A-337-01-K21071310050

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Clearingstelle Urheberrecht im Internet und Netzsperren durch Internetzugangsanbieter

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VERTRAULICH

Bundeskartellamt
Beschlussabteilung Wettbewerbs- und
Verbraucherschutz

Kaiser-Friedrich-Str. 16

53113 Bonn

 

04. November 2020

Einführung Clearingsteile DNS-Sperren
Weltere Konkretisierung des Vorhabens

Sehr geehr
sehr geehrt

haben Sie nochmals vielen Dank für das Gespräch und Ihre E-Mail vom 13.10.2020.

Wir haben unter Berücksichtigung Ihrer Vorschläge die Entwürfe der leitenden Dokumente zur
geplanten Olearingstelle DNS-Sperren angepasst. Den aktueilen Entwurf des Verfahrenskodex
übersenden wir als Anlage 1, den Entwurf der Verfahrensordnung als Anlage 2, den Entwurf
des Antragsformulars als Anlage 3 und den Entwurf der Gebührenordnung als Anlage 4. Au-
ßerdem fügen wir jeweils auch eine Version zum Vergleich mit den Entwürfen, die wir Ihnen
im Oktober übersandt haben, als Anlagen 1a bis 4a bei. Siehe hierzu auch das Anlagenver-
zeichnis am Ende dieses Schreibens. Gern erläutern wir Ihnen nachstehend diejenigen An-
passungen, die sich auf Ihre Vorschläge beziehen.

1. Befassung nur mit klaren Verletzungen des Urheberrechtsgesetzes

Wie wir in unserem Gespräch betont und Sie auch in Ihrer E-Mail zusammengefasst haben,
soll sich die Clearingstelle nur mit klaren Verletzungen des Urheberrechtsgesetzes befassen.
Dies haben wir nun in den Dokumenten ausdrücklich hervorgehoben:
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« Im Verhaltenskodex haben wir eine entsprechende Klarstellung in die Präambel sowie
in die Definition der strukturell urheberrechtsverletzenden Websites (SUW) in Ziffer 2
It. a) aufgenommen (siehe Anlage 1a).

«e Im Antragsformular haben wir die Klarstellung sowohl in die einführende Darstellung
zur Begründetheit in Ziffer Il. als auch in Ziffer 11.2.6 aufgenommen (siehe Anlage 3a).
Zudem halten wir es hinsichtlich der Prüfung der Anträge für eine wesentliche Informa-
tion, ob und wenn ja wie Aufsichtsbehörden oder Gerichte in anderen Ländern schon
über die Sperrung der jeweiligen SUW entschieden haben. Sind den Antragstellern

entsprechende Entscheidungen bekannt, geben Sie es in Ziffer I1.6. des Antragsformu-
lars an.

Damit ist klargestellt, dass es über die Ciearingstelle keine DNS-Sperren für Webseiten mit
solchen Inhalten geben wird, deren Urheberrechtswidrigkeit strittig oder einzelfallabhängig
ist,

2. Beteiligungsrechte für Betreiber gesperrter SUW

Wir haben nunmehr auch Beteiligungsrechte für die Betreiber von gesperrten SUW vorgese-
hen. Dazu haben wir folgende Anpassungen vorgenommen:

«. In Ziffer 3 lit. c) des Verhaltenskodex wird dem Betreiber nach Umsetzung einer Sperre
ein Beschwerderecht nach Ziffer 10 lit. a) eingeräumt (siehe Anlage 1a). Das Be-
schwerdeverfahren ist für Betreiber von SUW kostenfrei (siehe Ziffer 4 der Gebühren-
ordnung in Anlage 4) und nicht an eine Frist gebunden. In 8 9 Absatz 7 der Verfah-
rensordnung wird das Beschwerderecht für Betreiber konkretisiert (siehe Anlage 2a).

» Außerdem haben wir in Ziffer 18 lit. a) des Verhaltenskodex (siehe Anlage 1a) geregelt
dass auf dem Internetauftritt der Clearingstelle eine Liste mit Angaben zu SUW veräf-
fentlicht wird, für die gemäß Verhaltenskodex eine DNS-Sperre umzusetzen wäre, ein-
schließlich der Empfehlung des Prüfausschusses.

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Gegenstand der Beschwerde durch Betreiber ist das Vorliegen einer klaren Urheberrechtsver-
letzung. Dies ermöglicht eine erneute Überprüfung der urheberrechtlichen Richtigkeit der
Empfehlung des Prüfausschusses. Mit der Veröffentlichung der Liste der gesperrten Websei-
ten sowie den Empfehlungen des Prüfausschusses schaffen wir zudem Transparenz (siehe
hierzu auch unter 3.).

Von der Veröffentlichung einer Liste laufender Prüfverfahren (vergleichbar mit der Liste des
Bundeskartellamts zu laufenden Fusionskontrollvorhaben) haben wir im Fall der Clearingstel-
le abgesehen. Denn es bestünde das hohe Risiko, dass Webseiten-Betreiber nach Kenntnis
vom Verfahren zum Beispiel einen Umzug der Inhalte auf eine neue Webseite vorbereiten und
die Möglichkeit haben, dies gegenüber ihren Nutzern anzukündigen. Nach Umsetzung der
Sperre wäre für den Betreiber die Kommunikation zum Nutzer abgebrochen. Eine Veröffentli-
chung der Liste erfolgt aber, sobald die Voraussetzungen für eine Umsetzung der Sperrung
gegeben wären und deshalb im Regelfall eine Umsetzung der Sperre erfolgt ist. Dann greifen
die Sperrmaßnahmen, und eine Beschreibung von Umgehungsmöglichkeiten durch den Be-
treiber auf der SUW erreicht diejenigen Nutzer nicht mehr, die sich an die DNS-Sperre halten.
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3. Transparenz

Wir haben Ihren Hinweis, dass die Tätigkeit der Clearingstelle transparent sein sollte, aufge-
griffen und die Vertraulichkeitsklausel in Ziffer 18 des Verhaltenskodex auf das Antragsformu-
lar und die Gebührenordnung beschränkt (siehe Anlage 1a). Den Verhaltenskodex und die
Verfahrensordnung sowie die bereits unter 2. erwähnte Liste mit Angaben zu gesperrten SUW
würden wir hingegen auf dem Internetauftritt der Clearingstelle veröffentlichen. Damit wären
die zentralen Dokumente der Clearingstelle für jedermann einsehbar.

4, Keine Kündigung im Falle abweichender rechtlicher Bewertung

Wir haben sichergestellt, dass die Mitgliedschaft der Internetzugangsanbieter in der Clearing-
stelle nicht durch Kündigung beendet werden kann, wenn der Internetzugangsanbieter sein
Beschwerderecht wahrnimmt. Die entsprechende Anderung findet sich in Ziffer 17 lit c.) des
Verhaltenskodex (siehe Anlage 1a).

5. Allgemeine Compliance-Anforderungen

Zur Sicherstellung kartellrechtlicher Compliance auch über die Kooperation in der Ciearing-
stelle hinaus haben wir in Ziffer 4 lit. e) bis g) des Verhaltenskodex Maßnahmen aufgenom-
men, mit denen das Risiko von kartellrechtlich möglicherweise kritischen Verhaltensweisen
im Steuerungskreis reduziert wird (siehe Anlage 1a). Dies umfasst (i) die Formulierung und
Verteilung einer Tagesordnung im Vorfeld der Sitzungen des Steuerungskreises, (ii) das Verle-
sen einer Compliance-Erklärung zu Beginn jeder Sitzung des Steuerungskreises (der Entwurf
der Erklärung ist diesem Schreiben als Anlage 5 beigefügt) und (iii) die Protokollierung der
Sitzungen des Steuerungskreises.

6. Effizienzvorteile der Clearingstelle gegenüber einem gerichtlichen Verfahren gegen
einen Internetzugangsanbieter mit einer Gerichtsstands- und Rechtskrafterstre-
ckungsvereinbarung

Sie baten darum, dass wir darlegen, welche Vorteile das Verfahren über die Clearingstelle
gegenüber einem gerichtlichen Verfahren gegen einen Internetzugangsanbieter mit einer Ge-
richtsstands- und Rechtskrafterstreckungsvereinbarung mit den anderen Beteiligten hat. Die-
ser Bitte kommen wir gern nach.

a} Verfahrensdauer

Der Weg über die Gerichte würde zunächst in den meisten Fällen mit hoher Wahrscheinlich-
keit mehr Zeit in Anspruch nehmen als das Verfahren über die Clearingstelle. In allen in Frage
kommenden Varianten gerichtlicher Verfahren ist mit einer Verfahrensdauer von mindestens
ein bis drei Monaten zu rechnen. Für Eilverfahren hat das OLG München mit Urteil vom
07.02.2019 (Az. 29 U 3889/18) die Dringlichkeit im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung mit der Begründung abgelehnt, die Urheberrechtsverletzungen seien den Parteien
schon länger als ein Monat bekannt gewesen. Diese Einschätzung hat es in einem weiteren
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Verfahren Ende 2019 bestätigt (OLG München, Urteil vom 17.10.2019 - 29 U 1661/19).

Andere Gerichte haben sich in Verfahren gegen Internetzugangsanbieter noch nicht festge-
legt.

Zumindest für sämtliche aktuell bekannten SUW würde daher ein Eilverfahren vor den Mün-
chener Gerichten ausscheiden und nur ein Hauptsacheverfahren in Betracht kommen. Soweit
ersichtlich sind es derzeit die Münchener Gerichte, die mit laufenden Verfahren gegen Zu-
gangsprovider zu DNS-Sperren befasst sind. Vor den Münchener Gerichten wäre daher für die
aktuell bekannten SUW eine Verfahrensdauer von mehreren Monaten zu erwarten - ange-
sichts der üblichen Auslastung der Gerichte wäre wohl mit Verfahrensdauern von zwei bis drei
Monaten bis zum Erlass eines Urteils zu rechnen. Sollte ein Eilverfahren dennoch möglich

sein, ist mit einer Verfahrensdauer von bis zu vier Wochen bis zur Zustellung der Entschei-
dung zu rechnen.

Denkbar wäre, sich im Zuge der Selbstregulierung darauf zu verständigen, dass Versäumnis-
urteile als schnellste Entscheidung im Hauptsacheverfahren ergehen. Ein solches Verfahren,

das in ein Versäumnisurteil mündet, wäre jedoch mit einem nicht unerheblichen Zeitablauf
verbunden.

e Das gilt zunächst bei einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren, das im schriftlichen
Vorverfahren ohne mündliche Verhandlung mit Versäumnisurteil endet (88 276, 331
Abs. 3 ZPO). Hier müssten folgende Schritte nach Einreichung der Klage gegangen
werden: Einzahlung der Gerichtskosten, Zustellung der Klage, Abwarten des Ablaufs
der Frist für eine Verteidigungsanzeige (Notfrist 14 Tage nach Zustellung, 8 276 ZPO).
Zudem hätte das betroffene Landgericht wegen der Gerichtsstandsvereinbarung zahl-
reiche Klagen gleichzeitig zu bearbeiten, was - vorbehaltlich einer Aufstockung der
personellen Kapazitäten - die Verfahrensdauer wohl zusätzlich verlängern würde.

e Bei einem frühen ersten Termin (8 275 ZPO) wäre angesichts der Terminstände der
Gerichte eher mit noch längeren Zeiträumen zu rechnen. Hier müsste zwingend eine
mündliche Verhandlung stattfinden.

Demgegenüber steht das Verfahren vor der Clearingstelle, deren Prüfausschuss im Regelfall
alle 14 Tage zusammenkommen und über aktuelle Anträge entscheiden soll. Zusammen mit
einem effizienten Prüfverfahren bei der BNetzA sollte die Dauer des Verfahrens von Clearing-
stelle und BNetzA in der Regel nicht mehr als vier Wochen betragen. In den meisten Fällen
sollte das Verfahren eher schneller durchlaufen sein.

Auch für den Fall, dass sich der beklagte Internetzugangsanbieter aktiv gegen das Versäum-
nisurteil verteidigt, etwa weil er die Webseite nicht für sperrwürdig hält, ist die derzeit ange-
dachte Selbstregulierung zeitlich im Vorteil. In diesem Fall wäre damit zu rechnen, dass sich
die Verfahrensdauer im Hauptsacheverfahren nach dem Einspruch (88 338 ff. ZPO) um min-
destens zwei bis zwölf weitere Monate verlängern würde (von einem weiteren Rechtsmittel-
verfahren ganz abgesehen). Die Terminstände der Gerichte liegen ab Einreichung und Zustel-
lung einer Klage oft bei zwölf Monaten.

Das Verfahren der Clearingstelle hingegen sieht vor, dass eine Beschwerde gegen die Emp-
fehlung des Prüfausschusses innerhalb von drei Wochen einzulegen ist und der Prüfaus-
schuss dann in seiner nächsten Sitzung entscheidet. Das Verfahren würde sich in diesem Fall
um höchstens fünf Wochen verlängern.
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b) Verfahrenskosten

Es ist auch davon auszugehen, dass gerichtliche Verfahren gegenüber dem Verfahren über
die Clearingstelle teurer wären.

In der jetzt angedachten Seibstregulierung über die Clearingstelle fallen für die Prüfung einer
SUW 1.500 Euro Prüfgebühr (siehe Ziffer 2 der Gebührenordnung in Anlage 4) an. Die Kosten
für den Betrieb der Geschäftsstelle sind dabei für einen Vergleich irrelevant. Denn sie würden
auch bei einem Modell mit gerichtlichen Entscheidungen anfallen. Auch hier müsste eine Ge-
schäftsstelle die Verwaltung der Umsetzung der gerichtlichen Entscheidungen und die Vertei-
lung der anfallenden Kosten gegenüber den Beteiligten übernehmen. Es würden nur die jetzt
angedachten Prüfausschüsse durch die gerichtlichen Entscheidungen ersetzt.

Die Kosten für gerichtliche Verfahren dürften in den meisten Fällen (teils deutlich) höher lie-

gen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen für den Fall eines Klägers, der auf Sperrung einer
SUW klagt:

e Die Höhe der anfallenden Gerichtskosten hängt vom Streitwert ab. Der Streitwert ist
nach 58 53 GKG, 3 ZPO zu bestimmen. Die Streitwertangabe des Klägers ist ein Indiz
für dessen Richtigkeit (BGH GRUR 1986, 93, 94 - Berufungssumme). Die Festsetzung
des Streitwertes steht jedoch nicht zur Disposition der Prozessparteien. Vielmehr er-
folgt sie durch das Gericht nach freiem Ermessen, Unangemessen niedrige Streitwert-
angaben durch den Kläger und ein entsprechendes Einverständnis des Beklagten
können einseitig zu Lasten der Landeskasse wirken, vor allem wenn die Rechtsanwäl-
te der Parteien nach Zeitaufwand bezahlt werden. Je nach den Umständen liegt in sol-
chen Fällen der Verdacht eines versuchten Betruges zu Lasten der Landeskasse nahe
(OLG Düsseldorf NJW 2011, 2979, 2980).

» Es existieren bereits Streitwertentscheidungen des BGH sowie der Münchener, Kölner
und Hamburger Gerichte zu Sperransprüchen. Diese haben wir in Anlage 6 im Einzel-
nen dargestellt. Die Aufstellung zeigt, dass sich noch keine einheitliche Linie heraus-
gebildet hat. Es lässt sich aber ablesen, dass es insbesondere auf folgende maßgebli-
che Faktoren ankommt: Anzahl der Kläger, Anzahl der geltend gemachten Rechtsver-
letzungen, Marktbedeutung des Zugangsproviders, Bedeutung der zu sperrenden
Webseite. Die Gerichte setzen im einstweiligen Verfügungsverfahren um 1/3 niedrige-
re Streitwerte an als im Hauptsacheverfahren (8 51 Abs. 4 GKG). Die Streitwerte in
den in Anlage 6 genannten Verfahren lagen zwischen 150.000 und 1 Mio. Euro, aller-
dings auch bei jeweils mehreren Klägern und geschützten Werken bzw. Leistungen.

° Vor diesem Hintergrund erscheint es schwierig, eine Vorhersage zu den gerichtlichen
Streitwerten zu treffen. Bei einem Versäumnisurteil im Hauptsacheverfahren fielen 3,0
Gerichtsgebühren an. Nur bei Festsetzung von Streitwerten, die weniger als 50.000
Euro für ein gerichtliches Verfahren für eine SUW betragen, wäre eine Lösung über ge-
richtliche Verfahren mit den gleichen Kosten wie bei der Clearingstelle verbunden. Bei
einem Streitwert von 50.000 Euro betragen 3,0 Gerichtsgebühren 1.638 Euro und bei
einem Streitwert. von 45.000 Euro fielen Gerichtskosten in Höhe von 1.533 Euro an.
Eine Vereinbarung über einen niedrigen Streitwert - und die damit verbundene Si-
cherheit über ein kostengünstigeres Verfahren - ist rechtlich versperrt, weil solche
Vereinbarungen nicht zu Lasten der Landeskasse getroffen werden dürfen (siehe
oben). Zudem müsste für die Führung des gerichtlichen Verfahrens ein Rechtsanwalt
beauftragt und mindestens nach RVG bezahlt werden - anders als bei der Stellung
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von Anträgen im Rahmen der Clearingstelle. Im Verteidigungsfalle würden auch auf
Beklagtenseite Kosten für einen Rechtsanwalt entstehen.

« Zwarlässt sich den Streitwertentscheidungen auch entnehmen, dass die Zusammen-
fassung mehrerer SUW in einer Klage nicht zu einer linear, sondern zu einer degressiv
steigenden Streitwerterhöhung führen kann. Eine Zusammenfassung könnte also zu
geringeren Streitwerten pro SUW führen. Jedoch ist es gerade im Eilverfahren wichtig,
kurzfristig nach Kenntnis von der Existenz einer SUW einen Sperrantrag zu stellen, um
die Dringlichkeit geltend machen zu können. Es kann aber durchaus länger als die von
den Gerichten angenommene Dringlichkeitsfrist (in der Regel ein bis zwei Monate)
dauern, bis ein einzelner Rechteinhaber zwei oder mehr SUW in einer Klage zusam-
menfassen kann, um seinen Anspruch ein wenig günstiger durchzusetzen. Auch wäre
es kaum zumutbar, zunächst sehenden Auges Urheberrechtsverletzungen zu tolerie-
ren, um das eigene Sperrverfahren später ein wenig günstiger durchführen zu können.
Letzteres würde auch für die Geltendmachung von Sperransprüchen im Hauptsache-
verfahren gelten, das zudem bei Zusammenfassung mehrerer Webseiten umfangrei-
cher und komplexer würde.

Bei der Berechnung der Kosten ist außerdem zu bedenken, dass im Falle der Gerichtsverfah-
ren die Gerichtskosten aufgrund des Gerichtskostenbescheides zunächst von der im Ge-
richtsverfahren unterlegenen Partei (z.B. dem Internetzugangsanbieter) getragen werden
müssten. Die Rechteinhaber und Internetzugangsanbieter müssten sich über die Kostentra-

gung einigen und diese entsprechend umsetzen. Hierdurch entstünde zusätzlicher administ-
rativer Aufwand.

c) Gerechte Verteilung der „Beklagtenlast” - administrativer Mehraufwand

Gegen eine Gerichtsstandsvereinbarung spricht zudem, dass die „Beklagtenlast“ gerecht ver-
teilt werden müsste. Dabei ist davon auszugehen, dass sich schon allein wegen des Verwal-
tungsaufwands für die Führung der gerichtlichen Verfahren (Entgegennahme und Manage-
ment der gerichtlichen Verfügungen einschließlich Weiterleitung an die übrigen Beteiligten
bzw. eine für die Verteilung zuständige Stelle) und für den finanziellen Ausgleich unter den an
der Vereinbarung Beteiligten kein Internetzugangsanbieter freiwillig anbieten würde, in sämt-
lichen 100 bis 200 Verfahren als Beklagter zu agieren. Damit müsste der Prozess - anders

als in der jetzt angedachten Selbstregulierung - mit stets wechselnden Beklagten erfolgen,
was Ineffizienzen produzieren dürfte.

d) Rechtsmittel durch Internetzugangsanbieter

Schließlich hat eine gerichtliche Lösung noch den Nachteil, dass nur ein Internetzugangsan-
bieter gerichtlich verurteilt würde und nur dieser befugt wäre, Rechtsmittel gegen die Ent-
scheidung einzulegen. Sofern ein anderer Internetzugangsanbieter Rechtsmittel gegen die
Entscheidung einlegen wollen würde, wäre das erst einmal nicht möglich.

Demgegenüber sieht das Verfahren über die Clearingstelle ein Beschwerderecht für alle In-
ternetzugangsanbieter vor, die an der Selbstregulierung teilnehmen.
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T. Studien zur Effektivität von DNS-Sperren

Gern übersenden wir Ihnen von Seiten der Rechteinhaber anbei auch exemplarisch drei Stu-
dien zur Effektivität von DNS-Sperren:

«e Danaher et al., The Effect of Piracy Website Blocking on Consumer Behavior, August
2019, abrufbar unter

https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2612063 hier beigefügt als
Anlage 7.

® INCOPRO, Site blocking efficacy in Portugal, Mai 2017, hier beigefügt als Anlage 8.

» INCOPRO, Site blocking efficacy study - United Kingdom, Mai 2015, hier beigefügt als
Anlage 9.

Insbesondere die INCOPRO-Studie zu Portugal geht von einem Rückgang von 70 % der Nut-
zung der Webseiten innerhalb des Betrachtungszeitraums (ein Jahr) aus. Die Studie zu Groß-
britannien nennt einen Rückgang von 77 % innerhalb von zwei Monaten.

8. Übersicht über aktuelle SUW

Gern lassen wir Ihnen auch eine Übersicht über eine Auswahl von derzeit aktiven SUW zu-
kommen, zu denen die beteiligten Rechteinhaber voraussichtlich Sperranträge an die Clea-
ringstelle stellen werden. Die entsprechende Auflistung ist in Vorbereitung. Wir werden Sie
Ihnen kurzfristig zukommen lassen.

Mit freundlichen Grüßen
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Anlagenverzeichnis

 

 

Anlage 1 Entwurf Verhaltenskodex

 

 

Anlage 1a Entwurf Verhaltenskodex (Vergleichsversion)

 

 

Anlage 2 | Entwurf Verfahrensordnung

Anlage 2a Entwurf Verfahrensordnung (Vergleichsversion)

 

Anlage 3 Entwurf Antragsformular

 

Anlage 3a Entwurf Antragsformular (Vergleichsversion)

 

 

Anlage 4 Entwurf Gebührenordnung

 

Anlage 4a Entwurf Gebührenordnung (Vergleichsversion)

 

Anlage 5 Entwurf einer Compliance-Erklärung für den Steuerungskreis

 

Auswahl von Entscheidungen zu Streitwerten in gerichtlichen Verfahren zu
Anlage 6
DNS-Sperren

Anlage 7 Studie 1: The Effect of Piracy Website Blocking on Consumer Behavior
Anlage 8 Studie 2: Site blocking efficacy in Portugal
Anlage 9 Studie 3: Site blocking efficacy study - United Kingdom
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Anlage 1

Roundtable DNS-Sperren

Entwurf Verhaltenskodex

[Insbesondere die mit eckigen Klammern versehenen Textpassagen sind noch mit der
Bundesnetzagentur abzustimmen]

Stand: 4.11.2020

[VERHALTENSKODEX DNS-SPERREN]
9

Zwischen

RUBRUM

a) [el

im Folgenden zusammen die „Rechteinhaber“

einerseits, sowie

b) [el

im Folgenden zusammen die „Internetzugangsanbieter“

die Rechteinhaber und-Internetzugangsanbieter im Folgenden auch die „Partei“ bzw.
zusammen die „Parteien“

andererseits.

Präambel

Die Parteien dieses Verhaltenskodex [DNS-Sperren] (im Folgenden der „Verhaltenskodex‘“)
beabsichtigen mit dessen Regelungen. ohne jedes Präjudiz für die Sach- und Rechtslage und
im Wege eines wechselseitigen Aufeinanderzugehens ein Verfahren zu begründen, mit dem
in Bezug auf strukturell urheberrechtsverletzende Webseiten gerichtliche
Auseinandersetzungen vermieden und DNS-Sperren betreffend solche Webseiten effektiv
und zügig umgesetzt werden können. Mit dem Betrieb strukturell urheberrechtsverletzender
Webseiten werden klare Verstöße gegen das deutschen Urheberrechtsgesetz begangen.
Parteien dieses Verhaltenskodex sind auf Seiten der Internetzugangsanbieter einzelne
Unternehmen, die Internetzugänge in Deutschland für Internetnutzer bereitstellen. Auf Seiten
der Rechteinhaber handelt es sich um Unternehmen, die entweder selbst durch strukturell
urheberrechtsverletzende Webseiten in ihren Rechten verletzt werden oder um
Vereinigungen solcher Unternehmen (Verbände).

Die Parteien sind sich bewusst, dass sowohl die Fassung dieses Verhaltenskodex als auch
dessen Regelungen und deren Durchführung das besondere Vertrauen aller Beteiligten
erfordern. Alle Parteien sind sich daher einig, dass die Durchführung dieses Verhaltenskodex
in besonderer Weise nach Treu und Glauben zu erfolgen hat, um das wechselseitige
Entgegenkommen der Beteiligten angemessen zu berücksichtigen. Dazu gehört auch, dass
die Parteien sich auf ein technisches Verfahren, die sog. DNS-Sperren, verständigt haben,
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