Az: GI5-12017/1#1 -
Antragsteller/in, Antragsteller/in
Sehr
Antragsteller/in
vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 9. Oktober 2021 an das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), mit der Sie im Rahmen eines Antrags nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) um Informationen bitten, welche Maßnahmen die Bundesregierung zum Schutz jüdischen Lebens in Deutschland ergreift.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei Ihrer Anfrage nicht um einen IFG-Antrag handelt, da Ihre Anfrage nicht auf die Übersendung von Unterlagen gerichtet ist. Ihr Schreiben wird daher als Bürgerschreiben bewertet und beantwortet, nicht jedoch als IFG-Antrag beschieden.
Im Folgenden möchte ich Ihnen einige Aktionen und Programme aufzeigen, mit denen die Bundesregierung die Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus unterstützt.
Die Bundesregierung hat diesem Erfordernis zunächst dadurch Rechnung getragen, dass sie mit Herrn Dr. Felix Klein einen Beauftragten für jüdisches Leben und die Bekämpfung von Antisemitismus ernannt hat, der auch über eine eigene Internetseite verfügt (
www.antisemitismusbeauftragter.de).
Das Amt des Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus wurde auf Beschluss des Bundestags vom 18. Januar 2018 eingerichtet und ist im Bundesinnenministerium angesiedelt. Es ist Aufgabe von Herrn Dr. Klein, wie von den Antisemitismusbeauftragten der Länder, für das Phänomen „Antisemitismus“ zu sensibilisieren und zum gemeinsamen Handeln von Staat und Gesellschaft aufzufordern.
Es gibt bereits eine Vielzahl staatlicher Maßnahmen, um die Religionsfreiheit und das jüdische Leben in Deutschland zu schützen. So werden Straftaten mit antisemitischem Hintergrund gesondert erfasst. Zudem wurde ein bundesweites Meldesystem zur Erfassung antisemitischer „Vorfälle“, insbesondere von Fällen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle, eingerichtet. Außerdem werden Pläne zur Verstetigung von Maßnahmen im Bereich der Erinnerungskultur, des Jugendaustauschs, aber auch in der Ausbildung von Lehrern entwickelt.
Darüber hinaus hat die Bundesregierung bereits im Jahr 2017 den "Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus - Positionen und Maßnahmen zum Umgang mit Ideologien der Ungleichwertigkeit und den darauf bezogenen Diskriminierungen" (NAP) beschlossen. Die maßgeblichen und dauerhaften Ziele der Bundesregierung zur Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung sind hier dargelegt. Der NAP kann unter
https://www.bmfsfj.de/blob/116798/5fc... aufgerufen werden.
Kern des NAP sind Positionen und Maßnahmen in folgenden Handlungsfeldern: Menschenrechtspolitik; Schutz vor Diskriminierung und Ahndung von Straftaten; Bildung und politische Bildung; Gesellschaftliches und politisches Engagement für Demokratie und Gleichwertigkeit; Diversität im Arbeitsleben, Aus- und Fortbildung sowie Stärkung interkultureller und sozialer Kompetenz im Beruf; Rassismus und Hass im Internet sowie Forschung.
Bei der Umsetzung des NAP ist insbesondere die Konsultation zivilgesellschaftlicher Initiativen und Organisationen von Bedeutung, so beispielsweise das Dialogformat "Forum gegen Rassismus". Der NAP ist nicht als statisches Programm zu verstehen, sondern – im Rahmen der föderalen Zuständigkeit – eine Rahmensetzung seitens der Bundesregierung, der für weitere Diskurse im Sinne eines politischen Projekts offengehalten ist. Auf Ebene der EU gibt es zudem den sog. EU-Aktionsplan gegen Rassismus 2020-2025, veröffentlicht im September 2020.
Das mit Abstand größte Bundesprogramm gegen Extremismus, Rassismus und zur Demokratieförderung ist "Demokratie leben". Die Bundesregierung unterstützt mit diesem Programm das zivilgesellschaftliche Engagement. Gefördert werden Projekte in ganz Deutschland, die sich für ein vielfältiges, respektvolles und gewaltfreies Miteinander einsetzen. Bis 2023 stehen für "Demokratie leben" mehr als 460 Millionen Euro zur Verfügung – etwa 115 Millionen in diesem Jahr. Gefördert werden 200 Projekte und 300 Partnerschaften für Demokratie, 16 Landesdemokratiezentren und 14 Kompetenzzentren gegen Extremismus.
"Zusammenhalt durch Teilhabe" heißt ein weiteres bedeutendes Präventionsprogramm. Das Bundesinnenministerium setzt hierfür jährlich etwa zwölf Millionen Euro ein.
In Bezug auf die von Ihnen angesprochene Strafverfolgung ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland die Polizeihoheit und die Ausübung der staatlichen Befugnisse den Bundesländern übertragen sind (Art. 30 GG: "Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung triff oder zulässt").
Daher sind die Länder für die einschlägige Gesetzgebung, z. B. Polizeigesetze, die Organisation des Polizeiwesens und für die Durchführung aller aus dem Aufgabenbereich resultierenden Entscheidungen und Maßnahmen - insbesondere hinsichtlich der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung - eigenverantwortlich zuständig. Aus diesen grundgesetzlichen Vorgaben resultiert, dass der Bund - dazu gehören auch oberste Bundesbehörden, wie das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), das zudem weder Ermittlungs- noch Strafverfolgungsbehörde ist - keine rechtliche Möglichkeit hat, auf Einzelfallentscheidungen und Maßnahmen der Bundesländer Einfluss zu nehmen oder deren Aufgaben zu übernehmen.
Ich möchte Ihnen jedoch versichern, dass die zuständigen Behörden allen Hinweisen nachgehen und wegen möglicher Rechtsverstöße auf Hochtouren ermitteln.
Sehr
Antragsteller/in ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen darlegen, dass die Bekämpfung von Antisemitismus und Rassismus ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung darstellt.
Mit freundlichen
Grüßen