Sehr << Antragsteller:in >>
das ist sehr freundlich von Ihnen! Ich wusste gar nicht, dass es diese Möglichkeit einer "Fristverlängerung" bei fragdenstaat gibt. Im Informationsfreiheitsgesetz ist eigentlich keine "echte" Frist vorgegeben, sondern nur eine "Soll-Vorschrift" in § 7 Absatz 5 Satz 2 IFG. Es ist mir aber dennoch ein Anliegen, innerhalb der Monatsfrist die Anträge zu bearbeiten. Leider ist dies zur Zeit nicht möglich. Ich bin Ihnen aber sehr dankbar für Ihr Verständnis.
Nun zu Ihrem konkreten Antrag:
Die Entscheidung vom 5. Februar 2019 finden Sie im Anhang. Das Gremium hat damals einen strafbaren Inhalt angenommen und konsequent den Tonträger in Listenteil B eingetragen. In solchen Fällen (Annahme eines strafbaren Inhaltes) geht immer im Anschluss an die Bekanntmachung im Bundesanzeiger eine Mitteilung an die zuständige Staatsanwaltschaft heraus.
So auch hier. Die Generalstaatsanwaltschaft Rostock hat dann folgendes geantwortet:
"Die dortige Einschätzung, dass der Inhalt der CD in Teilen den Tatbestand des § 130 StGB erfüllt, wird nicht geteilt.
Die Textzeile „es gleicht einer biblischen Plage“ des Liedes Nr. 05 „Herz des Gauklers“ bezieht sich nicht auf Afrikaner, sondern auf die vorangegangene Liedzeile „das macht die Lage nicht gerade besser“ und damit auf die zuvor beschriebene Situation (Seuchen, Hungersnot, Überbevölkerung). Dafür sprechen auch die sich unmittelbar daran anschließenden Zeilen „hat Gott etwa diesen Kontinent verlassen, stellt sich für mich die Frage.“, die nur dann einen Sinn ergeben, wenn sich die „Plage“ nicht auf Afrikaner, sondern auf die Situation in Afrika bezieht.
Ein Verleumden im Sinne von § 130 Abs. 2 Nummer 1 lit.c) StGB scheidet aus, weil mit dem Text keine Tatsachenbehauptung aufgestellt wird. Die Aussage, dass Afrikaner sich nicht ernähren könnten oder sich wie Karnickel vermehren, ist jedenfalls keine Tatsachenbehauptung, sondern eine Wertung, d. h. Meinungsäußerung, die sich insbesondere darauf stützt, dass in Regionen Afrikas Seuchen und Hungersnot herrschen und Afrika der Kontinent mit dem stärksten Bevölkerungswachstum ist.
Es liegt auch kein Beschimpfen oder böswilliges verächtlich machen vor. Soweit dort die Auffassung vertreten wird, dass dunkelhäutige Afrikaner mit einer Plage verglichen wurden, wird außer Acht gelassen, dass bei Äußerungen ihr objektiver Sinngehalt unter Berücksichtigung des Einzelfalls aus der Sicht des unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums zu ermitteln ist. Dabei darf der Äußerung im Lichte der durch Art. 5 Absatz 1 Satz 1 GG geschützten Meinungsfreiheit keine Bedeutung beigelegt werden, die sie objektiv nicht hat, und im Falle der Mehrdeutigkeit darf nur dann von der zur Verurteilung führenden Deutung ausgegangen werden, wenn andere, straflose Deutungsmöglichkeit mit tragfähigen Gründen ausgeschlossen werden können (vergleiche BGH, Beschluss vom 28.07.2016 – 3 StR 149/16 – „Abschiebär“-Fall).
Auch die letzte Strophe des Liedes erfüllt nicht die Tatbestandsmerkmale des böswillig verächtlich machen oder Beschimpfen, jedenfalls für die Menschenwürde dunkelhäutiger Afrikaner dadurch nicht angegriffen. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Song den Afrikanern unterstelle, nur wegen des Geldes nach Deutschland zu kommen, so mag darin eventuell ein böswilliges verächtlich machen von Flüchtlingen als gesehen werden, doch wird ihr Lebens-und Existenzrecht nicht bestritten. Der aus dem Kontext des Liedes abzuleitende Angriff richtet sich insoweit allenfalls gegen ein Aufenthalts-und Bleiberecht von Flüchtlingen, nicht aber gegen ihr Lebensrecht. Das bloße Bestreiten des Aufenthaltsrechts von Ausländern stellt noch keinen Angriff auf deren Menschenwürde dar (siehe OLG Frankfurt, Urteil vom 11. Mai 1994 – 2 Ss 413/93 –, juris).
Auch der Inhalt des Titels 04 „Büßersyndrom“ erfüllt die Voraussetzungen einer Volksverhetzung nach § 130 Abs. 3-5 StGB nicht, da die nationalsozialistische Gewalt und Willkürherrschaft nicht gebilligt wird. Unter dem Begriff nationalsozialistische Gewalt-und Willkürherrschaft wird die Gesamtheit oder einzelne unter der NS-Herrschaft begangene Menschenrechtsverbrechen erfasst. Der Liedtext befasst sich indes nicht mit den einzelnen Menschenrechtsverbrechen oder eine Gesamtheit von Menschenrechtsverbrechen. Es liegt auch keine Leugnung oder Verharmlosung des Holocaust vor. Soweit von einer „Lüge“ die Rede ist, die die „Stütze der Staatsgewalt“ braucht, bezieht sich diese offenbar auf die zuvor behauptete „Kriegsschuldlüge“. Die Leugnung der Schuld am 1. oder 2. Weltkrieg ist mit der Leugnung des Völkermordes aber nicht gleichzusetzen.
Der Titel 08 „Ewiges Banner“, welcher nach Ansicht der Bundesprüfstelle die Hakenkreuzfahne und damit den Nationalsozialismus verherrlichen soll, erfüllt nicht die Voraussetzungen einer Volksverhetzung nach § 130 Abs. 3 oder 4 StGB. Weder wird in dem Lied eine Tat nach § 6 Abs. 1 VStGB noch die nationalsozialistische Gewalt und Willkürherrschaft im Sinne von § 130 Abs. 4 StGB verherrlicht."
Soweit das Schreiben der GStA Rostock.
Seit dem 1. Mai 2022 haben wir keine Listenteile mehr. Früher hätte man einfach in einem solchen Fall den Tonträger von Listenteil B nach Listenteil A umgetragen. Mittlerweile haben wir - für diese sehr seltenen Fälle einer abweichenden Einschätzung durch die zuständige Staatsanwaltschaft - beschlossen, einfach in den öffentlichen Teil der Liste umzutragen. Damit soll angezeigt werden, dass die ursprüngliche Einschätzung eines strafbaren Inhaltes nicht aufrecht erhalten wird.
Ich hoffe, diese Auskunft hilft Ihnen weiter.
Für Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen