Sehr geehrtAntragsteller/in
Ihre vorgenannte Anfrage vom 15.02.2018 beantworte ich Ihnen wie folgt:
a) Wie lange ist die vorgegebene Hilfsfrist für den Rettungsdienst ab Eingang des Notrufs in der IRLS?
Die Hilfsfrist für den Rettungsdienst in Schleswig-Holstein wird über die Durchführungsverordnung vom 22. Oktober 2013 (DVO-RDG) geregelt.
In § 7 Absatz 2 heißt es:
„Die Standorte der Rettungswachen sind auch unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Kooperation mit benachbarten Trägern des Rettungsdienstes so zu bestimmen, dass jeder ausschließlich über eine Straße erreichbare mögliche Einsatzort mit dem Rettungswagen (RTW) oder mit dem Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) in der Regel innerhalb einer Frist von zwölf Minuten nach Eingang der Notfallmeldung bei der Rettungsleitstelle (Hilfsfrist) erreicht werden kann.“
Das bedeutet, dass das erste geeignete Rettungsmittel (RTW oder NEF), üblicherweise der RTW, grundsätzlich, also „in der Regel“ innerhalb von 12 Minuten am Einsatzort sein muss. Nach übereinstimmender Rechtsauffassung gilt die Hilfsfrist „in der Regel“ als eingehalten, wenn in 90 % der Fälle im gesamten Kreisgebiet die 12-Minutenfrist nicht überschritten ist.
b) In welchen Regionen im Kreis Plön wird die Hilfsfrist regelmäßig überschritten (und wie lange)?
Der Rettungsdienst im Kreis Plön hat im Jahr 2017 einen Hilfsfristerreichungsgrad von 84,8 % erreicht. Dabei sind die einzelnen Rettungsdienstversorgungsbereiche (RWVB) recht unterschiedlich. Diese sind in der nachfolgenden Auswertungstabelle dargestellt. Der Rettungsdienst im Kreis Plön ist im Jahr 2017 in 90 % aller Fälle innerhalb von 13,25 Minuten am Einsatzort gewesen.
Rettungsdienstversorgungsbereich
Erreichungsgrad
Gesamteinsatzzahlen
Lütjenburg
77,9 %
1351
Probsteierhagen
84,0 %
3111
Preetz
88,3 %
2813
Plön
86,2 %
1556
Der Kreis Plön hat die Hilfsfristproblematik - vor dem Hintergrund der vorgenannten Werte - immer wieder und bereits seit längerem sehr intensiv in den mehrmals im Jahr stattfindenden Verhandlungen mit den Kostenträgern (Krankenkassen) thematisiert. Zuletzt wurde von den Kostenträgern ein weiteres Fahrzeug bewilligt, welches seit dem 01.03.2018 im Dienst ist. Die dadurch erhoffte Entlastung wird sich natürlich erst für die Zukunft ergeben und an den künftigen Zahlen zum Hilfsfristerreichungsgrad ablesen lassen.
Weitere Verhandlungen mit den Kostenträgern stehen selbstverständlich an. Für diese Verhandlungen soll kurzfristig landesweit eine spezielle Software bei den jeweiligen Rettungsdienstträgern zur Analyse und Auswertung der Einsatzdaten eingeführt werden. Dadurch soll eine bessere und schnellere Bedarfsbemessung möglich sein (anstelle bisher benötigter langwieriger Gutachtenerstellungen), deren Ergebnisse auch von den Kostenträgern akzeptiert werden, so dass zusätzlich benötigte Rettungsmittel künftig kurzfristiger beschafft werden können.
c) Welche Ursachen liegen der Nichteinhaltung von Hilfsfristen zugrunde?
Zum einen haben die enorm zunehmende Wartung und Instandhaltung der Verkehrswege einen enormen Einfluss auf die Eintreffzeiten der Rettungsmittel. Beispielhaft sei auf die Ausbauten der B76 sowie der B202 im Jahr 2017 verwiesen.
Zum anderen spielt auch die Entwicklung der Einsatzzahlen eine Rolle. Insbesondere die Krankentransporte, aber auch die Notfallereignisse sind stetig zunehmend. In Schleswig-Holstein wird einheitlich das sog. Mehrzweckfahrzeugsystem angewendet, d. h., die eingesetzten Rettungsmittel werden sowohl für Notfalltransporte als auch für Krankentransporte eingesetzt. Dieses System hat bedauerlicherweise den Nachteil, dass Rettungsmittel mit Krankentransporten zeitgleich zum Notfallereignis gebunden werden. Dadurch entstehen sog. Duplizitätsfälle, in denen mindestens zwei Einsätze für nur ein Rettungsmittel parallel anfallen. Da Notfallrettung selbstverständlich immer Vorrang hat, muss dann ein Rettungsmittel von einer anderen - im Zweifel weiter entfernten - Rettungswache zugeführt werde. Dies führt unweigerlich zu Verzögerungen.
Ein Abgehen vom Mehrzweckfahrzeugsystem ist landesweit bisher nicht angedacht. Allerdings soll die og. Software auch dazu dienen, die Duplizitätsfälle lokal zu analysieren, um an den entsprechenden Standorten mehr Rettungsmittelvorhaltestunden (mehr Fahrzeuge und/oder Schichtausweitungen) einzurichten.
Des Weiteren ist die Zunahme von Infektionstransporten festzustellen. Die Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft durch die notwendige Desinfektion ist in solchen Fällen im Vergleich zu „normalen“ Einsätzen wesentlich zeitaufwändiger. Im Zuge der Prüfung von Optimierungsmöglichkeiten wurden bereits andere, vom Robert-Koch-Institut zugelassene, Desinfektionsmittel eingeführt, bei deren Einsatz eine geringere Einwirkzeit zu beachten ist. Dadurch sind die Fahrzeuge schneller wieder verfügbar. Auch diese Umstellung wird jedoch erst zukünftig zum Tragen kommen.
d) Konkret für die Stadt Lütjenburg: In wie vielen Fällen kam der aus Stakendorf oder anderen NEF-Standorten nachgeforderte Notarzt nicht innerhalb der Hilfsfrist am Einsatzort an?
In Schleswig-Holstein gibt es keine festgelegte Hilfsfrist für (nachgeforderte) Notärzte. Die Hilfsfrist gilt in Schleswig-Holstein nur für das erste geeignete Rettungsmittel, sh. oben Antwort zu Frage 1. Insofern ist eine Beantwortung dieser Frage nicht möglich.
Ich hoffe Ihnen hiermit weitergeholfen zu haben.
Freundliche Grüße,