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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Abitur-Aufgaben im Fach Biologie im Jahr 2014 in Bremen

Diese Anfrage wurde als Teil der Kampagne „Frag sie Abi!“ gestellt.

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Freie Hansestadt Bremen Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft Schriftliche Abiturprüfung 2014 Lehrermaterialien Grundkurs Biologie Aufgabe 3 Themenbereiche: Ökofaktoren Gene Singvögel Zu den Singvögeln (Passeri) gehören Arten mit sehr unterschied- lichem Aussehen - vom großen Kolkraben mit 60 cm bis zum kleinen Wintergoldhähnchen mit nur 9 cm Körperlänge. Alle Singvögel gehören zu den Sperlingsvögeln (Passeriformes) und nutzen Lautäußerungen zur Balz und zur Revierverteidigung. Bei manchen Singvögeln ist die Melodie des Gesangs weitgehend unveränderlich, während andere auch Melodien fremder Arten oder sogar Geräusche des Menschen nachahmen können. Abbildung aus urheberrechtlichen Gründen entfernt Titelbild: Blaumeise a) Nennen Sie die Inhalte der BERGMANNschen und der ALLENschen Regel. Erklären Sie die in Tabelle 1 dargestellten Unterschiede bei den europäischen Zaunkönigen unter Einbeziehung des Modellexperiments (Material 1 und 2). [11 BE] b) Begründen Sie aus ökologischer Sicht anhand von Material 3, warum ein gemeinsames Vor- kommen der drei Rohrsänger-Arten im Uferbereich des Neusiedler Sees möglich ist. [12 BE] c) Erklären Sie zunächst das Ergebnis der Gelelektrophorese für die beiden erwachsenen Blau- meisen (Material 4). Leiten Sie dann für jedes der beiden Jungtiere ab, ob es vom untersuchten Blaumeisen- Männchen gezeugt worden sein könnte und begründen Sie Ihre Entscheidungen (Material 4). [11 BE] d) Erläutern Sie allgemein die Methode der Gelelektrophorese mit DNA-Proben. [6 BE] BIO-GK-H Aufgabe und Erwartungshorizont Seite 1 von 5
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Freie Hansestadt Bremen Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft Schriftliche Abiturprüfung 2014 Lehrermaterialien Grundkurs Biologie Material 1 Der Zaunkönig (Troglodytes troglodytes) ist die drittkleinste in Europa lebende Vogelart. Er ist vor allem in Ländern mit gemäßigtem Klima verbreitet. Alle europäischen Populationen gehören derselben Art an, unterscheiden sich jedoch in ihrem Körpergewicht und damit in ihrer Körpergröße (siehe Tabelle 1). Verbreitungsgebiet siehe Abbildung 1  St. Kilda / Großbritannien  Föhr / Deutschland  Württemberg / Deutsch- land  Schweiz  Pisa / Italien Körpergewicht (g) als Maß für die Körpergröße 12,2 11,0 10,0 Abbildung aus urheberrechtlichen Gründen entfernt Abbildung aus urheberrechtlichen Gründen entfernt 9,4 9,0 Tab. 1: Körpergewicht europäischer Zaunkönige als Maß für die Größe Abb. 1: Lage der Verbrei- tungsgebiete in Europa Material 2 In einem Modellexperiment verwendete man zwei unterschiedlich große Kartoffeln. Bei der großen Kartoffel war das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen etwa halb so groß wie bei der kleinen Kartoffel. Beide Kar- toffeln wurden gekocht und in die gleich heißen Kartoffeln steckte man jeweils ein Thermometer (siehe Abbildung 2). Anschließend ließ man sie 15 Minuten bei einer Raumtemperatur von ca. 22°C stehen. Danach wurde die Temperatur erneut gemessen und man stellte fest, dass die kleinere Kartoffel schneller abgekühlt war als die große. Abbildung aus urheberrechtlichen Gründen entfernt Abb. 2: Versuchsauf- bau Material 3 Im Uferbereich des Neusiedler Sees in Öster- reich findet man drei Rohrsänger-Arten (Acro- Abbildung aus cephalus). Ihre Habitate (bevorzugte Lebens- urheberrechtlichen räume) überschneiden sich stark (siehe Ab- Gründen entfernt bildung 3.1). Sie leben zwischen den langen Halmen des Schilfrohrs und ernähren sich alle überwiegend von Insekten und Spinnen. Abb. 3.2: Häufigkeitsverteilung der Beutefang- orte der Rohrsänger-Arten Hinweis: Die Abkürzungen können im Lösungstext verwendet werden. Abbildung aus urheberrechtlichen Gründen entfernt Abbildung aus urheberrechtlichen Gründen entfernt Abb. 3.1: Lage der Habitate der Rohrsänger- Arten am Ufer des Neusiedler Sees BIO-GK-H Abb. 3.3: Häufigkeitsverteilung der Beutege- wichte der Rohrsänger-Arten Aufgabe und Erwartungshorizont Seite 2 von 5
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Freie Hansestadt Bremen Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft Schriftliche Abiturprüfung 2014 Lehrermaterialien Grundkurs Biologie Material 4 Früher hielt man Blaumeisen (Cyanistes caeruleus) für monogam („treu“). Inzwischen konnte man jedoch feststellen, dass außerpaarliche Kopulationen (das „Fremdgehen“) des Weibchens eher die Regel als die Ausnahme sind. Die dabei gezeugten Nachkommen bezeichnet man als „extrapair“ Jungtiere. Um zu untersuchen, ob sich in einem Blaumeisen-Nest „extrapair“ Jung- tiere befinden, wird aus Blutproben von zwei Jungtieren, dem Muttertier Abbildung aus und ihrem Partner zunächst DNA gewonnen, daraus jeweils der gleiche urheberrechtlichen DNA-Abschnitt isoliert und vervielfältigt. Gründen entfernt Der untersuchte Abschnitt ist nicht Teil eines Gens und codiert nicht für eine Aminosäuresequenz. In diesem Abschnitt der DNA wiederholen sich kurze Basensequenzen mehrfach nacheinander. Die Anzahl der Wiederholungen und damit die Länge des Abschnitts ist bei den Indivi- duen einer Art unterschiedlich und kann sich auch bei den homologen Chromosomen eines Individuums unterscheiden. Mit den isolierten und vervielfältigten DNA-Abschnitten der vier Blaumei- sen wurde eine Gelelektrophorese durchgeführt, deren Ergebnis in Ab- Abb. 4: Ergebnis der bildung 4 dargestellt ist. Gelelektrophorese BIO-GK-H Aufgabe und Erwartungshorizont Seite 3 von 5
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Freie Hansestadt Bremen Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft Schriftliche Abiturprüfung 2014 Aufgabe 3 Lehrermaterialien Grundkurs Biologie Erwartungshorizont und Bewertung nach Anforderungsbereichen Bewertung Erwarteter Inhalt a) b) c) I BERGMANNsche Regel: Homoiotherme Tiere eines Verwandtschaftskreises, die in kaltem Klima leben, sind größer als Exemplare in wärmeren Gegen- den. ALLENsche Regel: Homoiotherme Tiere eines Verwandtschaftskreises, die in kaltem Klima leben, haben kleinere Körperanhänge als Exemplare in wärme- ren Gegenden. Die Körpergröße der europäischen Zaunkönige nimmt vom wärmeren Italien zum kälteren Großbritannien hin zu, was der BERGMANNschen Regel ent- spricht. Zu erklären ist dies damit, dass bei größeren Körpern das Verhältnis der Oberfläche zum Volumen geringer ist als bei kleineren Körpern. Im Mo- dellexperiment wird dies dadurch deutlich, dass dieses Verhältnis bei der großen Kartoffel nur etwa halb so groß ist wie bei der kleinen Kartoffel. Da die Wärmeabgabe über die Oberfläche erfolgt, kühlt die große Kartoffel lang- samer ab. Bei einem kleineren Tier steht also dem kleinen Volumen, in dem durch Stoffwechsel Wärme frei wird, eine relativ große Oberfläche entgegen, über die das Tier Wärme abgibt. Kleinere Zaunkönige könnten somit in kälte- rem Klima langfristig nicht leben, da sie zuviel Energie abgeben würden. Da die drei Rohrsänger-Arten ein ähnliches Nahrungsspektrum haben und sich ihre Habitate stark überschneiden, können sie nach dem Konkurrenz- ausschluss-Prinzip nur dann dauerhaft gemeinsam vorkommen, wenn sie sich in anderen Aspekten ihrer ökologischen Nischen unterscheiden. So unterscheiden sich TS und MS deutlich in Bezug auf den Beutefangort. Der MS sucht hauptsächlich an der Wasseroberfläche nach Nahrung, der TS hingegen in der Vegetation. Bei TS und DS ist die Überschneidung der Habi- tate durch die unterschiedliche Größe der bevorzugten Beute möglich. Wäh- rend der DS meist größere Beutetiere mit einem Gewicht von bis zu 1.000 mg fängt, ist die Beute des TS deutlich kleiner. MS und DS haben unter- schiedliche Ansprüche an den Beutefangort sowie die Beutegröße. Insgesamt sind die ökologischen Nischen der drei Arten so unterschiedlich, dass die interspezifische Konkurrenz reduziert ist. Durch dieses Prinzip der Konkurrenzvermeidung ist es möglich, dass die Arten gemeinsam im Ufer- bereich des Sees vorkommen können. II III 4 4 3 2 10 Das Gel weist bei beiden erwachsenen Tieren jeweils nur eine dicke Bande mit DNA-Abschnitten auf. Dies bedeutet, dass sie auf beiden homologen Chromosomen DNA-Abschnitte der jeweils gleichen Länge haben. Da der DNA-Abschnitt des Weibchens nur 22 Wiederholungen enthält ist er kürzer und wandert daher weiter durch das Gel als der des Männchens mit 26 Wie- derholungen. 3 2 Bei beiden Jungtieren zeigt das Ergebnis der Gelelektrophorese eine Bande im Bereich von 22 Wiederholungen. Den entsprechenden DNA-Abschnitt haben sie von ihrer Mutter geerbt. Das Ergebnis von Jungtier 1 zeigt zudem eine Bande im Bereich von 24 Wiederholungen. Es muss diesen Abschnitt von einem anderen Männchen geerbt haben, da beim untersuchten Männ- chen keine entsprechende DNA vorliegt. Jungtier 1 kann also nicht von ihm gezeugt worden sein. Das Gel zeigt bei Jungtier 2 einen Abschnitt mit 26 Wiederholungen. Diesen könnte es vom untersuchten Männchen geerbt haben und demnach von ihm gezeugt worden sein. 4 2 BIO-GK-H Aufgabe und Erwartungshorizont Seite 4 von 5
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Freie Hansestadt Bremen Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft Schriftliche Abiturprüfung 2014 d) Lehrermaterialien Grundkurs Biologie Die Gelelektrophorese kann zur Auftrennung eines Gemisches unterschied- lich langer DNA-Abschnitte genutzt werden. Die DNA-Proben werden dazu in Gel-Taschen gefüllt. Beim Anlegen einer Spannung wandern die gelade- nen DNA-Moleküle durch das Gel. Dieses behindert die Wanderung der Ab- schnitte unterschiedlich stark, wodurch kleine Fragmente schneller wandern als große und damit eine längere Strecke zurücklegen. Die entstehenden Banden müssen mittels eines Markers sichtbar gemacht werden. 6 Verteilung der insgesamt 40 Bewertungseinheiten auf die Anforderungsbereiche 16 20 4 Quellenangaben Titelbild: www.mygall.net/images/product_images/popup_images/84809_0.jpg (2014; verändert) Tabelle 1: www.nabu.de/downloads/fotos/vdj/zaunkoenig-zeichnung.jpg (2014) Abbildung 1: http://schweizerweltatlas.ch/unterrichtsmaterialien (2014; verändert) Abbildungen 3.1 bis 3.3: Drös, Reiner (Hrsg.): Linder Biologie SII - Arbeitsheft 2 und Lösungsband. Braun- schweig (Bildungshaus Schulbuchverlage) 2012, S. 38 bzw. S. 81 (verändert); Bairlein, Franz: Ökologie der Vögel. Stuttgart (Gustav Fischer Verlag) 1996, S. 37 (verändert) und www.nationalpark-neusiedlersee- seewinkel.at/Schilfg%C3%BCrtel.html (verändert). Abbildung 4: www.max-wissen.de/public/downloads/maxheft5668.pdf und Abituraufgabe Biologie, Aufgabe 1. Nordrhein-Westfalen, 2010 (verändert). Informationen: Abituraufgabe Leistungskurs Biologie, Aufgabe 1. Nordrhein-Westfalen, 2010. Abituraufgabe Grundkurs Biologie, Aufgabe 3. Nordrhein-Westfalen, 2010. Feldermann, Dieter (Hrsg.): Linder Biologie Arbeitsbuch. Braunschweig (Bildungshaus Schulbuchverlage) 2005. BIO-GK-H Aufgabe und Erwartungshorizont Seite 5 von 5
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