Sehr
geehrteAntragsteller/in
gegen Ihren Bescheid vom 9. Dezember 2020 (Gz. 03010302#00002#0013; Dok-Nr. 03010302#00002 #0013#0004) lege ich hiermit WIDERSPRUCH ein.
Sachverhalt
Mittels E-Mail vom 26. Mai 2020 beantragte ich auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG), des Umweltinformationsgesetzes (UIG) und des Gesetzes zur Verbesserung der gesundheitsbezogenenen Verbraucherinformation (VIG) die Zusendung des Hygieneplans/Maßnahmenplans/Epidemieplans oder ähnlicher Dokumente im Bezug auf die Corona-Pandemie/COVID-19 sowie weitere Regelungen, Dokumente und interne Vorschriften, welche die Bereiche Hygiene und Seuchenschutz betreffen. Der genaue, vollständige Wortlaut soll hierbei nicht erneut wiederholt werden, da er beiden Parteien zugänglich ist.
In Ihrem elektronisch übermittelten Bescheid vom 9. Dezember 2020 (Dok-Nr. 03010302#00002#0013#0004) lehnen Sie als Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) mein Informationersuchen auf Basis meines Antrags nach erheblicher Verspätung ab. Sie argumentieren damit, dass es sich „[bei dem] Maßnahmenplan […] um interne Informationen [handele], deren Veröffentlichung nach § 4 IFG geschützt sind [sic]“. Dieser sei „bei vorzeitige Bekanntgabe der internen Informationen geeignet […] den Erfolg der Entscheidung oder bevorstehender behördlicher Maßnahmen zu vereiteln“. Weitere Gründe führen Sie nicht an. Außerdem bieten Sie mir an, den Plan nach „Abschluss der Pandemie“ zukommen zu lassen.
Begründung
Nach § 36 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensrecht (VwVfg) muss ein Bescheid begründet sein. In Ihrem Schreiben zitieren Sie jedoch praktisch nur den Gesetzeslaut von § 4 Abs. 1 S. 1 IFG. Es wird weder erwähnt, welche Entscheidung oder behördliche Maßnahme das Auskunftsbegehren tangiert bzw. betroffen ist, welche vorgeblich als Schutzgut fungiere, noch wird das Gefahrenpotential der Herausgabe belegt. Daher wird im Ergebnis nicht beschrieben, inwiefern diese Entscheidung oder Maßnahme durch Herausgabe der Informationen „vereitelt [werden] würde“ (§ 4 Abs. 1 S. 1 IFG). Auch der Begriff „interne Information“ ist im IFG nicht definiert. Es bestehen keine Ausnahmetatbestände im IFG, welche die Herausgabe einer sogenannten „internen Information“ verhindern würde. Aufgrund der somit fehlenden Begründung ist Ihr Bescheid ungültig.
Weiter ist nach § 9 Abs. 1 IFG die Bekanntgabe der Entscheidung bei Ablehnung oder teilweiser Ablehnung zwingend innerhalb eines Monats nach Antragstellung zu erfolgen. Dies „entspricht auch dem Zweck des Gesetzes, möglichst bald Klarheit über den Informationszugang oder dessen Verweigerung zu schaffen. Schließlich entspricht diese Auslegung dem Willen des Gesetzgebers“ (Mecklenburg, W. & Pöppelmann, B. (2007). Informationsfreiheitsgesetz. Bonn: DJV. S. 117). „Im Ergebnis ist § 9 Abs. 1 danach so auszulegen, dass eine ablehnende Entscheidung […] zwingend binnen eines Monats bekannt zu geben ist. Das gilt für ablehnende oder teilweise ablehnende Bescheide.“ Dies ist in dem hier vorliegenden Fall nicht geschehen. Aus diesem Grund erachte ich den Bescheid für unzulässig. Weitere Gründe sind dabei nicht ausgeschlossen.
Auch eine ausreichend begründete Ablehnung nach § 4 IFG wäre meiner Ansicht nach nicht rechtmäßig, da § 4 IFG den behördlichen Entscheidungsbildungsprozess schützen soll. [vgl. Mecklenburg, W. & Pöppelmann, B. (2007). Informationsfreiheitsgesetz. Bonn: DJV. S. 73 ff.] Dies geschieht „allerdings nicht um seiner selbst willen, sondern bezogen auf den ‚Erfolg der Entscheidung oder bevorstehender Maßnahmen‘ als eigentlichem Schutzgut der Vorschrift.“ [ebd.] Hier liegt jedoch keine Entscheidung mehr vor, da der Plan eindeutig abgeschlossen ist. Es ist ebenso keine behördliche Maßnahme ersichtlich. Eine Regelung oder Verordnung innerhalb einer Behörde zum Umgang zu Corona, also bspw. einem Hygieneplan, wird einmalig erlassen oder angeordnet und besteht solange fort, bis eine Änderung oder Neuerung erlassen wird. Es besteht hierbei kein Entscheidungsprozess, da der Erlass abgeschlossen ist. Selbst wenn jedoch ein solcher vorhanden wäre, so ist „Geheimhaltung […] nur zulässig, wenn andernfalls ein Schaden entstünde“ [ibid., S. 75, Punkt 13]. Es wurde jedoch kein Schadenspotential in Bezug auf die Entscheidung dargelegt. Ebenso ist auch kein solches ersichtlich, da ein Hygieneplan wie in der Anfrage erläutert nach § 36 Infektionsschutzgesetz für bestimmte Betriebe und Behörden gefordert, bei Veröffentlichung keinerlei Entscheidung vereitelt oder beeinträchtigt.
Sollten Sie den Plan regelmäßig evaluieren und potenziell erneuern, so besteht hierbei dennoch immer der Fall einer Erstellung eines neuen Hygieneplans fort. Die angefragte Information ist insofern viel mehr als abgeschlossenes Dokument und nicht etwa als Entwurf oder im Entscheidungsbildungsprozess zu sehende Information zu werten.
Sie schrieben, Sie wollen mir den Plan nach Abschluss der Pandemie zusenden. Dem entnehmen ich, dass Sie die Pandemie als Entscheidungsprozess ansehen. Dies ist trivialerweise widerlegbar, da der Verlauf der Pandemie nicht maßgeblich von Ihren noch nicht geschehen Entscheidungen zu Maßnahmenplänen innerhalb der Behörde abhängt bzw. die Ausbreitung der Pandemie keine Entscheidung der Behörde ist, sondern vielmehr ein medizinisches Großereignis, welches unter anderem das ITZBund betrifft. Selbst wenn ein solcher bestehen würde, so wäre er doch schon ausgelaufen, da sich § 4 IFG auf einen „zeitliche[n] Anwendungsbereich beschränkt (‚solange‘)“. Zusätzlich kann dieser Zeitraum nicht beziffert werden, da nicht mit einem exakten Datum festzustellen ist, wann die Pandemie beendet sein wird. Insofern ist Ihr Angebot, den Plan nach „Beendigung der Pandemie“ zuzusenden nicht hilfreich und entspricht ebenso nicht meinem IFG-Antrag, welcher bereits verspätet bearbeitet wurde. Auch könnte man argumentieren, dass die sog. „erste Welle“ im Sommer bereits abgeschlossen ist. Falls der Plan aus dieser Zeit stammt, so wäre diese „Entscheidungsfindung“ bereits abgeschlossen. Generell ist der Zeitpunkt des Abschlusses „der Pandemie“ so nicht bestimmbar und der Auschlussgrund könnte Ihrerseits weiter vorgetragen werden. Die Virusverbreitung wird auch durch Herausgabe des Hygieneplans des ITZBundes nicht zunehmen, sodass auch keine nachteiligen Auswirkungen auf die Sicherheit oder eine bspw. damit zusammenhängenden Entscheidung anzunehmen ist. Auch in der Rechtsliteratur wird der Standpunkt vertreten, dass es „schwierig[ ist], Fallbeispiele zu konstruieren, wonach eine Antragsablehnung ausschließlich auf § 4 Abs. 1 gestützt werden kann.“ [ibid., S. 77, Punkt 20].
Im Übrigens muss ich als Antragsteller nach § 4 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 IFG über den Abschluss des mir entgegen gehaltenen Verfahrens informiert werden. Dies ist nicht geschehen, da die Angabe „nach Ende der Pandemie“ wie obig erläutert zu unbestimmt ist, insbesondere da auch nicht die aktuelle „COVID-19“-Pandemie angesprochen wurde, sondern allgemein von „der Pandemie“ gesprochen wurde.
Aus bereits im vorherigen Abschnitt erläuterten Gründen schließt sich auch eine Ablehnung auf Basis von Sicherheitsgründen (wie nach § 3 IFG) aus. Durch Veröffentlichung des Hygieneplans des ITZBundes wird die Pandemie oder deren Verlauf nicht beeinflusst.
Sollten personenbezogene Daten (vgl. § 5 IFG) oder Betrieb- und Geschäftsgeheimnisse (vgl. § 6 IFG) betroffen sein, so könnte nach einem Drittbeteiligungsverfahren (vgl. § 8 IFG) zumindest ein Teil der Informationen heraus gegeben werden. Dies betrifft ebenso alle anderen Ausschlussgründe, vgl. § 7 Abs 2 IFG. Dies ist jedoch nicht geschehen, sodass das Informationsbegehren vollständig abgelehnt wurde.
Sollten Teile der Informationen als Verschlussache eingestuft sein, so kann sich eine „Ablehnung eines Informationsantrages, die auf § 3 Nr. 4 gestützt werden soll, […] nicht auf den formellen Hinweis, es liege beispielsweise eine Verschlusssache vor, beschränken.“[ibid., S. 65, Punkt 84]
In dem Zusammenhang überrascht es nicht, dass viele Pandemiepläne sowieso öffentlich sind bzw. nach entsprechenden Anfragen herausgegeben wurden, vgl. bspw.
https://fragdenstaat.de/dokumente/ 3934/.
Bzgl. der Fristen dieses Widerspruchs verweise ich auf die allgemein gültigen Rechtsbestimmungen, insbesondere §§ 41 Abs. 1, 5 VwVfG, 3 Abs. 1, 2 S. 1 VwZG, § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB, § 79 VwVfG, § 222 Abs. 2 ZPO sowie § 41 VwVfG Abs. 2 S. 2, wonach „[e]in Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, […] am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben [gilt]“.
Ich möchte Sie ferner bitten, mein gestartetes Vermittlungsverfahren nach § 12 IFG beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) zu diesem Fall, betroffenes Aktenzeichen 25-729/002 II#0284, vor Bescheidung des Widerspruchs abzuwarten und die fachkundige rechtliche Beurteilung dieser unabhängigen dritten Stelle mit einfließen zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen