Sehr
[geschwärzt],
in Ihrer Email vom 27.06.2022 über
fragdenstaat.de weisen Sie darauf hin, dass der begehrte Informationszugang auf die Korrespondenz mit dem BMWK bezüglich der zurückgenommenen Analyse zur Versorgungsanalyse eine Beteiligung Dritter erfordert. Der Antrag sei wegen des Drittbeteiligungserfordernisses zudem zu begründen. Dadurch würde die vorgeschriebene Bearbeitungsfrist überschritten. Es entstünden zusätzliche Kosten.
Ihrer Auffassung, dass mit der Anfrage Rechte Dritter betroffen sind, widerspreche ich hiermit und nehme wie folgt Stellung:
Eine Drittbeteiligung ist nach § 8 Abs. 1 IFG allenfalls dann erforderlich, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass maßgebliche, das heißt relevante Belange eines Dritten berührt sind.
Schoch IFG/Schoch, 2. Aufl. 2016, IFG § 8 Rn. 26 - 28
Dies ist hier nicht der Fall, denn relevante Belange betreffen lediglich die um die materiell durch § 5 und § 6 IFG geschützten Drittinteressen. Für eine Drittbeteiligung liegt schon deswegen kein Anhaltspunkt vor, weil durch den vorliegenden Antrag auf Informationszugang weder Daten für Personen, deren personenbezogene Daten, noch geistiges Eigentum oder Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse abgefragt werden. Es sind somit keine relevanten Belange berührt. Damit liegen schon keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das BMWK ein schutzwürdiges und berechtigtes Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben kann.
Insofern fraglich ist, ob auch eine Behörde als Dritter begünstigt sein kann, so wird dies beim Schutz des geistigen Eigentums (§ 6 Satz 1) bejaht.
Schoch IFG/Schoch, 2. Aufl. 2016, IFG § 8 Rn. 23
Selbst wenn dies Auslegung weiter gefasst werden könnte, stellt sich die Frage der Drittbeteiligung schon nicht, weil auch keine Daten für Personen, deren personenbezogene Daten oder Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse des BMWK berührt werden.
Darüber hinaus bestreite ich, dass das BMWK überhaupt als Dritter im Sinne des § 8 IFG in Betracht kommt. Das BMWK ist oberste Bundesbehörde. Die Bundesnetzagentur als obere Bundesbehörde im Bereich der Netzregulierung fällt in den Geschäftsbereich des BMWK. Das BMWK unterfällt gleichermaßen dem IFG.
Insofern die Einwilligung maßgeblich ist, so kann diese indes nur von dem zivilrechtlichen Rechteinhaber und nicht von der verwaltungsrechtlich zuständigen Stelle erteilt werden. Nur wenn die informationspflichtige Stelle und die urheberrechtlich geschützte Behörde unterschiedlichen Rechtsträgern angehören, ist diese Behörde „Dritter“.
Schoch IFG/Schoch, 2. Aufl. 2016, IFG § 8 Rn. 23
Insofern kommt das BMWK nicht als Dritter im Sinne des § 8 IFG in Betracht.
Einen zu Inhalt und Subjekt Antrag nach IFG habe ich bei dem BMWK gestellt:
https://fragdenstaat.de/a/252243
Da das BMWK ebenfalls verpflichtet ist, die begehrten Korrespondenzen auszuhändigen, erübrigt sich mit dieser korrespondierenden Anfrage jeder verbliebene Zweifel an der Unterlassung einer Drittbeteiligung. Auch seitens der Bundesnetzagentur wird ja nicht geltend gemacht, dass die begehrten Daten Personen, deren personenbezogene Daten, geistiges Eigentum oder Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten. Gleiches wird somit für das BMWK gelten.
Selbst für den Fall, dass eine Drittbeteiligung des BMWK erforderlich ist, ist eine Begründung bei vorliegender Drittbeteiligung gemäß § 8 IFG nicht erforderlich. Denn der Antrag betrifft das BMWK weder im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 noch im Sinne von § 6. Ganz explizit bezieht sich der Antrag nicht auf Namen oder Personen, noch sind Termine und Korrespondenzen, die Sie mit dem BMWK geführt haben, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des BMWK. Es sind gleichermaßen öffentliche Informationen einer Bundesbehörde. Für diese besteht ein Anspruch nach § 1 IFG.
Ungeachtet dessen und ohne Anerkennung der Rechtspflicht komme ich dem Begehr einer besonderen Begründung vorsorglich nach:
Wie Ihrer Behörde seit einigen Jahren bekannt sein dürfte, verfolge ich seit Ende 2016 die Vermutung, dass es bei Entscheidungen der BNetzA und des BKartAes zu ermessensfehlerhaften Entscheidungen mit einer Russland-freundlichen Wirkung gekommen ist. Diese Entscheidungen betreffen Beschlüsse zur Regulierung der Netze, vor allem aber die Änderung der Ausnahmegenehmigung der OPAL durch öffentlich-rechtliche Verträge im Jahr 2013 und 2016. Im Zuge dieser Recherchen hatte ich im Jahr 2020 eine Art Chronik zu den Entwicklungen verfasst, die eine geplante, unweigerlich auf die Nord Stream 2 und eine Marktbeherrschung durch die Gazprom export LLC abzielende Konstellation im europäischen Gasmarkt und insbesondere im deutschen Großhandel begründen könnte. Mir geht es nun darum zu erfahren, wie Regulierungsentscheidungen zustande gekommen sind und wie Gremien und Unterausschüsse maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Regierung nahmen bzw. auf die Entscheidungen der BNetzA.
Wie Ihrem Haus bekannt ist, habe ich am 6. Januar 2022 einen Antrag zur Einsichtnahme der Berichte zur Versorgungssicherheit für Strom und Gas (Bericht gemäß § 63 Abs. 2 EnWG) gestellt:
https://fragdenstaat.de/a/236903
Ihre Behörde war verpflichtet, diese Berichte zum 31.10.2022 vorzulegen. Diese Berichte werden im Monitoringbericht des Bundeskartellamtes und der Bundesnetzagentur 2021 wie folgt erwähnt:
Die Bundesnetzagentur wird ihren Bericht zum Monitoring der Versorgungssicherheit 2021 Ende Oktober 2021 finalisieren. Die Veröffentlichung erfolgt nach § 63 Abs. 2 Satz 7 EnWG durch die Bundesregierung.
Monitoringbericht 2021 gemäß § 63 Abs. 3 i. V. m. § 35 EnWG und § 48 Abs. 3 i. V. m. § 53 Abs. 3 GWB, (Stand: 1. Dezember 2021), S. 241
Die Auslegung des Begriffes „Veröffentlichung“ dürfte unstrittig sein. Dennoch wurde mein IFG Antrag mit der Begründung abgelehnt, die Berichte seien noch in Abstimmung.
Ein erneut, am 30.04.2022 beantragter Zugang zu dem Bericht zum Monitoring der Versorgungssicherheit Gas bei Ihrem Haus wurde bislang nicht bearbeitet:
https://fragdenstaat.de/a/247990. Ein zweiter, ebenfalls am 30.04.2022 beantragter Zugang zu dem Bericht zum Monitoring der Versorgungssicherheit Elektrizität bei Ihrem Haus wurde abgelehnt:
https://fragdenstaat.de/a/247991.
Am 26.10.2021, also fünf Tage vor der Frist gemäß § 63 EnWG, hatte ich beim BMWK einen Antrag nach IFG zur am selbigen Tag übergebenen Versorgungssicherheitsanalyse im Verfahren zur Zertifizierung der Nord Stream 2 gestellt:
https://fragdenstaat.de/a/251597. Auch hier wurde die Bearbeitung meines Antrags verschleppt und letztendlich die Veröffentlichung verweigert.
Dabei ist die Bundesnetzagentur gemäß § 51 EnWG seit 2021 für das Monitoring der Versorgungssicherheit zuständig. Sie ist zudem in Ihren Entscheidungen unabhängig.
Vorliegend besteht jedoch Anlass zu der Vermutung, dass die BNetzA ihre Einschätzung zur Versorgungssicherheit nicht mehr unabhängig, sondern nach Vorgaben des BMWK (damals BMWi) abgeben musste. Dafür dürfte die Versorgungssicherheitsanalyse des BMWi im Verfahren zur Zertifizierung der Nord Stream 2 (BNetzA BK7-21-056) eine wesentliche Rolle gespielt haben. Daher wären Termine und Korrespondenzen zwischen der Bundesnetzagentur und dem BMWK im benannten Zeitraum ein wichtiger Indikator dafür, dass überhaupt eine Abstimmung stattgefunden hat. Aus der Richtung der Korrespondenz wird sich dann ablesen lassen, welche Abteilung aktiv den Kontakt gesucht hat und ob eine Einflussnahme plausibel ist.
Dies stellt ein besonderes öffentliches Interesse am Zugang zu den begehrten Informationen dar. Denn die Entscheidungen betreffen gewichtige Weichenstellungen in der Energiemarktregulierung, die heute Millionen Energieverbraucher betreffen. Dabei möchte ich hervorheben, dass der Antrag auf Einsichtnahme in die Versorgungssicherheitsanalyse zur Nord Stream 2 am 26.10.2022, also vier Monate vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges gestellt worden. Wäre mir die Analyse bereits innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Monatsfrist zugestellt worden, hätte ich Sie und die Bundesregierung auf wesentliche Fehleinschätzungen darin hinweisen können, die nun für die heutigen Umstände am Gasmarkt verantwortlich sind. Weiterer Vortrag hierzu dürfte sich angesichts der offensichtlichen und aktuellen Probleme erübrigen.
Hochachtungsvoll
[geschwärzt]
Anfragenr: 251597
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