Sehr << Antragsteller:in >>
Ihren Antrag auf Auskunft nach dem Landestransparenzgesetz (LTranspG) vom 17.11.2022 beim Ministerium des Innern und für Sport beantworte ich wie folgt:
Vorangestellt sei, dass die rheinland-pfälzische Polizei fest auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung steht und dass für rechtes Gedankengut in ihren Reihen kein Platz ist. Die Landesregierung duldet kein von Ihrer Anfrage umfasstes Verhalten von Bediensteten der Polizei und verurteilt dies auf das Schärfste. Alle bekannten und bekanntwerdenden Sachverhalte werden daher sorgfältig geprüft und beim Verdacht einer Straftat der zuständigen Staatsanwaltschaft vorgelegt. Darüber hinaus werden die disziplinar- und beamtenrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) erstellt in enger Zusammenarbeit mit den Innenministerien und -senaten des Bundes und der Länder seit September 2020 (mit Daten, die retrograd seit 1.1.2017 erhoben wurden) wiederkehrend einen Lagebericht "Rechtsextremisten [neuerdings auch ergänzt um "Reichsbürger" und "Selbstverwalter"] in Sicherheitsbehörden" und macht diesen im Internet öffentlich zugänglich. Im Wesentlichen beziehen sich die folgenden Ausführungen auf die für diese Lageberichte von den Polizeibehörden gemeldeten Fälle.
Da gemäß § 112 Landesdisziplinargesetz (LDG) und § 20 Landesdatenschutzgesetz die Vorhaltung von Ihrer Anfrage betreffenden Daten bestimmten Löschfristen unterliegt, kann sich die Beantwortung nicht über den gesamten von Ihnen gewählten Zeitraum erstrecken.
Zu den Fragen:
1. Wie viele Polizeibeamte und/oder Polizeiangestellte sind insgesamt in rechten Chatgruppen seit 2005 in Rheinland-Pfalz aufgefallen?
Dem Ministerium des Innern und für Sport sind keine rechten Chatgruppen bekannt, in denen rheinland-pfälzische Polizeibedienstete aufgefallen sind.
2. Wie viele Polizeibeamte und/oder Polizeiangestellte sind insgesamt durch rechtsgesinnte Äußerungen seit 2005 in Rheinland-Pfalz aufgefallen?
Für den Erhebungszeitraum 1. Januar 2017 bis 31. März 2020 wurden für die Polizei Rheinland-Pfalz im Rahmen der Erstellung des o.g. Berichts des BfV insgesamt neun Verdachtsfälle gemeldet. In zwei Fällen wurden die betroffenen Polizeikommissar-Anwärter auf eigenen Antrag hin entlassen und in sieben Fällen Disziplinarverfahren eingeleitet. Zwei Verfahren wurden eingestellt, nachdem sich die Verdachtsmomente nicht bestätigt hatten. Drei Verfahren führten zu disziplinarischen Maßnahmen, in einem davon erfolgte eine Entlassung. Ein weiteres Verfahren wurde mit einer Missbilligung eingestellt. In keinem der neun Strafverfahren kam es zu einer strafrechtlichen Verurteilung.
Für den Erhebungszeitraum 1. Juli 2018 bis 30. Juni 2021 wurden insgesamt 16 Fälle gemeldet. Aufgrund der Tatsache, dass dieser Zeitraum teilweise den des vorhergehenden Berichts überlagert, ist bei der nun folgenden zahlenmäßigen Darstellung teils von Doppelerfassungen zu den im vorherigen Absatz dargestellten Fällen auszugehen.
Zwölf der insgesamt 16 gemeldeten Fälle waren dem Phänomenbereich Rechtsextremismus, vier davon dem "Reichsbürger"- bzw. "Selbstverwalter"-Spektrum zuzuordnen. In zwei Fällen konnte der Verdacht zweifelsfrei ausgeräumt werden, zwei weitere Fälle konnten mit beamtenrechtlichen Maßnahmen abgeschlossen werden. In den verbleibenden zwölf Fällen wurden Disziplinarverfahren eingeleitet. Hieraus resultierte die Entlassung eines Polizeikommissar-Anwärters sowie in zwei Fällen die Entfernung eines Beamten auf Lebenszeit aus dem Dienst. Ein weiterer Polizeikommissar-Anwärter wurde aus gesundheitlichen Gründen wegen Dienstunfähigkeit entlassen. Von den verbleibenden acht weiteren Disziplinarverfahren führten vier zu Disziplinarmaßnahmen, zwei Verfahren wurden eingestellt, eines davon mit einer Missbilligung und eines mit einer Rüge. Zwei Verfahren sind noch nicht abgeschlossen, gegen eine dieser Personen war zuvor bereits ein Disziplinarverfahren geführt.
Fünf der sechs eingeleiteten Strafverfahren wurden eingestellt, in einem Fall kam es zu einer Verurteilung.
Die vorgenannte Darstellung wurde im Vergleich zu dem o. g. Lagebericht des BfV inzwischen teilweise aktualisiert.
Seit 1. Juli 2021 konnten nach Mitteilung der Polizeibehörden drei weitere Vorfälle festgestellt werden, in denen jeweils Disziplinarverfahren und in zwei Fällen zudem Strafverfahren eingeleitet wurden. In einem Vorgang erfolgte die Entlassung eines Polizeikommissar-Anwärters, der zunächst wegen eines anderen Delikts aufgefallen war, auf eigenen Antrag. Über den Ausgang des in diesem Fall geführten Strafverfahrens liegen hier aufgrund des nicht mehr bestehenden Beamtenverhältnisses keine Erkenntnisse vor. In einem weiteren Fall wurde das Disziplinarverfahren eingestellt und eine Rüge ausgesprochen. Straf- und Disziplinarverfahren im dritten Fall sind gegenwärtig noch nicht beendet.
Bezug nehmend auf ein darüber hinaus aktuell geführtes Ermittlungsverfahren, das sich unter anderem gegen vier rheinland-pfälzische Polizeibeamte wegen des Anfangsverdachts möglicherweise strafbarer Posts in Chatgruppen richtet, verweise ich auf die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Koblenz vom 7. November 2022. Geprüft wird unter anderem das Vorliegen von Verstößen gegen § 130 (Volksverhetzung) bzw. § 86a des Strafgesetzbuches (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen). Aufgrund des noch laufenden Verfahrens können hierzu noch keine detaillierteren Angaben übermittelt werden. Hierfür bitte ich Sie um Verständnis. Gegen alle Beamten wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Gegenüber einem der Betroffenen wird gegenwärtig ein Entlassungsverfahren betrieben, dieser Beamte ist suspendiert. In zwei weiteren Fällen wurde das Verbot des Führens der Dienstgeschäfte ausgesprochen.
3. Wie viele Hinweise auf Polizeibeamte und/oder Polizeiangestellte in rechten Chatgruppen und/oder Äußerungen, Handlungen oder Verhaltensweisen die auf eine rechtsextreme Gesinnung schließen lassen gab es in Rheinland-Pfalz?
Da entsprechende Verhaltensweisen von Polizeibediensteten die Einleitung eines arbeitsrechtlichen oder Disziplinarverfahrens nach sich ziehen, kann hier auf die Beantwortung zu Frage 2 verwiesen werden.
4. In wie vielen und welchen Polizeidienststellen/Polizeibehörden kam es zu solchen Vorfällen und Hinweisen in Rheinland-Pfalz?
Bezogen auf den Zeitraum seit dem 1. Januar 2017 bis heute waren alle acht Polizeibehörden (Landeskriminalamt, Hochschule der Polizei sowie die Polizeipräsidien Einsatz, Logistik und Technik sowie Koblenz, Mainz, Rheinpfalz, Trier und Westpfalz) von entsprechenden Hinweisen und Vorfällen betroffen.
5. In wie vielen Fällen kam es zu Straf- und/oder Disziplinarverfahren in Rheinland-Pfalz?
Vgl. Beantwortung zu Frage 2.
6. In wie vielen Fällen kam es zu einer Verurteilung und/oder disziplinarischen Konsequenzen in Rheinland-Pfalz?
Vgl. Beantwortung zu Frage 2.
Für Ihr Interesse an der rheinland-pfälzischen Polizei danke ich Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen