Sehr geehrter Herr Heilig,
mit Ihrer Mail vom 06. Mai 2022 beantragen Sie auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Informationen zum nachfolgenden Sachverhalt sowie Ihren Fragen.
"Laut Medienberichten leidet jedes fünfte Kind in Deutschland unter Kinderarmut. Jeder neunte Rentner ist von Altersarmut betroffen. In der Alterskohorte über 80 Jahre ist sogar jeder fünfte von Altersarmut betroffen.
Zeitgleich werden Milliarden an Euro ins Ausland übersendet (Ausschnitt):
Indien 10 Milliarden
Taliban im dreistelligen Millionen Bereich Entwicklungshilfe nach China 640 Millionen Targesalden in Billionenhöhe Griechenlandhilfe Milliarden
Was genau ist ihre Zielsetzung im Bereich der Bekämpfung von Armut in Deutschland?
Wie die weitere Vorgehensweise diese zu bekämpfen?"
Nach den Kriterien des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) stellt Ihr Anliegen jedoch keinen IFG-Antrag dar. Es handelt sich vielmehr um eine Sachanfrage an die fachlich zuständige Stelle des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Das IFG eröffnet grundsätzlich einen voraussetzungslosen - wenn auch nicht ausnahmslosen - Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber Behörden des Bundes. Gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG besteht ein Anspruch auf Zugang zu vorhandenen amtlichen Aufzeichnungen. Das IFG gewährt kein Recht auf Beantwortung von allgemeinen Fragen und Auskünfte, die über die Einsichtnahme in amtliche Informationen hinausgehen. Bei Ihrem Anliegen handelt es sich um Letzteres.
Daher ergeht in diesem Fall kein Bescheid nach dem IFG.
Unter Einbeziehen der Rückmeldung der Fachreferate können wir Ihre Anfrage wie nachfolgend beantworten:
Für Rentnerinnen und Rentner ergibt sich auf der Grundlage des Deutschen Alterssurveys (DEAS) 2020/21 ein Anteil von 14,8 Prozent einkommensarmer Personen. In der Gruppe der ab 80-Jährigen sind dem Hochaltrigkeitssurvey (D80+) zufolge 22,4 Prozent von Einkommensarmut betroffen, also etwas mehr als jede fünfte Person.
Ob jemand im Alter hilfebedürftig ist, hängt von einer Vielzahl oftmals sehr individueller Einflüsse ab, die für die Höhe des Alterseinkommens entscheidend sind.
Die Bevölkerung in Deutschland wird immer älter und lebt auch länger bei guter Gesundheit. Die meisten älteren Menschen in Deutschland haben ein Alterseinkommen, das ihren Lebensstandard sichert. Personen, die die Regelaltersgrenze überschritten haben und deren Einkommen nicht ausreicht, um ihren Lebensunterhalt zu decken, erhalten Grundsicherung im Alter. Die Grundsicherungsquote von Personen oberhalb der Regelaltersgrenze liegt mit etwa 3 Prozent unter dem Bevölkerungsdurchschnitt von gut 8 Prozent. Dies gilt es, auch in den kommenden Jahrzehnten zu sichern (6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung 2021). Gleichwohl sieht die Bundesregierung langfristig durchaus Risiken für eine Zunahme der Armutsgefährdung älterer Menschen und einen weiteren Anstieg der Zahl der Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen der Grundsicherung im Alter.
Den ganz überwiegenden Anteil der Einkommen älterer Menschen machen die Leistungen aus den gesetzlichen Alterssicherungssystemen, insbesondere der gesetzlichen Rentenversicherung, aus. Die Ansprüche aus der Rentenversicherung stellen immer ein Spiegelbild des Erwerbslebens dar. Es gilt daher in allererster Linie, die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Erwerbsbiografie zu schaffen, indem eine gute Bildung und Ausbildung gewährleistet wird, lange Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit sowie Zeiten der Arbeitslosigkeit, insbesondere Langzeitarbeitslosigkeit vermieden werden und die Beschäftigung in guten Arbeitsbedingungen zu angemessener Entlohnung erfolgt.
Im Koalitionsvertrag haben wir daher unter anderem vereinbart, das Entgelttransparenzgesetz weiterzuentwickeln und den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn auf zwölf Euro pro Stunde anzuheben; der Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Anhebung des Mindestlohns liegt dem Deutschen Bundestag zur Beschlussfassung vor. Zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Arbeit wollen wir auch das Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz weiterentwickeln und eine Lohnersatzleistung für diejenigen einführen, die zugunsten der Pflege ihre Erwerbstätigkeit einschränken.
Ältere Frauen sind stärker armutsgefährdet als ältere Männer. Das BMFSFJ fördert daher mit einer Vielzahl von Maßnahmen und Initiativen die Erwerbsbeteiligung von Frauen. Dazu gehören verbesserte Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf (z.B. Ausbau qualitativ hochwertiger und passgenauer Betreuungsangebote für Kinder, Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder, Familienpflegezeitgesetz, Maßnahmen zur Gestaltung einer familienfreundlichen Arbeitswelt) ebenso wie die Förderung von beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten (z. B. Frauen in Führungspositionen, Initiativen zum Berufswahlverhalten) und geschlechtergerechte Entlohnungsstrukturen.
Der Bundesregierung ist es zudem sehr wichtig, dass alle Kinder und Jugendliche in Deutschland gleiche Chancen erhalten. Für ein gutes Aufwachsen brauchen sie sowohl gute Bildungs- und Betreuungseinrichtungen, als auch Angebote zur sozialen Teilhabe und eine ausreichende finanzielle Unterstützung.
Die Reduzierung von Kinderarmut ist für die Bundesregierung ein zentrales Vorhaben. Mit einem Neustart in der Familienförderung und einem Modernisierungsschub für die Verwaltung sollen bessere Chancen für Kinder und Jugendliche geschaffen werden. Bestimmte bisherige finanzielle Unterstützungen für Kinder sollen in einer Leistung aufgehen – einer möglichst einfachen und möglichst digitalen Kindergrundsicherung. Diese neue Leistung soll mit wenig bürokratischen Hürden bei den Kindern und ihren Familien ankommen und sich auf die Kinder konzentrieren, die am meisten Unterstützung brauchen. Je sicherer die finanzielle Situation von Familien, desto sorgenfreier können Kinder aufwachsen.
In Deutschland leben rund 8,2 Millionen Familien mit 13,6 Millionen minderjährigen Kindern. Kinder gelten immer dann als armutsgefährdet, wenn sie in Haushalten aufwachsen, die über deutlich weniger Einkommen verfügen als Haushalte mit mittleren Einkommen [weniger als 60 Prozent des nettoäquivalenz-gewichteten Medianeinkommens]. Laut Mikrozensus lag die Armutsrisikoquote von unter 18-Jährigen im Jahr 2020 bei 20,4 Prozent. Insgesamt können etwa 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche als armutsgefährdet gelten.
Das Armutsrisiko von Kindern hängt von der Erwerbsbeteiligung der Eltern ab. So ist bei 39 Prozent der armutsgefährdeten Kinder kein Elternteil im Haushalt erwerbstätig. Dies betrifft 1,2 Millionen Kinder. Bei einem weiteren Drittel (32 Prozent) der armutsgefährdeten Kinder ist nur ein Elternteil in Teilzeit erwerbstätig (1 Million Kinder). Gehen beide Elternteile einer Erwerbstätigkeit nach und ein Elternteil arbeitet Vollzeit, sinkt das Armutsrisiko der Kinder auf 4 Prozent. Die Trendentwicklung zeigt, dass die Armutsgefährdung von Kindern insbesondere in Familien angestiegen ist, in denen kein Elternteil erwerbstätig oder nur ein Elternteil in Vollzeit erwerbstätig ist.
Deshalb setzt sich die Bundesregierung seit Jahren für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Die wichtigste Maßnahme ist hier die Förderung der Kindertagesbetreuung. Sie trägt zudem zur frühen Förderung, sozialen Teilhabe und guten Entwicklung der Kinder bei.
Ebenso wichtig wie die finanzielle Absicherung der Familien und Kinder sind unterstützende und fördernde Angebote als wirksame Bausteine einer sozialen Infrastruktur. Dabei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf mehr Qualität in der Kindertagesbetreuung und in der Ganztagsbetreuung, damit alle Kinder gleiche Entwicklungschancen haben und ihre Eltern Familie und Beruf besser vereinbaren können.
So sieht der Koalitionsvertrag vor, dass das Gute-Kita-Gesetz fortgesetzt und in ein Qualitätsgesetz mit bundesweiten Standards überführt wird. Auch der neu geschaffene Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern muss umgesetzt werden, und es sollen weitere Ganztagsplätze geschaffen werden. Hierbei unterstützt der Bund die Länder mit 3,5 Milliarden Euro. Auch an den laufenden Kosten wird sich der Bund beteiligen.
Bildung ist jedoch mehr als das Lernen in Kita und Schule. Daher setzt die Bundesregierung mit Mitteln des Kinder- und Jugendplans des Bundes einen weiteren Schwerpunkt auf die außerschulische Jugendarbeit und Jugendbildung – etwa in den Jugendverbänden, in der Kultur und im Sport. Kinder und Jugendliche erhalten hier die Möglichkeit, sich zu entfalten, ihre Talente – unabhängig vom sozialen Status der Eltern – zu entdecken und diese in Gemeinschaft mit Gleichaltrigen weiterzuentwickeln.
Mit freundlichen Grüßen