Sehr
<< Antragsteller:in >>
zu Ihrer Anfrage nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) vom 28. Mai 2022 ergeht folgende Entscheidung:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei.
Dies hat folgende Gründe:
Zu 1.:
Mit Ihrem Antrag begehren Sie die Zusendung des Antrags der Staatsanwaltschaft auf Ermächtigung zur Ermittlung wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses im Verfahren um die Herausgabe eines Anwaltsschreibens an einen Journalisten sowie die Entscheidung des Innenministeriums über den Antrag der Staatsanwaltschaft.
Der Zugang zu amtlichen Informationen richtet sich in Baden-Württemberg nach dem LIFG. Antragsberechtigte haben nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den informationspflichtigen Stellen einen Anspruch auf Zugang zu dort vorhandenen amtlichen Informationen im Sinne des § 3 Nr. 3 LIFG, soweit diese dem Anwendungsbereich gemäß § 2 LIFG unterliegen, die Stelle verfügungsbefugt im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 LIFG ist und dem Informationszugang keine Ausschlussgründe nach §§ 4, 5, 6 oder § 9 Absatz 3 LIFG entgegenstehen.
Der Antrag auf Informationszugang ist nach § 7 Absatz 1 Satz 1 LIFG an die Behörde zu richten, die über die begehrte Information verfügungsbefugt ist.
Hinsichtlich des Antrags der Staatsanwaltschaft besitzt das Innenministerium jedoch kein eigenes Verfügungsrecht.
Die Verfügungsbefugnis besteht jedenfalls in Bezug auf von der jeweiligen Stelle selbst erhobene Informationen. Bei Informationen, die die Stelle von Dritten erhalten hat, ist maßgebend, ob die Stelle über die betreffende Information kraft Gesetzes oder (ggf. stillschweigender) Vereinbarung ein eigenes Verfügungsrecht erhält (vgl. LReg, LT-Drs. 15/7720, 72).
Hinsichtlich des Antrags der Staatsanwaltschaft ist somit die Staatsanwaltschaft als Urheber die verfügungsberechtigte Stelle. Die Staatsanwaltschaft selbst ist jedoch wegen der Bereichsausnahme aus § 2 Absatz 2 Nr. 3 LIFG insoweit nicht informationspflichtig nach LIFG, sondern als Organ der Rechtspflege von dessen Anwendungsbereich ausgenommen.
Einer Herausgabe der von Ihnen begehrten Informationen steht zudem der Ablehnungsgrund aus § 4 Absatz 2 Satz 1 LIFG in Verbindung mit § 9 Absatz 1 Satz 2 des Untersuchungsausschussgesetzes (UAG) entgegen.
Ein Anspruch nach LIFG ist wegen der bestehenden Geheimhaltungspflicht nach Einsetzung eines Untersuchungsausschusses über § 4 Absatz 2 Satz 1 LIFG in Verbindung mit § 9 Absatz 1 Satz 2 UAG abzulehnen, da der in Rede stehende Antrag der Staatsanwaltschaft sowie die Entscheidung des Innenministeriums hierüber inzwischen Gegenstand des durch den Landtag von Baden-Württemberg eingesetzten Untersuchungsausschusses sind (vgl. Landtagsdrucksache 17/2640 unter II.6.:
https://www.landtag-bw.de/files/live/...).
Der Ausnahmetatbestand des § 4 Absatz 2 Satz 1 LIFG dient dem besonderen Geheimnis- und Vertraulichkeitsschutz. Diejenigen Informationen, die aufgrund anderer Rechtsvorschriften der Geheimhaltung unterliegen, sollen auch nach LIFG nicht herausgegeben werden müssen. Nach § 9 Absatz 1 Satz 2 UAG sind Mitteilungen an die Öffentlichkeit über den Inhalt von Unterlagen, soweit dieser nicht durch eine öffentliche Verhandlung bekannt geworden ist, vor Abschluss der Beratung nicht zulässig.
Sinn und Zweck der Geheimhaltungspflicht in § 9 Absatz 1 Satz 2 UAG ist es, den Zweck des Untersuchungsverfahrens nicht zu gefährden und die Verfahrensherrschaft des Untersuchungsausschusses zu gewährleisten. Der Inhalt von Unterlagen, mit denen sich der Untersuchungsausschuss befasst, soll - soweit dieser nicht-öffentlich behandelt wurde - nicht in die Öffentlichkeit gelangen. Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses sind deshalb nach § 9 Absatz 1 UAG zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Wertung des Gesetzes muss auch Stellen außerhalb des Untersuchungsausschusses binden.
Aus denselben Gründen steht der Herausgabe ferner der Ablehnungsgrund nach § 4 Absatz 1 Nr. 8 LIFG entgegen, der die Vertraulichkeit des Austauschs zwischen Landtag und Landesregierung schützen soll. Der vertrauliche Austausch zwischen dem Untersuchungsausschuss des Landtags und der Landesregierung ist wie oben ausgeführt für den Zweck des Untersuchungsverfahrens wesentlich. Der Ablehnungsgrund aus § 4 Absatz 1 Nr. 8 LIFG dient der Flankierung der weitgehenden Ausnahme des Landtags nach § 2 Absatz 2 Nr. 1 LIFG vom Anwendungsbereich des LIFG, insbesondere des gesamten Bereichs der parlamentarischen Angelegenheiten (vgl. LReg, LT-Drs. 15/7720, 67).
Dem entspricht, dass parlamentarische Untersuchungsausschüsse nicht in den Kreis der informationspflichtigen Stellen nach LIFG fallen. Untersuchungsausschüsse erfüllen keine Verwaltungsaufgaben und fallen daher nicht in den Anwendungsbereich des LIFG. Ein Informationszugangsrecht nach LIFG gegenüber dem Untersuchungsausschuss selbst besteht daher gleichfalls nicht.
Des Weiteren steht dem Informationszugang der Ablehnungsgrund aus § 4 Absatz 1 Nr. 5 LIFG entgegen.
Nach § 4 Absatz 1 Nr. 5 LIFG besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, soweit und solange das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf den Erfolg eines strafrechtlichen Ermittlungs- oder Strafvollstreckungsverfahrens oder den Verfahrensablauf eines Gerichts-, Ordnungswidrigkeiten- oder Disziplinarverfahrens haben kann.
Das Bekanntwerden der Informationen hat nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren, wenn aufgrund einer auf konkreten Tatsachen beruhenden prognostischen Bewertung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Bekanntwerden der Information den Untersuchungszweck, d.h. die Sachverhaltsaufklärung und Wahrheitsfindung, beeinträchtigt. Nachteilige Auswirkungen können auch die öffentliche Aufmerksamkeit für einen Prozess und der gesteigerte öffentliche Druck auf die beteiligten Akteure sein.
Die Herausgabe der von Ihnen begehrten Dokumente zum jetzigen Zeitpunkt würde aller Voraussicht nach dazu führen, dass hierdurch die ohnehin schon große Aufmerksamkeit für das laufende Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft in der Öffentlichkeit weiter zunimmt. Dies wiederum erscheint geeignet, zu einem gesteigerten öffentlichen Druck gegenüber der Staatsanwaltschaft hinsichtlich ihrer Ermittlungstätigkeit zu führen. Ein solcher öffentlicher Druck ist daher geeignet, die Durchführung des Ermittlungsverfahrens nachteilig zu beeinflussen.
Ob und gegebenenfalls wann ein späterer Informationszugang auf erneuten Antrag hin in Betracht kommt, ist aktuell nicht absehbar und kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilt werden (Hinweis nach § 9 Absatz 2 LIFG).
Zu 2.:
Die Gebührenentscheidung beruht auf § 10 Absatz 3 Satz 1 LIFG i.V.m. § 4 Absatz 2 Landesgebührengesetz i.V.m. Ziffer 20.2.1 Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 1 der Gebührenverordnung des Innenministeriums.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Entscheidung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben werden.
Mit freundlichen Grüßen