Urteil zur einstweiligen Verfügung

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Dokumente zu Glyphosat und Urheberrecht

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05.07.2019-12:01 0221 477 3333 s. Landgericht Koeln Beglaubigte Abschrift 14 0 86/19 Verkündet am 04.07.2019 Kühlem, Justizbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Landgericht Köln IM NAMEN DES VOLKES Urteil ln dem einstweiligen Verfügungsverfahren des Bundesinstituts für Risikobewertung, ges.vertr.d.d. Präsidenten Prof. Dr. Dr. Andreas Hensel, Max-Dohrn-Str. 8-10, 10589 Berlin, Verfügungsklägers, Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Gleiss, Lutz u.a., Friedrichstr. 71, 10117 Berlin, gegen Herrn Arne Semsrott, geschäftsansässig bei der Open Knowledge Foundation Deutschland e.V., Singerstr. 109, 10179 Berlin, Verfügungsbeklagten, wegen: Urheberrechtsverletzung hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 06.06.2019 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Koepsel, die Richterin am Landgericht Hübeler-Brakat und die 2133
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05.07.2019-12:01 s. Landgericht Koeln 0221 477 3333 2 Richterin am Landgericht Heck für Recht erkannt: Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 19.03.2019 - 14 0 86/19 - wird im Kostenpunkt und ferner im Hauptausspruch aufgehoben, soweit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht bereits mit Beschluss vom 19.03.2019 zurückgewiesen worden ist. Auch der weitergehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Verfügungskläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Verfügungsbeklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. T A T B E S T A N D: Der Verfügungskläger ist eine bundesunmittelbare rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Sein Aufgabenbereich ist in § 2 Abs. 1 BfRG (Gesetz über die Einrichtung eines Bundesinstituts für Risikobewertung) beschrieben und umfasst unter anderem die Erstellung von wissenschaftlichen Ausarbeitungen, die wissenschaftliche Beratung des Bundesministeriums und anderer Bundesbehörden, die Zusammenarbeit mit Dienststellen der Europäischen Gemeinschaft, auch auf dem Gebiet der Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln im Hinblick auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie die Unterrichtung der Öffentlichkeit auf sein Tätigkeitsgebieten. Der Verfügungsbeklagte stellt regelmäßig Beiträge auf der Webseite www.fragdenstaat.de ein. 3/33
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05.07.2019-12:01 0221 477 3333 s. Landgericht Koeln 3 Der Verfügungskläger macht gegen den Verfügungsbeklagten urheberrechtliche Unterlassungsansprüche in Zusammenhang mit der Einblendung der « Stellungnahme des BfR zur IARC-Monographie über Glyphosat vom 04.09.2015 » (nachstehend : Stellungnahme) auf der Webseite www.fragdenstaat.de in Anspruch. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 19.03.2019 - 14 0 86/19 - (BI. 83 ff GA) Bezug genommen. Die von Mitarbeitern des Verfügungsklägers verfasste Stellungnahme, an denen der Verfügungskläger die ausschließlichen Nutzungsrechte hält, gibt einen Überblick über die Inhalte eines gleichfalls von Mitarbeitern des Verfügungsklägers erstellten, 95 Seiten starken Berichts mit dem Titel « Renewal Assessment Report, Glyphosate Addendum I to RAR, Assessment of IARC >Monographies Volume 112 (2015) : Glyphosate » vom 31.08.2015 (nachfolgend: Addendum). Bei der Stellungnahme handelt es sich um eine interne Bewertung des Verfügungsklägers im Rahmen des europäischen Prüfungsverfahrens zur Wiederzulassung des Stoffes « Glyphosat », welche ausschließlich für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bestimmt und von dem Verfügungskläger selbst bislang nicht veröffentlicht worden ist. Das Herbizid Glyphosat wurde 2002 in der EU als Pflanzenschutzmittel amtlich zugelassen. Es handelt sich PflanzenschutzmitteL um das Es steht jedoch weltweit im am Verdacht, häufigsten ursächlich eingesetzte für schwere gesundheitliche Schäden beim Menschen zu sein. Seit 2013 läuft eine routinemäßige Neubewertung des Wirkstoffs in der EU. Auf einen entsprechenden Antrag des Verfügungsbeklagten vom 19.10.2018 nach § 7 Abs. 1 S. 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG) übermittelte der Verfügungskläger dem Verfügungsbeklagten mit Bescheid vom 10.12.2018 (Anlage AST 4, BI. 28 ff GA) eine Kopie der streitgegenständlichen Stellungnahme. Der Verfügungskläger erteilte zugleich den Hinweis: « Die Übermittlung der Daten erfolgt ausschließlich zu ihrem persönlichen Gebrauch. Bestehende Urheberrechte des BfR oder Dritter werden hierdurch nicht berührt. Veröffentlichungen bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung des BfR " Der Verfügungsbeklagte stellte die Stellungnahme am 14.02.2019 auf der Webseite www.fragdensstaat.de unter den Subdomains 4133
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05.07.2019-12:01 0221 477 3333 Landgericht Koeln 4 https://fragdenstaat.de/dokumente/66/ sowie https://fragdenstaat.de/blog/2019/02/14/verklagt-uns-doch-bundesinstitut-will- glyphosat-gutachten-geheimhalten-wir-veroffentlichen-es im Volltext ohne Zustimmung des Verfügungsklägers zum Abruf und zum Download ein (Anlage AST 2, BI. 18 ff. GA). Zugleich wies der Verfügungsbeklagte den Verfügungskläger mit E-Mail vom 14.02.2019 (Anlage AST 5, BI. 38 GA) auf den Internetauftritt hin. Der Verfügungskläger ließ den Verfügungsbeklagten dieserhalb mit Schreiben vom 07.03.2019 (Anlage AST 6, BI. 39 ff. GA) vergeblich abmahnen. Der Verfügungsbeklagte wies die Ansprüche des Verfügungsklägers mit Schreiben seiner jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vom 13.03.2019 (Anlage AST 7, BI. 53 ff. GA) zurück. Auf Antrag des Verfügungsklägers vom 13.03.2019 hat die erkennende Kammer dem Verfügungsbeklagten mit Beschluss vom 19.03.2019 - 14 0 86/19 - unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten, die "Stellungnahme des BtR zur IARC- Monographie aber Glyphosat" vom 4. September 2015, dem Beschluss beigetagt als Anlage AST 1, ohne Zustimmung der Vertagungskitigerin im Internet zu ver(Jffentlichen und/oder ver(Jffentlichen zu lassen und/oder (Jffentlich zugtinglich zu machen und/oder (Jffentlich zugtinglich machen zu lassen, wenn dies geschieht wie aus dem dem Beschluss beigetagten Anlagenkonvolut AST 2 ersichtlich. Den weitergehenden Antrag, gerichtet auf Unterlassung der Vervielfältigung der Stellungnahme, hat die erkennende Kammer mit Beschluss vom 19.03.2019 zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 19.03.2019 - 14 0 86/19 - (BI. 83ff GA) Bezug genommen. Der Beschluss vom 19.03.2019 ist dem Verfügungskläger zu Händen seiner Verfahrensbevollmächtigten am 22.03.2019 zugestellt worden. S. 5133
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05.07.2019-12:01 Landgericht Koeln 0221 477 3333 5 Der Verfügungskläger ließ an den Verfügungsbeklagten am 28.03.2019 und 09.04.2019 durch einen Gerichtsvollzieher Schriftstücke zustellen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die von dem Verfügungskläger in Kopie (Anlagenkonvolut Ast 9, BI. 229 ff GA) und im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.06.2019 vorgelegten Schriftstücke, wie in der Zustellungsurkunde jeweils ausgewiesen, in beglaubigter Kopie dem Verfügungsbeklagten zugestellt worden sind. Der Verfügungskläger ließ ferner den jetzigen Verfahrensbevollmächtigten des Verfügungsbeklagten am 27.03.2019 und 02.04.2019 per EB jeweils ein Schriftstück zustellen, welches die nachfolgenden Merkmale aufwies: Deckblatt: Vermerk auf Seite 8: Mit Schreiben vom 12.04.2019 (BI. 120 GA) haben sich für den Verfügungsbeklagten in diesem Verfahren Rechtsanwälte Thomas bestellt. Mit Schriftsatz vom 30.04.2019 (BI. 137 ff GA) hat der Verfügungsbeklagte Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung vom 19.03.2019 eingelegt. s. 6/33
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05.07.2019-12:01 0221 477 3333 s. Landgericht Koeln 6 Der Verfügungskläger ist der Ansicht, der Verfügungsbeklagte sei zu einer öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19 a UrhG) der streitgegenständlichen Stellungnahme auf der Internetseite "fragdenstaat.de" nicht berechtigt. Der Verfügungsbeklagte habe damit zugleich gegen das (Erst)Veröffentlichungsrecht (§ 12 UrhG) des Verfügungsklägers verstoßen. Bei der streitgegenständlichen "Stellungnahme des BfR zur IARC-Monographie über Glyphosat vom 4. September 2015" handele es sich auch um ein Sprachwerk, das gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützt sei, welches der Verfügungskläger weiter ausführt (Schriftsatz vom 13.03.2019, Seite 6). Die Einblendung der Stellungnahme ohne Zustimmung des Verfügungsklägers seitens des Verfügungsbeklagten auf der Webseite www.fragdenstaat.de stelle einen Eingriff in das Recht des Verfügungsklägers zu ersten Veröffentlichung gemäß § 6 UrhG dar, weil, insoweit unstreitig, diese "Stellungnahme" lediglich zur internen Information bestimmt und bislang auch noch nicht mit Zustimmung des Verfügungsklägers der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei. Mit der Übersendung der streitgegenständlichen Zusammenfassung an den Verfügungsbeklagten zur Erfüllung des Anspruchs aus dem IFG sei bereits keine Zugänglichmachung an die Öffentlichkeit verbunden, weil die Stellungnahme damit nur einer Einzelperson zugänglich gemacht worden sei. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass der Anspruch nach dem IFG Jedermann zustehe. Auch zu einer öffentlichen Zugänglichmachung im Sinn von § 19 a UrhG sei der Verfügungsbeklagte nicht berechtigt, die Schrankenbestimmungen aus §§ 50, 51 UrhG griffen nicht. Hierzu nimmt der Verfügungskläger Bezug auf das Urteils der erkennenden Kammer vom 15.12.2016 - 14 0 302/15 - sowie das Urteil des OLG Köln vom 06.12.2017- 6 U 8/17, jeweils bei juris. Der Unterlassungsanspruch des Verfügungsklägers sei auch nicht nach dem lnformationsweiterverwendungsgesetz (IWG) ausgeschlossen. Dessen Anwendungsbereich sei nach § 1 Abs. 2 Nr. 6 IWG bereits nicht eröffnet, weil hier streitgegenständlich Informationen im Besitz einer Bildungs- und Forschungseinrichtungen seien, wozu der Verfügungskläger zähle. Dem Verfügungsbeklagten stehe auch kein Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) zu. Auch insoweit sei der Anwendungsbereich nicht eröffnet, weil die streitgegenständliche Stellungnahme keine Umweltinformation im Sinne von § 2 Abs. 3 UIG darstelle. Das 7133
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05.07.2019-12:01 s. Landgericht Koeln 0221 477 3333 7 UIG regele zudem nur den Zugang zu Informationen, nicht hingegen die Frage der Weiterverwendung oder Veröffentlichung derselben, welche sich ausschließlich nach dem IWG richteten. Der Verfügungskläger ist weiter der Ansicht, die einstweilige Verfügung sei auch nicht wegen Versäumung der Vollziehungsfrist aufzuheben. Er behauptet hierzu, die einstweilige Verfügung sei durch Zustellung einer beglaubigten Abschrift einer Ausfertigung am 28.03.2019 und 09.04.2019 an den Verfügungsbeklagten persönlich ordnungsgemäß vollzogen worden. Hierzu nimmt der Verfügungskläger Bezug auf Kopien der Zustellungsurkunden (Anlagenkonvolut Ast 9, BI. 229 ff. GA) sowie die Vorlage der Originalurkunden im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.06.2019. Es komme aus diesem Grund nicht darauf an, dass bei Zustellung der einstweiligen Verfügung an die - unstreitig - bis dahin nicht für das Verfahren bestellten, außergerichtlichen Bevollmächtigten des Verfügungsbeklagten ein kleines Versehen bei der Fertigung der Kopien der einstweiligen Verfügung erfolgt sei. Einer wirksamen Vollziehung stünden etwaige Vollziehungsmängeln nicht entgegen, weil, wie aus zwischenzeitlich geposteten Kommentaren des Verfügungsbeklagten auf der Webseite "fragdenstaat".de zu ersehen, dieser nicht den geringsten Zweifel an der Authentizität des zugestellten Schriftstücks gehabt habe, sondern vielmehr versuche, die Entscheidung für seine eigenen politischen Zwecke zu nutzen (Schriftsatz vom 24.05.2019, BI. 153 f GA). Soweit sich der Verfügungsbeklagte auf eine angeblich fehlerhafte Zustellung berufe, handele es sich um bloße Förmelei, und darüber hinaus um ein treuwidriges und rechtsmissbräuchliches Verhalten, weil nur ein geringfügiger Fehler in der Zustellung vorliege. Hilfsweise beantragt der Verfügungskläger, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO zu gewähren. Der Verfügungskläger ist hierzu der Ansicht, ihn treffe an einer etwaigen Versäumung der Vollziehungsfrist kein eigenes Verschulden. Das Beifügen der ersten Seite der Ausfertigung sei auf ein Versehen des Büropersonals des Verfahrensbevollmächtigten des Verfügungsklägers zurückzuführen, eine erfahrene Mitarbeiterin habe versehentlich bei Anfertigung einer Kopie der Ausfertigung eine Seite vertauscht. Dies sei erst nach Übersendung der Widerspruchsbegründung vom 10.05.2019 bekannt geworden. Zur Glaubhaftmachung nimmt der Verfügungsbeklagte Bezug auf eine eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin ███ ████ █████ ███ ██ ████ ██ 8/33
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05.07.2019-12:01 s. Landgericht Koeln 0221 477 3333 8 Der Verfügungskläger beantragt, die einstweilige Verfügung der erkennenden Kammer vom 19.03.2019 (14 0 86/19) zu bestätigen. Der Verfügungsbeklagte beantragt, die einstweilige Verfügung der erkennenden Kammer vom 19.03.2019 (14 0 86/19) aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Verfügungsantrag zurückzuweisen. Der Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, die einstweilige Verfügung sei bereits wegen fehlender Vollziehung aufzuheben. Bei dem seinen Verfahrensbevollmächtigten am 27.03.2019 und 02.04.2019 per EB zugestellten Schriftstücken handele es sich weder um eine Ausfertigung noch um eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses der erkennenden Kammer vom 19.03.2019, noch um eine beglaubigte Abschrift vorgenannter Schriftstücke, nicht einmal um eine einfache Abschrift, sondern um ein "Nullum". Gegenständlich sei vielmehr ein offensichtlich zusammengestückeltes Schriftstück, unterschiedlicher amtlicher Schriftstücke, kombiniert aus Kopien mittels derer eine ordnungsgemäße Vollziehung der einstweiligen Verfügung von vorneherein ausgeschlossen sei. Dies bereits vor dem Hintergrund, dass der Verfügungsbeklagte wegen der Kombination von Ausfertigung und beglaubigter Abschrift von vornherein begründete Zweifel an der Authentizität des ersichtlich unzutreffend beglaubigten Beschlusses habe hegen müssen, weshalb auch eine Heilung der Zustellung nach § 189 ZPO nicht in Betracht komme. Eine ordnungsgemäße Vollziehung der einstweiligen Verfügung vom 19.03.2019 sei auch nicht durch die von dem Verfügungskläger veranlassen Zustellungen vom 28.03.2019 und 09.04.2019 an den Verfügungsbeklagten persönlich durch die Gerichtsvollzieherin Köllner erfolgt. Hierzu behauptet der Verfügungsbeklagte, das ihm durch die Gerichtsvollzieherin am 28.03.2019 und 09.04.2019 zugestellte Schriftstück sei jeweils identisch mit der Version, wie sie seinen jetzigen Verfahrensbevollmächtigten am 27.03.2019 und 02.04.2019 zugestellt worden sei. Es entspreche insbesondere der in Anlage Ast 9 (BI. 229 GA) beigefügten Ausfertigung, welche, insoweit unstreitig, auf Seite 8 des Beschlusses einen Ausfertigungsvermerk mit Unterschrift der Justizbeschäftigten Kühlem trägt. Zur 9/33
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05.07.2019-12:01 s. Landgericht Koeln 0221 477 3333 9 Glaubhaftmachung nimmt der Verfügungsbeklagte Bezug auf seine eidesstattlichen Versicherungen vom 06.06.2019, erklärt zu Protokoll im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 06.06.2019 (BI. 315 ff. GA), sowie den Scan eines Beschlusses der erkennenden Kammer mit Zustellvermerk der Gerichtsvollzieherin Kölling vom 28.03.2019, welcher von der erkennenden Kammer im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 06.06.2019 auf dem Laptop des Verfügungsbeklagten in Augenschein genommen wurde. ln der Sache ist der Verfügungsbeklagte der Ansicht, dem Verfügungskläger stünden die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht zu. Das Zugänglichmachen einer Information nach dem IFG stelle eine Veröffentlichung im Sinne des§ 12 UrhG dar. Das (Erst)Veröffentlichungsrecht des Verfügungsklägers sei verbraucht. Dies gelte umso mehr, als zwischenzeitlich, insoweit unstreitig, mehr als 40.000 Personen über die Internetseite des Verfügungsklägers Zugang zu der streitgegenständlichen Stellungnahme erhalten hätten und der Verfügungskläger im Hinblick auf die Zahl der Informationsanträge das streitgegenständliche Gutachten per Allgemeinverfügung (Anlage AG 2, BI. 326 f GA) jedem, der einen Antrag nach§ 1 Abs. 1 S. 1 IFG stelle, zugänglich mache. Auch habe der Verfügungsbeklagte das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne von § 19a UrhG nicht verletzt. Die öffentliche Zugänglichmachung sei sowohl nach § 2a S. 1 IWG als auch § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG gestattet, was der Verfügungsbeklagte weiter ausführt (Schriftsatz vom 30.04.201 9, BI. 141 ff GA). Entgegen der Ansicht des Verfügungsklägers sei der Anwendungsbereich des IWG eröffnet, weil es sich bei dem Verfügungskläger nicht um eine Forschungseinrichtung im eigentlichen Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 6 IWG handele. Die Untersagung der Weiterverwendung seitens des Verfügungsklägers stelle keine (entgegenstehende) Nutzungsbestimmung im Sinne des § 4 IWG dar, weil es sich bei der streitgegenständlichen Stellungnahme um eine Information im Sinne von § 1 Abs.1 S. 1 IFG und § 3 Abs. 1 S. 1 UIG handele, deren Weiterverwendung nach dem Grundsatz des § 2 a S. 1 IFG gestattet sei und nicht durch § 4 IWG ausgehebell werden könne. Darüber hinaus sei die Weiterverwendung auch nach UIG gestattet, weil es sich bei der streitgegenständlichen Stellungnahme um eine Stellungnahme nicht Umweltinformation im Sinne des§ 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG handele. Jedenfalls sei widerrechtlich die im Nutzung Sinne von der streitgegenständlichen § 97 Abs. 1 UrhG, weil bei entsprechend verfassungskonformer bzw. europarechtskonformer Auslegung der §§ 50, 51 UrhG 10/33
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05.07.2019-12:01 0221 477 3333 s. Landgericht Koeln 10 die vorzunehmende Abwägung der betroffenen Grundrechte und der Interessen zu Gunsten des Verfügungsbeklagten ausfallen müsse. Der Staat könne sich nicht auf das Grundrecht auf Eigentum berufen, um ein anderes Grundrecht wie die freie Meinungsäußerung zu beschränken. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der zur Akte gereichten Schriftsätze und Glaubhaftmachungsmittel sowie die im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 06.06.2019 Protokoll (BI. 315 ff. GA) abgegebenen Erklärungen Bezug genommen. E NTSC H EI DUNGSGRÜNDE: I. Der mit Schriftsatz vom 30.04.2019 eingelegte Widerspruch des Verfügungsbeklagten gegen die Beschlussverfügung ist gemäß §§ 924, 936 ZPO statthaft und zulässig. Der Antrag des Verfügungsbeklagten auf Aufhebung der einstweilige Verfügung der erkennenden Kammer vom 19.03.2019 - 14 0 86/19 - richtet sich, wie der Widerspruchsbegründung zu entnehmen, lediglich gegen den Beschluss der erkennenden Kammer, soweit dieser zulasten des Verfügungsbeklagten erging. Der Antrag ist aus diesem Grund entsprechend § 253 ZPO dahingehend auszulegen, dass eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung nur in dem Umfang begehrt wird, wie zum Nachteil des Verfügungsbeklagten entschieden worden ist, im Übrigen würde dem Antrag schon das Rechtsschutzinteresse fehlen. ln diesem Umfang war auf den Widerspruch des Verfügungsbeklagten die einstweilige Verfügung der erkennenden Kammer vom 19.03.2019 - 14 0 86/19 - aufzuheben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückzuweisen, weil es bereits an einer ordnungsgemäßen Vollziehung der streitgegenständlichen Verfügung fehlt. Die Beschlussverfügung vom 19.03.2019 - 14 0 86/19 - ist dem Verfügungsbeklagten nicht gemäß §§ 929 Abs. 2, 936 ZPO binnen der Monatsfrist des§ 929 Abs. 2 ZPO zugestellt worden, so dass deren Vollziehung unstatthaft ist. Die einstweilige Verfügung der erkennenden Kammer vom 19.03.2019 ist dem Verfügungskläger zu Händen seiner Verfahrensbevollmächtigten am 22.03.2019 11133
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