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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „BG Abiturklausuren 2013-2019 SH

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Berufliches Gymnasium Zentralabitur Deutsch eA 2018 Themenkorridor 1 Die Poetisierung der Gesellschaft in der Lyrik der Romantik Aufgabenart: Literarischer Text – untersuchend eA Joseph von Eichendorff (1788 – 1857) Der Jäger Abschied (1810) 5 10 15 20 25 Wer hat dich, du schöner Wald, Aufgebaut so hoch da droben? Wohl den Meister will ich loben, Solang noch mein Stimm erschallt. Lebe wohl, Lebe wohl, du schöner Wald! Tief die Welt verworren schallt, Oben einsam Rehe grasen, Und wir ziehen fort und blasen, Daß es tausendfach verhallt: Lebe wohl, Lebe wohl, du schöner Wald! Banner, der so kühle wallt! Unter deinen grünen Wogen Hast du treu uns auferzogen, Frommer Sagen Aufenthalt! Lebe wohl, Lebe wohl, du schöner Wald! Was wir still gelobt im Wald, Wollen‘s draußen ehrlich halten, Ewig bleiben treu die Alten: Deutsch Panier, das rauschend wallt, Lebe wohl, Schirm dich Gott, du schöner Wald! Worterklärungen: Banner: eine Fahne mit einem Hoheitszeichen/Wappen Deutsch Panier: Banner, Feldzeichen Seite 1 von 7 Literarischer Text untersuchend (eA) Text
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Berufliches Gymnasium Zentralabitur Deutsch eA 2018 Elfriede Gerstl (1932 – 2009) wer ist denn schon (1982) 5 10 wer ist denn schon bei sich wer ist denn schon zu hause wer ist denn schon zu hause bei sich wer ist denn schon zu hause wenn er bei sich ist wer ist denn schon bei sich wenn er zu hause ist wer ist denn schon bei sich wenn er zu hause bei sich ist wer denn Seite 2 von 7 Literarischer Text untersuchend (eA) Text
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Berufliches Gymnasium Zentralabitur Deutsch eA 2018 Textvorlage Josef von Eichendorff: Der Jäger Abschied. in: Josef von Eichendorff. Ausgewählte Werke, herausgegeben von Paul Stapf, Berlin und Darmstadt 1953, S.135f. Elfriede Gerstl: wer ist denn schon. aus: Wiener Mischung. Texte aus vielen Jahren. Graz 1982 Online abrufbar: http://www.poetenladen.de/stelen/elfriede-gerstl.htm Erlaubte Hilfsmittel: Rechtschreiblexikon Auswahl- und Lesezeit: 20 Minuten Arbeitszeit: 5 Zeitstunden Aufgabenstellung 1. Untersuchen Sie das Gedicht von Joseph von Eichendorff nach Form, Inhalt und Sprache, auch vor dem Hintergrund Ihrer Kenntnisse der Epoche Romantik. 2. Vergleichen Sie Eichendorffs Gedicht mit Elfriede Gerstls Gedicht „wer ist denn schon“. Seite 3 von 7 Literarischer Text untersuchend (eA) Aufgabenstellung
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Berufliches Gymnasium Zentralabitur Deutsch eA 2018 Unterrichtliche Voraussetzungen Die Interpretation literarischer Texte ist Gegenstand aller drei Schuljahre des Deutschunterrichts des Beruflichen Gymnasiums. Durch die unterrichtliche Arbeit zum ersten Themenkorridor sind die Schülerinnen und Schüler mit der Untersuchung von Inhalt, sprachlicher Gestaltung, Wirkung und Intention lyrischer Texte insbesondere aus der Epoche der Romantik vertraut. Bezug zu den Bildungsstandards - erwartete Schülerleistung- Anforderungsbereiche Aufgabe 1: Untersuchen Sie das Gedicht von Joseph von Eichendorff nach Form, Inhalt und Sprache, auch vor dem Hintergrund Ihrer Kenntnisse der Epoche der Romantik. Die Schülerinnen und Schüler können Inhalt, Aufbau und sprachliche Gestaltung literarischer Texte analysieren, Sinnzusammenhänge zwischen einzelnen Einheiten dieser Texte herstellen und sie als Geflechte innerer Bezüge und Abhängigkeiten erfassen (Bildungsstandard 2.4.1). Die Schülerinnen und Schüler fassen den Inhalt des Gedichts kurz zusammen. Das Thema des Gedichts ist der Abschied der Jäger aus dem Wald. Das lyrische Ich befindet sich im Aufbruch aus der Idylle des Waldes in eine neue, fremde Welt, wobei es die ihm vermittelten Werte des Waldes begleiten. Folgende Aspekte könnten genannt werden: Die Schülerinnen und Schüler untersuchen Form und Gedankengang des Gedichts. Das Gedicht besteht aus vier Strophen mit je sechs Versen. Das Reimschema ist ein umarmender Reim (V. 1-4) mit dem Schwerpunkt auf dem Schlüsselwort „Wald“. Das Metrum ist ein vierhebiger Trochäus mit überwiegend männlicher Kadenz, der den Gedanken der Aufbruchsstimmung unterstützt. Ein sich wiederholender Refrain „Lebe wohl,/Lebe wohl, du schöner Wald“ durchzieht das gesamte Gedicht - in der letzten Strophe modifiziert. Die erste Strophe beginnt mit einer rhetorischen Frage und Personifikation des Waldes: „Wer hat dich, du schöner Wald,/ Aufgebaut so hoch da droben?“, die den Wald sowie das Verhältnis des lyrischen Ichs zum Wald charakterisieren. Der Wald wird als göttliche Schöpfung begriffen - „Wohl Seite 4 von 7 Literarischer Text untersuchend (eA) Erwartungshorizont
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Berufliches Gymnasium Zentralabitur Deutsch eA 2018 den Meister will ich loben“ - , dem das lyrische Ich über Betrachtung und Lobpreisungen nahekommt. Gleichzeitig wird der Wald zum Symbol, das in jeder der folgenden Strophen einen neuen Aspekt erhält. Das Motiv des Abschieds vom Wald durchzieht dabei alle vier Strophen und taucht erstmals in den Versen 5 und 6 auf: „Lebe wohl, /Lebe wohl du schöner Wald!“. Dieser sich wiederholende Ausruf zeigt die emotionale Verbundenheit des lyrischen Ichs mit dem Wald. Der Aufbruch aus der Idylle („Wald“) in die Realität („Welt“) ist das Thema der zweiten Strophe. Die Positionierung des lyrischen Ichs zeigt sich dabei in der Gegenüberstellung von Wald („Oben“) und Welt („Tief“), dem Einsamkeit und Verworrenheit entsprechen. Das lyrische Ich ist nicht allein, es steht in Verbindung mit Gleichgesinnten, es wird hier zum „wir“ der deutschen Jäger, welche zum Aufbruch in die neue Welt „blasen“(V. 11). Die Werte, die der Jägerschaft vermittelt worden sind, werden in der dritten Strophe mit der Metaphorik des Waldes verbunden: „Unter deinen grünen Wogen,/hast du still uns auferzogen“. Sie stehen für Heimat, Kultur, Nationalität, Glaube und Religion. Diese Werte begleiten die Jäger auf ihrem Weg in die fremde Welt (gemeint sein könnten auch die bald darauf beginnenden Freiheitskriege), in dem klaren Bewusstsein, dass sie sich auf diese verlassen können („Was wir still gelobt im Wald,/Wollens draußen ehrlich halten,/Ewig bleiben treu die Alten“). Das Individuum geht in der Gemeinschaft auf („wir“/die „Jäger“) – gemeinsam folgen Menschen hier einem Aufruf, sich zu verabschieden in ein neues Leben. Das lyrische Ich scheint sich nicht dagegen aufzulehnen, sondern einverstanden zu sein. Nationalstolz, Liebe zum Vaterland, eine gewisse Dankbarkeit für eine Phase, die sich dem Ende neigt, ist erkennbar (V. 14/15, 20/21). Der deutsche „Wald“ entwickelt sich vom „Banner“ (V. 15) in der dritten Strophe zum „Deutsch Panier“ (V. 25) in der vierten Strophe und wird zum Symbol für Nationalität und Heimat, die verlassen werden muss. Die Wiederholung des Abschiedsmotivs („Lebe wohl, du schöner Wald“) verändert sich im letzten Vers des Gedichts, indem nicht noch einmal der Abschiedsgruß wiederholt, sondern ein Appell an Gott ausgesprochen wird, dass er den Wald und damit auch die deutsche Nation beschützen möge: „Schirm dich Gott, du schöner Wald!“ (V.27). Die Schülerinnen und Schüler beziehen ihr Wissen über die Epoche der Romantik mit ein. Als romantische Merkmale können festgehalten werden: Naturverbundenheit des Individuums sowie die Religiosität bzw. die Seite 5 von 7 Literarischer Text untersuchend (eA) Erwartungshorizont
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Berufliches Gymnasium Zentralabitur Deutsch eA 2018 Verbundenheit mit der göttlichen Schöpfung. Allerdings wird der Abschied als eher pragmatisch und als Notwendigkeit beurteilt, eine schwärmerische, verträumte, sehnsüchtige Stimmung kommt dabei nicht auf. Die Detailergebnisse der formalen und sprachlichen Analyse sollten mit inhaltlichen Beobachtungen verknüpft und im Hinblick auf die Textaussage gedeutet werden. Anforderungsbereiche I, II und III Aufgabe 2: Vergleichen Sie Eichendorffs Gedicht mit Elfriede Gerstls Gedicht „wer ist denn schon“. Die Schülerinnen und Schüler können diachrone und synchrone Zusammenhänge zwischen literarischen Texten ermitteln und Bezüge zu weiteren Kontexten herstellen (Bildungsstandard 2.4.1). Sie erfassen in ihrer Textarbeit die Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Texte und lassen dabei ihre Erkenntnisse über „Der Jäger Abschied“ sinnvoll in die Untersuchung des Gedichts „wer ist denn schon“ einfließen. Die divergierende Botschaft der Heimat- und Identitätsdarstellungen sollten benannt werden. Die Frage nach Identität und Heimat wird in Gerstls Gedicht im Gegensatz zu Eichendorffs nicht positiv beantwortet – es beschreibt ein ständiges „Auf-der-Suche-Sein“. Das Heimatgefühl, das Eichendorff im Symbol des Waldes beschreibt, ist in „wer ist denn schon“ verloren gegangen. Folgende Aspekte könnten genannt werden: Im Gegensatz zu Eichendorffs Gedicht fällt bereits auf, dass die gewählte Form sehr offen ist. Das gesamte Gedicht besteht aus nur einer Aussage, die durch kleine Veränderungen im Satzbau und das Hinzufügen einiger weniger Worte modifiziert wird, wobei das Fragepronomen „Wer“ immer wieder wiederholt wird. Das Gedicht besteht aus lediglich einer Strophe als einem Wortspiel, das sich aus der Bedeutungsveränderung in der Gegenüberstellung von „zu hause“- und „bei sich“ Sein ergibt. Der Verlust des Heimatgefühls spiegelt sich hier auch im Verlust einer Formstrenge: Gerstl verzichtet auf Reimschema, Interpunktion und die Berücksichtigung von Groß- und Kleinschreibung. Seite 6 von 7 Literarischer Text untersuchend (eA) Erwartungshorizont
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Berufliches Gymnasium Zentralabitur Deutsch eA 2018 Inhaltlich beschreiben die beiden Gedichte unterschiedliche Persönlichkeiten, Lebenseinstellungen, Haltungen: die erwachsene Persönlichkeit im Einverständnis mit den Notwendigkeiten des Lebens bei Eichendorff auf der einen und eine orientierungslose, suchende Persönlichkeit bei Gerstl auf der anderen Seite. Das Individuum kreist in Gerstls Gedicht um sich selbst, es findet keine Antwort auf eine existenzielle Frage („wer ist denn schon“). Mögliche vergleichende Aspekte aus der Lebens- und Erfahrungswelt der Schülerinnen und Schüler könnten sein: Erwachsenwerden bzw. Ende der Jugendzeit , individuelle Lebensplanung, (Zielstrebigkeit, gemeinsamer Aufbruch zu neuen Zielen, Vertrauen auf Gott – Orientierungslosigkeit des Individuums, Haltlosigkeit, Einzelkämpferdasein) Anforderungsbereiche II und III Bewertungskriterien für die Noten „gut“ und „ausreichend“ Die Note „gut“ verlangt – bei Schwerpunktsetzungen – die differenzierte und kompetente Erfüllung des Erwartungshorizontes, ohne jedoch auf Vollständigkeit im Detail zu drängen. Die sprachlich-stilistische Gestaltung der Arbeit muss flüssig, korrekt sowie verständlich und der Aufbau klar gegliedert sein. Für die Note „ausreichend“ genügt es, wenn unter Anwendung grundlegender Verfahren, Begriffe und Darstellungstechniken, die Fragestellungen und Sachverhalte im Ansatz treffend bearbeitet werden. Die Gedankengänge sollten nachvollziehbar entwickelt und verständlich formuliert sein. Der Aufbau muss erkennbar geordnet, der Stil verständlich und die sprachliche Gestaltung nachvollziehbar sein. Seite 7 von 7 Literarischer Text untersuchend (eA) Erwartungshorizont
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