Guten Tag
Antragsteller/in Antragsteller/in,
für Ihre E-Mail vom 16. März 2022 an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zum Thema Bedarfsplanung bedanken wir uns.
Das Instrument, mit dem der G-BA die Landesebene bei der Sicherstellung einer angemessenen Versorgung unterstützt, ist die Bedarfsplanungs-Richtlinie. Auf der Landesebene wird dann nicht nur die tatsächliche Versorgungssituation festgestellt, sondern auch darüber entschieden, ob und inwieweit von dem bundeseinheitlichen Rahmen, den der G-BA vorgibt, abgewichen werden sollte, um eine bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen.
In ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage wies die Bundesregierung Mitte Januar 2021 unter Berufung auf Gesundheitsdaten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) darauf hin, dass für keine andere Fachgruppe als die der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in der Versorgung ein vergleichbares Wachstum verzeichnet werden konnte: „Nahmen 2011 noch 23.622 psychologische und ärztliche Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten an der Versorgung teil, sind es 2019 34.335.“ Im Hinblick auf das Leistungsangebot sei dieses international einzigartig. (Quelle:
https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/...)
Die Bedarfsplanungs-Richtlinie finden Sie hier:
https://www.g-ba.de/informationen/ric... alle Beschlüsse sowie jeweils weitere relevante Informationen zur Bedarfsplanungs-Richtlinie sind der Richtlinie zugeordnet:
https://www.g-ba.de/richtlinien/4/bes....
Mit Blick auf die von Ihnen geäußerte Bitte weisen wir darauf hin, dass Herr Prof. Hecken keine eigenen Modellrechnungen angestellt hat. Vielmehr hat der Gemeinsame Bundesausschuss im Ergebnis eines Vergabeverfahrens einem wissenschaftlichen Konsortium der Ludwig-Maximilians-Universität München den Auftrag erteilt, ein Gutachten zur Weiterentwicklung der Bedarfsplanung zu erstellen. Zum Kontext: Der Gesetzgeber hatte den G-BA beauftragt, bis zum 1. Juli 2019 die geltenden Verhältniszahlen in der Bedarfsplanungs-Richtlinie zu überprüfen und hierauf aufbauend die Planungsinstrumente weiterzuentwickeln.
Das Gutachten zeigt für die Weiterentwicklung der Bedarfsplanungs-Richtlinie eine Vielzahl von Lösungsansätzen und Empfehlungen auf. Dabei hat es auch die Grenzen des Rechtsrahmens, in dem sich die Bedarfsplanung bewegen kann, deutlicher gemacht. So sind manche Vorschläge (etwa die Anwendung von Gravitationsmodellen) beispielsweise aufgrund ihrer Komplexität und aus rechtlichen Gründen nicht flächendeckend umsetzbar. Das Gutachten finden Sie ebenfalls auf der Website des Gemeinsamen Bundesausschusses (
https://www.g-ba.de/downloads/39-261-...).
Im Ergebnis und in Verbindung aller Zahlen zeigt das Gutachten in der psychotherapeutischen Versorgung mehr ein Verteilungsproblem als ein Kapazitätsproblem auf:
* Für die Gruppe der Psychotherapeuten (PT) kommt das Gutachten nur unter ganz bestimmten Annahmen und unter Anwendung einer veränderten Systematik der Bedarfsplanung mithilfe von Gravitationsmodellen auf einen Bedarf von 2.413 zusätzlichen PT-Kapazitäten.
* Zugleich zeigt das Gutachten auch eine deutliche Zahl (2.527) an PT in Planungsbereichen mit einem Versorgungsgrad von 140 % auf, welche es nach gesetzlichen Vorgaben abzubauen gelte.
* Entsprechend heißt es im Gutachten: „Für einzelne Arztgruppen – beispielsweise die Gruppe der Psychotherapeuten – kann ein hoher zusätzlicher Bedarf an Arztkapazitäten bestehen (Tabelle C.7.1) und gleichzeitig werden viele Arztkapazitäten über 140 Prozent verzeichnet (Tabelle C.7.2). Dies kann der Fall sein, wenn das Angebot der Fachgruppe regional deutlich ungleich verteilt ist und die Angebotsdichte regional stark variiert.“
Dennoch wurde im Zuge der Reform der Bedarfsplanung 2019 die Möglichkeit geschaffen, damit bundesweit zusätzliche Kapazitäten für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (776 Sitze, siehe PM vom 16. Mai 2019<
https://www.g-ba.de/presse/pressemitt...>) ausgewiesen werden können. Dies hat nicht Herr Prof. Hecken, sondern der Gemeinsame Bundesausschuss einstimmig beschlossen. Der G-BA ist hier einer Empfehlung des Gutachtens gefolgt, nach welcher die historisch bedingte starke Spreizung der typenbezogenen Verhältniszahlen aufgehoben werden sollte, indem neue Zulassungsmöglichkeiten außerhalb der Kernstädte ausgewiesen werden. Zugang und Erreichbarkeit (nicht zuletzt auch bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten) sollten sich mit der deutlichen Kapazitätsanpassung zuzüglich ggf. noch zu besetzender Plätze aufgrund einer gesetzlichen Vorgabe (§ 101 Abs. 4 SGB V „Quotenplätze“) jenseits von Kernstädten verbessern.
Das Gutachten wie auch die Tragenden Gründe<
https://www.g-ba.de/beschluesse/3798/> zum Beschluss stellen die Hintergründe der Berechnungen wie auch der Entscheidungen nachvollziehbar dar. Im Sinne der Transparenz wurde das Gutachten im Oktober 2018 zudem in einer öffentlichen Veranstaltung des G-BA vorgestellt und diskutiert:
https://www.g-ba.de/service/veranstal...
Mit freundlichen Grüßen