Gerichtsverfahren
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Detaillierte Darlegung der rechtlichen Prüfung des Berliner Volksbegehren Deutsche Wohen & Co enteignen“
Vorgang 0230823-1/2019-10 Stand 12.05.2021 Metadata Vorgangstyp Verwaltungsvorgang Status In Bearbeitung Vorg.zeichen 0230823-1/2019-10 Vorgangnr. 3/2020 Betreff 03 1. Stufe Antrag auf Einleitung Angelegt 19.05.2020 von Wild, Michael Geändert 19.05.2020 von Wild, Michael Allgemeine Informationen Gelber Zettel Auftraggeber 1 von 213
Dokument 0230823-1/2019-10-1 Stand 12.05.2021 Metadata Kategorie Eingang mit Antwort Dokumenttyp Posteingang Unser Zeichen 0230823-1/2019-10-1 Dok.-Datum 19.05.2020 Betreff 03 1. Stufe Antrag auf Einleitung Angelegt 19.05.2020 von Wild, Michael Geändert 19.05.2020 von Wild, Michael Allgemeine Informationen Gelber Zettel Auftraggeber Dateien Name Größe Angelegt von Angelegt am Geändert von Geändert am 101213 VGH München 4 CE 10.2839.pdf 83.1 KB Wild, Michael 15.09.2020 Wild, Michael 15.09.2020 200518_KlageDWEnteignen-geschwärzt.pdf 129.2 KB Wild, Michael 19.05.2020 Wild, Michael 19.05.2020 910115 VGH Kassel 11 N 62.91.pdf 48.3 KB Wild, Michael 15.09.2020 Wild, Michael 15.09.2020 990510 OVG Berlin 2 SN 19_99.pdf 49.1 KB Wild, Michael 19.05.2020 Wild, Michael 19.05.2020 990602 BerlVerfGH 31_99.pdf 53.2 KB Wild, Michael 15.09.2020 Wild, Michael 15.09.2020 _Deutsche Wohnen _ Co.pdf 125.3 KB Wild, Michael 20.05.2020 Wild, Michael 20.05.2020 AW_ (Tagesspiegel)_ Bündnis für Volksentscheid_ _Deutsche 213.5 KB Wild, Michael 19.05.2020 W.msg Wild, Michael 19.05.2020 BVerfG BVerfGE 136, 277 - beck-online.pdf 167.6 KB Wild, Michael 20.05.2020 Wild, Michael 20.05.2020 2 von 213
Kopie von Senat sverwalt ung für I nneres und Sport , abgerufen am 15.09.2020 15: 52 - Quelle: beck- online DI E DATENBANK VGH München: Vorläufige Zulassung eines Bürgerbegehrens NVwZ-RR 2011, 331 Vorläufige Zulassung eines Bürgerbegehrens BayGO Art. 18 aI, VIII, IX, X, XIII; BauGB §§ 1 III, VII, 2 I, 8 III, 9 I, 14 I, 35 III 1, 36; BauNVO §§ 11, 16, 18, 23 Ein als unzulässig abgelehntes Bürgerbegehren kann ausnahmsweise durch einstweilige Anordnung vorläufig zugelassen werden, wenn seine Zulässigkeit bereits im Eilverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit feststeht und wenn ohne die Zulassung ein nicht mehr wiedergutzumachender und unzumutbarer Nachteil entstehen würde. VGH München, Beschl. v. 13. 12. 2010 − 4 CE 10.2839 Zum Sachverhalt: Die Ast. beantragten am 14. 9. 2010 beim Ag. die Durchführung eines Bürgerbegehrens mit folgendem Inhalt: „Sind Sie dafür, dass die Marktgemeinde R. vor Erteilung der aufsichtlichen Genehmigung für die am Standort „Im K.“ (Fl.-Nrn. X. und Y. der Gemarkung R.) geplante Biogasanlage 1. einen qualifizierten Bebauungsplan für den Standort der geplanten Biogasanlage, Fl.-Nrn. X. und Y... der Gemarkung R. mit der Zielrichtung aufstellt: a) die Höhe, Breite und Tiefe der baulichen Anlagen auf ein gebietsverträgliches Maß zu begrenzen, b) zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen die Verwendung luftverunreinigender Stoffe und die Lärmentwicklung durch Anlagen auf ein gesundheits- und umweltverträgliches Maß zu begrenzen, 6c) den Umgang mit explosiblen Stoffen einzuschränken. 2. und zur Sicherung dieser Planung eine Veränderungssperre mit folgendem Inhalt erlässt: VGH München: Vorläufige Zulassung eines Bürgerbegehrens(NVwZ-RR 2011, 331) 332 § 1: die Marktgemeinde R. erlässt für die Grundstücke mit den Fl.-Nrn. X. und Y. der Gemarkung R. eine Veränderungssperre gem. § 14 I BauGB. § 2: Bauliche Vorhaben dürfen nicht durchgeführt werden. § 3: Diese Satzung tritt am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. 3. und den Flächennutzungsplan, soweit er Nr. II. 1. entgegenstehen sollte, anpasst“. In der Begründung des Bürgerbegehrens wird ausgeführt, es sei beabsichtigt, auf dem Grundstück Fl.-Nr. X.und Y. der Gemarkung R. am Standort „Im K.“ eine Biogasproduktions- und Verwertungsanlage zu errichten. Aus diesem Anlass solle mit einem Bürgerentscheid erreicht werden, dass der Ag. einen Bebauungsplan für den Standort der geplanten Biogasanlage aufstelle, der die durch die Errichtung dieser Anlage entstehenden Konflikte im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung, den Schutz von Boden, Natur und Landschaft, den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sowie die standortumgebende Wohnbebauung lösen solle. Durch den Bebauungsplan sei sicherzustellen, dass widerstreitende planerische Belange auf kommunaler Ebene rechtzeitig Berücksichtigung fänden. Eine frühzeitige Abwägung der unterschiedlichen öffentlichen und privaten Belange werde ein hohes Maß an Rechtsklarheit schaffen. Da das Genehmigungsverfahren für die Errichtung der ht t ps: / / beck- online.beck.de/ Bcid/ Y- 300- Z- NVWZ- RR- B- 2011- S- 331- N- 2 1 von 6 15.09.2020 3 von 213
Kopie von Senat sverwalt ung für I nneres und Sport , abgerufen am 15.09.2020 15: 52 - Quelle: beck- online DI E DATENBANK Biogasanlage bereits eingeleitet worden sei bzw. kurz bevor stehe, sei der Erlass der Veränderungssperre erforderlich, da nur so die Schaffung von vollendeten Tatsachen während des Bebauungsplanverfahrens verhindert werden könne. Der Ag. lehnte mit Bescheid vom 12. 10. 2010 die Durchführung des Bürgerbegehrens ab. Die Frage 1 stelle nicht nur eine „ergebnisneutrale“ Aufforderung dar, sondern wolle das Ergebnis der zu beschließenden Festsetzungen festschreiben. Damit verkürze sie die nach § 1 VII BauGB gebotene Abwägung. Durch die am 14. 9. 2010 erfolgte Erteilung des Einvernehmens zu dem Bauvorhaben werde der Ag. zwar nicht gehindert, eine dem Vorhaben widersprechende Bauleitplanung zu betreiben. Der Bebauungsplan könne aber unter einem Abwägungsfehler leiden, wenn die Belange des Bauherrn, zu dessen Bauvorhaben die Gemeinde gerade erst ihr unwiderrufliches Einvernehmen erteilt habe, bei der Planung nicht ausreichend berücksichtigt würden. Die Frage 1 des Bürgerbegehrens verstoße auch unter diesem Blickwinkel gegen das Abwägungsgebot. Es stelle einen Abwägungsmangel dar, wenn die Gemeinde das erst vor kurzem erteilte Einvernehmen übergehe und eine andere Nutzung festsetze. Eine Veränderungssperre dürfe erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern solle, ein Mindestmaß dessen erkennen lasse, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein solle. Gegen den Ablehnungsbescheid erhoben die Ast. am 21. 10. 2010 Klage zum VG. Gleichzeitig beantragten sie, den Ag. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das eingereichte Bürgerbegehren zuzulassen. Das VG lehnte den Eilantrag ab. Der VGH gab der Beschwerde der Ast. statt. Aus den Gründen: II. Die Beschwerde der Ast. hat Erfolg. Das VG hat, wie die Beschwerdebegründung hinreichend darlegt (§ 146 IV 6 VwGO), den für eine vorläufige Zulassung des Bürgerbegehrens erforderlichen Anordnungsanspruch auf Grund unzutreffender Erwägungen verneint. Dem Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung stehen auch keine anderweitigen Gründe entgegen. 1. Der für die erstrebte Regelungsanordnung notwendige Anordnungsgrund in Gestalt einer besonderen Dringlichkeit des Rechtsschutzbegehrens (§ 123 I 2, III VwGO i. V. mit § 920 II ZPO) ergibt sich aus der Gefahr, dass das von den Ast. geltend gemachte Recht auf Zulassung des eingereichten Bürgerbegehrens (Art. 18 a VIII BayGO) durch weiteren Zeitablauf vereitelt werden könnte. Würde während des anhängigen Hauptsacheverfahrens eine bau- oder immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die auf den Fl.-Nrn. X. und Y. geplante Biogasanlage erteilt, so ließe sich die im Text des Bürgerbegehrens enthaltene Zeitvorgabe, über die Aufstellung eines Bebauungsplans und den Erlass einer Veränderungssperre „vor Erteilung der aufsichtlichen Genehmigung“ zu entscheiden, nicht mehr einhalten; die angestrebte bauleitplanerische Konfliktlösung käme dann zu spät. Nach Erteilung der aufsichtlichen Genehmigung wäre das Bürgerbegehren auf eine objektiv unmöglich gewordene Maßnahme gerichtet, so dass die Klage auf Zulassung in jedem Falle erfolglos bliebe, selbst wenn die Ablehnungsentscheidung ursprünglich rechtswidrig gewesen wäre (vgl. OVG Lüneburg, NdsVBl 2000, 195 m. w. Nachw.; Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Art. 18 a IV BayGO, Anm. 7 b). An der Dringlichkeit der beantragten vorläufigen Zulassung fehlt es nicht deshalb, weil das (im Falle eines erfolgreichen Bürgerbegehrens stattfindende) Bebauungsplanverfahren selbst bei beschleunigter Durchführung voraussichtlich länger dauern wird als das beim Landratsamt anhängige Genehmigungsverfahren für die geplante Biogasanlage. Bei seinem diesbezüglichen ht t ps: / / beck- online.beck.de/ Bcid/ Y- 300- Z- NVWZ- RR- B- 2011- S- 331- N- 2 4 von 213 2 von 6 15.09.2020
Kopie von Senat sverwalt ung für I nneres und Sport , abgerufen am 15.09.2020 15: 52 - Quelle: beck- online DI E DATENBANK Einwand übersieht das VG, dass das Bürgerbegehren nicht auf den Abschluss, sondern nur auf die Einleitung eines Verfahrens zur Aufstellung eines Bebauungsplans und zur Änderung des Flächennutzungsplans gerichtet ist (so genannte Aufstellungsbeschluss, § 2 I 2 BauGB), wie sich aus der Art der Fragestellung („mit der Zielrichtung …“) und der beigefügten Begründung unmissverständlich ergibt. Die beabsichtigte Einwirkung auf das Genehmigungsverfahren soll dabei (zunächst) mit dem gleichzeitig zur Abstimmung gestellten Beschluss über die Veränderungssperre erreicht werden, der schon in diesem frühen Planungsstadium möglich ist (§ 14 I BauGB). Das Landratsamt als staatliche Genehmigungsbehörde (Art. 53 I 1, Art. 1 I lit. c BayImSchG, Art. 37 I 2 BayKrO) ist allerdings – anders als die Gemeindeorgane (Art. 18 a IX BayGO) – an einer dem Begehren entgegenstehenden Sachentscheidung bis zur Durchführung des Bürgerentscheids nicht gehindert, sondern nach Art. 10 S. 2 BayVwVfG weiterhin zur zügigen Durchführung des Genehmigungsverfahrens verpflichtet. Auch eine durch einstweilige Anordnung erfolgte Zulassung des Bürgerbegehrens könnte daher im Nachhinein gegenstandslos werden, falls für die Biogasanlage noch vor der (innerhalb der Frist des Art. 18 aX 1 BayGO durchzuführenden) Abstimmung eine aufsichtliche Genehmigung erteilt würde. Ein solcher zeitlicher Ablauf ist aber nach derzeitigem Erkenntnisstand jedenfalls nicht mit so hoher Gewissheit zu erwarten, dass die Eilbedürftigkeit des Zulassungsbegehrens schon jetzt verneint werden könnte. 2. Die Ast. können im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung des Bürgerbegehrens verlangen, da die Sicherung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs nur auf diesem Wege erreicht werden kann. Anders als in den Fällen, in denen der beantragte Bürgerentscheid nur die Gemeinde auf ein künftiges Verhalten festlegen soll, so dass ein wirksamer Eilrechtsschutz schon durch das einstweilige Verbot entgegenstehender gemeindlicher Maßnahmen entsprechend Art. 18 a IX BayGO sichergestellt werden kann (vgl. dazu: VGH München, BayVBl 1997, 312), besteht hier keine rechtliche Möglichkeit, der am Hauptsacheverfahren nicht beteiligten staatlichen Aufsichtsbehörde die Erteilung der Genehmigung vorläufig zu untersagen (s. Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 123 Rdnr. 67). Der Ag. kann auch nicht verpflichtet werden, im Hinblick auf das eingereichte Bürgerbegehren sein Einvernehmen nach § 36 BauGB einstweilen zu verweigern, nachdem das gemeindliche Einvernehmen bereits mit Gemeinderatsbeschluss vom 14. 9. 2010 erteilt wurde und nachträglich weder widerrufen noch zurückgenommen werden kann (vgl. BVerwG, NVwZ 1997, 900). Als gerichtlich angeordnete Maßnahme, die der mit Zeitablauf zunehmenden Gefahr der Vereitelung des Zulassungsanspruchs entgegenzuwirken vermag, kommt daher allein die vorläufige Zulassung des Bürgerbegehrens in Betracht. VGH München: Vorläufige Zulassung eines Bürgerbegehrens(NVwZ-RR 2011, 331) 333 Der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung scheitert unter den gegebenen Umständen nicht daran, dass damit die Hauptsache faktisch vorweggenommen wird. Auch bei einer nur „vorläufigen“ Zulassung des Bürgerbegehrens muss innerhalb von drei Monaten eine Abstimmung stattfinden, deren Ergebnis zwar nach einer späteren Abweisung der Hauptsacheklage nicht mehr bindend wäre (Art. 18 XIII 2 Halbs. 2 BayGO), die aber als solche – etwa hinsichtlich der getätigten Aufwendungen und der Beeinflussung der öffentlichen Meinung – nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (VGH München, BayVBl 2000, 500 = BeckRS 2005, 28954; OVG Münster, NVwZ-RR 1999, 140 f.). Diese irreversiblen Folgen der ht t ps: / / beck- online.beck.de/ Bcid/ Y- 300- Z- NVWZ- RR- B- 2011- S- 331- N- 2 3 von 6 15.09.2020 5 von 213
Kopie von Senat sverwalt ung für I nneres und Sport , abgerufen am 15.09.2020 15: 52 - Quelle: beck- online DI E DATENBANK vorläufigen Zulassung eines Bürgerbegehrens zwingen dazu, den Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung auf die Fälle zu beschränken, in denen die Zulässigkeit bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit solcher Wahrscheinlichkeit bejaht werden kann, dass eine gegenteilige Entscheidung im Hauptsacheverfahren praktisch ausgeschlossen ist (VGH München, BayVBl 2000, 500; BayVBl 1997, 312; BayVBl 1998, 308 = BeckRS 2005, 30435; vgl. auch: Thum, Art. 18 a VIII Anm. 8 d). Die damit verbundene Vorwegnahme der Hauptsache muss im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 IV GG) ausnahmsweise hingenommen werden, wenn den Ast. anderenfalls ein nicht mehr wiedergutzumachender und unzumutbarer Nachteil entstehen würde (OVG Bautzen, LKV 2008, 560; VG Augsburg Beschl. v. 31. 5. 2006 – Au 7 E 06.552; VG Karlsruhe, BeckRS 2010, 45397; vgl. allgemein: BVerfGE 79, 69 [74] = NJW 1989, 827; BVerwGE 109, 258 [261 f.] = NJW 2000, 160; Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 123, Rdnrn. 66 b und 87). Ein solcher Nachteil liegt hier darin, dass eine in absehbarer Zeit zu erwartende aufsichtliche Genehmigung der Biogasanlage den geltend gemachten Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens endgültig zunichte machen würde. 3. Die Ast. haben das Bestehen eines Anordnungsanspruchs hinreichend glaubhaft gemacht. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das eingereichte Bürgerbegehren, das die Aufstellung eines Bebauungsplans, den Erlass einer Veränderungssperre und die Änderung des Flächennutzungsplans des Ag. zum Gegenstand hat, ganz oder teilweise unzulässig sein könnte. Nach der Rechtsprechung des Senats kann auch die Bauleitplanung, die als Teil der kommunalen Planungshoheit zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinden zählt, grundsätzlich Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein (VGH München, BeckRS 2008, 38053 = BayVBl 2009, 245 m. w. Nachw.), wobei allerdings in jedem Fall zu prüfen ist, ob die konkrete Fragestellung mit den gesetzlichen Vorschriften des Baurechts vereinbar ist. Im vorliegenden Fall bestehen diesbezüglich keine rechtlichen Bedenken. a) Der verfahrenseinleitende Beschluss zur (künftigen) Aufstellung eines Bebauungsplans und zur (gleichzeitigen) Änderung des bestehenden Flächennutzungsplans (Nrn. 1 und 3 des Bürgerbegehrens) hat seine Grundlage in den Bestimmungen der §§ 2 I 2, 8 III 1 BauGB. Positive Voraussetzung für den Erlass eines solchen Aufstellungsbeschlusses ist das Bestehen einer (planungsrechtlichen) Erforderlichkeit i. S. des § 1 III BauGB. Danach haben die Gemeinde die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Ordnung erforderlich ist. Eine Bauleitplanung ist immer dann erforderlich, wenn sie vernünftigerweise geboten ist, wobei es für diese Beurteilung maßgebend auf die planerische Konzeption der Gemeinde ankommt (vgl. BVerwG, BeckRS 2007, 27902 = BauR 2008, 325 m. w. Nachw.). Im vorliegenden Fall soll die durch das Bürgerbegehren in Gang gesetzte Bauleitplanung ersichtlich dazu dienen, die durch die geplante Biogasanlage entstehenden Konflikte hinsichtlich der Umwelt- und Nachbarbelange durch entsprechende Schutzvorkehrungen planerisch zu bewältigen. Darin liegt ein zulässiges Planungsziel, das mit den gesetzlichen Vorgaben in Einklang steht (vgl. § 1 VI Nrn. 1 und 7 BauGB). Es spricht nichts dafür, dass es sich um eine unzulässige Negativplanung handeln könnte, bei der die planerischen Festsetzungen nur das vorgeschobene Mittel wären, um einen bestehenden Bauwunsch zu durchkreuzen (vgl. BVerwG, NVwZ 1991, 875 f. m. w. Nachw.). Sowohl der Text des Bürgerbegehrens als auch die beigefügte Begründung lassen eindeutig erkennen, dass mit dem neu aufzustellenden Bebauungsplan die geplante Biogasanlage nicht verhindert, sondern nur hinsichtlich ihrer äußeren Gestalt und ihrer Einwirkungen auf die Umgebung beschränkt ht t ps: / / beck- online.beck.de/ Bcid/ Y- 300- Z- NVWZ- RR- B- 2011- S- 331- N- 2 6 von 213 4 von 6 15.09.2020
Kopie von Senat sverwalt ung für I nneres und Sport , abgerufen am 15.09.2020 15: 52 - Quelle: beck- online DI E DATENBANK werden soll. Der Planung beschränkt sich damit nicht auf den Ausschluss einer geplanten Nutzung, sondern verfolgt eigene städtebauliche Ziele. Die Zulässigkeit der Überplanung des bisher im Außenbereich gelegenen Standorts setzt nicht voraus, dass die derzeit zur Genehmigung gestellte Anlage wegen eines spezifisch planerischen Koordinierungsbedarfs nur auf der Grundlage eines Bebauungsplans zugelassen werden könnte. Die gegenteilige Annahme des VG beruht auf einer Verwechslung des so genannte bebauungsrechtlichen Planerfordernisses, das als ungeschriebener öffentlicher Belang i. S. des § 35 III 1 BauGB einem konkreten Außenbereichsvorhaben entgegenstehen kann (BVerwGE 117, 25 [30] = NVwZ 2003, 86; Gierke, in: Brügelmann, BauGB § 1 Rdnr. 163), mit der anhand des städtebaulichen Konzepts der Gemeinde zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Erforderlichkeit i. S. von § 1 III BauGB (vgl. VGH Mannheim, NuR 1997, 599 m. w. Nachw.). Die mit dem Bürgerbegehren initiierte Planung verstößt auch nicht deshalb gegen § 1 III BauGB, weil ihr unüberwindliche rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stünden (vgl. dazu: BVerwG, NVwZ 2003, 749 f. m. w. Nachw.). Die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens gem. § 36 BauGB zu einem geplanten Vorhaben führt nicht zum Verlust der Planungsbefugnis für das betreffende Gebiet (BVerwGE 120, 138 [144] = NVwZ 2004, 858). Die „gemeindepolitischen“ Motive, von denen sich der örtliche Planungsträger bei der Bestimmung der städtebaulichen Entwicklung in seinem Gebiet leiten lassen darf, können sich jederzeit ändern, so dass keine strikte Bindung an früher verlautbarte planerische Vorstellungen besteht (BVerwGE 120, 138 [144] = NVwZ 2004, 858) Die Gemeinde muss allerdings die Belange eines Bauherrn, zu dessen Bauvorhaben sie gerade erst ihr unwiderrufliches Einvernehmen erklärt hat, bei einer nachfolgenden Planung ausreichend berücksichtigen (BVerwGE 120, 138 [144] = NVwZ 2004, 858). Dass dies hier auf Grund der im Aufstellungsbeschluss enthaltenen planerischen Vorgaben ausgeschlossen wäre, ist aber nicht ersichtlich. Bei der Verwirklichung des Ziels, die Höhe, Breite und Tiefe von baulichen Anlagen sowie die Verwendung luftverunreinigender Stoffe und die Lärmentwicklung im Plangebiet auf ein verträgliches Maß zu begrenzen, verbleibt dem Ag. ein so weiter planerischer Gestaltungsspielraum, dass er bei der noch ausstehenden endgültigen Abwägung (§ 1 VII BauGB) allen berechtigten Individual- und Gemeinwohlinteressen in der gebührenden Weise Rechnung tragen kann. Von einer unzulässigen Vorabfestlegung des künftigen Inhalts des Bebauungsplans kann in Anbetracht der offenen Formulierung des Bürgerbegehrens keine Rede sein. VGH München: Vorläufige Zulassung eines Bürgerbegehrens(NVwZ-RR 2011, 331) 334 b) Gegen die rechtliche Zulässigkeit der Veränderungssperre bestehen ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken. Anknüpfend an einen Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans kann die Gemeinde zur Sicherung der künftigen Planung nach § 14 I Nr. 1 BauGB eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass Vorhaben i. S. des § 29 BauGB nicht durchgeführt werden dürfen. Dass hier eine solche Regelung getroffen werden soll, lässt sich der Nr. 2 des Bürgerbegehrens mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen. Nach allgemeiner Auffassung darf eine Veränderungssperre allerdings – über den Wortlaut des § 14 I BauGB hinausgehend – erst dann erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erlassenden Bebauungsplans sein soll (BVerwGE 120, 138 [146 f.] = NVwZ 2004, 858). Insoweit ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre zumindest ht t ps: / / beck- online.beck.de/ Bcid/ Y- 300- Z- NVWZ- RR- B- 2011- S- 331- N- 2 5 von 6 15.09.2020 7 von 213
Kopie von Senat sverwalt ung für I nneres und Sport , abgerufen am 15.09.2020 15: 52 - Quelle: beck- online DI E DATENBANK Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung besitzt, sei es, dass sie einen bestimmten Baugebietstyp, sei es, dass sie nach den Vorschriften des § 9 I BauGB festsetzbare Nutzungen ins Auge gefasst hat (BVerwG, NVwZ 2004, 984 m. w. Nachw.). Die betreffenden Vorstellungen müssen nicht zwingend im Aufstellungsbeschluss selbst zum Ausdruck kommen, sondern können sich z. B. aus Niederschriften über Gemeinderatssitzungen oder aus sonstigen Unterlagen und Umständen oder einer bekannten Vorgeschichte ergeben (BVerwG, NVwZ 2010, 42). Die mit dem Bürgerbegehren verfolgte Bebauungsplanung ist in diesem Sinne als hinreichend konkret anzusehen. Die in Nr. 1 lit. a und b des Begehrens formulierte Zielsetzung, durch qualifizierten Bebauungsplan die Höhe, Breite und Tiefe baulicher Anlagen sowie die Verwendung luftverunreinigender Stoffe und die Lärmentwicklung durch Anlagen zu begrenzen, lässt sich durch Festsetzungen nach § 9 I Nrn. 1 und 2 BauGB i. V. mit §§ 16 II, 18, 23 BauNVO bzw. § 9 I Nrn. 23 lit. a , 24 BauGBverwirklichen. Dass diese Begrenzungen ein „gebietsverträgliches“ bzw. „gesundheits- und umweltverträgliches Maß“ erreichen sollen, verweist nach der beigefügten Begründung auf die durch eine Biogasanlage an diesem Standort ausgelösten Konflikte mit der näheren Umgebung, insbesondere mit der angrenzenden Wohnbebauung. Aus dieser Bezugnahme wird deutlich, dass die Bebauungsplanung vor allem darauf abzielt, das (vergleichsweise geringe) Schutzniveau, das sich aus der bisherigen Außenbereichslage der geplanten Biogasanlage und aus der Außenbereichsnähe der vorhandenen Wohnbebauung ergibt, mit bauplanerischen Mitteln spürbar anzuheben, ohne dabei die Zulässigkeit von Biogasanlagen gänzlich auszuschließen. Als Gebietsart kommt insoweit wohl am ehesten ein entsprechend ausgestaltetes Sondergebiet (§ 11 BauNVO) in Betracht. Ob auch die nach Nr. 1 lit. c des Bürgerbegehrens angestrebte Einschränkung des Umgangs mit explosiblen Stoffen als Planungsziel hinreichend konkretisiert ist und mittels einer Festsetzung nach § 9 I BauGB erreicht werden kann, kann offen bleiben, da bereits die übrigen planerischen Vorstellungen, die mit dem Bürgerbegehren verfolgt werden sollen, den Erlass einer Veränderungssperre rechtfertigen. (Mitgeteilt von Vors. Richter am VGH Dr. D. Zöllner, München) Anm. d. Schriftltg.: Zum Bürgerbegehren und Zulässigkeit für eine Veränderungssperre s. BVerwG, NVwZ 2010, 42. ht t ps: / / beck- online.beck.de/ Bcid/ Y- 300- Z- NVWZ- RR- B- 2011- S- 331- N- 2 8 von 213 6 von 6 15.09.2020
Initiative Deutsche Wohnen und Co enteignen c/o Mietenvolksentscheid e.V. Warschauer Str. 23 10243 Berlin Verwaltungsgericht Berlin Kirchstraße 7 10557 Berlin Az. neu Klage der Initiative Deutsche Wohnen und Co enteignen, vertreten durch die Vertrauenspersonen Kerrin Bosholm, Dr. Ralf Hoffrogge, Marie Leh- mann, Sebastian Roos und Karin Elisabeth Schneider, c/o Mietenvolksentscheid e.V., Warschauer Straße 23, 10243 Berlin, Prozessbevollmächtigter: Ass. jur. Sebastian Schneider, Naumannstr. 19, 10829 Berlin, – Klägerin – gegen das Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport, diese vertreten durch den Senator, Herrn Andreas Geisel, Klosterstraße 47 10179 Berlin – Beklagter – wegen: Zulässigkeitsprüfung des Antrags auf Einleitung eines Volksbegehrens. 1 9 von 213
Namens und in Vollmacht der Klägerin wird beantragt, den Beklagten zu verpflichten, die Zulässigkeit des Antrags auf Einleitung des Volks- begehrens „Beschluss zur Erarbeitung eines Gesetzentwurfs durch den Senat zur Ver- gesellschaftung der Wohnungsbestände großer Wohnungsunternehmen“ festzustellen und das Ergebnis der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen mitzutei- len. Hilfsweise wird beantragt, den Beklagten zu verpflichten, die Prüfung der Zulässigkeit des Antrags der Klägerin auf Einleitung des Volksbegehrens binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des Urteils ab- zuschließen und das Ergebnis der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen mitzuteilen. Es wird Akteneinsicht nach § 100 VwGO beantragt. 2 10 von 213