Wahlprüfsteine zur Landtagswahl Baden-Württemberg 2021

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Zusammenfassung

Die CDU sieht kaum Änderungsbedarf an aktuellen Regelungen. Die SPD möchte das IFG ein wenig ausweiten, aber kein Transparenzgesetz einführen. Grüne, Linke und FDP sind für ein Transparenzgesetz sowie umfangreiche Offene Verwaltungsdaten. Die Linke spricht sich als einzige Partei für Gebührenfreiheit aus.

-> das Informationsfreiheitsgesetz Baden-Württemberg im Transparenzranking

Frage 1: Planen Sie eine Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) zu einem Transparenzgesetz (TG), nach dem behördliche Informationen nicht nur auf Anfrage, sondern proaktiv veröffentlicht werden?
CDU

Für die CDU waren und sind offene Daten sowie die Informationsfreiheit wichtige Themen. So schnell wie sich Technik sowie Technologie weiterentwickeln und den Menschen den berechtigten Anspruch nach Transparenz erfüllen lassen, so müssen natürlich auch die gesetzlichen Grundlagen immer wieder überprüft und weiterentwickelt werden. Deshalb wird aktuell das Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) – entsprechend dem gesetzlichen Auftrag – evaluiert. Die Ergebnisse dieser Evaluation gilt es abzuwarten, um dann auf wissenschaftlicher Grundlage über eine Novellierung zu debattieren.

SPD

Eine Veränderung der Gesetzeslage ist derzeit nicht beabsichtigt. Dennoch ist eine transparente Verwaltung ein wichtiges Ziel – und zur Frage, wie dies erreicht werden kann, sollte auch die proaktive Veröffentlichung von behördlichen Informationen geprüft werden.

Bündnis 90/Die Grünen

Bürger*innen haben Anspruch darauf, Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung zu bekommen. Dafür haben wir als grün-geführte Landesregierung mit dem Informationsfreiheitsgesetz gesorgt. Dieses Gesetz wollen wir zu einem modernen Transparenzgesetz weiterentwickeln, etwa indem Auskunftsrechte ausgeweitet und Informationen proaktiv veröffentlicht werden.

Die Linke

Die Linke fordert sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene ein umfassendes Transparenzgesetz nach dem Vorbild von Hamburg, das durch einen unabhängigen Bürgerrat ausgearbeitet werden soll. Diese Forderung beinhaltet, dass neben der Zuverfügungstellung von Informationen auf Anfrage eine Vielzahl behördlicher Informationen proaktiv öffentlich gemacht werden. Wir wollen neue digitale Beteiligungsformate für demokratische Entscheidungen entwickeln. Das Informationsfreiheitsgesetz wollen wir zu einem Transparenzgesetz ausbauen.

FDP

Wir wollen für Baden-Württemberg ein echtes Transparenzgesetz einführen und die Verwaltung mit den notwendigen technischen und personellen Mitteln für dessen Erfüllung ausstatten. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, denn beim Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu Informationen der öffentlichen Verwaltung ist Baden-Württemberg viel zu zaghaft; unser Land belegt im Transparenzranking einen der letzten Plätze.

Frage 2: Welche Bereiche sollen Ihrer Auffassung nach unter ein IFG oder TG fallen und welche nicht?
CDU

Wir möchten uns als CDU hierzu zunächst die Erkenntnisse aus der laufenden Evaluierung des Landesinformationsfreiheitsgesetzes (LIFG) anschauen, um im Anschluss auf wissenschaftlicher Grundlage und in Abwägung unserer innenpolitischen Überzeugungen zu bewerten, wo und ob es Handlungsbedarf gibt.

SPD

Hier kommen aus unserer Sicht nur Bereiche in Betracht, in denen weder Datenschutzrechte noch sicherheitsrelevante Informationen betroffen sind. Vorstellbar wäre dies in jedem Fall bei Geo-, Umwelt- oder Verkehrsdaten. Diese Informationen werden allerdings auch derzeit schon in der Regel proaktiv veröffentlicht.

Bündnis 90/Die Grünen

Die Einführung des Informationsfreiheitsgesetzes vor fünf Jahren war ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung. Nun ist es vor allem wichtig, das Gesetz in der Praxis anzuwenden und die ersten Erfahrungen damit genau zu analysieren. Die Ergebnisse dieser Evaluation werden wir uns genau anschauen und unter anderem dort nachbessern, wo die Evaluation einen zu engen Anwendungsbereich zeigt. Das Gleiche gilt für den Anwendungsbereich und die veröffentlichungspflichtigen Informationen eines Transparenzgesetzes. Wir nehmen dieses Vorhaben ernst und wollen dabei auch aus den Erfahrungen mit dem Informationsfreiheitsgesetz lernen.

Die Linke

Es sollten alle Bereich des öffentlichen Interesses von öffentlich-rechtlichen Behörden, Stellen, Organisationen umfasst sein. Ausnahmetatbestände müssen auf ein absolutes Minimum begrenzt werden und dürfen keine Möglichkeiten beliebiger Auslegung durch die Behörden in sich bergen, sie müssen auf das verfassungsrechtlich gebotene Maß beschränkt sein. Insbesondere bedarf es einer Abwägungsklausel im Hinblick auf den absoluten Schutz besonderer öffentlicher Belange und des absoluten Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.

FDP

Das bestehende IFG des Landes ist an vielen Stellen zu restriktiv. Beispielsweise halten wir die Ausnahme für die Vertraulichkeit von leistungsbezogenen Daten einzelner öffentlicher Schulen (§ 4 Abs. 1 Nr. 11 LIFG) für völlig konturlos und überflüssig. Die FDP Landtagsfraktion hat daher in der zu Ende gehenden Legislaturperiode die ersatzlose Streichung dieser Vorschrift beantragt. Die Anhörung hat gezeigt, dass nicht nur die angehörten Verbände aus dem Bereich der Informationsfreiheit vorbehaltlos hinter dieser Regelung standen, sondern auch eine beträchtliche Zahl der schulischen Organisationen. Weitere Änderungen würden wir in enger Abstimmung mit dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vornehmen, der in seinen Tätigkeitsberichten bestehende Defizite aufzeigt.

Frage 3: Wie bewerten Sie die Erhebung von Gebühren im Rahmen eines IFG oder TG?
CDU

Das Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) stellt die Kostenpflicht grundsätzlich in das Ermessen der jeweiligen informationspflichtigen Stelle – anders als die entsprechende Regelung im Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, die eine gebundene Entscheidung enthält – damit ist das LIFG bürgerfreundlicher. Grundsätzlich stehen wir für die Beibehaltung der Gebührenerhebung im LIFG. In einfachen Fällen muss die Erteilung der Auskunft kostenlos erfolgen. Bei einer generellen Gebührenfreiheit würde das Informationsinteresse Einzelner auf Kosten der Allgemeinheit erfolgen – dies erscheint uns nicht gerechtfertigt und zudem unsolidarisch. Im Übrigen bleiben die allgemeinen Regelungen über Stundung, Niederschlagung, Erlass und Erhebung von Kleinbeträgen unberührt. Insbesondere besteht die Möglichkeit, Gebühren niedriger festzusetzen oder von der Festsetzung der Gebühren ganz abzusehen, wenn dies aus Gründen der Billigkeit oder aus öffentlichem Interesse geboten ist. Für den Abruf proaktiv bereitgestellter Informationen nach § 11 LIFG dürfen z. B. keine Gebühren und Auslagen erhoben werden.

SPD

Natürlich stellen Gebühren eine gewisse Hürde dar, Informationen einzuholen. Es sollte der mit dem Informationsersuchen verbundene Verwaltungsaufwand geprüft werden. Bei hohem Aufwand ist eine Gebühr aus unserer Sicht sachgerecht.

Bündnis 90/Die Grünen

Gebühren dürfen die Informationsfreiheit nicht einschränken. Wir warten die Ergebnisse der Evaluation ab. Klar ist aber: Wenn Gebühren überhaupt fortbestehen sollten, dann müssen sie gesetzlich entsprechend gedeckelt sein. Es darf nicht sein, dass Bürger*innen Sorge vor unkalkulierbaren Gebühren haben müssen.

Die Linke

Die Informationen sollten kostenfrei zu Verfügung gestellt werden. Gerade für  kleine Nichtregierungsorganisationen, Privatpersonen, Netzaktivist*innen und auch freiberufliche Journalist*innen können solche Gebühren ein erhebliches Hemmnis für die Informationsbeschaffung sein.

FDP

Wir verfolgen das Ziel der größtmöglichen Transparenz. Gebühren, die eine Hürde für Interessenten darstellen, sollten möglichst abgebaut werden und jenseits von missbräuchlichen Fällen vermieden werden.

Frage 4: Welche Rechte benötigt Ihrer Auffassung nach die:der LfDI, um die Durchsetzung eines IFG oder TG zu gewährleisten (insbesondere hinsichtlich einer Weisungsbefugnis gegenüber anderer Behörden, Informationen zu veröffentlichen)?
CDU

Auch hierzu gilt es zunächst die Erkenntnisse aus der laufenden Evaluierung abzuwarten, um darauf aufbauend ggf. etwaige Verbesserungen zu prüfen und anzustoßen.

SPD

Wirksamer als eine Weisungsbefugnis des bzw. der LfDI gegenüber Behörden zur Veröffentlichung von Informationen dürfte eine Ausgestaltung der Informationsfreiheit als einklagbarer Informationsanspruch von Einzelpersonen oder Verbänden bzw. Organisationen sein.

Bündnis 90/Die Grünen

Die Frage, welche Weisungsbefugnis die*der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (LfDI) gegenüber Behörden hat, stellt sich in vielen unterschiedlichen Zusammenhängen. Wir werden genau prüfen, ob europäische Vorgaben wie etwa die DatenschutzGrundverordnung (DSGVO) bedingen, diese Weisungsrechte auszuweiten.

Die Linke

Die Durchsetzung von den Rechten eines IFG bzw. TG durch eine*n LfDI sind in § 12 des Landesinformationsfreiheitsgesetzes festgeschrieben.

FDP

Wir streben eine rasche Evaluierung des LIFG BW an. Auch die Frage der Befugnisse des LfDI spielt hierbei eine wichtige Rolle. Gemäß § 12 Abs. 6 LIFG kann der LfDI Verstöße lediglich beanstanden. Eine Weisungsbefugnis würde die Transparenz und Informationsfreiheit weiter stärken.

Frage 5: Befürworten Sie ein “Open Data-Prinzip” in den Verwaltungen, nach dem erhobene Daten maschinenlesbar und frei nachnutzbar veröffentlicht werden? Wie soll dieses ausgestaltet sein und welche Maßnahmen erachten Sie dafür als notwendig?
CDU

Über die europäische und nationale Rechtsetzung werden in absehbarer Zukunft verstärkt Anforderungen an die öffentliche Verwaltung sowie öffentliche Unternehmen gestellt, ihre Datenbestände maschinenlesbar und frei nachnutzbar anzubieten. Vor diesem Hintergrund halten wir es für erstrebenswert, wenn die Landesverwaltung das Thema systematisch und proaktiv angeht. Zu den wichtigsten Maßnahmen im Hinblick auf eine Veröffentlichung von Daten zählen ein gründliches Datenmonitoring, bei welchem potenziell geeignete Datensätze systematisch erfasst werden, sowie eine Datenfolgenabschätzung, die den Datenschutz berücksichtigt und weitere potenziell nichtintendierte Nebenfolgen frühzeitig zu identifizieren hilft.

SPD

Dies befürworten wir nicht uneingeschränkt. Es muss zunächst sehr genau geprüft werden, für welche Bereiche sich das eignet, was die Vorteile und Risiken hiervon sind und ob die Vorteile die Risiken und den entstehenden Aufwand überwiegen.

Bündnis 90/Die Grünen

Wir forcieren eine neue Kultur der Offenheit. Wir werden Daten, Forschungsergebnisse und Bildungsmaterialien zur Verfügung stellen und Schnittstellen offenlegen. So wollen wir die Vernetzung fördern sowie Open-Source-Anwendungen und -Communitys unterstützen. Wir sind überzeugt: Was mit öffentlichen Geldern bezahlt wurde, soll auch öffentlich verfügbar sein. Wir wollen die Verwaltungsdaten des Landes und der Kommunen im Sinne von Open Government Data verständlich machen und sie – entsprechend aufbereitet – zur Verfügung stellen. Alle sollen darauf zugreifen und sie als Innovationstreiber nutzen können.

Die Linke

DIE LINKE befürwortet entschieden ein OpenData-Prinzip in den Verwaltungen. Mit öffentlichen Mitteln erstellte Informationen müssen für die nicht-kommerzielle Nutzung öffentlich zugänglich sein. Im Rahmen kommerzieller Smart City Projekte gesammelte Daten müssen der Allgemeinheit kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

FDP

Wir wollen die Bereitstellung offener Daten fördern. Daten und Informationen sind der entscheidende Rohstoff des 21. Jahrhunderts, dessen Wert sich kontinuierlich potenziert. Der freie Zugang zu offenen Daten bildet die Grundlage für mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit des Regierungs- und Verwaltungshandelns, liefert Impulse für wirtschaftliche und gesellschaftliche Innovationen und eröffnet neue Möglichkeiten der digitalen Teilhabe und Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Bürgerinnen und Bürger müssen sich in einem sicheren Rechtsrahmen darauf verlassen können, dass bestimmte Daten zur Verfügung gestellt und regelmäßig aktualisiert werden. Nur eine verpflichtende gesetzliche Verankerung wird daher sicherstellen, dass das gesamte Potenzial offener Daten realisiert werden kann. Dafür wollen wir uns stark machen. Gleichzeitig führt Open Data zu einer effizienteren Datenverwertung zwischen Behörden: relevante Informationen werden leichter zugänglich und ausgetauscht, Datensilos aufgebrochen und ein einfacherer Austausch von Daten ermöglicht. Damit sollen unter anderem die Grundlagen für ressortübergreifende Möglichkeiten der Datenauswertung gelegt werden, um moderne Methoden der Datenanalyse für die Arbeit der Verwaltung auch über die verschiedenen Behörden hinweg nutzbar zu machen.