EZE-KZEJahresplanungspapier2020_2020_0017050
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Förderung des BMZ von Vorhaben der kirchlichen Hilfswerke“
Evangelische Zentralstelle Katholische Zentralstelle für Entwicklungshilfe e.V. für Entwicklungshilfe e.V. Caroline-Michaelis-Straße 1 Mozartstraße 9 10115 Berlin 52064 Aachen Jahresplanungspapier der kirchlichen Zentralstellen für Entwicklungshilfe für das Jahr 2020 Inhalt: 1. Vorbemerkungen 2. Geplanter Mitteleinsatz 2.1. Haushaltsmittel 2.2. Kontinentale Aufteilungen 3. Ziele der jährlichen Förderung 3.1. Langfristige Leitziele und sektorale Orientierung 3.2. Langfristige regionale Orientierung 4. Personelle Förderung 5. Evaluierungsplanung Anhänge: Förderschwerpunkte je Zentralstelle nach Ländern und Sektoren Länderpapiere von EZE / KZE zu sogenannten politisch sensiblen Ländern Aachen / Berlin, Oktober 2019
-2- 1. Vorbemerkungen Entsprechend der seit dem Jahr 2015 geltenden Förderrichtlinien legen die kirchlichen Zentralstellen jeweils vor Beginn eines neuen Jahres ein gemeinsames Jahresplanungspapier vor, indem sie den geplanten Mitteleinsatz für das kommende Jahr, eine Überprüfung der langfristigen Orientierung ihrer Arbeit und die Planungen und Schwerpunktsetzungen für das kommende Jahr darlegen. Dabei sollen auch die jeweils unterschiedlichen Gewichtungen dargestellt werden. Dieses Jahresplanungspapier steht im Rahmen eines mittelfristig gültigen gemeinsamen Grundlagenpapiers der kirchlichen Zentralstellen sowie der Förderberichte, die die kirchlichen Zentralstellen jeweils getrennt verfassen. Das hier vorliegende Papier beschreibt die Planungen für das Jahr 2020. Dazu sind diesem Papier zwei Übersichten angehängt, die für die jeweilige Zentralstelle die wesentlichen regionalen und sektoralen Schwerpunkte (Förderbereiche nach SDG) aufgliedern. Im Anhang wird außerdem die Fördertätigkeit der kirchlichen Zentralstellen in so genannten politisch sensiblen Ländern dargestellt. Diese länderbezogene Darstellung soll dem Auswärtigen Amt dazu dienen, auf der Grundlage eines umfassenden Förderprofils die außenpolitische Unbedenklichkeit für die dargestellten Vorhaben auszusprechen. Die systematische Darstellung der Fördertätigkeit der kirchlichen Zentralstellen in den sensiblen Ländern beschreibt die Schwerpunkte der Förderungen und leitet diese aus einer Beschreibung der Rahmenbedingungen und der Ausgangslage ab. Auswärtiges Amt und Auslandsvertretungen erhalten auf diese Weise die Möglichkeit auf der Grundlage eines möglichst umfassenden Überblicks über das gesamte Förderspektrum die außenpolitische Unbedenklichkeit der Arbeit von KZE / Misereor und EZE / EWDE - Brot für die Welt mit den Partnern im jeweiligen Land für das kommende Jahr festzustellen. Seitens der Evangelischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe e. V. sind folgende Länderpapiere beigefügt: Bangladesch, Burundi, China, Mali, Nordkorea, Irak, Kamerun, Kongo (D.Rep.), Palästinensische Gebiete/Israel, Papua (indonesischer Teil), Philippinen, Simbabwe, Somalia, Sudan, Südsudan und Syrien. Seitens der Katholischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe e. V. sind Förderpapiere zu folgenden Ländern beigefügt: Bangladesch, Burundi, China, Eritrea, Irak, Kamerun, Kongo (D.Rep.), Malaysia, Mali, Nordkorea, Papua (indonesischer Teil), Palästina/Israel, Philippinen, Simbabwe, Somalia, Südsudan und Syrien. 2. Geplanter Mitteleinsatz 2.1 Haushaltsmittel (Verpflichtungsermächtigung; Barmittel) Die Bundesmittel für die Förderung entwicklungswichtiger Vorhaben der Kirchen werden den kirchlichen Zentralstellen aus den Kapitel 2302 Titel 896 04 zur Verfügung gestellt. Diese Mittel werden durch kirchliche Eigenmittel ergänzt. Durch Anrechnung der Projektbegleitausgaben werden bei der KZE maximal 70 % der Gesamtausgaben aller Vorhaben aus Bundesmitteln bereitgestellt. Die EZE sieht auch weiterhin von einer Einführung der Projektbegleitausgaben ab, somit werden max. 75 % der Gesamtausgaben aller Vorhaben aus Bundesmitteln bereitgestellt, die Eigenleistungen müssen gemäß Förderrichtlinie auch weiterhin mindestens 25 % betragen. Für das Jahr 2020 sind vorerst Barmittel in Höhe von 301 Mio. € sowie 270 Mio. € für Verpflichtungsermächtigungen laut Kabinettsentwurf zum Haushaltsgesetz der Bundesregierung vom 26.06.2019 ausgewiesen. Daraus kann auf der Grundlage aktueller Planungen und des geschätzten Mittelbedarfes ein anteiliges Bewilligungsvolumen von ca. 340 Mio. € erreicht werden. Das Gesamtfinanzvolumen wird - unter Einbeziehung der Eigenleistungen aller Vorhaben - auf mindestens 469 Mio. € (100%) geschätzt. Nicht berücksichtigt sind hier die zusätzlichen Leistungen, die durch Partner und Zielgruppen erbracht werden. Insbesondere letztere bringen nicht-monetäre Leistungen ein, die im Sinne des Ausgabenbegriffs der BHO nicht erfasst werden können und dennoch häufig für das Gelingen der jeweiligen Vorhaben von erheblicher Bedeutung sind.
-3- Die Verfügungsbeträge der Bundesmittel für das Jahr 2020 sind gemäß des Regierungsentwurfs für den Bundeshaushalt 2020 (Stand 26.06.2019) wie folgt: € € Verpflichtungsermächtigung 2020 270.000.000,00 Barmittel für 2020 301.000.000,00 Aufteilung der Barmittel gem. aktuellem Stand der Abflüsse und Schätzungen für 2020: -für die Bedienung früherer VE (laufende Vorhaben) 231.000.000,00 -für Anfinanzierungen in 2020 70.000.000,00 70.000.000,00 Voraussichtliches Bewilligungsvolumen in 2020 340.000.000,00 Davon 100% über Globalbewilligungen 340.000.000,00 Mit den hier (beantragten/verplanten) Bundesmitteln verfolgen die kirchlichen Zentralstellen das Ziel, die Vorhaben ihrer Partner, die diese eigenständig geplant haben, in angemessener Weise anteilig zu finanzieren. Den Zentralstellen obliegt es, auf der Grundlage des jeweiligen fachlich geprüften Antrages eine Entscheidung herbeizuführen und die daraus folgende Zusammenarbeit dann in eine beide Seiten bindende vertragliche Form zu bringen. Die oben genannten Planzahlen entsprechen dem Bedarf eingegangener Verpflichtungen und den mindestens erwarteten bzw. schon geplanten Vorhaben für das Jahr 2020, die auch Grundlage für die Gespräche mit Vertreter*innen des Haushaltsauschusses waren. Da die Haushaltsverhandlungen noch andauern, kann es nötig werden, die obigen Zahlen an veränderte Haushaltszahlen anzupassen. Beide Zentralstellen sehen sich in der Lage, die Verausgabung auch um 2- 3 % zu erhöhen. Hinzu kommt das Angebot dem BMZ auch weiterhin passende Vorhaben aus dem Titel für den Internationalen Umwelt- und Klimaschutz sowie der drei Sonderinitiativen zur Bewilligung im Rahmen der bisherigen Förderverfahren vorzulegen. Bei den Zuschüssen wäre eine Orientierung an den Beträgen des Jahres 2018 wünschenswert. 2.2 Kontinentale Aufteilung AFRIKA ASIEN LAT.AM. MOE/Balkan WELTWEIT Nah. Osten Gesamt EZE 2020 39,5 % 35,6 % 14,1% 0,3 % 8,5 % 2,0 % 100 % € 67,1 Mio. € 60,6 Mio. € 24,0 Mio. € 0,5 Mio. € 14,3 Mio. € 3,5 Mio. € 170 Mio. Zum Vergleich: Aufteilung 2019 37,3 % 34,8 % 14,00 % 0,9 % 9,8 % 3,2 % 100 % € 61,9 Mio. € 57,7 Mio. € 23,2 Mio. € 1,5 Mio. € 16,3 Mio. € 5,4 Mio. € 166 Mio. KZE 2020 27,4% 27,5% 27,5% 3,5% 9,4% 4,7% 100 % € 46,6 Mio. € 46,7 Mio. € 46,7 Mio. € 6,0 Mio. € 16,0 Mio. € 8,0 Mio. € 170 Mio. Zum Vergleich: Aufteilung 2019 27,5 % 27,5 % 27,5 % 3,6 % 9,6 % 4,2 % 100% € 45,6 Mio. € 45,7 Mio. € 45,7 Mio. € 6 Mio. € 16 13% Mio. € 7 Mio. € 166 Mio. Aufgrund des weitgreifenden Partnerspektrums der KZE im überwiegend katholischen Lateinamerika sind für die Förderung der KZE dort gute Möglichkeiten gegeben, um Vorhaben der unmittelbaren Armutsbekämpfung zu unterstützen. Sie kann daher über alle drei Kontinente in ähnlicher Höhe fördern. (Der Nahe Osten wird bei der KZE der Abteilung Afrika zugerechnet.) Hingegen legt die EZE den regionalen Förderschwerpunkt weiterhin auf Afrika und Asien, wo sie relativ viele protestantische Partnerkirchen und kirchennahe Organisationen bei deren Aufgaben der Armutsbekämpfung unterstützen kann. Als Anlage sind die Förderregionen und sektoralen Schwerpunkte je Zentralstelle beigefügt.
-4- 3. Ziele der jährlichen Förderung 3.1 Langfristige Leitziele und sektorale Orientierung Mittelfristig hat sich eine Reihe von Förderbereichen herausgebildet in denen die Partner der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit schwerpunktmäßig arbeiten. Die Agenda 2030 der Staatengemeinschaft stimmt dabei in weiten Teilen mit der langfristigen Ausrichtung der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit überein, sodass die Förderschwerpunkte der kirchlichen Zentralstellen hier entlang der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG) skizziert werden. Die im Folgenden thematisch zusammengefassten SDG fungieren dabei als Orientierung; stellen aber keinen Maßstab für den Beitrag der kirchlichen Zentralstellen dar, deren integrativer Ansatz die Grenzen der einzelnen SDGs häufig überschreitet. 3.1.1. Armut und Ungleichheit beenden – Gendergerechtigkeit herstellen (SDG 1, 5, 10) Trotz beachtlicher Erfolge einzelner Länder, gibt es weiterhin signifikante Anteile der Bevölkerung, die unter der Armutsgrenze leben. Grundlegende strukturelle Probleme, wie der gerechte Zugang zu Land, Bildung und Einkommensmöglichkeiten werden auch durch die großen Armutsbekämpfungsprogramme nicht gelöst. Damit hat sich gerade in Schwellenländern die Kluft zwischen Arm und Reich dramatisch zu Gunsten der Reichen geweitet. Auch weltweit nimmt die Konzentration des Wohlstands weiter zu. Daran lässt sich erkennen: Wachstum allein reicht nicht aus, um Armut zu bekämpfen. Es kommt vor allem auf die Verteilungsgerechtigkeit und den fairen Interessenausgleich an. Dem Grundauftrag der kirchlichen Zentralstellen, die Armut weltweit zu reduzieren, folgend, gehört auch im Jahr 2020 die Bekämpfung von Armut, Ungleichheit und Genderungerechtigkeit zum Schwerpunkt der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit. Es sind bäuerliche Familien, Landlose, Indigene, Kastenlose, Frauen und ethnische Minderheiten sowie Menschen mit Behinderungen, die überdurchschnittlich von Armut und Ungleichheit betroffen sind. Sie bilden nach wie vor eine vielfältige und breite Zielgruppe in der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit. Meist haben sie einen erschwerten bzw. unzureichenden Zugang zu Basisdienstleistungen und Kontrolle über Ressourcen wie Land und Wasser. Anhaltende gewaltsamen Konflikte, sowie in zunehmendem Maße auch klimatisch bedingte extreme Wetterphänomene führen zudem dazu, dass mehr und mehr Gruppen vulnerabel werden und durch Verlust ihrer Ernährungssicherheit und Existenzgrundlage, Flucht und Vertreibung (erneut) in Armutssituationen abgleiten. Um die Armut und Ungleichheit zu beenden, setzen die kirchlichen Zentralstellen in ihrer Arbeit an unterschiedlichsten Ebenen an; sie reicht vom Dorf, der Kommune oder der Kleinregion über die nationale Ebene bis hin zum internationalen Kontext der Handelsregelungen, Entschuldungsmodalitäten usw. Den Schwerpunkt bilden dabei integrierte Gemeinwesenprojekte, welche Dimensionen wirtschaftlicher, sozialer, umweltbezogener und politischer Partizipation mit zivilgesellschaftlicher Organisation verbinden. Ein wichtiges Element, um die soziale Kluft zu mindern und den sozialen Zusammenhalt zu stärken sind soziale Sicherungssysteme; für deren Aufbau bzw. Stärkung sich die kirchlichen Zentralstellen engagieren. Dies gilt insbesondere für den ländlichen Raum. Dem Kernauftrag der kirchlichen Zentralstellen, der Verbesserung der Lebensumstände der Armen gerecht zu werden und dabei niemanden zurück zu lassen, bedeutet auch, die gleichen Lebenschancen für Frauen und Männer zu fördern. Gender basierte Diskriminierung gegenüber Frauen zählt zu den Haupthindernissen weltweiter Entwicklung. Die kirchlichen Zentralstellen unterstützen daher gezielt die Überwindung von (struktureller) Benachteiligung, z. B. durch informelle und formelle Ausbildung, intensivierte Schulbildung für Mädchen, Einkommens- und Beschäftigungsförderung für Frauen, Schaffung von Verfügungsrechten an Produktivkapital, Selbstorganisation und Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen, Förderung von frauenspezifischen Beratungs- und Netzwerkorganisationen, Zugang zu adäquater Gesundheitsversorgung und Schutz vor sexueller Ausbeutung und Betreuung von Überlebenden sexualisierter Gewalt. Insbesondere letzteres gewinnt in der Förderung der kirchlichen Zentralstellen auf allen Kontinenten an Bedeutung. Gemäß dem Konzept der genderorientierten Entwicklungsarbeit wird die Gleichstellung der Geschlechter als Querschnittsaufgabe bei Vorhaben der
-5- kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit in besonderer Weise u. a. durch gendergerechte Projektplanung und -durchführung berücksichtigt. Dazu zählt auch die gezielte Arbeit mit Männern und kritische Auseinandersetzung mit Maskulinität. Menschen mit Behinderungen sind eine besonders vernachlässigte Gruppe, die überproportional von Armut und Ungleichheit betroffen ist. Dem Konzept der inklusiven Entwicklung folgend, werden die Rechte und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen bei Vorhaben der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit in besonderer Weise berücksichtigt. Dabei steht die Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabe sowie des Zugangs zu Basisdienstleistungen und Inklusion im Vordergrund. 3.1.2. Ernährung sichern — den Hunger beenden, nachhaltige Landwirtschaft fördern (SDG 2) Hunger sowie Mangel- und Fehlernährung gehören trotz enormer Fortschritte weiterhin zu den größten Entwicklungshemmnissen weltweit. Die Kernanliegen der kirchlichen Zentralstellen die Ernährungssicherheit und das Recht auf gute Nahrung zu stärken, sind daher auch im Jahr 2020 hoch relevant. Vorhaben der integrierten landwirtschaftlichen Entwicklung bleiben weiterhin ein wichtiger Bestandteil der Förderung der kirchlichen Zentralstellen. Vor dem Hintergrund des Klimawandels und seinen Folgen sowie fortschreitender Degradation natürlicher Ressourcen (Boden, Wasser, Vegetation) spielen nachhaltige und agrarökologische Ansätze der landwirtschaftlichen Ressourcennutzung und damit Agrarberatung weiterhin eine zentrale Rolle, um insbesondere vulnerablen ländlichen Haushalten Perspektiven zur nachhaltigen Ernährungssicherheit und monetäres Einkommen zu ermöglichen. Die Erschließung von Absatzmärkten für ländliche Agrarproduzent*innen gewinnt dabei immer mehr an Bedeutung und erfordert auch Bewusstseinsarbeit und verantwortlichen Konsum von (städtischen) Konsument*innen. Ländliche Produzent*innen stehen überall dort vor großen Herausforderungen, wo ihre Land- und Nutzungsrechte an natürlichen Ressourcen bedroht sind, zum Beispiel in Folge von Landnahmen durch internationale bzw. nationale (Groß-) Investoren. Hier kommen Projekten zur Aufklärung über Landrechte sowie Verfahren zur Landrechtssicherung, u. a. durch Rechtsberatung, eine wachsende Bedeutung zu. Angesichts des schwindenden politischen und gesellschaftlichen Rückhalts für bäuerliches (häufig auch indigenes) Wirtschaften in vielen Ländern wird zudem die Stärkung zivilgesellschaftlicher Lobbyallianzen zu nationalen Agrarpolitiken immer wichtiger. Ziel ist es, die Sicherung von Auskommen und Beschäftigung für kleinbäuerliche Bevölkerungsgruppen zu verankern bzw. wirkungsvoller zu fördern. Letzteres bedingt sowohl Projekte zur Unterstützung von Bauernorganisationen und bäuerlichen Interessenverbänden, als auch eine gestärkte ländliche Organisationskraft in Form von Erzeugergemeinschaften, Vermarktungsgenossenschaften oder beim Aufbau von Spar- und Kreditgruppen. Neben den Vorhaben mit Schwerpunkt auf Ackerbau, Gartenbau, Tierhaltung (auch mobiler Tierhaltung) und der nachhaltigen Wald- bzw. der Forstbewirtschaftung nimmt die Schaffung von außerlandwirtschaftlichen Beschäftigungsmöglichkeiten weiter an Bedeutung zu, insbesondere dort wo jungen Menschen eine lokale Perspektive im ländlichen Kontext geschaffen, Einkommen diversifiziert und die fortschreitende Abwanderung in die Städte gebremst werden soll. Damit dies gelingen kann, werden Vorhaben zur Verbesserung der Grundversorgung auf dem Lande unterstützt, die je nach Kontext u. a. die dörfliche Wasserversorgung, gemeindegetragene Basis-Gesundheitsarbeit, die Vorschul-, Primar- und Erwachsenenbildung sowie die breite Aus- und Fortbildung von Vertreter*innen der ländlichen Bevölkerung, von Selbsthilfeorganisationen, von Gemeindevertreter*innen beinhalten. Integrierte, ländliche Vorhaben setzen zudem vermehrt auf die Stärkung von Ansätzen zur Selbstermächtigung und Selbstverantwortung, welche die Zielgruppe zu Hauptakteuren der Entwicklungsmaßnahmen machen und ihre Erfahrungen und ihr Wissen in den Mittelpunkt der Projektkonzeption und -durchführung stellen.
-6- 3.1.3 Gesundes Leben und sauberes Wasser und Sanitärversorgung für alle (SDG 3, 6) Die Gesundheitslage ist weiterhin insbesondere für Menschen in Armut und marginalisierte Menschen dramatisch. Die Kinder- und Müttersterblichkeit ist in vielen Ländern noch alarmierend hoch. Die Wasser- und Sanitärversorgung stellen dabei ein Schlüsselelement dar. Die kirchlichen Zentralstellen legen daher auch im Jahr 2020 einen Förderschwerpunkt auf gemeindebasierte, integrierte Gesundheitsprojekte. Ihnen zugrunde gelegt wird das Konzept der Basisgesundheitsversorgung, das Komponenten der Gesundheitsförderung, der Prävention und der Behandlung von (Tropen-) Krankheiten, darunter auch wasserinduzierte Krankheiten, umfasst. Wesentlich ist hierbei die Stärkung der Gemeinden bei der Einforderung des Rechts auf Gesundheit gegenüber den Gesundheitseinrichtungen und der Politik. Dazu zählen auch die Aus- und Weiterbildung von professionellen Mitarbeitenden und ehrenamtlich tätigen Gesundheitshelfer*innen und Gesundheitskomitees sowie die Sicherstellung des Gebrauchs von angemessener Technologie. In vielen kirchlichen Entwicklungsvorhaben werden zudem Komponenten der natürlichen und freiwilligen Familienplanung als Querschnittsfragen behandelt. In Ländern mit hohen HIV-Raten wird zudem die Integration der HIV-Arbeit in die Gesundheitsarbeit gestärkt, die eine adäquate medizinische Versorgung mit Maßnahmen zur Prävention und Auflösung von Stigmatisierungen verbindet. Darüber hinaus wird traditionelles Heilwissen sowie der Anbau und Gebrauch von traditionellen Heilpflanzen gestärkt. In besonderen Fällen, vor allem in Kriegs- und Krisensituationen und abgelegenen ländlichen Gebieten, kann auch der Aufbau und Ausbau von Einrichtungen gefördert werden, wenn sonst die Gewährleistung des Zugangs zu Gesundheitsversorgung insbesondere für vulnerable Gruppen, wie Kinder, Frauen und Menschen mit Behinderungen, fehlt. Dazu zählen die Förderung von barrierefreiem Zugang von Menschen mit Behinderung zu Gesundheitseinrichtungen, der Zugang benachteiligter Bevölkerungsgruppen zu Arzneimitteln sowie die Produktion, Qualitätskontrolle, Lagerung und Verteilung von essenziellen Medikamenten, einschließlich des Ausbaus entsprechender Organisationsstrukturen. Zentrales Anliegen ist hierbei auch die Intensivierung der Zusammenarbeit mit staatlichen Strukturen und das Einfordern ihrer Verpflichtungen. Zudem gewinnt die Förderung von Vorhaben im Bereich der Traumabearbeitung, Rehabilitation von Drogennutzer*innen sowie die Aufklärungsarbeit und Betreuung von Menschen mit (sexualisierter) Gewalterfahrung, insbesondere gegenüber Frauen und Mädchen, an Bedeutung. Da Wasser Leben und zentrales Element für die menschliche Gesundheit und letztlich Entwicklung ist, fördern die kirchlichen Zentralstellen auch eine gesicherte, haushaltsnahe Trinkwasserversorgung, die zumeist mit Hygieneerziehung verbunden wird, wie unter anderem der Bau und die Nutzung von Latrinen. Durch eine gute Qualität des Wassers können vermeidbare Erkrankungen durch schlechtes Wasser reduziert werden und der Zugang zu sanitären Anlagen erleichtert beispielsweise Mädchen im Menstruationsalter die Teilnahme am Schulunterricht. 3.1.4 Bildung für alle - lebenslanges Lernen, inklusive, gerechte und hochwertige Bildung (SDG 4) Wenngleich weltweit deutliche Fortschritte im Bereich Bildung für alle erzielt werden konnten, sind nach wie vor Millionen von Menschen, darunter v. a. Frauen Analphabet*innen. Bildung ist nicht nur eine Grundvoraussetzung für die Sicherung des Lebensunterhalts, sondern auch für die verantwortliche Mitgestaltung eines sozialen, wirtschaftlichen und politischen Umfeldes. Insbesondere in Kriegs- und Konfliktsituationen hat der Zugang zu Bildung eine stabilisierende Wirkung für Kinder und Jugendliche, da er ein gewisses Maß an Alltagssicherheit gewährt. Der Förderbereich Bildung gehört daher auch im Jahr 2020 zu den Hauptförderbereichen der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit. Es werden zeitweise Aufgaben der klassischen Sozialversorgung übernommen und gleichzeitig versuchen die kirchlichen Zentralstellen Beiträge zur Wiederherstellung von verlässlichen öffentlichen Strukturen zu leisten, die mittelfristig diese Aufgaben wieder übernehmen sollen. Dazu zählen neben der Verbesserung des Zugangs zu Bildungseinrichtungen und adäquater Ausstattung und Infrastruktur, auch die Aus- bzw. Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern, die Weiterbildung von Schulleitungen und Elternvertretungen.
-7- Im Bereich der Bildung fördern die kirchlichen Zentralstellen zunehmend Vorhaben, die mit dem Konzept des lebenslangen Lernens arbeiten und ein ganzheitliches Verständnis von Bildungsverläufen und verschiedenen Arten von Bildung stärker in den Vordergrund rücken. Im Fokus der Förderung stehen dabei Kinder und Jugendliche, die zumeist besonders von Armut betroffen sind. Lebenslanges Lernen umfasst sowohl die Grundbildung als auch die berufliche Qualifizierung und Weiterbildungen und bezieht sich gleichzeitig auf den Erwerb von technischen Fertigkeiten und grundlegenden an den jeweiligen Kontext angepasste Lebenskompetenzen. Berufliche Bildung bedeutet dabei kein einmaliges Absolvieren einer Ausbildung, sondern beginnt bereits in der vorschulischen und schulischen Bildung mit dem Erwerb der notwendigen Grundkenntnisse. Non-formale und formale Angebote sind dabei komplementär zueinander. Gefördert werden somit zunehmend Vorhaben, die schulische Bildung und berufliche Bildung mit ganzheitlichen Ansätzen verknüpfen, die auch sozialpädagogische und psychosoziale Angebote beinhalten. Die Stärkung der Resilienz und Selbsthilfefähigkeit der jungen Generation, insbesondere von Mädchen und jungen Frauen, nehmen dabei einen wichtigen Stellenwert ein. Dazu zählt auch die Förderung von Stipendien für junge, benachteiligte Menschen im Hochschulbereich. Darüber hinaus werden Vorhaben wie die berufliche Rehabilitation von Menschen mit Behinderung gefördert. Im Bereich der Erwachsenenbildung steht die Alphabetisierung im Vordergrund. 3.1.5 Bewahrung der Schöpfung: Saubere Energie, Bekämpfung des Klimawandels, Schutz des Lebens an Land und unter Wasser (SDG 7, 13, 14, 15) Die Folgen des massiven Abbaus von natürlichen Ressourcen, des wachsenden CO2-Ausstoßes sowie des steigenden Meeresspiegels treffen die schwächsten Mitglieder der Gesellschaften besonders. Prognosen besagen, dass extreme Wetterphänomene künftig noch in höherer Frequenz und Intensität auftreten werden. Die Sterblichkeit in Folge von Naturkatastrophen nimmt stetig zu. Im urbanen Raum liegen insbesondere Siedlungen einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen in Gefahrenzonen. Die umweltbezogene Entwicklungsarbeit stellt daher auch im Jahr 2020 einen gewichtigen Bestandteil der Förderung der kirchlichen Zentralstellen dar. Die Bewahrung der Schöpfung, ein Kernauftrag der kirchlichen Zentralstellen, bleibt damit hoch relevant. Ziel ist dabei nicht nur ihre Schädigung zu vermeiden oder zu mindern, sondern auch die Elemente der natürlichen sowie die der vom Menschen geformten Umwelt positiv zu erhalten oder zu gestalten. Dazu zählen die Bekämpfung von Desertifikation und Bodendegradierung sowie die Aufforstung und der Schutz natürlicher Feucht- und Wassergebiete in Verknüpfung mit umfassenden Ansätzen der situationsangemessenen Land- und Wassernutzung. Auch der Erhalt der Biodiversität, durch den Schutz von Lebensräumen indigener Gemeinden und den Schutz vor Abholzung von Regenwäldern, spielt hierbei eine große Rolle. Die Stärkung nachhaltiger Wald- und Wassermanagementkonzepte sind zentral. In diesem Zusammenhang wird auch die Beratungskompetenz der Partnerorganisationen gefördert und Workshops zur Verbreitung ökologischen Fachwissens unterstützt. Der Fokus der kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit im ländlichen Raum liegt vor allem auf der Resilienzstärkung und Anpassung kleinbäuerlicher Landwirtschaft und Fischerei durch Diversifizierung, Wiederbelebung und Verbreitung traditioneller, in Vergessenheit geratener Methoden sowie Nutzung angepasster moderner Methoden. Mit dem Abschmelzen von Polkappen und Gletschern und einem hiermit verbundenen steigenden Meeresspiegel steigt die Vulnerabilität in Küstenregionen und Deltas. Durch die Desertifikation wird die Wasserversorgung in der Landwirtschaft zunehmend erschwert und die Trinkwasserversorgung ganzer Regionen gefährdet. In Küstenregionen sind zudem die Küstenbewohner*innen stark von der Dezimierung der Fischbestände sowie der Ausbeutung der Bodenschätze der Tiefsee betroffen. In zunehmendem Maße geht es daher auf allen Kontinenten im urbanen wie ländlichen Raum darum, vulnerable Bevölkerungsteile dabei zu unterstützen, widerstandsfähiger gegen diese negativen Entwicklungen zu werden und Frühwarn-, Schutz- und Katastrophenmanagementkonzepte (z. B. für Überschwemmungen, Erdrutsche, Erosion der Küsten, Versalzung des Grundwassers, extreme
-8- Naturereignisse, Anstieg des Meeresspiegels, Wiederaufbau/Reparatur von Wohnraum, Schutz vor Vertreibungen) aufzubauen. Hierzu zählen auch die Förderung der Verwendung lokaler und nachhaltig verfügbarer Materialien im Bauwesen und die Weiterentwicklung und Verbreitung der klimafreundlichen und erdbebensicheren Lehmbauweise. Hinzu kommt die verstärkte Unterstützung der Arbeit in Netzwerken auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene sowie die Kooperation mit der Diakonie Katastrophenhilfe und Caritas International. Zudem wird die Lobby- und Aufklärungsarbeit z. B. gegen den Tiefseebergbau im Südpazifik vor Ort wie auch in Europa und Deutschland gefördert. Auch die Minderung des CO2-Ausstoßes im urbanen wie auch ländlichen Raum durch erneuerbare Energien, wie Photovoltaik-Anlagen oder Stromerzeugung z. B. mit Hilfe von Mikro- Wasserkraftanlagen, bildet ein wichtiges Tätigkeitsfeld der kirchlichen Zentralstellen. Während Großprojekte wie Staudämme zur Stromerzeugung gravierende Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung haben, teilweise bis zu deren Vertreibung, sind die von den kirchlichen Zentralstellen geförderten erneuerbaren Energien in Verwaltung der lokalen Gemeinden. Bewusstseinsbildung und anwaltliche Lobby-Arbeit in den Förderländern wie auch in Deutschland und Europa sind hierbei ein zentraler Bestandteil der Förderung in diesem Bereich, so beispielsweise die Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Erarbeitung der Nationalen Klimastrategien, NDC. 3.1.6 Nachhaltiges, dauerhaftes, breitenwirksames Wirtschaftswachstum, menschenwürdige Arbeit für alle und nachhaltiger Konsum (SDG 8, 9, 12) Wirtschaftliche Aktivitäten haben eine soziale Funktion, ihr Zweck liegt nicht allein in der Erzielung von Einkommen, sondern sie ermöglichen letztendlich gesellschaftliche Teilhabe und ein Leben in Würde. Menschenwürdige Arbeit und Beschäftigung sowie ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum, das nicht einseitig auf nur quantitatives Wachstum ausgerichtet ist und ein entsprechend nachhaltiges Konsumverhalten erfordert, liegt für viele Menschen jedoch noch in weiter Ferne. Vor diesem Hintergrund engagieren sich die kirchlichen Zentralstellen auch im Jahr 2020 in diesem Tätigkeitsfeld. Insbesondere die Handwerks- und Kleingewerbeförderung trägt zur Überlebenssicherung und Einkommensschaffung von städtischen und ländlichen Armen bei. Dies gilt besonders für die Jugend, die auf eine positive Zukunftsaussicht angewiesen ist. Gerade in den Bereichen der handwerklichen und technischen Ausbildung herrscht in vielen Förderländern Ausbildungs- und Qualifikationsmangel, sodass den kirchlichen Zentralstellen hierbei eine Schlüsselrolle zukommt. Die Stärkung der Lohneinkommen im informellen Sektor (Saisonarbeit in der Landwirtschaft, Händler*innen und Handwerker*innen) spielt ebenfalls eine wichtige Rolle im ökonomischen Empowerment armer Haushalte. Einen Schwerpunkt der Förderung beinhaltet die Beratung und Ausbildung zu technischen und unternehmerischen Aspekten, Beratung von Spar-/Kreditgruppen (einschl. Heranführen an lokale Banken und Regierungsprogramme) sowie Unterstützung von Verbänden und Vereinen. Dies umfasst auch die Stärkung von Kooperativen, Sozialunternehmen und Genossenschaften, die für ihre Mitglieder Einkommen erwirtschaften und Beschäftigung schaffen. Die kirchlichen Zentralstellen unterstützen zudem verstärkt Vorhaben, die faires und nachhaltiges Wirtschaften zum expliziten Ziel haben, wie etwa im Bereich des fairen Handels, der Herstellung von Bio-Produkten, des Ökotourismus oder des Müllrecyclings. Im Kontext nachhaltiger, lokaler Produktion gewinnt in der Förderung die Verknüpfung der Erschließung von Absatzmärkten für ländliche Agrarproduzent*innen und Kleinfischer*innen mit einer Bewusstseinsarbeit und Stärkung der Mitverantwortung von (städtischen) Konsument*innen an Bedeutung. Dies geht einher mit dem Einsatz für eine gerechte Handelspolitik, die die lokale Wirtschaft vor Billigimporten schützt, dem Einsatz gegen Zwangsarbeit und die Abschaffung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit, ebenso wie ein verantwortungsvolles Unternehmertum, vor allem bezüglich Arbeitsbedingungen, Umweltverschmutzung und Auswirkungen von Großprojekten.
-9- Zudem ist es den kirchlichen Zentralstellen ein zentrales Anliegen, nicht-nachhaltige Produktionsmuster weltweit zu verändern und dabei insbesondere die Industrieländer in die Pflicht zu nehmen. Deshalb sind für die kirchlichen Zentralstellen politische Lobbyarbeit, Bildungsarbeit und eine Diskussion über Lebensstilfragen in Deutschland und Europa unerlässlich. Sie unterstützen auch entwicklungspolitische Vorhaben, die im globalen Norden angesiedelt sind, deren Wirkungen aber auch den globalen Süden umfassen. Das Einbringen der Position der Benachteiligten und Ausgegrenzten in den Diskurs zu den Wachstums- und Entwicklungsdebatten bleibt dabei ein Kernanliegen. 3.1.7 Nachhaltige Städte und Gemeinden (SDG 11) Im Jahr 2050 werden Prognosen zufolge zwei Drittel der Menschheit in Städten leben. Bereits jetzt leben viele der in die Städte abgewanderten armen Menschen in informellen Siedlungen, deren Situation sich in den letzten Jahrzehnten oft kaum verbessert hat. Neben Wohnraum und tendenziell hohen Energie bzw. Nahrungsmittel und Mobilitätskosten zählen der Mangel an Arbeitsplätzen und beruflichen Perspektiven insbesondere für die jüngere Generation zu den grundlegenden Problemen der städtischen Armen. Vielfach geht dies mit einer steigenden Gewaltbereitschaft als Ausdruck von Armut und Perspektivlosigkeit einher. Vor diesem Hintergrund ist den kirchlichen Zentralstellen eine nachhaltige städtische Entwicklung, die niemanden zurücklässt auch im Jahr 2020 ein zentrales Anliegen. Im Zentrum der Förderung stehen daher Vorhaben des Aufbaus und der Stärkung lokaler Selbsthilfeorganisationen sowie die Bildung und Stärkung regionaler, nationaler und internationaler Netzwerke der städtischen Armen zur Verbesserung der Lebensbedingungen und zur Vertretung der Rechte besonders benachteiligter städtischer Bevölkerungsgruppen, wie Landlose, Obdachlose, Straßenkinder, Jugendliche und Migrant*innen. Dabei geht es insbesondere um die Stärkung ihrer Teilhabe an nationalen oder kommunalen und planerischen Entscheidungen (Politiken und Programme). Hierzu zählen Bodenrechtsfragen, der Zugang zu Land, die Sicherung der Wohn- und Bleiberechte, der Schutz vor Vertreibungen, der Zugang zu Einkommen und Ernährungssicherheit, oder die Bereitstellung von Basisdienstleistungen wie beispielsweise Zugang zu Wasser- und Abwasser, Energie/Strom, Transport, Schulen und Gesundheitsdienstleistungen sowie eine inklusive und barrierefreie Stadtentwicklung, die sowohl Menschen mit als auch Menschen ohne Behinderung zugutekommt. 3.1.8 Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen (SDG 16) Freiheit von Gewalt und destruktiven Konflikten ist ein grundlegendes Menschenrecht und unabdingbares Fundament für jede Art von Entwicklung. Für viele Menschen sind jedoch nach wie vor Frieden, Gerechtigkeit sowie der Zugang zu rechenschaftspflichtigen und inklusiven Institutionen keine Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil; es gibt eine deutliche Zunahme von niederschwelligen Konflikten sowie national und religiös besetzten Rivalitäten, deren lokaler Ursprung sehr schnell regionale Ausmaße erreicht, wie etwa im Nahen Osten. In anderen Kontexten verstetigen sich Zustände krimineller Gewalt durch organisierte Gruppen wie z. B. in Zentralamerika. Auf allen Kontinenten besteht dabei ein auffallender Widerspruch zwischen existierenden Rechtsnormen und der Realität von Menschenrechtsverletzungen, Straflosigkeit und Dysfunktion der Rechtssysteme. Die Tatsache, dass Regierungen und die Justiz nicht selten zugunsten des Mächtigen und der Unternehmensinteressen entscheiden, verschärft nochmals die Straflosigkeit und Verteilungs- und Beteiligungsungerechtigkeit. Dies ist gerade im Umfeld der Extraktion natürlicher Ressourcen zu beobachten. Gewalt ist oft Ausgangspunkt von Migration. Die globale Vernetzung und die zunehmende Konkurrenz um schwindende Ressourcen sowie die Folgen des Klimawandels befördern Migrationsbewegungen und Konflikte, die ihrerseits zu Vertreibungen und Flucht führen. Hinzu kommt, dass weltweit der Handlungsspielraum für zivilgesellschaftliche Akteure schrumpft; auch in Demokratien. Vor dem Hintergrund dieser tiefgreifenden Wandlungsprozesse ist für die kirchlichen Zentralstellen auch im Jahr 2020 die Förderung und Sicherung demokratischer Strukturen und der Aufbau einer unabhängigen, starken Zivilgesellschaft ein Kernanliegen. Mit dem Ziel die aktive Teilhabe an Entscheidungsprozessen für alle zu stärken, setzen die kirchlichen Zentralstellen daher auf einen
- 10 - Mehr-Ebenen-Ansatz. Auf der lokalen Ebene werden vor allem kleinbäuerliche Kooperativen und Genossenschaften, Nachbarschaftsvereinigungen, Bürgerkomitees, Frauengruppen etc. aufgebaut und gestärkt, um ihre sozialen, bürgerlichen und politischen Rechte eigenmächtig einzufordern und Prozesse der Lokalentwicklung mitzugestalten. Auf der regionalen Ebene sind es meistens Verbünde solcher lokaler Vereinigungen mit dem Ziel, der Interessensvertretung gegenüber staatlichen Strukturen oder der Beeinflussung der öffentlichen Meinung und der politischen Willensbildung sowie die Mitsprache bei der Verteilung öffentlicher Haushalte. Auf der nationalen Ebene sind es Vorhaben, die geeignet sind zur Stärkung der (vor)parlamentarischen Willensbildung, der Beratung bei Gesetzgebungsvorhaben, der Erschließung öffentlicher Mittel für Zwecke der Armutsbekämpfung etc. Darüber hinaus unterstützen die kirchlichen Zentralstellen die Sensibilisierung, Informationsverbreitung, Dialog und Debatte, etwa zur Änderung von Werten, Haltungen oder Verhalten gesellschaftlicher Akteure. Im Bereich der Friedensförderung, Konfliktschlichtung und Krisenbewältigung fördern die kirchlichen Zentralstellen auch im Jahr 2020 unterschiedlichste Projekte, die an verschiedenen Hebeln ansetzen. Die Vorhaben reichen von Überlebens- und Wiederaufbauprojekten über Flüchtlingsarbeit bis zur Wiederherstellung arbeitsfähiger zivilgesellschaftlicher Organisationsstrukturen und Mediationsverfahren. Grundlegend sind die Verknüpfung der verschiedenen Ebenen in der Förderung ziviler Konfliktbearbeitung sowie die Anwendung des Do-No-Harm-Ansatzes. Mit dem Ziel der Gewaltprävention werden vor allem konfliktmindernde Maßnahmen und Versöhnungs-„Strukturen“ gefördert. Dazu zählen Vorhaben, die durch Aufklärung und Erziehung zu friedlicher Konfliktlösung sowie demokratischer Staatsbürgerschaft, durch gemeinsame Freizeitgestaltung, durch Sicherung/Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit und durch den Schutz der Menschenrechte zu stabileren politischen und sozialen Verhältnissen beitragen. Dabei gilt es gleichzeitig die Konfliktursachen anzugehen und einen konfliktmindernden Dialog und Interessenausgleich zwischen allen beteiligten Konfliktparteien zu stärken. Auch nach Beilegung von offenen Konflikten, bleiben die Ursachen und Traumata der Konflikte in der Regel auch noch über Jahrzehnte hinweg weiterhin latent bestehen. Die häufig hohe Rate intrafamiliärer Gewalt, die sich vor allem gegen Frauen und Kinder richtet und zum Teil auch auf sexuelle Gewalterfahrungen zurückgeht, ist hierfür ein Beispiel. Häufig ist die Verbindung von nothilfebezogenen mit entwicklungsstabilisierenden Elementen Voraussetzung für den Erfolg der Arbeit. Bei Krisen und Naturkatastrophen unterstützen die kirchlichen Zentralstellen in der Regel eine Kombination von längerfristig orientierter Gemeinwesenarbeit mit einer materiellen Verbesserung der Lebensumstände. Im Bereich der Menschenrechtsarbeit verfolgen die kirchlichen Zentralstellen auch im Jahr 2020 einen rechtebasierten Ansatz und zielen vorrangig auf Achtung, Schutz und Gewährleistung international verbriefter Menschenrechte, sowohl bürgerlich-politischer als auch der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen (WSK-)Rechte. Dazu zählen Vorhaben der Rechtssicherung, -hilfe und - ausbildung, der Schaffung von juristischen Präzedenzfällen (Rechtsentwicklung), Aufklärung über staatsbürgerliche Rechte und Pflichten, sowie nationale bzw. internationale Advocacyarbeit und Vernetzung. Im Rahmen der WSK-Rechte wird der Zugang armer Bevölkerungsgruppen zu Grunddienstleistungen gefördert. Im Hinblick auf indigene Völker, deren kulturelle Identität und territorialen Rechte, sind Vorhaben von besonderer Bedeutung, die zum Recht auf Zugang zu Land, Wald und Wasser, zum freien Umgang mit Saatgut, zum ungehinderten Zugang zu traditionellen Fischgründen sowie zum Zugang zu staatlichen Hilfsprogrammen und Fördermitteln arbeiten. Zudem fördern die kirchlichen Zentralstellen verstärkt Vorhaben, die sich für Religionsfreiheit und Toleranz einsetzen, da die (soziale) Diskriminierungen gegenüber religiösen Minderheiten zunehmen und religiöse Identität immer häufiger für politische Ziele missbraucht wird. Die kirchlichen Zentralstellen unterstützen darüber hinaus Vorhaben, die die Auswirkungen der eigenen (deutschen und europäischen) Politiken auf die Menschenrechte in den Förderländern aufzuzeigen und auf eine kohärente Menschenrechtspolitik aller Akteure und über alle Politikbereiche hinweg dringen. 3.1.9 Globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung stärken (SDG 17) Die kirchlichen Zentralstellen folgen dem in der Agenda 2030 postulierten Leitmotiv „eine neue globale Partnerschaft zu schließen, die die starke Vernetzung der Welt widerspiegelt und von dem