Sehr
geehrtAntragsteller/in
Sie haben mit E-Mail vom 15. Februar 2017 eine Anfrage nach § 1 IFG an das Statistische Bundesamt gerichtet. In dieser bitten Sie um die Zusendung folgender Informationen:
1. Wer stellte den ersten "original Warenkorb" zusammen?
2. Wann wurde der "Warenkorb" als soziokulturelles Existenzminimum" zusammengestellt?
3. Bitte übersenden Sie mir die Tabelle zur Datenerfassung, einschließlich aller Abänderungen.
4. Seit 2004 dient die EVS zur Bestimmung der ALG II-Regelsätze. Vom Original bis zur Bestimmung der Regelsätze 2017 wurden etliche Kürzungen/Manipulationen vorgenommen. Bitte listen sie alle Kürzungen detailliert mit Datum der Änderung auf.
Zu Ihrer Anfrage nehmen wir wie folgt Stellung:
Zu Frage 1:
Hierzu bedarf es einiger grundlegender Erläuterungen.
Der „Warenkorb“ bildet die Grundlage für die Berechnung des Verbraucherpreisindex (siehe hierzu die Erläuterungen zum Verbraucherpreisindex unter:
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten…).
Hiervon zu differenzieren ist die sog. „Warenkorbmethode“, die unter anderem durch das zuständige Bundesministerium festgelegt wurde. Hiernach erfolgte die Festsetzung der Regelsätze in der Sozialhilfe bis in die 1980er Jahre. Dahinter stand ein Bedarfsmengenschema, das nach Art und Menge verschiedene Güter und Dienstleistungen zur Deckung des unterstellten Bedarfs an Ernährung, für den hauswirtschaftlichen Bedarf und für die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens enthielt.
Die Anpassung der regelsatzrelevanten Warenkörbe an geänderte gesellschaftliche Verhältnisse gelang in der Praxis nur sehr unvollkommen. Deshalb regten die Arbeits- und Sozialminister der Länder an, einen Vorschlag zu erarbeiten, der sich nicht mehr an einem Warenkorb, sondern an den Verbrauchsgewohnheiten von unteren Einkommensgruppen orientieren sollte (Statistikmodell). 1990 wurde dann das Warenkorbsystem durch das Statistikmodell abgelöst.
Im Wesentlichen sieht das Statistikmodell vor, die Verbrauchspositionen unterer Einkommensgruppen um nicht regelbedarfsrelevante Positionen zu bereinigen und daraus den Regelbedarf abzuleiten. Die im fünfjährigen Turnus stattfindende Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) stellt die gesetzliche Datenbasis bzw. die Berechnungsgrundlage für die jeweilige Festlegung der Regelbedarfshöhe dar.
Im zwölften Buch des Sozialgesetzbuches regeln die §§ 28 ff. die Ermittlung, Festsetzung und Fortschreibung der Regelsätze (
https://dejure.org/gesetze/SGB_XII/28.h…).
Die Regelbedarfsermittlungsgesetze (RBEG), bzw. vor 2010 die Regelsatzverordnungen, regeln Zusammensetzung, Inhalt und Bemessung des Eckregelsatzes. Das zur Ermittlung der jeweiligen Regelsätze gemäß RBEG angewendete Berechnungsverfahren wird federführend vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) entwickelt und unterliegt ausschließlich dessen Zuständigkeit. Nähere Auskünfte zum Berechnungsverfahren erteilt deshalb ausschließlich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales:
www.bmas.de/DE/Service/Kontakt/inhalt.h…
Zu Frage 2:
Die Sozialgerichte haben den Begriff des soziokulturellen Existenzminimums geprägt. Er umfasst den materiellen Bedarf, der unerlässlich ist, um bei sparsamem Wirtschaften am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Die durch das Ministerium festgelegten Regelbedarfe sollen eben auch diese Teilhabe ermöglichen. Über weitergehende Informationen zum Begriff des „soziokulturellen Existenzminimums“ verfügt das Statistische Bundesamt nicht.
Zu den Fragen 3 und 4:
Ihr Fragen nach der „Tabelle zur Datenerfassung“ und den „Kürzungen/Manipulationen“ bei der Bestimmung von ALG II-Regelsätzen verstehen wir so, dass Sie die Änderungen in den Tabellen der RBEG meinen.
Die Festlegung der Regelbedarfe erfolgt durch das zuständige Bundesministerium in den Regelbedarfsermittlungsgesetzen bzw. den Regelsatzverordnungen.
Folgende Anlagen haben wir für Sie zusammengestellt:
Anlage 1_RBEG EVS 2013: enthält Deutscher Bundestags Drucksache 18/9984 vom 17.10.2016
Gesetzentwurf zur Ermittlung von Regelbedarfen auf Basis der EVS 2013 Sonderauswertungen; ab Seite 36 sind die Einzelpositionen mit den jeweiligen Abschlägen aufgeführt.
Anlage 2_RBEG EVS 2008: enthält Deutscher Bundestag Drucksache 17/3404 vom 26.10.2010
Gesetzentwurf zur Ermittlung von Regelbedarfen auf Basis der EVS 2008 Sonderauswertungen; ab Seite 53 sind die Einzelpositionen mit den jeweiligen Abschlägen aufgeführt.
Anlage 3_RSV EVS 2003: enthält Bundesrat Drucksache 635/06 vom 31.08.2006
Regelsatzverordnung auf Basis der EVS 2003.
Anlage 4_RSV EVS 1998: enthält Bundesrat Drucksache 206/04 vom 12.03.2004
Regelsatzverordnung auf Basis der EVS 1998.
Wir hoffen, Ihre Anfrage hiermit beantwortet zu haben.
Sollte dies nicht der Fall sein, bitten wir Sie zu konkretisieren, was Sie mit „Tabelle zur Datenerfassung“ meinen.
Wir bedanken uns für Ihr Interesse an der Arbeit des Statistischen Bundesamtes und verbleiben
mit freundlichen Grüßen