Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre Fragen vom 14.10.2017, die wir Ihnen nachfolgend
gerne beantworten:
1. Auf welcher Rechtsgrundlage ist die Bundesärztekammer in dieser Form
für die Erstellung von Richtlinien, z. B. für die Erstellung der
Richtlinie zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer
Untersuchungen, zuständig?
Die Verpflichtung der Laborbetreiber zur Qualitätssicherung nach dem Stand
der medizinischen Wissenschaft und Technik wird durch die
Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV), also durch Bundesgesetz
geregelt.
Die Durchführung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen erfordert gemäß
§ 9 Abs. 1 der MPBetreibV die Einrichtung eines Qualitätssicherungssystems
nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik zur
Aufrechterhaltung der erforderlichen Qualität, Sicherheit und Leistung bei
der Anwendung von In-vitro-Diagnostika sowie zur Sicherstellung der
Zuverlässigkeit der damit erzielten Ergebnisse. Eine solche ordnungsgemäße
Qualitätssicherung wird vermutet, wenn Teil A der Richtlinie der
Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer
Untersuchungen (Rili-BÄK) beachtet wird.
Die Bundesärztekammer hat mit der Rili-BÄK ein adäquates
Qualitätssicherungssystem entwickelt, um den Laborärzten eine
wissenschaftlich fundierte Orientierung zu geben.
Die Rili-BÄK hat sich über die Jahre als anerkannter Maßstab für die QS im
Bereich Labormedizin entwickelt, so dass die MPBetreibV auf die Rili-BÄK
als Maßstab ordnungsgemäßer Qualitätssicherung Bezug nimmt.
2. Für einige labormedizinische Untersuchungen sind Test mit stark
differenten Sensitivitäten auf dem Markt, z. B. zwischen 50% und 90% für
ein und denselben Testparameter, ohne ähnlich gravierende Unterschiede in
der Spezifität. In der Rili-BAEK heißt es: "Beträge der durch diese
Richtlinie vorgegebenen Grenzwerte für Messabweichungen. Werden diese
Beträge überschritten, sind die Abweichungen Fehler und erfordern
Korrekturmaßnahmen." Wie kann es sein, dass solche Tests mit so hohen
Fehlerquoten dann überhaupt auf den Markt kommen?
Die Zulassung von Medizinprodukten (und damit auch von
In-vitro-Diagnostika) unterliegt europarechtlichen Regelungen. Hierbei
muss auch die Leistungsfähigkeit (etwa durch Angaben zur Spezifität,
Sensitivität) des jeweiligen In-vitro-Diagnostikums nachgewiesen werden.
Die Rili-BÄK definiert Kriterien der Ergebnisqualität. Je nach
Fragestellung sind durchaus unterschiedliche Testsysteme mit
divergierenden Testspezifikationen für den Einsatz in der
Krankenversorgung geeignet.
3. Wie wird "der Stand der Technik" bestimmt? Wo ist die Grenze für die
Sensitivität, ab der ein Test nicht mehr auf den Markt kommen darf?
Der „Stand der Technik“ befindet sich im laufenden Wandel. Hier gibt es
keine Institution, die dieses offiziell definiert. In der IVDD
(EU-Richtlinie über In-vitro-Diagnostika/) sind zum Teil Kriterien für die
Zulassung von Assays definiert.
4. Ist es aus Ihrer Sicht ausreichend, dass laut Rilibäk ein Wert als
richtig angesehen wird, wenn er lediglich in Wiederholungsmessungen gegen
sich selbst antreten muss?
In der Rili-BÄK ist festgelegt, dass Wiederholungsmessungen von geeigneten
Qualitätskontrollmaterialien, die im gesamten Geltungsbereich der Rili-BÄK
mit den identischen Zielwerten zum Einsatz kommen, zur Ermittlung der
Impräzision (zufälliger Fehler) sowie der Unrichtigkeit (systematischer
Fehler) verwendet werden sollen. Durch die benutzungstäglich
durchzuführende interne Qualitätskontrolle werden die Analysengeräte mit
den spezifischen Analyten für die Bestimmungen im Rahmen der
Krankenversorgung freigegeben. Dies steht in Analogie zu den Checklisten,
die ein Pilot vor dem Start des Flugzeugs durchzuführen hat. Durch die
externen Qualitätskontrollen, die für viele Analyte einmal im Quartal
durchgeführt werden müssen, erfolgt die systematische Überwachung durch
die Referenzinstitutionen.
Die Möglichkeit der Wiederholungsmessung von Patientenproben muss ein
Laboratorium vorhalten, in dem es die Proben für einen angemessenen
Zeitraum archiviert. Eine Wiederholungsmessung einer Patientenprobe ist
ein wichtiges Element in der Ursachenklärung von unplausiblen
Messergebnissen. Daneben gibt es noch eine Reihe weiterer Maßnahmen, die
zur Klärung von unplausiblen Ergebnissen angewendet werden können. Hierzu
bedarf es der fachlichen Qualifikation des Laboratoriums, die die Rili-BÄK
für die Leitung des Laboratoriums sowie der an der Ergebniserstellung
beteiligten Personen, einfordert.
5. Können Messwiederholungen beim Testhersteller im Auftrag eines Labor
objektiven "Ringversuchen" entsprechen?
Nein. Allerdings können solche Bestimmungen dazu dienen, Fehler im
betroffenen Labor bzw. bei den Testsystemen aufzudecken. Diese Werte
finden allerdings in der Regel keinen Eingang in die Krankenversorgung, da
in Deutschland die Diagnostikafirmen keine eigenen medizinischen
Laboratorien betreiben.
6. Wie ist aus Ihrer Sicht der Gesundheitsschutz von Patienten im Bereich
der Laboratoriumsmedizin gewährleistet, wenn zur Diagnostik bei einem
Arzt/in einem Labor ein Test mit völlig unterschiedlicher "Trefferquote"
angewendet wird, im Vergleich zu einem anderen Labor/Arzt?
Die Standardisierung von Messsystemen ist ein zentraler Bestandteil der
weltweiten Bemühungen der Laboratoriumsmedizin. So wurden z. B.
international gültige Referenzpräparationen geschaffen, auf die die
Testsysteme rückführbar sind, mit dem Ziel, die Patientensicherheit zu
erhöhen.
Wichtig ist, dass die Testsysteme nur für die vom Hersteller ausgewiesenen
Zwecke eingesetzt werden dürfen. Hier können die Testsysteme durchaus
unterschiedliche Qualitätsniveaus – z. B. qualitativ gegenüber quantitativ
– bedienen, auch wenn derselbe Analyt gemessen wird. In der Rili-BÄK
werden Mindeststandards definiert. Eine Aufgabe der BÄK besteht darin, mit
seinen Fachgremien diese Mindeststandards regelmäßig zu überprüfen und den
medizinischen Notwendigkeiten anzupassen.
7. Wer ist verantwortlich dafür, dass die Diagnostik zum bestmöglichen
Patientenwohl erfolgt, Sie, der Testhersteller, das Labor oder der Arzt?
Das Patientenwohl beginnt bereits bei der Testauswahl sowie bei der
richtigen Gewinnung des Probenmaterials. Hier legt die Rili-BÄK fest, dass
der Laboratoriumsmediziner den behandelnden Arzt angemessen und umfassend
berät. Für die Qualität in der laboratoriumsmedizinischen Untersuchung ist
der Laboratoriumsmediziner zuständig. Er trägt die Verantwortung für
Personal, benutzte Reagenzien, Plattformen, etc. und validiert medizinisch
die laboratoriumsmedizinischen Untersuchungen. In der Rili-BÄK werden
Mindeststandards definiert.
8. Wer ist für die Marktkontrolle von im Verkehr befindlichen Bluttests
verantwortlich?
Für die Überwachung sind gemäß § 26 Abs. 1 Medizinproduktegesetz die
Behörden der Länder zuständig.
Mit freundlichen Grüßen