Sonderauszahlungen des Arbeitslosengeldes I oder II über Supermarkt und Drogerien
Seit dem 11. November 2017 berichten die Medien über die Möglichkeit der Auszahlung des Arbeitslosengeldes I und II über die Kassen eines Supermarktes oder Drogerien. Diese Meldung stammt von der Bundesagentur für Arbeit und ist für Leistungsempfängerinnen und Empfänger gedacht, die kein eigenes Konto haben oder am Ende des Monats einen dringenden Vorschuss benötigen (z. B. für Reparaturen). Dabei soll diese Auszahlung eine Ausnahme bleiben. Die Umstellung wurde damit begründet, dass die derzeitigen Kassenautomaten in den Behörden zu teuer und störanfällig seien. So koste jede Transaktion der Bundesagentur für Arbeit acht Euro; was zu Gesamtkosten von 3,2 Millionen Euro im Vorjahr führte. Zu den neu erwartenden Kosten äußerte sich die Bundesagentur für Arbeit bisher nicht. Für die technische Umsetzung ist das Unternehmen Cash Payment Solutions zuständig.
Gem. §42 Abs. 1 SGB I ist ein Sozialträger dazu verpflichtet Vorschüsse zu zahlen. Nach Abs. 2 hat der Sozialleistungsträger dieses nach Abs. 1 SGB I bei Beantragung spätestens nach einem Monat zu erbringen. Nach dem SGB II und SGB III gibt es die Pflicht die Leistungen in Geld auszuzahlen. Ausnahmen regeln die §24 (1) und §31b (2) SGB II.
Die Bundesagentur für Arbeit spricht davon, dass „die Auszahlung unkompliziert erfolgt, ohne Wartezeit und diskriminierungsfrei im normalen Lebensumfeld des Kunden“. So erhält der Auszahlungsschein kein Logo der Jobcenter oder Arbeitsagenturen.
Ich frage:
1.
Erreicht der öffentliche Auftrag einen bestimmten Schwellenwert oder überschreitet er diesen, so richtet sich die Vergabe und Leistungen nach den Vorschriften der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil A (VOL/A) oder der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF). Gilt 7 galt diese Verordnung auch für die Vergabe an das beteiligte Unternehmen „Cash Payment Solutions“?
2.
Wenn nach Frage 1 „ja“, welche Vergaberichtlinie wurde durch die Bundesagentur für Arbeit angewandt?
3.
Wenn nach Frage 1 „nein“, welche Gründe sprechen gegen die Vergaberichtlinien?
4.
Wurde die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) in den Prozess der „Supermarktauszahlungen“ im Vorfeld eingebunden und nach möglichen Datenschutzbedenken befragt? Wenn ja, wann und wie lautete deren Antwort? Wenn nein, warum nicht und welche Grundlagen sprachen hier dagegen?
5.
Wie hoch schätzt die Bundesagentur für Arbeit die kommenden Gesamtkosten in Euro der neuen Auszahlungsform ein?
6.
Wie hoch belaufen sich die Kosten des Rückbaus der derzeitigen bundesweiten Kassenautomaten in den Jobcentern und Arbeitsagenturen?
7.
Wie bewertet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Übertragung hoheitlicher Aufgaben an private Dritte? Bitte ausführlich begründen.
8.
Wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter und Arbeitsagenturen darüber im Vorfeld informiert?
9.
Welche Kosten fallen für die internen möglichen technischen Systemänderungen in den Jobcentern und Arbeitsagenturen an?
10.
Wie bewertet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Möglichkeit des Erkennen von Sozialleistungsbezieherinnen oder Bezieher, wenn nur der Auszahlungsschein an der Kasse, ohne Einkäufe, vorgelegt wird, durch Dritte?
Anfrage erfolgreich
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Datum13. November 2017
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15. Dezember 2017
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Sozialdatenschutz klingt gerade in dem Fall echt nicht überzeugend, wenn ich "Hausbesuche (Art. 13 GG)" und "Nachbarschaftsbefragungen" dazu in Relation setzte. Auch die Postbank ist nicht mehr staatlich, darf aber ohne Aufschrei Bargeldauszahlung vornehmen. Der BA-Scheck ist übrigens im Sichtfenster eindeutig für Postboten und Nachbarn zu erkennen.