Sehr
geehrteAntragsteller/in
Ihrem Antrag auf Zugang zu Informationen vom 10. Mai 2020 wird weitestgehend entsprochen.
Hierzu teilen wir Ihnen gemäß Ihres Antrages Folgendes mit:
Traditionell sind in Deutschland die Kommunen für die Entsorgung von Siedlungsabfällen verantwortlich. Für manche Abfallströme gibt es aber andere spezifische Regelungen und Verantwortlichkeiten. So sind für die Verpackungsentsorgung die Hersteller im Rahmen ihrer kreislaufwirtschaftlichen Produktverantwortung verantwortlich. Dies wurde im Verpackungsgesetz (VerpackG;
http://www.gesetze-im-internet.de/ver...) so geregelt, da nach dem Verursacherprinzip derjenige für die Beseitigung einer Umweltgefahr verantwortlich sein soll, der sie verursacht. Außerdem haben Hersteller Einfluss auf das Design der Verpackungen: Wer Produkte in Verkehr bringt, die als Abfälle Probleme bereiten können, soll dies bereits bei der Konzeption der Verpackungen berücksichtigen. Durch umweltgerechte (d.h. z.B. ressourcenschonende, recyclingfreundliche, schadstoffarme etc.) Gestaltung der Verpackungen können die Hersteller ihre späteren Entsorgungskosten verringern. Damit soll ein Anreiz zu umweltfreundlicheren Verpackungen gesetzt und eine Verringerung der Abfallmenge herbeigeführt werden.
Die privatwirtschaftlich organisierte Entsorgung von Verpackungsabfällen funktioniert wie folgt: Im Kaufpreis verpackter Produkte sind die späteren Entsorgungskosten der Verpackungen bereits einkalkuliert. Die Hersteller registrieren sich im Verpackungsregister LUCID (
http://www.verpackungsregister.org) und beteiligen ihre Verpackungsmengen bei privaten Unternehmen, den sogenannten dualen Systemen. Für die Sammlung von Verpackungsabfällen bei privaten Endverbrauchern (private Haushaltungen und gleichgestellte Anfallstellen wie Kantinen, Krankenhäuser, Schulen etc.) sind die dualen Systeme verantwortlich (§ 14 Absatz 1 VerpackG). Die Sammlung und die anschließende Sortierung und Verwertung finanzieren die Hersteller über ihre Beteiligungsentgelte, die sie an das jeweils gewählte System zahlen. Für die Höhe der dafür anfallenden Kosten sind Materialart und Masse der Verpackungen entscheidend. Darüber, wie sich die Preise bei den Systemen zusammensetzen, haben wir leider keine Kenntnis. Es handelt sich dabei um vertraglich auszuhandelnde Preise, die nicht vom Staat festgelegt sind. Die dualen Systeme organisieren und finanzieren für die Hersteller die Sammlung, Sortierung und Verwertung der bei privaten Endverbrauchern anfallenden Verpackungsabfälle. Die Sammlung erfolgt üblicherweise in der Gelben Tonne bzw. dem Gelben Sack, der Altglassammlung und der Altpapiersammlung (Letztere erfolgt in der Regel zusammen mit den Kommunen im Rahmen einer Mitbenutzung). Teilweise gibt es abweichende Sammelsysteme, z.B. über Wertstoffhöfe, Wertstoffinseln o.ä.. Der genaue Sammelmodus ist zwischen Systemen und Kommunen abzustimmen (sehen Sie dazu näher § 22 VerpackG). Das Verpackungsgesetz trifft hierzu keine abschließende Vorgabe, sondern setzt nur einen Rahmen. So müssen die Systeme eine vom gemischten Siedlungsabfall getrennte, flächendeckende Sammlung aller restentleerten Verpackungen bei den privaten Endverbrauchern (Holsystem), in deren Nähe (Bringsystem) oder durch eine Kombination beider Varianten in ausreichender Weise und für den privaten Endverbraucher unentgeltlich sicherstellen. Die Sammelsysteme müssen geeignet sein, alle bei den privaten Endverbrauchern anfallenden restentleerten Verpackungen bei einer regelmäßigen Leerung aufzunehmen (§ 14 Abs. 1 VerpackG). Die dualen Systeme müssen auch Recyclingquoten einhalten (§ 16 VerpackG) und darüber Nachweise vorlegen, so dass die gesammelten Verpackungsabfälle tatsächlich zu einem großen Teil recycelt werden (§ 17 VerpackG).
Dem Umweltbundesamt liegen keine Zahlen bezüglich Recyclingquoten und Restmüllmengen in den einzelnen Bundesländern oder Landkreisen bzw. Haushalten vor.
Die Genesis-Datenbank des Statistischen Bundesamtes (
https://www-genesis.destatis.de/genes...) stellt zwar verschiedene Daten zur Abfallentsorgung der Bundesländer zur Verfügung, eine Unterteilung in einzelne Landkreise findet allerdings nicht statt. Eine Einteilung des Abfallaufkommens in unterschiedliche Abfallarten und entsprechende Verwertungsquoten, wie sie in der jährlichen Abfallbilanz des Statistischen Bundesamtes zu finden ist, existiert unseres Wissens nach vereinzelt auf Landesebene (einzusehen bei den statistischen Landesämtern; für Baden-Württemberg zu finden unter:
https://www.statistik-bw.de/Umwelt/Ab...), auf Landkreisebene jedoch nicht.
Für weitere Informationen können Sie sich direkt an das Statistische Bundesamt, bzw. an das Statistische Landesamt Baden-Württemberg wenden.
Bitte bedenken Sie, dass die Bundesstatistiken nur bedingt mit den Statistiken der Länder vergleichbar sind, da die Landesstatistiken ggf. nicht den gesamten Markt abbilden (und dies auch nicht können). Die Aussagekraft eines solchen Vergleichs sollte kritisch hinterfragt werden.
Bezüglich des Sammelsystems im von Ihnen thematisierten Landkreis Böblingen hat das Umweltbundesamt keine rechtliche Bewertung vorgenommen. Ob vor Ort bestehende Sammelsysteme den Anforderungen des VerpackG, insbesondere jenen zur flächendeckenden Sammlung, entsprechen, wäre von den für die Systemgenehmigung (§ 18 VerpackG) und die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten (§ 34 VerpackG) zuständigen Landesbehörden zu beurteilen.
Die INTECUS GmbH und die Umweltkanzlei Dr. Rhein haben in der Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes "Analyse der Effizienz und Vorschläge zur Optimierung von Sammelsystemen der haushaltsnahen Erfassung von Leichtverpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen auf der Grundlage vorhandener Daten" die häufigsten Sammelsysteme hinsichtlich der Effizienz verglichen. In der Studie stellen die Bearbeiter aufgrund ihnen vorliegender Daten fest, dass die absoluten Kosten des Bringsystems "Wertstoffhof" in der gleichen Größenordnung liegen wie die Holsysteme (z.B. Gelber Sack/gelbe Tonne). Ein Großteil der Kosten fällt dabei jedoch nicht bei den Kommunen oder dualen Systemen, sondern bei den Endverbrauchern an, da diese für den individuellen Transport ihrer Verpackungsabfälle sorgen müssen. Gleichzeitig werden mit reinen Wertstoffhofsystemen deutlich geringere Mengen an Verpackungen für die Verwertung erfasst. Berücksichtigt man die Kosten für die privaten Endverbraucher, so sind reine Wertstoffhofsysteme bezogen auf die erfasste Menge deutlich teurer. Zudem sind die Umweltbelastungen von reinen Wertstoffhofsystemen durch den individuellen Transport beträchtlich. Es wird deshalb empfohlen, Holsysteme bei der Erfassung zu bevorzugen und dabei stoffgleiche Nichtvepackungen mitzuerfassen. Dabei sollte eine Abwägung zwischen Sacksammlung und Behältersammlung erfolgen.
Diese und weitere Ergebnisse können Sie in der Studie unter folgendem Link finden:
https://www.umweltbundesamt.de/sites/...
Angaben zu Kosten der Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen durch die dualen Systeme bezogen auf einzelne Sammelgebiete/Landkreise liegen dem Umweltbundesamt ebenfalls nicht vor. Ältere Informationen zu den Kosten der Verpackungsentsorgung insgesamt können Sie einer Sektoruntersuchung des Bundeskartellamtes von Dezember 2012 entnehmen, die öffentlich verfügbar ist:
https://www.bundeskartellamt.de/DE/Wi...."
Wir hoffen, Ihnen mit diesen Auskünften geholfen zu haben. Leider konnten wir Ihrem Auskunftsbegehren nicht in vollem Umfang nachkommen. Hierzu erhalten Sie einen gesonderten Bescheid per E-Mail. Der Bescheid ergeht insgesamt kostenfrei.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen