Sehr geehrter Herr Semsrott,
wir haben den Vorgang erneut geprüft und erlassen folgenden
Widerspruchsbescheid
1. Der Widerspruch vom 27.07.2020 gegen den Bescheid des Auswärtigen Amtes vom 22.07.2020, Gz.: 505-511.E-IFG 360-2020 wird zurückgewiesen.
2. Der Widerspruchsführer hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Widerspruchsgebühr wird auf 30 EUR festgesetzt.
Begründung:
Mit Email vom 14. Juli 2020 haben Sie das Auswärtige Amt um Zugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz zum Gehaltsraster der lokal Beschäftigten in der deutschen Botschaft in Sarajewo gebeten.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 22. Juli 2020 abgelehnt. Die Ablehnung wurde damit begründet, dass ein Bekanntwerden der Informationen die öffentliche Sicherheit gefährden könne und nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen haben könne.
Gegen diesen Bescheid haben Sie mit einem Schreiben, welches hier am 27. Juli 2020 eingegangen ist, Widerspruch im Hinblick auf den Bescheid vom 22. Juli 2020 erhoben. Die Begründung des Widerspruchs stützt sich darauf, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nicht ersichtlich sei. Es liege in der Verantwortung des Auswärtigen Amts, durch angemessenes Training und angemessene Bezahlung Sorge dafür zu tragen, dass korruptive Praktiken keinen Erfolg haben. Die Veröffentlichung eines Gehaltsrasters könne Korruption vorbeugen, indem sie eine öffentliche Kontrolle und Vergleichbarkeit herstelle. Weiterhin halten Sie es für unwahrscheinlich, dass sich ausländische Staaten darüber empören könnten, wenn Gehaltsraster öffentlich gemacht würden.
1. Ihr Widerspruch ist zulässig, aber unbegründet.
Das Auswärtige Amt hat die Sach- und Rechtslage noch einmal eingehend überprüft. Dabei wurde auch überprüft, ob ein Zugang zum Gehaltsraster uneingeschränkt bzw. eingeschränkt gewährt werden kann. Nach dieser erneuten Prüfung muss Ihrem Widerspruch in der Sache der Erfolg versagt bleiben, da der Bescheid des Auswärtigen 'Amtes vom 22. Juli 2020 in recht- und zweckmäßiger Weise ergangen ist.
1. § 3 Nr.1a IFG (Internationale Beziehungen)
In Ihrem Widerspruch zweifeln Sie an, dass sich eine Veröffentlichung des Gehaltsrasters nachteilig auf die internationalen Beziehungen auswirken könnte. Es sind jedoch Konstellationen denkbar, in denen die Vergütung lokal Beschäftigter signifikant über den Gehältern der öffentlichen Sektors im jeweiligen Land liegt und/oder die lokal Beschäftigten in harter Währung entlohnt werden, während die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Sektors in einer lokalen Währung bezahlt werden, die eingeschränkt oder gar nicht konvertierbar und zudem hoch volatil ist.
In solchen Konstellationen könnte sich das Bekanntwerden nachteilig auf die Beziehungen zum Gastland auswirken. Die lokal Beschäftigten unserer Auslandsvertretungen nehmen in ihrer Verwaltungstätigkeit häufig Kontakte zu Behörden des Gastlandes wahr. Unterschiede zwischen ihren Gehältern und denen von Behördenvertretern des Gastlandes offen zu legen, könnte Irritationen hervorrufen, Gesprächskanäle schließen und sich damit negativ auf die bilateralen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland auswirken. Das Argument des ablehnenden Bescheids ist also im Grundsatz valide. Soweit Bosnien-Herzegowina betroffen ist, ist jedoch zuzugestehen, dass die Arbeit in der bosnisch-herzegowinischen Verwaltung im Durschnitt besser entlohnt wird als bei privaten Arbeitgebern (vgl. Studie "In-work poverty in Bosnia and Herzegowina", European Social Policy Network 2019, S. 9). Nach Einschätzung der deutschen Botschaft Sarajewo, die hierzu noch einmal befragt wurde, fallen die von der Botschaft und im bosnischen-herzegowinischen öffentlichen Dienst üblicherweise gezahlten Gehälter nicht signifikant auseinander. Bei erneuter Überprüfung sind also die Bedenken gem. § 3 Nr. 1 IFG gegenüber Ihrem Informationsanspruch zurückzustellen.
2. § 3 Nr. 1 cIFG (potenziell nachteilige Auswirkungen auf Belange der inneren und äußeren Sicherheit)
Weiter weisen Sie darauf hin, dass es in der Verantwortung des Auswärtigen Amts liege, durch angemessene Bezahlung und angemessenes Training Sorge dafür zu tragen, dass korrupte Praktiken keinen Erfolg haben. Das ist zutreffend. Auch wird sich kein (anti)-proportionaler Zusammenhang zwischen Gehalt und Korruptionsanfälligkeit feststellen lassen — sehr gut bezahlte Menschen können ebenfalls korrupt sein.
Ihre Behauptung, eine Veröffentlichung des Gehaltsrasters könne Korruption vorbeugen, indem sie öffentliche Kontrolle und Vergleichbarkeit herstellt, begründen Sie nicht weiter. Ebenso könnte man behaupten, dass Lohntransparenz zu Problemen in einem Betrieb führen kann, weil das Bekanntwerden von Lohnunterschieden zu Missgunst und zu einer Verschlechterung des Arbeitsklima führen kann, selbst wenn diese Unterschiede gerechtfertigt sind. Die Diskussion um das Spannungsfeld von Lohntransparenz und der Privatsphäre der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Betriebsverfassungsrecht sowie bei der Verfassung des Entgelttransparenzgesetzes belegen, dass das Gehalt eine Information ist, mit der behutsam umgegangen werden muss, insbesondere bei kleinen Betriebsgrößen (vel. z.B. § 12 Abs. 3 EntG).
Für eine Auskunftsverweigerung nach § 3 Abs. 1 lit. c reicht bereits die potenziell nachteilige Auswirkung auf Belange der inneren und äußeren Sicherheit. Die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ist zumindest potenziell gefährdet, wenn sensible Daten von lokal Beschäftigten veröffentlicht werden und damit ein Ansatz geschaffen wird, diese in eine Zwangslage zu versetzen.
Ihr Informationsanspruch aus IFG muss der Wahrung dieser Interessen gegenüber zurückstehen.
3. § 5 Abs. 1 und 2 IFG (Schutz personenbezogener Daten)
Ein Anspruch auf Einsicht in das Gehaltsraster der lokal Beschäftigten der deutschen Botschaft in Sarajewo besteht nicht, da hier die Ausschlussgründe der § 5 Abs. 1 und 2 IFG eingreifen.
Demnach darf Zugang zu personenbezogenen Daten nur dann gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationsübergangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat (Abs. 1, S. 1). Abs. 2 führt unterschiedliche Kategorien auf, in denen das Informationssinteresse des Antragstellers grundsätzlich nicht überwiegt. Dazu gehören auch solche Informationen, die mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis in Zusammenhang stehen.
Bei den lokal Beschäftigten an den Auslandsvertretungen handelt es sich, anders als bei Bundesbeamten und Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst, um eine kleine, abgegrenzte Gruppe. Gerade an kleineren Auslandsvertretungen wie Sarajewo sind bestimmte Kategorien im Vergütungsschema einzelnen Personen relativ genau zuzuordnen. Auch hier verweise ich wieder auf das EntG, das dadurch, dass es bestimmte Mindestgrößen zur Voraussetzung macht, anerkennt, dass unter einer überschaubaren Zahl von Beschäftigten Rückschlüsse, wer wieviel verdient, auch dann geschlossen werden können, wenn nur die Zahlen, aber nicht die Namen veröffentlicht werden.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens haben wir zudem stichprobenartig zwei lokal Beschäftigten der Deutschen Botschaft Sarajewo, die unterschiedlichen Vergütungsgruppen angehören, das IFG und den Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen erläutert und sie um ihr Einverständnis zur Herausgabe des Gehaltsrasters gebeten. Beide haben die Herausgabe abgelehnt.
II.
Die Kostenentscheidung nach § 73 Abs. 3 Satz 3 VwGO ergeht gemäß § 80 VwVfG.
Die Gebührenentscheidung 'beruht auf § 10 IFG i. V. m. § 1 Abs. I Re Informationsgebührenverordnung (IFGGebV) sowie Nr. A 5 der Anlage hierzu. Ihr Widerspruch hat keinen Erfolg, weswegen Ihnen die Kosten des Verfahrens, hier in Höhe der in Nr. A 5 der Anlage zur IFGGebV vorgesehenen Mindestgebühr von 30 EUR, auferlegt werden.
Bitte überweisen Sie die Widerspruchsgebühr in Höhe von 30,00 EUR innerhalb eines Monats auf das Konto der Bundeskasse:
Deutsche Bundesbank, Filiale Leipzig
BLZ XXX
Konto Nr. XXX
BIC: XXX
IBAN: DE XXX
Unter Verwendungszweck geben Sie bitte an:
Kassenzeichen : XXX, XXX
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Widerspruchsbescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage bei dem Verwaltungsgericht Berlin erhoben werden.
Mit freundlichen Grüßen