2015-06-29-altersgrenze-f3r-erziehende-o-10-abs-3-nr-2.pdf

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Erlasse des BMBF zum BAföG

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POSTANSCHRIFT Bundesministerium für Bildung und Forschung, 11055 Berlin HAUSANSCHRIFT An die Obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung POSTANSCHRIFT TEL FAX BEARBEITET VON Landesämter für Ausbildungsförderung E-MAIL HOMEPAGE -per E-Mail- DATUM GZ Kapelle-Ufer 1, 10117 Berlin 11055 Berlin +49 (0)30 18 57-5131 +49 (0)30 18 57-8-5131 Elke Albrecht Elke.albrecht@bmbf.bund.de www.bmbf.de Berlin, 29.6.2015 414-42506-2 (Bitte stets angeben) BETREFF Ausnahmen von der Altersgrenze für Erziehende, § 10 Abs.3 Nr.3 2.Hs. BAföG BEZUG ANLAGE Aus gegebenem Anlass nehme ich Stellung zu der Frage, wie die mit dem 23. BAföG- Änderungsgesetz im Jahr 2010 eingeführte Ausnahmeregelung für Erziehende bei der Altersgrenze des § 10 Abs.3 Satz 1 BAföG auszulegen und anzuwenden ist. Durch die Neufassung von § 10 Abs.3 Nr.3 2.Hs BAföG wird es Auszubildenden ermöglicht, auch nach Überschreiten der Altersgrenze des § 10 Abs.3 Satz 1 BAföG eine geförderte Ausbildung aufzunehmen, wenn sie bei Erreichen dieser Altersgrenzen bis zur Aufnahme der Ausbildung ein eigenes Kind unter 10 Jahren ohne Unterbrechung erziehen und während dieser Zeit bis zu höchstens 30 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt erwerbstätig sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht mehr vor, muss die Ausbildung unverzüglich aufgenommen werden, § 10 Abs.3 Satz 3 BAföG. Mit der Neufassung wurde sichergestellt, dass „Auszubildende, die Kinder erziehen, mit Blick auf die Zeitspanne zwischen dem Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung und dem Erreichen der förderungsrechtlichen Altersgrenze, bis zu der eine zu fördernde Ausbildung spätestens aufgenommen werden muss, voll mit Auszubildenden ohne Kinder gleichgestellt werden“ (BT-Drs 17/2196 ( neu)). Den Auszubildenden kann nicht entgegengehalten werden, dass sie zwischen dem Erwerb der Zugangsberechtigung für eine Ausbildung und der Geburt des Kindes auch schon vor Vollendung des 30. Lebensjahrs eine Ausbildung hätten aufnehmen können, s. dazu auch Tz 10.3.4 BAföG-VwV. Aus dieser Vorgabe des Gesetzgebers ergeben sich folgende Ableitungen für den Vollzug: 1. Der Auszubildende kann im Zeitraum, in dem die Voraussetzungen des § 10 Abs.3 Nr.3 BAföG vorliegen, die Abfolge von Ausbildungen, einer Erwerbstätigkeit von unter 30 Wochenstunden und Zeiten einer ausschließlichen Erziehung selbst festlegen. Dem TELEFONZENTRALE FAX-ZENTRALE E-MAIL-ZENTRALE +49 (0)228 99 57-0 oder +49 (0)30 18 57-0 +49 (0)228 99 57-83601 oder +49 (0)30 18 57-83601 bmbf@bmbf.bund.de
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SEITE 2 Auszubildenden kann hinsichtlich der Förderung einer zweiten Ausbildung deshalb nicht entgegengehalten werden, diese sei deshalb nicht unverzüglich aufgenommen worden, weil zunächst eine andere förderfähige Ausbildung aufgenommen worden war. Die Ausnahme von der Altersgrenze wird in diesem Zeitraum mit Hinblick auf die Ausbildung gewährt, nicht nur bezogen auf einen einzelnen Ausbildungsabschnitt. Beispiel : Die Auszubildende hat mit 29 Jahren ein Kind bekommen und holt im Alter von 31 Jahren mit der ersten förderfähigen Ausbildung den Mittleren Schulabschluss (MSA) nach. Danach widmet sie sich wieder der Kindererziehung. Zwei Jahre später beginnt sie eine Ausbildung an einem Kolleg mit dem Ziel des Erwerbs der allgemeinen Hochschulreife. An dem Kolleg wäre sie auch ohne MSA aufgenommen worden. Der Förderung der Kollegausbildung steht das Überschreiten der Altersgrenze nicht entgegen, auch wenn die erste Ausbildung nicht Voraussetzung für die zweite Ausbildung war. Dies gilt erst recht, wenn die erste Ausbildung unabdingbare Voraussetzung einer weiteren Ausbildung war. 2. Ist der Auszubildende mit Kind bei Überschreiten der Altersgrenze in einer dem Grunde nach förderfähigen Voll- oder Teilzeitausbildung, kann er auch nach Überschreiten der Altersgrenze Förderung für eine weitere Ausbildung erhalten, solange die sonstigen Voraussetzungen des § 10 Abs.3 Nr.3 BAföG vorliegen. Beispiel : Der Auszubildende wird mit 24 Jahren Vater und widmet sich bis zu dessen Einschulung ausschließlich der Erziehung seines Kindes. Mit 29 Jahren nimmt er eine zweijährige Vollzeitausbildung zum Kinderpfleger auf. Nach deren Abschluss widmet er sich wieder allein der Kindererziehung. Mit 33 Jahren beginnt er eine Ausbildung zum Erzieher. Die Altersgrenze steht einer Förderung dieser Ausbildung nicht entgegen. Die Überschreitung der Altersgrenze steht einer Förderung auch nicht entgegen, wenn die erste Ausbildung vor Erreichen der Altersgrenze abgeschlossen wurde, bei Erreichen der Altersgrenze ein Kind unter 10 Jahren nach Maßgabe des § 10 Abs.3 Nr.3 BAföG erzogen und danach eine weitere grundsätzlich förderfähige Ausbildung aufgenommen wird. Eine Ausbildung stellt somit keine förderschädliche Unterbrechung der Erziehungszeit dar. Die Formulierung in § 10 Abs.3 Nr.3 BAföG „ohne Unterbrechung erziehen“ bezieht sich darauf, dass der Auszubildende mit seinem Kind ohne oder nur mit kurzer Unterbrechung in häuslicher Gemeinschaft leben muss und für seine Betreuung sorgt. 3. Wird eine weitere Ausbildung unverzüglich nach Abschluss oder Abbruch einer Ausbildung aufgenommen, wirkt die Ausnahme von der Altersgrenze fort, auch wenn zu diesem Zeitpunkt dann die Voraussetzungen des § 10 Abs.3 Nr.3 BAföG nicht mehr vorliegen.
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SEITE 3 Beispiel : Eine Auszubildende beginnt im Alter von 36 Jahren eine Ausbildung, in deren Verlauf das jüngste Kind das 10. Lebensjahr vollendet, und schließt diese ab. Einer sich unverzüglich anschließenden weiteren Ausbildung steht die Altersgrenze nicht entgegen S. dazu auch Rundschreiben des BMBF, Fall 2, vom 29.8.2007, Az 413-42453-92/1. 4. Übt die Auszubildende (mit einem Kind unter 10 Jahren) bei Überschreiten der Altersgrenze oder danach eine Erwerbstätigkeit von mehr als 30 Wochenstunden (durchschnittliche Wochenarbeitszeit in jedem einzelnen Monat) oder eine andere (nicht notwendig vergütete) Tätigkeit mit einem Zeitumfang von mehr als 30 Wochenstunden aus, z.B. ein nicht für die spätere Ausbildung notwendiges Praktikum 1 oder ein freiwilliges soziales Jahr , so kann danach für eine Ausbildung keine Ausnahme von der Altersgrenze des § 10 Abs.3 Nr.3 BAföG gewährt werden. Die für Alleinerziehende auch bei einer Erwerbstätigkeit von mehr als 30 Wochenstunden mögliche Ausnahme von der Altersgrenze gilt nicht für anderweitige Tätigkeiten, weil nur die erweiterte Erwerbstätigkeit mit dem Ziel der Vermeidung der Inanspruchnahme von Leistungen der Grundsicherung privilegiert werden soll. Die Ausnahme für Alleinerziehende gilt auch für verheiratete Auszubildende, wenn auch hier die erweiterte Erwerbstätigkeit das Ziel der Vermeidung der Inanspruchnahme von Leistungen der Grundsicherung hat, s. auch Urteil des OVG Hamburg vom 3.12.2012, 4 Bs 200/12. In beiden Fällen ist nachzuweisen, dass ein Anspruch auf solche Leistungen ohne die erweiterte Erwerbstätigkeit bestehen würde. Es ist ausreichend, wenn durch die erweiterte Erwerbstätigkeit ein solcher Anspruch auf Grundsicherung gemindert wird. 5. Eine Schwangerschaft zum Zeitpunkt des Überschreitens der Altersgrenze ist dem Erziehen eines Kindes in § 10 Abs.3 Nr.3 BAföG nicht gleichzustellen, s. auch Urteil des Thüringer OVG vom 17.2.2015, Az 1 KO 641/14. In allen Fällen kommt eine Förderung selbstverständlich nur in Betracht, wenn auch die übrigen Förderungsvoraussetzungen – insbesondere diejenigen des § 7 BAföG - vorliegen. Ich bitte um Beachtung im Vollzug. Im Auftrag Albrecht 1 S. dazu auch Protokoll der OBLBAfö-Sitzung vom 8.-9.12.2010, S.36-37, Punkt 3.3.3.
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