Sehr
geehrteAntragsteller/in
Sie haben sich mit Nachricht vom 30.1.2019 über
www.FragdenStaat.de an den Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz gewandt. Hintergrund ist ein bei der Hamburger Hochbahn AG (Hochbahn) gestellter Antrag auf Informationszugang. Hierin haben Sie die Hochbahn um Übersendung gegebenenfalls aktuell geltender Anwendungshinweise, Richtlinien, Arbeitsanweisungen zum Umgang mit Anfragen nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz (HmbTG) gebeten. Die Hochbahn hat Ihren Antrag mit dem Hinweis abgelehnt, dass sie im Zusammenhang mit derartigen Informationen keine öffentliche Aufgabe wahrnehme und daher keiner Informationspflicht unterliege. Derartige Informationen dienten einzig dazu, innerbetriebliche Abläufe zu regeln und beträfen den Bürger nicht unmittelbar.
Nach § 1 Abs. 2 HmbTG hat jede Person nach Maßgabe des HmbTG Anspruch auf unverzüglichen Zugang zu allen Informationen der auskunftspflichtigen Stellen. Auskunftspflichtige Stellen, sind die in § 2 Abs. 3 HmbTG bezeichneten Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg (§ 2 Abs. 5 HmbTG). Hierunter fallen nach § 2 Abs. 3 HS. 2 HmbTG auch juristische Personen des Privatrechts, soweit sie öffentliche Aufgaben, insbesondere solche der Daseinsvorsorge, wahrnehmen, und dabei der Kontrolle der Freien und Hansestadt Hamburg oder einer unter ihrer Aufsicht stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegen.
Einzig fraglich dürfte insofern sein, ob die Hochbahn in Zusammenhang mit den von Ihnen begehrten Informationen eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt. Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, dass es sich im Zusammenhang mit Anwendungshinweisen, Richtlinien oder Arbeitsanweisungen zum Umgang mit dem HmbTG nicht um eine Aufgabe der Daseinsvorsorge handelt. § 2 Abs. 10 HmbTG enthält eine Legaldefinition für Verträge der Daseinsvorsorge, der sich entnehmen lässt, was unter dem Begriff der Daseinsvorsorge im Sinne des HmbTG zu verstehen ist. Diese Definition ist nach Vorstellung des Gesetzgebers abschließend (Bü-Drs. 20/4466, S. 14). Danach ist ein Vertrag der Daseinvorsorge ein solcher, "den eine Behörde abschließt und mit dem die Beteiligung an einem Unternehmen der Daseinsvorsorge übertragen wird, der Leistungen der Daseinsvorsorge zum Gegenstand hat, der die Schaffung oder Bereitstellung von Infrastruktur für Zwecke der Daseinsvorsorge beinhaltet oder mit dem das Recht an einer Sache zur dauerhaften Einbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge übertragen wird. Damit sind Verträge erfasst, soweit sie die Wasserversorgung, die Abwasserentsorgung, die Abfallentsorgung, die Energieversorgung, das Verkehrs- und Beförderungswesen, insbesondere den öffentlichen Personennahverkehr, die Wohnungswirtschaft, die Bildungs- und Kultureinrichtungen, die stationäre Krankenversorgung oder die Datenverarbeitung für hoheitliche Tätigkeiten zum Gegenstand haben."
Anwendungshinweise, Richtlinien, Arbeitsanweisungen zum Umgang mit Anfragen nach dem HmbTG dürften sich hierunter wohl nicht ohne weiteres fassen lassen. Sie werden von einer juristischen Person der Privatrechts geschaffen, um den Umgang mit Informationen im Sinne dieser Vorschrift einer einheitlichen Bearbeitung innerhalb des Unternehmens zuzuführen, stellen selbst jedoch nicht unmittelbar derartige Informationen dar.
Dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 HS. 2 HmbTG lässt sich jedoch entnehmen, dass der Begriff der öffentlichen Aufgabe nicht auf Aufgaben der Daseinsvorsorge beschränkt ist. Vielmehr sollen vom Begriff der öffentlichen Aufgabe "insbesondere" solche der Daseinsvorsorge erfasst sein. Unter den Begriff der öffentlichen Aufgabe dürften Aufgaben zu fassen sein, "an deren Erfüllung ein gesteigertes Interesse der Gemeinschaft besteht, die aber so geartet sind, daß sie weder im Wege privater Initiative wirksam wahrgenommen werden können noch zu den im engeren Sinn staatlichen Aufgaben zählen, die der Staat selbst durch seine Behörden wahrnehmen muß"(vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.12.1974 – 1 BvR 430/65, BVerfGE 38, 281-312, Rn. 90 juris). Die Aufgabe muss also einen gewissen Gemeinwohlbezug aufweisen und ihre Erfüllung muss im öffentlichen Interesse liegen. Dies dürfte hinsichtlich Anwendungshinweise, Richtlinien, Arbeitsanweisungen zum Umgang mit Anfragen nach dem HmbTG gerade der Fall sein. Es handelt sich um eine Aufgabe, die das HmbTG bestimmten juristischen Personen des Privatrechts gesetzlich zuweist. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die Aufgaben wahrnehmen, deren Erfüllung einen Gemeinwohlbezug aufweist, wie Verkehrs-, Kultur-, Grundversorgungsleistungen oder ähnliches. Dabei verfolgt HmbTG das Ziel, die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und eine Kontrolle des staatlichen Handelns zu ermöglichen, vgl. § 1 Abs. 1 HmbTG. Daran ob und wie ein Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 3 HS. 2 HmbTG seine Informationspflichten wahrnimmt besteht ein öffentliches Interesse. Um überprüfen zu können, ob ein Unternehmen hierbei den gesetzlichen Vorgaben entspricht, ist gerade von Interesse, welche Vorgehensweise sich ein solches Unternehmen im Umgang mit Anfragen nach dem HmbTG selbst gesetzt hat.
Ferner hat das VG Hamburg zum Gemeinwohlbezug einer Regelung wie der des HmbTG Folgendes ausgeführt:
„Das Gesetz bezweckt die Herstellung umfassender Transparenz des Verwaltungshandelns, um die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und eine Kontrolle des staatlichen Handelns zu ermöglichen, § 1 Abs. 1 HmbTG. Transparenz ist damit als Strukturmerkmal staatlichen Handelns definiert, welches der Emanzipation des Bürgers vom bloßen Gewaltunterworfenen zum durch Information mündigen Partner der Verwaltung dient. Durch die Informationspflicht wird strukturell die Erklärungs- und Rechtfertigungspflicht staatlicher Stellen für hoheitliche Maßnahmen erhöht. Der Prozess demokratischer Willensbildung wird belebt, demokratische Teilhabe wird verbessert und insgesamt wird der von der Verfassung gewollte demokratische Rechtsstaat durch einen weiteren wesentlichen Schritt vom Obrigkeitsstaat abgegrenzt.“ - VG Hamburg, DVBl. 2013, 130 ff.
Bei einer solchen Betrachtung drängt sich der Gemeinwohlbezug des HmbTG geradezu auf. Die von Ihnen begehrten Informationen betreffen die Umsetzung des HmbTG im Einzelnen. Dies wirkt sich unmittelbar auf die Bedeutung des HmbTG im Hinblick auf die Verwirklichung der Gesetzesziele aus.
In der Verwaltung ist im Zusammenhang mit dem Erlass des HmbTG diskutiert worden, ob es für die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe erforderlich sei, dass ein direkter Bezug zu Bürgerinnen und Bürgern der FHH gegeben sein muss, weil lediglich „staatsinterne“ Aufgaben ohne direkte Außenwirkung keine öffentliche Aufgabe im Sinne von § 2 Abs. 3 Hs. 2 HmbTG seien könnten. Unabhängig davon, ob man dieser Ansicht folgt oder nicht (ablehnend dazu Maatsch/Schnabel, HmbTG, 2015, § 2, Rn. 21), kommt man vorliegend jedoch zu dem Ergebnis, dass die von Ihnen begehrten Informationen diesen Anforderungen entsprechen. Sie haben einen direkten Bürgerbezug, ihre Inhalte (so sie denn befolgt werden) wirken sich unmittelbar auf die Auslegung und Anwendung des HmbTG aus.
Die hamburgische Rechtsprechung geht noch einen Schritt weiter und vertritt sogar, dass es nicht einmal ausreiche, dass eine Aufgabe der Daseinsvorsorge durch eine Privatperson erledigt wird. Vielmehr sei es aufgrund der in § 1 Abs. 1 als Gesetzeszweck definierten Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung sowie der Kontrolle staatlichen Handelns erforderlich, dass das private Handeln mit staatlichem Handeln vergleichbar sei (so VG Hamburg, Urt. v. 10.12.2014 – 17 K 1679/14). Selbst diese Voraussetzung wäre erfüllt. Beim HmbTG handelt es sich um Sonderrecht, das nicht von jedermann zu befolgen ist, sondern lediglich von der Verwaltung und einer kleinen Gruppe von Unternehmen, die aufgrund bestimmter Voraussetzungen in den Anwendungsbereich des HmbTG einbezogen wird. Diese muss im Bereich der besonderen Gemeinwohlverpflichtung bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben besondere Pflichten erfüllen. Die von Ihnen begehrten Informationen beschreiben wie dies erfolgen soll. Das Handeln der Unternehmen in diesem engen Bereich entspricht dabei dem staatlicher Stellen, die als einzige nahezu ausnahmslos dem HmbTG unterworfen sind.
Aufgrund dieser Ausführungen sind wir der Ansicht, dass die von Ihnen begehrten Informationen in den Anwendungsbereich des HmbTG fallen. Nach unserer Einschätzung der Rechtsprechung wäre ein Erfolg ihrerseits im Falle einer verwaltungsgerichtlichen Klage insoweit nicht aussichtslos.
Sie haben die Möglichkeit gegen die Ablehnung des Informationszugangs bei der Hochbahn Widerspruch einzulegen.
Mit freundlichen Grüßen