Sehr geehrte
mit E-Mail vom 19. Januar 2015 beantragten Sie auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) Zugang zu einem Vertrag zwischen dem BND und einem Telekommunikationsanbieter zum Projekt Eikonal, wie berichtet in
http://www.sueddeutsche.de/politik/gehe…).
Auf Ihren Antrag ergeht folgende Entscheidung:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Bescheid ergeht gebühren- und auslagenfrei.
Gründe
I.
§ 1 Abs. 1 IFG eröffnet jedermann gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen, wenn und soweit kein gesetzlich normierter Versagungsgrund vorliegt. Dies ist hier der Fall.
1. § 3 Nr. 5 IFG:
Nach § 3 Nr. 5 IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht hinsichtlich vorübergehend beigezogener Informationen einer anderen öffentlichen Stelle, die nicht Bestandteil der eigenen Vorgänge werden sollen. Das von Ihnen beantragte Schriftstück liegt im Bundeskanzleramt zwar aktuell vor. Es wurde durch den Bundesnachrichtendienst (BND) jedoch lediglich zur Weiterleitung an den derzeit laufenden 1. Unterausschuss der 18. Legislaturperiode (NSA-UA) übermittelt. Die Übermittlung auf dem Dienstweg erfolgt in Erfüllung des Beweisbeschlusses BND-17 des 1. Untersuchungsausschusses vom 16.10.2014. Das Dokument wird nach Abschluss des Untersuchungsausschusses an den BND zurück gereicht und geht nicht in den Aktenbestand des BK-Amtes über.
2. Hilfsweise: 3 Nr. 1g und Nr. 8 IFG:
Für den Fall, dass das beantragte Dokument doch in die Verfügungsgewalt des Bundeskanzleramtes übergehen sollte, stünden dem Informationszugang die Versagungsgründe des § 3 Nr. 1g und Nr. 8 IFG entgegen.
a) § 3 Nr. 1g IFG:
Nach § 3 Nr. 1g IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf ein laufendes gerichtliches, straf-‚ ordnungswidrigkeits- oder disziplinarrechtliches Verfahren haben kann.
Der Begriff des Verfahrens ist umfassend (BT-Drs. 15/4493, S. 10) und denkbar weit zu verstehen. Schutzgut des § 3 Nr. 1g IFG ist die Rechtspflege und die mit Sanktionsziel durchgeführten Verwaltungsverfahren und quasigerichtlichen Verfahren. Hierzu gehört auch die Beweiserhebung durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss.
Beweiserhebung und Ablauf eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses folgen dem Verfahren nach der Strafprozessordnung (StPO). Die Vorschriften der StPO finden aufgrund der verfassungsrechtlichen (Art. 44 Abs. 2 GG) sowie der einfachgesetzlichen Vorgaben (vgl. insb. §§ 20 ff. PUAG) im Verfahren des Untersuchungsausschusses unmittelbar Anwendung. Insoweit sind im Hinblick auf § 3 Nr. 1 g IFG Verfahren im Rahmen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses einem Gerichtsverfahren nach StPO gleichzusetzen. Dies entspricht auch Sinn und Zweck der IFG-Ausschlussklausel (vgl. Schirmer in: Gersdorf/Paal (Hrsg.)‚ BeckOK IFG, § 3 Rn. 105 f.).
Das vorzeitige Bekanntwerden des von Ihnen beantragten Dokuments könnte auf die Durchführung des laufenden Verfahrens nachteilige Auswirkungen haben. Der 1. Untersuchungsausschuss, in dessen Rahmen das Dokument als Beweismittel vorgelegt wurde (Beweisbeschlusses BND-17 vom 16.10.2014), ist noch nicht abgeschlossen. § 3 Nr. 1g IFG soll sicherstellen, dass das laufende Verfahren unter Einhaltung der jeweils einschlägigen Prozessordnungen und unter Wahrung der verfassungsmäßigen Verfahrensrechte der Parteien geführt werden kann. Dies beinhaltet das Recht der Verfahrensbeteiligten - einschließlich der öffentlichen Stellen -, ihre prozessualen Rechte gleichberechtigt wahrnehmen zu können. Es schließt auch die Befugnis der Beteiligten ein, im Rahmen der jeweiligen Verfahrensordnungen darüber verfügen zu können, ob und in welchem Umfang sie Dritten Informationen über Gegenstand und Inhalt des von ihnen geführten Verfahrens zugänglich machen (so zutreffend Schirmer, BeckOK IFG, § 3 Nr. 106 m.w.N.). Würde der Inhalt des Dokuments vorzeitig bekannt, bestünde die Gefahr, dass nach einer öffentlichen Diskussion über das Schreiben noch zu ladende Zeugen nicht mehr unbefangen aussagen und die Neutralität der Sachverhaltsaufklärung durch den Ausschuss beeinträchtigt werden könnte.
b) § 3 Nr. 8 IFG:
Gem. § 3 Nr. 8 IFG besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht gegenüber den Nachrichtendiensten sowie den Behörden und sonstigen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes wahrnehmen.
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat insoweit in seinem Urteil vom 6. November 2014, Az. OVG 12 B 14.13 ausgeführt, die Aufnahme der Bereichsausnahme des § 3 Nr. 8 IFG in den Katalog der Versagungsgründe mache deutlich, dass für den Schutz von besonderen öffentlichen Belangen materielle Kriterien ausschlaggebend seien. Maßgeblich sei danach nicht, bei welcher Behörde der Antrag auf Informationszugang gestellt werde, sondern allein, ob er sich auf eine Information bezieht, deren Urheber die in § 3 Nr. 8 IFG bezeichneten Behörden sind.
Nur mit dieser Auslegung wird der ansonsten bestehende Widerspruch vermieden, dass ein unmittelbarer Informationszugang bei den Nachrichtendiensten gemäß § 3 Nr. 8 IFG gesperrt wäre, das Bundeskanzleramt als Aufsichts- bzw. Koordinierungsbehörde aber grundsätzlich Zugang zu denselben Informationen gewähren müsste.
Diese Auslegung wird durch Sinn und Zweck des § 3 Nr. 8 IFG, insbesondere auch im Lichte der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/4493, S. 12), bestätigt. Danach dient § 3 Nr. 8 IFG dem umfassenden Schutz der Informationen über die Tätigkeiten der Nachrichtendienste. Dieser vom Gesetzgeber beabsichtigte, umfassende Schutz würde ausgehebelt, wenn das Bundeskanzleramt verpflichtet wäre, Informationen herauszugeben, die im Rahmen der Koordinierung der Geheimdienste des Bundes angefallen sind und die inhaltlich wesentlich den Informationen entsprechen, die unmittelbar bei den Geheimdiensten selbst vorhanden sind.
Nach diesem Maßstab unterfällt das i. S. ihrer Abfrage einschlägige Dokument u.a. dem Ausschlussgrund des § 3 Nr. 8 IFG. Es handelt sich um ein Schriftstück des Bundesnachrichtendienstes, das dem BK-Amt lediglich im Rahmen der Fach- und Dienstaufsicht temporär vorliegt.
3. § 9 Abs. 2 IFG:
Gem. § 9 Abs. 2 IFG weise ich darauf hin, dass derzeit nicht absehbar ist, ob und wann der Informationszugang zu einem späteren Zeitpunkt möglich werden wird.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 10 Abs. 1 und 3 i.V.m. der IFGGebV.
Mit freundlichen Grüßen