcher Höhe (Angaben in €)?
Wie hoch waren die für die privaten Forstbetriebe bewilligten Subventionen (Angaben in €/Einzelbetrieb und Gesamt)?
Erfolgt durch die Landesoberförsterei Lehnin eine Bewirtschaftung von Wald im Eigentum des Landes Brandenburg, wenn ja auf welcher Fläche?
Wer ist für die Einhaltung des Datenschutzes bei der Erhebung und Speicherung von Daten aus der Forstaufsicht, Bewirtschaftung privater Forstbetriebe, amtlichen Beratung und Eigenbewirtschaftung für die Landesoberförsterei Lehnin zuständig?
Tragen die Beamten und Angestellten der Oberförsterei Lehnin bei der Bewirtschaftung privater Forstbetriebe Hoheitskennzeichen des Landes Brandenburg an ihrer Kleidung und/oder an ihren Fahrzeugen?
Werden die Einnahmen der Oberförsterei Lehnin aus der Bewirtschaftung privater Forstbetriebe versteuert und wenn ja bei welchem Finanzamt?
Ist die Insolvenzfähigkeit der Landesoberförsterei Lehnin nach (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 InsO) bundesgesetzlich ausgeschlossen?
Alle Zahlen-Angaben bitte auf das Jahr 2016
Ergebnis der Anfrage
Die Fragen zur „Vertraglichen Bewirtschaftung von Privatwald durch den Landesbetrieb Forst Brandenburg Oberförsterei Lehnin“ wurden an das Ministerium des Innern und für Kommunales (MIK) gerichtet, da sie Grundsatzfragen des Verfassungs- und Verwaltungsrechtes, des Datenschutzes, der Korruptionsprävention und des öffentlichen Dienstrechtes betreffen.
Das MIK hat die Anfrage an die oberste Forstbehörde weitergeleitet, die ihrerseits die Beantwortung der Fragen an die untere Forstbehörde (Landesforstbetrieb LFB) weiterreichte obwohl sie die Aufsicht über die untere Forstbehörde hat.
In 30 Oberförstereien Brandenburgs werden gegenwärtig von Beamten und Angestellten der Forstbehörde gewerbliche Dienstleistungen erbracht. Beispielhaft wurde die Forstbehörde zum Umfang ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten in der Oberförsterei Lehnin befragt. Die untere Forstbehörde beantwortete einen Teil der Fragen. Wesentliche Informationen zum Umfang und Kosten der gewerblichen Tätigkeit der Forstbehörde blieben unbeantwortet. In den jährlichen Geschäftsberichten des LFB finden sich dazu keinerlei Informationen. Informationen zum Umfang der gewerblichen Tätigkeit der Forstbehörde Brandenburgs finden sich auf der WEB-Seite des LFB http://www.mlul.brandenburg.de/sixcms/d…
und stammen aus dem Jahr 2002. Danach war die Forstbehörde im Jahr 2001 gewerblicher Dienstleister auf 98.000 ha Privatwald in Brandenburg. Aktuellere Zahlen zum Umfang der gewerblichen Tätigkeit der Forstbehörde sind unveröffentlicht.
Die Frage „wie viele Beamte in der Oberförsterei Lehnin gewerbliche Tätigkeiten ausführen“ blieb unbeantwortet. Der Einsatz von Beamten zur Privatwaldbewirtschaftung ist ein Verstoß gegen §3 (2) des Beamtenstatusgesetzes – BeamtStG:
„Die Berufung in das Beamtenverhältnis ist nur zulässig zur Wahrnehmung
1. hoheitsrechtlicher Aufgaben oder
2. solcher Aufgaben, die aus Gründen der Sicherung des Staates oder des öffentlichen Lebens nicht ausschließlich Personen übertragen werden dürfen, die in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis stehen.“ (https://www.gesetze-im-internet.de/beam…)
Nach Auskunft der Forstbehörde erzielten 8 Beamte und Angestellte des gehobenen Dienstes der Oberförsterei Lehnin gewerbliche Einnahmen durch die Privatwaldbewirtschaftung in Höhe von 75.542,- € im Jahr 2016. Die Personalaufzählung dürfte unvollständig sein, da der Oberförster (höherer Dienst) die Leitung und Aufsicht über die gewerblichen Tätigkeiten seiner Unterstellten hat und damit ebenfalls in der Privatwaldbewirtschaftung involviert war.
Da die Forstbehörde nach eigener Darstellung weder Kosten noch Zeitaufwand für die gewerbliche Tätigkeiten ihrer Beamten und Angestellten erfasst, lediglich erklärt, dass ihre Mitarbeiter anteilig auch andere behördliche Aufgaben wahrnehmen, ist aufgrund fehlenden Nachweises, des als „erheblich“ zu unterstellenden Marktanteils und der hohen Gemeinkosten der Forstbehörde davon auszugehen, dass die gewerblichen Tätigkeiten der Forstbehörde unter Gestehungskosten erbracht werden und diskriminierende Beihilfen darstellen. Der Bundesgesetzgeber erläutert dazu: „§ 46 – neu – BWaldG schränkt auch nicht die Verpflichtung der Landesforstverwaltungen und – betriebe ein, fakultative staatliche Forstdienstleistungen im Wettbewerb diskriminierungsfrei und nicht unter Gestehungskosten anzubieten.“ (Deutscher Bundestag, Drucksache 18/10456 vom 28.11.2016, S.11)
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des LFB wird erläutert: „Soweit der LFB technische Auskünfte gibt oder beratend tätig wird und diese Auskünfte oder Beratung nicht zu
dem von ihm geschuldeten, vertraglich vereinbarten Leistungsumfang gehören, geschieht dies unentgeltlich…“ (veröffentlicht unter http://forst.brandenburg.de/cms/detail.…)
Die Forstbehörde erklärt bei der Beantwortung der Fragen, dass sie nach § 28 Landeswaldgesetz (damit kostenlos) lediglich beratend für ihre Kunden Subventionen einwirbt und abrechnet. Gleichzeitig ist sie jedoch auch Bewilligungsbehörde für die Subventionierung privater Forstbetriebe. Die Frage zur Höhe der „beratend“ eingeworbenen und bewilligten Subventionen beantwortet die Forstbehörde nicht.
Für jedes private Unternehmen sind Beratungsdienstleistungen gewerbliche Dienstleistungen und umsatzsteuerpflichtig.
Die gesetzwidrige Erbringung von kostenlosen und/oder unter Gestehungskosten erbrachten gewerblichen Dienstleistungen bewirkt eine Umsatzsteuerverkürzung und ist bei der Mithilfe von Amtsträgern, die ihre Befugnisse oder ihre Stellung missbrauchen nach § 370 AO (3) ein besonders schwerer Fall von Steuerhinterziehung, auf die eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis 10 Jahren steht.
Das Tragen von Hoheitsabzeichen und die Insolvenzunfähigkeit der Forstbehörde verfälschen den fairen Wettbewerb auf dem Markt der Forstdienstleistungen.
Die Forstbehörde erklärte, dass sie ca. 200,- € für die Beantwortung weiterer Fragen und eine Anschrift für einen Gebührenbescheid benötigt.
Da nicht davon auszugehen war, dass Umfang und Kosten der gewerblichen Tätigkeiten der Forstbehörde nach Zahlung von 200,- € veröffentlicht werden, wurde die Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht um Vermittlung gebeten.
Die Antwort der Landesbeauftragten lautet zusammengefasst: Informationen die nicht vorliegen müssen auch nicht offengelegt werden. Die Quote der Brandenburger Landesbeauftragten für Datenschutz etc. bei der Ablehnung von Vermittlungsanträgen bei „FragdenStaat“ im Vergleich zu anderen Bundesländern und die Aussage, dass die Landesbeauftragte generell keine „Beschwerden“ Dritter (gemeint ist die Plattform „FragdenStaat“) beantwortet, sind Ausdruck ihres Demokratieverständnisses.
Interessant ist, dass mit Datum vom 14.8.2017 (dem Tag der Beantwortung der Fragen durch den LFB) ein neuer „Einzelkatalog der Dienstleistungen für Dritte“ auf der Webseite des LFB eingestellt wurde (http://forst.brandenburg.de/cms/detail.…). Unter anderem wurden die Stundensätze für den gehobenen Dienst (Revierförster) im Vergleich zum bis dato geltenden „Entgeltkatalog“ um 47% (von 34,-€/h auf 50,- €/h) erhöht. Unter der Voraussetzung, dass der aktuelle Entgeltkatalog nunmehr kostendeckende Preise für gewerbliche Dienstleistungen enthält und es von 2016 zu 2017 keine vergleichbaren Tariferhöhungen bei der Forstbehörde gab, hätte die Forstbehörde allein 2016 über 40% höhere umsatzsteuerpflichtige Einnahmen für „gewerbliche Tätigkeit für Dritte“ beim Finanzamt Potsdam anmelden müssen da die indirekte Subventionierung dieser Tätigkeiten aus Landeszuschüssen ungesetzlich und damit zu versteuern war. Gleichzeitig dürfte insofern ein Verstoß gegen § 34 (2) der Landeshaushaltsordnung (LHO) Brandenburg vorliegen: „Ausgaben dürfen nur so weit und nicht eher geleistet werden, als sie zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung erforderlich sind. Die Ausgabemittel sind so zu bewirtschaften, daß sie zur Deckung aller Ausgaben ausreichen…“.
Anfrage teilweise erfolgreich
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Datum22. Juli 2017
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25. August 2017
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Kosten dieser Information:200,00 Euro
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