BI15_x_G_HT_GG.pdf
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Abiturprüfungen“
BI BIL E GK ?? 1 BI GK HT 1 Seite 1 von 4 Name: _______________________ Abiturprüfung 2015 Biologie, Grundkurs Aufgabenstellung: Thema: Die Evolution der Amazonas-Flussdelfine I.1 Beschreiben Sie die Verbreitung der Amazonas-Flussdelfine in Südamerika (Material A). Werten Sie das Ergebnis der molekulargenetischen Untersuchung im Hinblick auf mögliche Verwandtschaftsbeziehungen der drei Inia geoffrensis-Unterarten aus (Material B, Tabelle 1). Nennen Sie die zur Gewinnung größerer mtDNA-Mengen er- forderlichen methodischen Arbeitsschritte (Material B). Prüfen Sie unter Einbeziehung verschiedener Artbegriffe den Vorschlag, die Gattung Inia in zwei Arten zu unterteilen (Materialien A und B). (28 Punkte) I.2 Erläutern Sie differenziert aus evolutionsbiologischer Sicht unter Einbeziehung der in Tabelle 2 dargestellten Ergebnisse die bisherige Entwicklung der Amazonas-Fluss- delfine (Materialien A bis C). (18 Punkte) I.3 Erörtern Sie die Hypothese, dass es in der weiteren Evolution der Amazonas-Fluss- delfine im Orinoco- und im Amazonasbecken zur Artaufspaltung kommt (Materialien A bis C). (8 Punkte) Zugelassene Hilfsmittel: Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung Nur für den Dienstgebrauch!
BI BIL E GK ?? 1 BI GK HT 1 Seite 2 von 4 Name: _______________________ Material A: Informationen zu den Amazonas-Flussdelfinen Flussdelfine (Iniidae) sind eine Säugetierfamilie, die zur Ordnung der Wale (Cetacea) und hier genauer zur Unterordnung der Zahnwale (Odontoceti) gehört. Im nördlichen Südamerika finden sich drei Unterarten des Amazonas-Flussdelfins (Inia geoffrensis), der einzigen Art der Gattung Inia. Die Unterarten Inia geoffrensis humboldtiana und Inia geoffrensis geoffrensis weisen im Vergleich zu Inia geoffrensis boliviensis ein höher entwickeltes Gehirn sowie eine Reduzierung der Zahnzahl auf. Allen gemeinsam sind die kleinen Augen. Die Schnauze ist langgestreckt und mit Tasthaaren besetzt. Ihre Nahrung besteht vorwiegend aus kleinen Fischen, die sie mit Hilfe von hochentwickelter Echolotpeilung orten können. Schwarzwasserregion (Die Erklärung des Begriffs erfolgt im Text unten.) Stromschnellen im Rio Madeira ungefährer Verlauf des Andenmassivs Grau unterlegt sind die Verbreitungsgebiete. Abbildung 1: Verbreitungsgebiete der Unterarten von Inia geoffrensis Abbildung 2: Amazonas-Flussdelfin Flussdelfine leben meist als Einzelgänger und halten sich bevorzugt in den sumpfigen, stehenden Nebenarmen der großen Ströme auf. Im Bereich zwischen Orinoco und Amazonas befinden sich die Flüsse der so genannten Schwarzwasserregion. In dieser Region hat sich das Wasser durch ausgewaschenes Humusmaterial dunkelbraun bis schwarz verfärbt. Dies bewirkte eine Absenkung des pH-Werts. Forscher konnten feststellen, dass in den Flüssen dieser Region vereinzelt Individuen von Inia geoffrensis auftreten. In der Regel werden diese jedoch von ihnen gemieden. Nur für den Dienstgebrauch!
BI BIL E GK ?? 1 BI GK HT 1 Seite 3 von 4 Name: _______________________ Material B: Untersuchung der mtDNA der Amazonas-Flussdelfine Forscher schlugen vor, die Amazonas-Flussdelfine statt in die drei oben genannten Unter- arten in zwei Arten zu unterteilen. Um dies zu untersuchen, wurde die Sequenz eines Aus- schnitts der mitochondrialen DNA (mtDNA) von Individuen aus den drei Unterarten der Amazonas-Flussdelfine analysiert (Tabelle 1). Für diese Untersuchungen wurden insgesamt 96 Flussdelfine aus den in Abbildung 1 dargestellten Verbreitungsgebieten gefangen. Die Forscher entnahmen ihnen Haut aus der Schwanzflosse und vervielfältigten die mtDNA. Sie identifizierten 14 verschiedene Haplotypen. Unter einem Haplotyp versteht man eine Variante einer Nukleotidsequenz, z. B. in einem bestimmten Chromosomenabschnitt oder in der mtDNA. Exemplarisch sind in Tabelle 1 ausgewählte Basen aus einem Ausschnitt aus der mtDNA des jeweils häufigsten Haplotyps aus dem jeweiligen Verbreitungsgebiet dargestellt. Ausgewählt wurden die Basen, die sich in den drei Haplotypen unterscheiden. Tabelle 1: Vergleich ausgewählter Basen aus einem 400 Basenpaare großen Ausschnitt der mtDNA von drei verschiedenen Haplotypen aus den drei Verbreitungsgebieten Position der jeweiligen Base Inia g. humboldtiana Inia g. geoffrensis Inia g. boliviensis 6 16 23 24 27 28 45 46 62 66 78 91 99 104 115 127 128 130 136 137 141 C A A G G T C C G T T A A T T C C T C C C C A A G G T C C G C T A A T T C C C T T T T G G A A C T A A C C G G C C T T T C T T Nur für den Dienstgebrauch!
BI BIL E GK ?? 1 BI GK HT 1 Seite 4 von 4 Name: _______________________ Material C: Die Evolution der Amazonas-Flussdelfine H. Grabert führte Untersuchungen zur Evolution der Iniidae durch, wobei er zum einen die Veränderung ihres Lebensraums (Tabelle 2) und zum anderen Fossilien dieser Tiere unter- suchte. Nach Grabert könnten die Vorfahren der Iniidae vor 15 Millionen Jahren aus pazi- fischen Küstengewässern in die Gewässer im Landesinneren eingewandert sein. Tabelle 2: Veränderungen des Lebensraums der Amazonas-Flussdelfine Zeitraum Veränderungen vor 5 bis 1,8 Millionen Jahren fortgesetzte Gebirgsbildung der Anden Verschwinden der Verbindung zwischen den Küstengewässern und den Gewässern im Landesinneren Abnahme des Salzgehalts in den Seen im Landesinneren vor 1,8 Millionen Existenz einer Verbindung zwischen den Andenseen (heutiges Fluss- bis vor ca.10.000 Jahren system des Rio Madeira) und dem Amazonas-Orinoco-Flusssystem Entstehung der für Flussdelfine unüberwindlichen Stromschnellen im Rio Madeira vor ca. 10.000 Jahren Umwandlung der bisherigen Savannen-Landschaft in den heute typischen tropischen Regenwald mit anschließender Veränderung der Wasserqualität der Seen und Flüsse Entwicklung der Schwarzwasserregion mit einem hohen Säuregehalt Aufspaltung des bis dahin einheitlichen Gebiets von Orinoco und Amazonas Nur für den Dienstgebrauch!
Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW BI GK HT 1 Seite 1 von 9 Unterlagen für die Lehrkraft Abiturprüfung 2015 Biologie, Grundkurs 1. Aufgabenart Bearbeitung fachspezifischen Materials mit neuem Informationsgehalt 2. 1 Aufgabenstellung Thema: Die Evolution der Amazonas-Flussdelfine I.1 Beschreiben Sie die Verbreitung der Amazonas-Flussdelfine in Südamerika (Material A). Werten Sie das Ergebnis der molekulargenetischen Untersuchung im Hinblick auf mögliche Verwandtschaftsbeziehungen der drei Inia geoffrensis-Unterarten aus (Material B, Tabelle 1). Nennen Sie die zur Gewinnung größerer mtDNA-Mengen er- forderlichen methodischen Arbeitsschritte (Material B). Prüfen Sie unter Einbeziehung verschiedener Artbegriffe den Vorschlag, die Gattung Inia in zwei Arten zu unterteilen (Materialien A und B). (28 Punkte) I.2 Erläutern Sie differenziert aus evolutionsbiologischer Sicht unter Einbeziehung der in Tabelle 2 dargestellten Ergebnisse die bisherige Entwicklung der Amazonas-Fluss- delfine (Materialien A bis C). (18 Punkte) I.3 Erörtern Sie die Hypothese, dass es in der weiteren Evolution der Amazonas-Fluss- delfine im Orinoco- und im Amazonasbecken zur Artaufspaltung kommt (Materialien A bis C). (8 Punkte) 3. Materialgrundlage Material A: Abbildung 1 geändert nach: Hamilton et al. 2001, S. 550 Abbildung 2: Zoo Duisburg: Amazonas-Delphin Material B: Tabelle 1 geändert nach: Banguera-Hinestroza et al. 2002, S. 316 Material C: Tabelle 2 geändert nach: Grabert 1984, S. 334 – 340, und Banguera-Hinestroza et al. 2002, S. 319 1 Die Aufgabenstellung deckt inhaltlich alle drei Anforderungsbereiche ab. Nur für den Dienstgebrauch!
Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW BI GK HT 1 Seite 2 von 9 Banguera-Hinestroza, E. et al. (2002). Molecular Identification of Evolutionarily 4. Significant Units in the Amazon River Dolphin Inia sp. (Cetacea: Iniidae). Journal of Heredity, 93, 312 – 322 Grabert, H. (1984). Migration and speciation of the South American Iniidae (Cetacea, Mammalia). Zeitschrift für Säugetierkunde, 49, 334 – 341 Hamilton, H., Caballero, S., Collins, A. G. & Brownell Jr., R. L. (2001). Evolution of river dolphins. Proceedings of the Royal Society B, 268, 549 – 556 verfügbar unter: http://digitalcommons.unl.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1119& context=usdeptcommercepub (Zugriff: 20.02.2015) Korrektur: http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/268/1485/2615.abstract (Zugriff: 20.02.2015) Hollatz, C., Torres Vilaca, S., Redondo, R. A. F., Marmontel, M., Baker, C. S. & Santos, F. R. (2011). The Amazon River system as an ecological barrier driving genetic differentiation of the pink dolphin (Inia geoffrensis). Biological Journal of the Linnean Society, 102, 812 – 827 Storch,V., Welsch, U. & Wink, M. (2013). Evolutionsbiologie. Heidelberg (Springer Spektrum). S. 290 Zoo Duisburg: Amazonas-Delphin verfügbar unter: http://www.zoo-duisburg.de/component/zoo/item/amazonas-delphin.html? category_id=5 (Zugriff: 20.02.2015) WWF Deutschland, Traffic Europe-Germany (2007). Amazonas-Flussdelphin verfügbar unter: www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Arten- Portraet-Amazonas-Flussdelfin.pdf (Zugriff: 19.03.2014) Bezüge zu den Vorgaben 2015 1. Inhaltliche Schwerpunkte Evolution der Vielfalt des Lebens in Struktur und Verhalten Grundlagen evolutiver Veränderung – Genotypische Variabilität von Populationen (keine Modellberechnungen) Art und Artbildung Evolutionshinweise und Evolutionstheorie – Rezente und paläontologische Hinweise (Homologie der Wirbeltiergliedmaßen) – Systematik und phylogenetischer Stammbaum (Grundlegende Zusammenhänge innerhalb des Wirbeltierstammbaumes) – Vergleich und Beurteilung der Ergebnisse unterschiedlicher Analysemethoden; bei der Analyse bzw. Erstellung eines Stammbaumes sind Übereinstimmungen in der DNA-Sequenz und Aminosäure-Sequenz von Proteinen einzubeziehen – Synthetische Evolutionstheorie Genetische und entwicklungsbiologische Grundlagen von Lebensprozessen Angewandte Genetik – Werkzeuge und Verfahrensschritte der Gentechnik (PCR und genetischer Finger- abdruck) 2. Medien/Materialien entfällt Nur für den Dienstgebrauch!
Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW BI GK HT 1 Seite 3 von 9 5. Zugelassene Hilfsmittel Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung 6. Vorgaben für die Bewertung der Schülerleistungen Teilleistungen – Kriterien a) inhaltliche Leistung Teilaufgabe I.1 Anforderungen Der Prüfling maximal erreichbare Punktzahl 1 beschreibt die Verbreitung der Amazonas-Flussdelfine in Südamerika (Material A), z. B.: Die Amazonas-Flussdelfine leben in den sumpfigen, stehenden Nebenarmen großer Ströme. Die Unterart Inia geoffrensis humboldtiana ist im Flusssystem des Orinoco-Beckens anzutreffen. Die Unterart Inia geoffrensis geoffrensis findet man im Amazonas und seinen Seitenarmen (Amazonas-Becken). Im Flusssystem des oberen Rio Madeira ist die Unterart Inia geoffrensis boliviensis beheimatet. 4 2 wertet das Ergebnis der molekulargenetischen Untersuchung im Hinblick auf mögliche Verwandtschaftsbeziehungen der drei Inia geoffrensis-Unterarten aus (Material B, Tabelle 1), z. B.: Der Haplotyp der mtDNA (bezogen auf die ausgewählten Basen aus dem unter- suchten Stück) von Inia geoffrensis boliviensis unterscheidet sich deutlich von den Haplotypen aus den zwei anderen Verbreitungsgebieten: Er unterscheidet sich in 19 Nukleotiden vom angegebenen Haplotyp von Inia geoffrensis humboldtiana bzw. in 18 Nukleotiden von dem von Inia geoffrensis geoffrensis. Beim Haplotyp von Inia geoffrensis geoffrensis treten 5 Unterschiede im Ver- gleich zu dem von Inia geoffrensis humboldtiana auf. Die Haplotypen von Inia geoffrensis geoffrensis und Inia geoffrensis humboldtiana zeigen also bei den ausgewählten Basen jeweils einen hohen Grad an übereinstimmenden Basen. (Zum Erreichen der vollen Punktzahl ist die Ermittlung der konkreten Zahl an un- terschiedlichen Nukleotiden nicht erforderlich.) 4 3 wertet das Ergebnis der molekulargenetischen Untersuchung im Hinblick auf mögliche Verwandtschaftsbeziehungen der drei Inia geoffrensis-Unterarten aus (Material B, Tabelle 1), z. B.: Der Vergleich der mtDNA der drei Haplotypen zeigt, dass Inia geoffrensis geoffrensis und Inia geoffrensis humboldtiana wahrscheinlich enger miteinander verwandt sind. Inia geoffrensis boliviensis ist von den beiden anderen Unterarten wahrscheinlich verwandtschaftlich stärker getrennt. 4 Nur für den Dienstgebrauch!
Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW BI GK HT 1 Seite 4 von 9 4 nennt die zur Gewinnung größerer mtDNA-Mengen erforderlichen methodischen Arbeitsschritte (Material B), z. B.: Entnahme von Hautzellen der Amazonas-Flussdelfine und Isolation der mtDNA Amplifikation der mtDNA mittels PCR DNA-Sequenzierung und Visualisierung der PCR-Produkte mittels Elektrophorese (Wenn vom Prüfling andere Akzente gesetzt werden, kann dies entsprechend gewertet werden.) 4 5 prüft unter Einbeziehung verschiedener Artbegriffe den Vorschlag, die Gattung Inia in zwei Arten zu unterteilen (Materialien A und B), z. B.: Nach dem biologischen Artbegriff ist eine Art eine natürliche Fortpflanzungs- gemeinschaft, die von anderen vergleichbaren Gruppen reproduktiv isoliert ist. Nach dem morphologischen Artbegriff gehören zu einer Art alle Individuen, die in ihren wesentlichen Merkmalen untereinander übereinstimmen. 4 6 prüft unter Einbeziehung verschiedener Artbegriffe den Vorschlag, die Gattung Inia in zwei Arten zu unterteilen (Materialien A und B), z. B.: Die Individuen von Inia geoffrensis boliviensis zeigen im Vergleich zu den Indi- viduen aus den anderen zwei Verbreitungsgebieten große Unterschiede im Ver- gleich der ausgewählten Basen der mtDNA, die zu einer reproduktiven Isolation geführt haben können. Folglich könnte es sich bei Inia geoffrensis boliviensis nach dem biologischen Artbegriff um eine eigene Art handeln. 4 7 prüft unter Einbeziehung verschiedener Artbegriffe den Vorschlag, die Gattung Inia in zwei Arten zu unterteilen (Materialien A und B), z. B.: Inia geoffrensis boliviensis besitzt im Gegensatz zu Inia geoffrensis humboldtiana und Inia geoffrensis geoffrensis ein niedriger entwickeltes Gehirn und eine höhere Anzahl an Zähnen. Folglich könnte es sich bei Inia geoffrensis boliviensis nach dem morphologischen Artbegriff um eine eigene Art handeln. 4 8 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (2) Nur für den Dienstgebrauch!
Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW BI GK HT 1 Seite 5 von 9 Teilaufgabe I.2 Anforderungen Der Prüfling 1 2 3 4 5 erläutert differenziert aus evolutionsbiologischer Sicht unter Einbeziehung der in Tabelle 2 dargestellten Ergebnisse die bisherige Entwicklung der Amazonas-Fluss- delfine (Materialien A bis C), z. B.: Der zunächst einheitliche Lebensraum könnte von den Inia-Vorfahren als Gründer- population von der Pazifikseite aus besiedelt worden sein. Durch die Gebirgsbildung der Anden entstand die geografische Abtrennung der Gewässer im Landesinneren zum Pazifik. erläutert differenziert aus evolutionsbiologischer Sicht unter Einbeziehung der in Tabelle 2 dargestellten Ergebnisse die bisherige Entwicklung der Amazonas-Fluss- delfine (Materialien A bis C), z. B.: Durch transformierende Selektion ist eine Angepasstheit an die Süßwasserum- gebung entstanden. erläutert differenziert aus evolutionsbiologischer Sicht unter Einbeziehung der in Tabelle 2 dargestellten Ergebnisse, die bisherige Entwicklung der Amazonas-Fluss- delfine (Materialien A bis C), z. B.: Die entstandene geografische Barriere durch die Stromschnellen im Rio Madeira führte zu einer Trennung der ursprünglichen Population in zwei Teilpopulationen im oberen Rio Madeira bzw. im Becken des Orinoco und des Amazonas. Dadurch wurde der Genfluss unterbrochen. Die durch die geografische Isolation entstandenen unterschiedlichen Genpools enthielten jeweils nur einen bestimmten Teil des ursprünglichen Genpools. Die Genpools in den zwei Teilpopulationen veränderten sich – durch Mutation und Rekombination in der Kern-DNA, – durch Mutationen in der mtDNA (dies ist auch molekulargenetisch bei dem Haplotyp von Inia geoffrensis boliviensis im Vergleich zu den Haplotypen der Individuen in den Flusssystemen des Orinoco bzw. des Amazonas zu erkennen), – durch Selektion. Es liegt allopatrische Artbildung vor. (Zur Vergabe der vollen Punktzahl muss der Fachbegriff allopatrische Artbildung genannt werden. Deutungen in Richtung Gendrift sind ebenfalls zu akzeptieren.) erläutert differenziert aus evolutionsbiologischer Sicht unter Einbeziehung der in Tabelle 2 dargestellten Ergebnisse die bisherige Entwicklung der Amazonas-Fluss- delfine (Materialien A bis C), z. B.: Durch einen höheren Humusanteil und einen niedrigeren pH-Wert entstand in der damaligen Savannen-Landschaft die Schwarzwasserregion als geografische Barriere. Dies bewirkte eine Aufspaltung der größeren Teilpopulation in die getrennten Teilpopulationen des Orinoco- und des Amazonas-Flusssystems. Diese Trennung führte dazu, dass sich die Individuen zumindest nur sehr selten (Schwarzwasserbereich) miteinander verpaaren konnten. Da aber ein Genfluss im Schwarzwasserbereich geringfügig möglich ist, ist es hier noch nicht zu einer Artaufspaltung, sondern lediglich zu einer allopatrischen Bildung von Unterarten gekommen. (Sollte als Argument die geringe Trennungszeit der Populationen genannt werden, kann dies auch entsprechend gewertet werden.) erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (2) Nur für den Dienstgebrauch! maximal erreichbare Punktzahl 3 2 8 5
Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW BI GK HT 1 Seite 6 von 9 Teilaufgabe I.3 Anforderungen Der Prüfling maximal erreichbare Punktzahl 1 erörtert die Hypothese, dass es in der weiteren Evolution der Amazonas-Flussdelfine im Orinoco- und im Amazonasbecken zur Artaufspaltung kommt (Materialien A bis C), z. B.: Bei den zwei Unterarten Inia geoffrensis humboldtiana (Orinocobecken) und Inia geoffrensis geoffrensis (Amazonasbecken) kann es durch unterschiedliche Mutationen in den jeweiligen Populationen zu einer unterschiedlichen Entwick- lung der beiden Genpools kommen. Die unterschiedlichen ökologischen Bedingungen im jeweiligen Lebensraum können einen unterschiedlichen Selektionsdruck bewirken. Bei bleibender geografischer Isolation durch die Schwarzwasserbarriere kann es zu einer Auftrennung in zwei unterschiedliche Arten kommen: allopatrische Art- bildung. 5 2 erörtert die Hypothese, dass es in der weiteren Evolution der Amazonas-Flussdelfine im Orinoco- und im Amazonasbecken zur Artaufspaltung kommt (Materialien A bis C), z. B.: Kommt es zu vermehrten Wanderungen von Inia geoffrensis durch die Schwarz- wasserregion, führt dies zu einer Durchmischung der Genpools. In diesem Fall bleibt eine Fortpflanzungsgemeinschaft erhalten und es kommt nicht zur Aufspaltung, sondern zu der Erhaltung oder Stabilisierung der Art. 3 3 erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (2) b) Darstellungsleistung Anforderungen Der Prüfling führt seine Gedanken schlüssig, stringent und klar aus. strukturiert seine Darstellung sachgerecht. verwendet eine differenzierte und präzise Sprache. gestaltet seine Arbeit formal ansprechend. Nur für den Dienstgebrauch! maximal erreichbare Punktzahl 6