Wahlprüfsteine zur Abgeordnetenhauswahl Berlin 2021

zurück zur Übersicht

Zusammenfassung

Die CDU plant keine Ausweitung des bestehenden Informationsfreiheitsgesetzes (IFG). Die Linke unterstützen die Initiative „Ein Transparenzgesetz für Berlin“ und lehnen als einzige Partei grundsätzliche Ausnahmen für bestimmte Bereiche bezüglich der Anwendungsdomänen ab. Dem:der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (LfDI) wird vonseiten der CDU eine vermittelnde Rolle zugeschrieben. SPD, Grüne, Linke und FDP artikulieren eine generelle Offenheit dafür, die Rolle des LfDI in Teilen zu stärken.

-> das Informationsfreiheitsgesetz Berlin im Transparenzranking

Frage 1: Planen Sie eine Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) zu einem Transparenzgesetz (TG), nach dem behördliche Informationen nicht nur auf Anfrage, sondern proaktiv veröffentlicht werden?
CDU

Der digitale Staat soll Treiber von offenen Standards in der Wirtschaft und in seiner eigenen Verwaltung sein. Wir stehen zum Konzept des offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns (Open Government) und wollen – wo immer möglich – Offene Daten (Open Data) und quelloffene Lösungen zum Einsatz bringen. Offene Standards und allgemeine Schnittstellen werden deshalb als Vergabekriterien bei öffentlichen Ausschreibungen stärker berücksichtigt. So ermöglichen wir mehr Wettbewerb, damit die Auftragsvergabe kleinteiliger werden kann. Das fördert Transparenz und kann vor allem kleinen und mittleren Unternehmen sowie Start Ups nutzen. Eine darüberhinausgehende Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes ist derzeit nicht geplant. 

SPD

Ziel des Transparenzgesetzes ist, dass die Bürger:innen einen Anspruch darauf haben, Informationen der Verwaltung einzusehen, und dass Informationen der Verwaltung auf einem einsehbaren Transparenzportal  eingestellt  werden. Das Berliner Informationsfreiheitsgesetz  (IFG) erlaubt den Berliner:innen seit 1999 auf Zugriff auf behördliche Informationen und Dokumente – allerdings nur auf  Anfrage,  verbunden mit  Gebühren,  langen  Wartezeiten  und weitgefassten  Ausnahmen. Deshalb hat sich die Berliner SPD dafür eingesetzt, die Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) hin zu einem Transparenzgesetz in den Leitlinien der Regierungspolitik für die 18. Wahlperiode zu verankern. So hat der Berliner Senat unter Führung der SPD einen Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Weiterentwicklung des Informationszugangs für die Allgemeinheit vorgelegt. Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, das Interesse der Bürger:innen  an  umfassender Transparenz  sowie  den  Ausbau  von Offenheit und Transparenz  in  der  Verwaltung  einerseits  mit  entgegenstehenden  schutzwürdigen öffentlichen und privaten Interessen andererseits angemessen in Einklang zu bringen. Die Berliner SPD wird sich weiterhin bemühen, den Rechtsanspruch auf Informationsfreiheit kontinuierlich zu verbessern und an neue gesellschaftspolitische und digitale Dynamiken anzupassen.

Bündnis 90/Die Grünen

Wir unterstützen ein Berliner Transparenzgesetz. Dort, wo es sich nicht um personenbezogene Daten handelt bzw. wo diese entsprechend anonymisiert und aggregiert werden können, fordern wir Daten „Open by Default“. Außerdem müssen wirtschaftliche Anreizmechanismen zur Datenteilung geschaffen werden. Ziel ist, alle nichtpersonenbezogenen bzw. anonymisierbaren Daten, die in der Berliner Verwaltung vorhanden sind oder von der Zivilgesellschaft freiwillig geteilt werden, im Berliner OpenData-Portal maschinenlesbar zur Verfügung zu stellen. Wir haben bereits vor sechs Jahren ein Transparenzgesetz für Berlin eingebracht, auf dessen Grundlage wir nun ein Transparenzgesetz für Berlin verhandeln, das eine proaktive Veröffentlichung bei einer langen Reihe von Informationen vorsieht, vgl.                                                                                                     https://pardok.parlamentberlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/DruckSachen/d18-3458.pdf

Die Linke

Ja, wir werden uns wie in der laufenden auch in der kommenden Legislaturperiode dafür einsetzen und unterstützen den Volksentscheid „Ein Transparenzgesetz für Berlin“. Die beste Prävention gegen Korruption und Misswirtschaft ist größtmögliche Transparenz staatlichen Handelns. Das Recht auf Informationsfreiheit ist hierfür ein elementarer Bestandteil. Wir setzen uns dafür ein, dass der Staat seine Daten und Informationen allen Bürger:innen proaktiv in offenem Format zur Verfügung stellt. Davon profitiert nicht zuletzt die Verwaltung selbst.

FDP

Die Fraktion der Freien Demokraten im Abgeordnetenhaus von Berlin hat bereits mit Drucksache 18/1595 vom 16. Januar 2019 mit einem Entwurf für ein Berliner Transparenzgesetz sehr frühzeitig auf eine Weiterentwicklung des aus dem Jahr 1999 stammenden Informationsfreiheitsgesetzes gedrängt. Auch die FDP Berlin ist der Auffassung, dass im Zuge der Digitalisierung die Informationsfreiheit neu gedacht werden muss. Die Vernetzung aller Lebens- und Arbeitsbereiche macht es nunmehr möglich und einfach, dass Daten und Informationen leicht zugänglich und kostengünstig bereitgestellt werden können. Insofern hat die FDP Berlin das Anliegen der Fraktion von Beginn an unterstützt.

Frage 2: Welche Bereiche sollen Ihrer Auffassung nach unter ein IFG oder TG fallen und welche nicht?
CDU

Siehe Antwort Frage 1.

SPD

Die Berliner SPD setzt sich für den verfassungsmäßigen Informationszugang aller Berliner:innen ein. Dabei sind öffentliche und private Interessen in sachgerechtem Umfang zu wahren. Überwiegen diese Interessen, ist grundsätzlich von einer Veröffentlichung abzusehen. Diese Ausnahmetatbestände müssen eng begrenzt und begründet werden. Entsprechende Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Informationszugangs sind im Gesetzentwurf des Senats für ein Gesetz zur Weiterentwicklung des Informationszugangs für die Allgemeinheit entsprechend geregelt. Dazu gehören unter anderem Vorgänge der Steuerverwaltung, der Gerichte, der Strafverfolgungsbehörden, des Verfassungsschutzes usw. (vgl. Drucksache 18/3458). Nach derzeitigem Stand halten wir diesen Ansatz für ausgewogen.

Bündnis 90/Die Grünen

Im Grundsatz muss gelten: „Open by Default“. In der Debatte wünschen sich Verwaltungen immer wieder komplette Bereichsausnahmen für ihren Bereich. Das liegt vor allem am fehlenden Verständnis und an der mangelhaften Digitalisierung der Arbeit der Berliner Verwaltung. Ohne Digitalisierung wird eine enorme zusätzliche Arbeitsbelastung befürchtet. Wir setzen uns daher dafür ein, die digitale Verwaltung voran zu bringen  und damit die Grundlage für eine ressourcenschonende Umsetzung eines Transparenzgesetzes zu schaffen. Wenn es ganze Bereichsausnahmen geben muss, brauchen diese gute Gründe. Klar ist: Personenbezogene Daten genießen höchsten Schutz und sind in jedem Fall ausgenommen. 

Die Linke

Neben der Verwaltung sollen alle anderen staatlichen Institutionen und privatrechtlich organisierte öffentliche Unternehmen sowie Einrichtungen auf die Berlin einen beherrschenden Einfluss hat in den Anwendungsbereich des Transparenzgesetzes fallen. Grundsätzliche Ausnahmen für einzelne Bereiche soll es nicht geben. 

FDP

Die FDP Berlin schließt sich dem Katalog veröffentlichungspflichtiger Informationen aus dem Entwurf des Transparenzgesetzes der Fraktion vollumfänglich an (vgl. o.a. Drs, insbesondere hier § 4 des Entwurfs).

Keine Informationspflicht nach diesem Gesetzentwurf demnach besteht

  • für Gerichte, soweit sie in richterlicher Unabhängigkeit tätig geworden sind;
  • für Vorgänge der Steuerfestsetzung und Steuererhebung sowie der Innenrevisionen,
  • für Prognosen, Bewertungen, Empfehlungen oder Anweisungen in Zusammenhang mit der gerichtlichen oder außergerichtlichen Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen,
  • für den Rechnungshof, soweit er in richterlicher Unabhängigkeit tätig geworden ist,
  • für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in Bezug auf journalistisch-redaktionelle Informationen sowie deren Quellen sowie
  • (mit Ausnahmen) für Grundlagenforschung oder anwendungsbezogene Forschung.

Auch im Rahmen des Schutzes personengebundener Daten, dem Schutz öffentlicher Belange, bestehenden Altverträgen oder der Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sollten Ausnahmen von der Informationspflicht bestehen. Wir verweisen hier auf den Gesetzentwurf.

Frage 3: Wie bewerten Sie die Erhebung von Gebühren im Rahmen eines IFG oder TG?
CDU

Die Erteilung mündlicher und einfacher schriftlicher Auskünfte ist kostenfrei. Das begrüßen wir. Für darüberhinausgehende Auskünfte werden Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Dies ist grundsätzlich auch gerechtfertigt, da durch solch umfangreiche Auskünfte ein zusätzlicher Arbeitsaufwand anfällt, der finanziert werden muss. Die Erhebung von möglichen Gebühren im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes muss angemessen sein. Bei einer Kostenentscheidung sollten Zeitaufwand, besondere Schwierigkeiten bei der Bearbeitung und Materialaufwand berücksichtigt werden.

SPD

Für uns Sozialdemokrat:innen ist klar: Der Anspruch auf einen Zugang zu amtlichen Informationen von Behörden darf nicht vom Geldbeutel der Bürger:innen abhängen. Die Daten der öffentlichen Verwaltung  sollen der  Bevölkerung  grundsätzlich ohne  Hürden  zur  Verfügung  stehen,  wenn  keine gewichtigen Gründe dagegen sprechen. Gebühren dürfen das Recht auf Zugang zu Informationen nicht nichtig machen.

Bündnis 90/Die Grünen

Auf politische Informationen müssen alle zugreifen können - unabhängig von der Größe des Geldbeutels. Bisher kosten IFG-Anfragen fast immer Gebühren. Wir setzen uns dafür ein, im Sinne der sozialen Gerechtigkeit möglichst auf Gebühren zu verzichten.

Die Linke

Negativ, der Staat muss seine Informationen kostenfrei zur Verfügung stellen. Eine Gebührenerhebung für 
staatliche Leistungen hat regelmäßig diskriminierende Wirkungen.

FDP

Der Zugang zu Informationen ist entgeltfrei zu regeln. Bei Anfragen, die dem Aspekt der Informationsfreiheit zuzuordnen sind, sollten keine Gebühren, Auslagen oder sonstige Entgelte gefordert werden.

Frage 4: Welche Rechte benötigt Ihrer Auffassung nach die:der LfDI, um die Durchsetzung eines IFG oder TG zu gewährleisten (insbesondere hinsichtlich einer Weisungsbefugnis gegenüber anderer Behörden, Informationen zu veröffentlichen)?
CDU

Jeder soll den oder die Landesbeauftragte/n für den Datenschutz und die Informationsfreiheit anrufen können, wenn er sein Recht auf Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz als verletzt ansieht. Diese/r sollte von den Landesbehörden Stellungnahme einfordern und vermitteln können, falls dies notwendig ist.

SPD

Das Mandat des/der Berliner Beauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (LfDI) umfasst die Aufsicht über das Datenschutzrecht in Berlin sowie die Information und Beratung in Fragen der informationellen Selbstbestimmung und des Datenschutzes. Im Zusammenhang mit dem Informationsfreiheitsgesetz kommt dem LfDI daher die wesentliche Rolle zu, die Behörden bei der Umsetzung des Gesetzes zu begleiten und gleichzeitig die antragstellenden Bürger:innen als erste Anlaufstelle zu beraten und zu unterstützen. Deshalb haben wir den LfDI in den letzten Jahren personell und finanziell gestärkt und sind weiterhin offen für eine Stärkung der Stelle mit den auskömmlichen Mitteln und den notwendigen Befugnissen, um die Umsetzung des Landestransparenzgesetzes zügig voranzutreiben.

Bündnis 90/Die Grünen

Die  Kontrollfunktion der*des Landesbeauftragten für Informationsfreiheit ist bisher nicht ausgeprägt. Wenn sich in der Umsetzung abzeichnet, dass hier neue Rechte nötig werden, schaffen wir diese.

Die Linke

Die Befugnisse der:des LfDI müssen denen entsprechen, die sie:er im Bereich Datenschutz hat. Auch dort muss ihre:seine Durchsetzungsfähigkeit gestärkt werden. Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass manche Beanstandungen zu Dauerbrennern in den Jahresberichten werden. 

FDP

Die oder der Beauftragte für Datenschutz und für die Informationsfreiheit muss über ausgeprägte Rechte und Rollen verfügen, um den beabsichtigten Zielen und Wirkungen in Verbindung mit einem Transparenzgesetz nachkommen zu können. Hier hat die Fraktion der FDP einen guten Vorschlag gemacht, den die FDP Berlin unterstützt.

Frage 5: Befürworten Sie ein “Open Data-Prinzip” in den Verwaltungen, nach dem erhobene Daten maschinenlesbar und frei nachnutzbar veröffentlicht werden? Wie soll dieses ausgestaltet sein und welche Maßnahmen erachten Sie dafür als notwendig?
CDU

Siehe Antwort Frage 1.

SPD

Ja. Unser Ziel ist ein digital souveränes Berlin mit einem vollständig digitalisierten Serviceangebot. Bei der Einführung und Aktualisierung von Informations- und Kommunikationstechnologien haben die Prinzipien der Herstellerunabhängigkeit, Open Source und ökologischen Nachhaltigkeit sowie die Einhaltung von offenen Standards einen herausgehobenen Stellenwert. Zur Umsetzung der Digitalisierungsstrategie werden wir ein Kompetenzzentrum für Open Source beim landeseigenen IT-Dienstleister ITDZ einrichten, um die Weiterentwicklung freier Software zu unterstützen. Öffentlich finanzierte Software sollte, wo möglich, als Open-Source transparent entwickelt und öffentlich zugänglich gemacht werden. Dabei wollen wir den Mehrwert eines jederzeit überprüfbaren und veränderbaren offenen Codes noch viel stärker herausstellen. Das langfristige Ziel ist, dass alle öffentlichen Einrichtungen in Berlin Open-Source-Software nutzen und diese unter freier Lizenz allen zur Verfügung steht. Die Investitionen in die Modernisierung und Standardisierung der Technik der Berliner Verwaltung werden in den nächsten fünf Jahren verstärkt. Klar ist aber auch, dass im Zentrum einer verantwortungsvollen Digitalpolitik für Berlin der Schutz privater und öffentlicher Daten steht. Berlin ist sich seiner Verantwortung für Datenschutz und Datensicherheit bewusst und handelt entsprechend.

Bündnis 90/Die Grünen

Daten sind Grundlage und Gestaltungsmittel der digitalen Transformation. Voraussetzungen für eine effektive Nutzung von Daten sind gemeinsame Strukturen und Plattformen, Standards und gut definierte Schnittstellen (Datenplattformen) sowie Richtlinien für den verantwortungsvollen Umgang mit Daten (Daten-Governance). Berlin hat eine verbindliche Open-Data-Strategie, die von den Verwaltungen allerdings noch mit mehr Leben gefüllt werden muss.  Open Data ist dabei nicht nur wirtschaftlicher Standortfaktor, sondern ein wichtiger Teil der Informationsfreiheit.  In einer Gesellschaft, deren Zusammenleben von digitalen Infrastrukturen geprägt ist, stellen Daten eine zentrale Komponente dar.  Wir wollen offene Daten als Prinzip verankern, um die Gesellschaft auch auf diesem Weg einer demokratischen und zivilgesellschaftlichen Gestaltung zugänglich zu machen.  Sie können dabei helfen, die Stadt besser zu verstehen, neue Dienste für Bürger*innen zu entwickeln und Geschäftsideen zu initiieren.

Die Linke

Ja. Die mit öffentlichen Mitteln gewonnenen Erkenntnisse und die bei der Verwaltung anfallenden Daten müssen so weit wie möglich an die Öffentlichkeit zurückgegeben werden. Eine möglichst vielfältige Nachnutzung muss ermöglicht werden. Neben der Einführung eines Transparenzgesetzes müssen die weiteren Vorschriften zur Veröffentlichung von Daten nachgebessert werden. Es muss ein einheitliches, verbindliches Niveau geschaffen werden, damit Daten stadtweit in vergleichbarer Qualität und einheitlichen Formaten veröffentlicht werden.

FDP

Die FDP Berlin unterstützt die Anliegen des Open Data ausdrücklich und bekennt sich auch zu deren wichtigen Kriterien, die durch die Sunlight-Foundation hinlänglich beschrieben worden sind.