Bundesbeauftragte für die Informationsfreiheit: Akteneinsicht bei abgeschlossenen Gerichtsverfahren vor Bundesgerichten
Antrag nach dem IFG
Sehr geehrte Damen und Herren,
laut S. 14 der Publikation BfDI – Info 2 "Informationsfreiheitsgesetz des Bundes - Text und Erläuterungen" (Link: http://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Infobroschueren/INFO2.pdf?__blob=publicationFile) sind „Sonstige Bundesorgane und -einrichtungen“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG auch Bundesgerichte. Die Aufbewahrung von Gerichtsakten nach Abschluss des Verfahrens stellt laut 2005-10-20 Urteil des Bundesfinanzhofes (Az.: VII B 207/05; Link: http://www.recht-in.de/urteil/akteneinsicht_bei_abgeschlossenem_verfahren_vii_b_207_05_bfh_beschluss_124082.html) eine Aufgabe der Gerichtsverwaltung dar. Im ersten Leitsatz der Entscheidung heißt es: "Die Aufbewahrung und Verwaltung von Gerichtsakten nach Abschluss eines Verfahrens ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Spruchkörpers, der mit ihm befasst war, sondern der Gerichtsverwaltung. Dementsprechend muss ggf. die Gerichtsverwaltung eine Entscheidung darüber treffen, ob einem Beteiligten nach rechtskräftigem Abschluss eines Verfahrens Akteneinsicht gewährt werden soll."
Bedeutet dies, dass
1.) das IFG ein Informationszugangsrecht in Form von Akteneinsicht bei abgeschlossenen Gerichtsverfahren vor Bundesgerichten begründet bzw.
2.) Anwendung auf abgeschlossene Gerichtsverfahren vor Bundesgerichten findet?
3.) IFG-Regelungen auf Bundesländerebene ein Informationszugangsrecht in Form von Akteneinsicht bei abgeschlossenen Gerichtsverfahren vor Gerichten der Bundesländer begründen bzw.
4.) Anwendung auf abgeschlossene Gerichtsverfahren vor Gerichten der Bundesländer finden?
Bitte beachten Sie folgendes:
Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 IFG i.V.m. § 7 Abs. 3 IFG bitte ausschließlich um elektronische Auskunft. Ergänzend weise ich auf § 1 Abs. 2 Satz 2 IFG hin, wonach, wenn der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs begehrt, dieser Informationszugang nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden darf. Da die von mir bestimmte Art des Informationszugangs die elektronische Auskunft ist, bitte ich bei Abweichung von dieser Art des Informationszugangs um eine detaillierte Begründung für diese Abweichung.
Sobald Sie entschieden haben, ob und ggf. in welcher Form und in welchem Umfang meinem Antrag auf Informationszugang entsprochen werden kann, möchte ich Sie bitten 1.) zu prüfen, ob und ggf. in welcher Höhe Gebühren und Auslagen entstehen könnten sowie 2.) die Höhe dieser Kosten soweit wie möglich zu beziffern und mir mitzuteilen. Unabhängig davon bitte ich um die Beantwortung bzw. Erledigung derjenigen Teile meines Antrags, für die das nicht zutrifft.
Ich weise hiermit ausdrücklich darauf hin, dass ich keinerlei im Rahmen dieser IFG-Anfrage entstehenden Kosten akzeptieren werde, solange mir diese nicht vor ihrem Entstehen schriftlich angekündigt worden sind und solange ich die Übernahme dieser Kosten nicht schriftlich zugestimmt bzw. diese akzeptiert habe.
Sollte mein Anfrage durch das IFG nicht gedeckt sein, so bitte ich mein Anliegen als Petition gemäß Artikel 17 GG i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG und § 39 Abs. 1 VwVfG zu bearbeiten sowie bestimmt und begründet zu bescheiden.
Allgemeine Hinweise:
Dies ist ein Antrag auf Aktenauskunft nach § 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG).
Ausschlussgründe liegen m.E. nicht vor.
M.E. handelt es sich um eine einfache Auskunft. Gebühren fallen somit nach § 10 IFG bzw. den anderen Vorschriften nicht an.
Sollte die Aktenauskunft Ihres Erachtens gebührenpflichtig sein, bitte ich, mir dies vorab mitzuteilen und dabei die Höhe der Kosten anzugeben.
Ich verweise auf § 7 Abs. 5 IFG/§ 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UIG/§ 4 Abs. 2 VIG und bitte, mir die erbetenen Informationen unverzüglich, spätestens nach Ablauf eines Monats zugänglich zu machen.
Sollten Sie für diesen Antrag nicht zuständig sein, bitte ich, ihn an die zuständige Behörde weiterzuleiten und mich darüber zu unterrichten.
Ich bitte um eine Antwort in elektronischer Form (E-Mail) gemäß § 8 EGovG. Eine Antwort an meine persönliche E-Mail-Adresse bei meinem Telekommunikationsanbieter FragDenStaat.de stellt keine öffentliche Bekanntgabe des Verwaltungsaktes nach § 41 VwVfG dar.
Ich behalte mir vor, nach Eingang Ihrer Auskünfte um weitere ergänzende Auskünfte nachzusuchen.
Ich bitte um Empfangsbestätigung und danke Ihnen für Ihre Mühe.
Mit freundlichen Grüßen,
Ergebnis der Anfrage
Zusammenfassung per 2015-05-30 zur Thematik Akteneinsicht bei abgeschlossenen Gerichtsverfahren bei Bundesgerichten:
Randnummer 219:
Der Informationszugang in Gerichtsverfahren (z.B. Einsichtnahme in Gerichtsakten) bestimmt sich nach den Vorschriften des Prozessrechts […]. Ganz allgemein kann auch auf § 169 GVG hingewiesen werden, der bezüglich der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht das Prinzip der Saalöffentlichkeit verwirklicht, für das BverfG bestehen Sonderregelungen zur Zulässigkeit von Bild- und Tonaufnahmen (§ 17a BverfGG).
Die prozessrechtlichen Bestimmungen zur Akteneinsicht sind an sich „Regelungen in anderen Rechtsvorschriften“ i.S.d. § 1 Abs. 3. Demnoch stellt sich die Frage des Anwendungsvorrangs nicht, weil das IFG nach § 1 Abs. 1 S. 2 auf die gerichtliche Tätigkeit außerhalb der Justizverwaltung […] gar nicht anwendbar ist; Konkurrenzprobleme gemäß § 1 Abs. 3 ergeben sich folglich nicht.
Randnummer 220:
Nicht mehr zur Rechtsprechung, die dem Anwendungsbereich des IFG entzogen ist […], zählt die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen. Dabei handelt es sich um eine öffentliche Aufgabe im Rang eines Verfassungsauftrags, den die Gerichtsverwaltung unter Beachtung der für jegliches Verwaltungshandeln maßgeblichen öffentlich-rechtlichen Bindungen zu erfüllen hat. Konsequenterweise ist z.B. für zivilgerichtliche Urteile nicht etwa § 299 Abs. 2 ZPO […] die Rechtsgrundlage bezüglich Urteilsabschriften. Der Zugang zu Gerichtsentscheidungen von Bundesgerichten ist ein typischer Anwendungsfall des § 1 Abs. 1 S. 2. Nicht zutreffend ist die These, der Zugang zu Gerichtsentscheidungen unterfalle § 1 Abs. 1 S. 2 deshalb nicht, weil „diese nicht aus einer öffentlich-rechtlichen Verwaltungstätigkeit resultieren“. Nur die Auswahl der zu veröffentlichenden Entscheidungen obliegt den Richtern, denen die rechtsprechende Gewalt anvertraut ist (Art. 92 GG). Die Auswahlentscheidung wird der Gerichtsverwaltung (z.B. Presse- bzw. Medienstelle) mitgeteilt, die unter Beachtung rechtlicher Vorgaben (z.B. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 und Abs. 1 S. 2 GG, Art. 3 Abs. 1 GG) die Veröffentlichung gewährleistet und den Zugang sichert. Dies ist eine typische Aufgabe der Justizverwaltung. Das BverwG ordnet diese Tätigkeit konsequenterweise der Gerichtsveraltung zu.
Quelle: Schoch, Friedrich, Kommentar zum IFG, München 2009, S. 199 - 201.
Anfrage teilweise erfolgreich
-
Datum29. November 2014
-
3. Januar 2015
-
Ein:e Follower:in
Ein Zeichen für Informationsfreiheit setzen
FragDenStaat ist ein gemeinnütziges Projekt und durch Spenden finanziert. Nur mit Ihrer Unterstützung können wir die Plattform zur Verfügung stellen und für unsere Nutzer:innen weiterentwickeln. Setzen Sie sich mit uns für Informationsfreiheit ein!