Sehr geehrter Herr Semsrott,
Sie haben am 24. August 2016 eine Anfrage an den Bundeswahlleiter gerichtet. Sie baten um die Zusendung
- der Anzahl der Benachrichtigungen, die der Bundeswahlleiter im Jahr 2014 von anderen Mitgliedsstaaten gemäß § 17 (5a) EuWG sowie § 17 (5b) EuWG erhalten hat
- des Berichts des Bundeswahlleiters an den Bundeswahlausschuss über das Ergebnis der Vorprüfung der Wahlvorschläge zur selben Wahl
Da der Bundeswahlleiter gleichzeitig Präsident des Statistischen Bundesamtes ist, hat er uns als im Statistischen Bundesamt für die Bearbeitung von Auskunftsersuchen nach dem IFG zuständige Organisationseinheit gebeten, Ihnen folgendes mitzuteilen:
Sie haben Ihr Auskunftsersuchen auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gestützt. § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG eröffnet jedem die Möglichkeit, gegenüber den Behörden des Bundes den Zugang zu amtlichen Informationen zu verlangen.
Der Bundeswahlleiter ist jedoch – was seine originäre Tätigkeit betrifft – nicht „Behörde“ im Sinne dieses Gesetzes, sondern eine Einrichtung politisch-gesellschaftlicher Selbstorganisation.
Er ist Bundeswahlorgan (§ 8 Abs. 1 Bundeswahlgesetz) zur Vorbereitung und Unterstützung der demokratischen Willensbildung durch Wahlen. Der Bundeswahlleiter, wie die übrigen Wahlorgane, sind Organe eigener Art und stehen außerhalb der Behördenorganisation.
Der Bundeswahlleiter handelt funktionell nicht als Teil der Verwaltung (Exekutive) oder einer anderen Staatsgewalt, sondern im Vorfeld der Staatsgewalten als Unterstützungsorgan des Staatsvolkes, um den Parteien bzw. allen Bürgerinnen und Bürgern die Wahlbeteiligung und Konstituierung des Bundestages zu ermöglichen. Deshalb handelt es sich bei den Entscheidungen und Maßnahmen des Bundeswahlleiters um Wahlverfahrensakte und nicht um Verwaltungsakte im Sinne von § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz. Konsequenterweise erklärt der Gesetzgeber in § 18 Abs. 4a Bundeswahlgesetz das Bundesverfassungsgericht und nicht die Verwaltungsgerichte für Beschwerden zuständig, wenn der Bundeswahlausschuss einer Partei oder ihrer Beteiligungsanzeige die Anerkennung nach § 18 Abs. 4 Bundeswahlgesetz versagt.
Eine zentrale Aufgabe des Bundeswahlleiters ist es gemäß § 81 Abs. 1 Bundeswahlordnung – zusammen mit den Landeswahlleitern – zu prüfen, ob die Wahl nach den Vorschriften des Bundeswahlgesetzes und der Bundeswahlordnung durchgeführt worden oder ob Einspruch gegen die Wahl einzulegen ist. Ein ggf. einzuleitendes Wahlprüfungsverfahren ist – ebenfalls gesondert – im Wahlprüfungsgesetz geregelt. Die Wahlprüfung ist Sache des Bundestages (Art. 41 Abs. 1 Grundgesetz, § 1 Abs. 1 Wahlprüfungsgesetz), gegen dessen Entscheidung die Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht zulässig ist (Art. 41 Abs. 2 Grundgesetz). Auch hier ist also nicht der für öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit vorgesehene Verwaltungsrechtsweg gegeben.
Unabhängig davon können wir Ihnen – um Ihnen inhaltlich weiterzuhelfen – folgendes mitteilen:
Wir legen Ihren Antrag so aus, dass Sie sich auf § 17 Europawahlordnung (EuWO) beziehen und nicht auf § 17 EuWG (Europawahlgesetz), denn § 17 EuWG regelt lediglich den Einsatz von Wahlgeräten und besteht nur aus einem Absatz. Von Benachrichtigungen bzw. Anfragen von EU-Mitgliedsstaaten sprechen hingegen § 17 Abs. 5a und 5b EuWO.
1. Zur Anzahl der Benachrichtigungen, die der Bundeswahlleiter im Jahre 2014 gem. § 17 Abs. 5a EuWO erhalten hat:
Die Anzahl der Benachrichtigungen, die der Bundeswahlleiter im Jahre 2014 gem. § 17 Abs. 5a EuWO erhalten hat, wurden sowohl in Printform als auch im Internet veröffentlicht. Im Internet unter:
https://www.bundeswahlleiter.de/de/euro…
Unter Ziff. 5.1 befinden sich die Angaben auf Seite 31 oben. Allerdings werden hier nur die am stärksten betroffenen Länder erwähnt.
Insgesamt setzen sich die Zahlen wie folgt zusammen:
Wohnland In EU eingetragen
Belgien 4611
Bulgarien 12
Dänemark 3505
Estland 108
Finnland 1076
Frankreich 22511
Kroatien 1
Slowenien 102
Griechenland 1625
Irland 272
Italien 6395
Lettland 60
Litauen 57
Luxemburg 2338
Malta 414
Niederlande 12926
Österreich 18966
Polen 113
Portugal 1614
Rumänien 8
Slowakei 7
Schweden 8479
Spanien 35529
Tschechische Republik 97
Ungarn 471
Vereinigtes Königreich 12.342
Zypern 64
Insgesamt 133703
2. Zur Anzahl der Anfragen, die der Bundeswahlleiter im Jahre 2014 nach § 17 Abs. 5b EuWO erhalten hat:
Die Anfragen von Mitgliedsstaaten der EU nach § 17 Abs. 5b EuWO werden beim Bundeswahlleiter weder statistisch erfasst, noch anderweitig gespeichert. Entsprechende Anfragen zur Wahl des Europäischen Parlaments im Jahre 2014 können daher nicht mehr abschließend nachvollzogen werden. Der Bundeswahlleiter fungiert in diesem Zusammenhang lediglich als Schnittstelle zwischen dem jeweiligen Mitgliedsstaat und der zuständigen Gemeinde. Nach Erinnerung des für die Anfragen nach § 17 Abs. 5a EuWO zuständigen Sachbearbeiters, dürfte es sich jedoch allenfalls um eine Handvoll Anfragen gehandelt haben. Weitergehende Auskünfte können hierzu nicht erteilt werden.
3. Berichte an den Bundewahlausschuss über das Ergebnis der Vorprüfung der Wahlvorschläge:
Der Bundeswahlleiter erstellt keine Berichte an den Bundeswahlausschuss über das Ergebnis der Vorprüfung der Wahlvorschläge zur Wahl des Europäischen Parlaments. Vielmehr werden sämtliche beim Bundeswahlleiter eingegangenen Wahlvorschläge dem Bundewahlausschuss vorgelegt, der gem. § 14 EuWG über alle Voraussetzungen für die Zulassung der Listen für einzelne Länder und der gemeinsamen Listen für alle Länder entscheidet. Gem. § 14 Abs. 5 EuWG werden die zugelassenen Wahlvorschläge spätestens am 48. Tag vor der Wahl veröffentlicht. Wir verweisen auf die Veröffentlichung unter dem Link:
https://www.bundeswahlleiter.de/de/euro… .
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben. Der Widerspruch ist beim Statistischen Bundesamt Wiesbaden (Gustav-Stresemann-Ring 11, 65189 Wiesbaden) schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.
Mit freundlichen Grüßen