Sehr geehrter Herr Rieseberg,
ich bitte Sie, die verspätete Beantwortung Ihrer E-Mail wegen der Vielzahl der hier eingehenden Anfragen zu entschuldigen.
Für die Entscheidung über die Erforderlichkeit und Angemessenheit von Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 oder anderer übertragbarer Krankheiten oder den Verzicht auf solche Maßnahmen ist eine Gesamtbetrachtung der Schwere und Entwicklung des Infektionsgeschehens, der aktuellen medizinischen Versorgungssituation wie auch der gesamtgesellschaftlichen Situation und der Interessen der von den Maßnahmen betroffenen Grundrechtsträgerinnen und Grundrechtsträgern erforderlich. Entscheidungen über Maßnahmen sind von den Verantwortlichen auf Bundes-, Landes- bzw. kommunaler Ebene jeweils aktuell auf der Basis der vorliegenden Erkenntnisse und Prognosen zu treffen und ggf. anzupassen. Bei ihren Beschlüssen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wägen die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder die Voraussetzungen und Folgewirkungen der vereinbarten Maßnahmen stets sorgfältig ab. Dies schließt die sozialen und wirtschaftlichen Folgewirkungen mit ein.
Angesichts der großen Dynamik des COVID-19-Pandemiegeschehens und der Tatsache, dass zahlreiche Aspekte in der Bewältigung dieses Geschehens beispiellos sind, kaum vorhersehbar waren, und weiterhin schwer vorherzusagen sind, bestanden und bestehen auch weiterhin allenfalls in sehr begrenztem Umfang Verfahren oder Indikatoren für ein Monitoring der Folgewirkungen. Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ist nicht nur ein subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe, sondern umfasst auch die Pflicht, sich schützend und fördernd vor das Leben des Einzelnen zu stellen sowie vor Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit zu schützen.
Gerade deshalb waren und sind erhebliche Anstrengungen erforderlich, um die COVID-19-Pandemie in Deutschland zu verlangsamen, abzuflachen und letztlich die Zahl der entsprechend erforderlichen Krankenhausaufenthalte zu verringern. Die Erfahrungen in anderen Staaten haben gezeigt, dass dies ein wichtiger Beitrag war, um eine Überforderung des Gesundheitswesens zu vermeiden.
Daneben wird darauf hingewiesen, dass sowohl die Entscheidung über die zu treffenden Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz als auch deren Aus- und Durchführung grundsätzlich in die Zuständigkeit der Bundesländer fallen.
Die von der Bundesregierung zur Abmilderung sozialer Folgen und zum Ausgleich wirtschaftlicher Auswirkungen getroffenen Maßnahmen machen deutlich, dass die Bundesregierung die genannten Aspekte in angemessener Weise berücksichtigt und weiter im Blick behält.
Mit freundlichen Grüßen