Sehr geehrter Herr Semsrott,
mit Mail vom 12. April 2019. beantragen Sie beim Bundesministerium des lnnern, für Bau und Heimat auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) um Mitteilung der Namen der Organisationen, die das BMI im Rahmen des Haber-Verfahrens seit 2004 zur Oberprüfung ans Bundesamt für Verfassungsschutz weitergeleitet hat.
Die Bundesregierung hat auf eine entsprechende parlamentarische Anfrage am 05. April 2019 dem Deutschen Bundestag insgesamt zur Kooperation zwischen Bundesministerien und dem Bundesamt für Verfassungsschutz zwecks Überprüfung zivilgesellschaftlicher Projekte berichtet (BT-Drs. 19/9152). ln ihrer Antwort zu Frage 3 dieser Anfrage hat die Bundesregierung mitgeteilt, dass Statistiken, die eine Quantifizierung oder Qualifizierung der in Rede stehenden Kooperation zuließen, nicht geführt werden. Da das BMI Teil der Bundesregierung ist, schließt diese Aussage mithin auch dieses Ressort ein.
Aus tatsächlichen Gründen kann deshalb dem IFG-Antrag nicht entsprochen werden. Selbst wenn solche Informationen vorlägen, wäre ein auf deren Herausgabe gerichteter IFG-Antrag gem. § 3 Nr.8 IFG abzulehnen.
Der Anspruch auf Informationszugang besteht nach § 3 Nummer 8 IFG u.a. nicht gegenüber den Nachrichtendiensten. Einzige Voraussetzung des Eingreifens der Ausnahme des § 3 Nummer 8 IFG ist hiernach, dass die begehrte Information die Tätigkeiten der Nachrichtendienste betrifft (vgl. auch zum Folgenden Schirmer, in: Gersdorf/Paal, Kommentar zum Informations- und Medienrecht, § 3 IFG Rn. 195 ff). Insbesondere ist es weder erforderlich, eine Geheimhaltungsbedürftigkeit konkret zu begründen (BVerwG, Urt. v. 22.03.2018, 7 C 21/16) noch darzulegen, ob und inwieweit das Bekanntwerden der begehrten Information nachteilige Auswirkungen auf die Aufgabenwahrnehmung der Behörde hätte (vgl. auch OVG Münster, Urt. v. 05.05.2017, 15 A 1578/15). Um dem Schutzzweck der Norm gerecht zu werden, können sich auf die Bereichsausnahme zudem nicht nur die Nachrichtendienste selbst, sondern auch andere staatliche Stellen berufen, bei denen entsprechende Informationen vorliegen (Urt. v. 26.02.2016, 7 C 18/14).
Im Einzelnen :
Der Antrag knüpft an das so bezeichnete Haber-Verfahren an. Dabei handelt es sich um ein Rundschreiben des BMI, mit dem allen Ressorts das Angebot unterbreitet wurde, im Vorfeld insbesondere von Förderentscheidungen auch ggf. vorhandene Informationen des BN beizuziehen. Das Rundschreiben sieht hierfür ein gestuftes Verfahren vor: die Ressorts sind eingeladen, zunächst anhand der ihnen zugänglichen offenen Quellen (einschließlich der im Netz veröffentlichten Verfassungsschutzberichte des Bundes und der Länder) sich die aus ihrer Sicht notwendige Klarheit über zur Förderung anstehende Organisationen zu verschaffen. Erst wenn dies nicht möglich ist, vor allem aber, wenn eine solche Prüfung Fragen hinsichtlich einer Verfassungsschutzrelevanz auslöst, können die Ressorts das BN ansprechen.
Das BN wird damit im Ergebnis nur mit solchen Organi~ationen befasst, bei denen nach verständiger Würdigung des Einzelfalls eine Verfassungsschutzrelevanz nicht ausgeschlossen werden kann. Eine systematische Zusammenstellung solcher Organisationen (dies gilt erst recht bei dem angefragten Zeitraum von mehr als 15 Jahren) eröffnet damit tiefgreifende Einblicke in das tatsächliche Beobachtungsspektrum des BN.
Der Verfassungsgesetzgeber hat das BN durch Art.87 Abs.1 S.2 GG bewusst als geheimen Nachrichtendienst ausgestaltet; Es liegt in der verfassungsrechtlich gewollten und einfachgesetzlich weiter ausgeformten Natur eines solchen Dienstes, dass er in seiner konkreten Aufgabenerfüllung für das jeweilige Gegenüber unkalkulierbar sein muss.
Der IFG-Antrag versucht, dieses unverzichtbare Element der Funktionsfähigkeit des BN mindestens teilweise außer Kraft zu setzen, weil er tatsächlich auf die Offenlegung konkreter Beobachtungsfelder zielt. Käme man der Forderung nach, würde dies im Ergebnis die Funktionsfähigkeit des BN schwerwiegend beschädigen und damit unvertretbare Risiken für die gesamtstaatliche innere Sicherheit erzeugen.
Rechtsbehelfsbelehrung
Mit freundlichen Grüßen