2016-mv-deutsch-hinweise-losungen

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „[IFG] Abituraufgaben der Fächer Mathe, Deutsch und Physik 2012 - 2017

Diese Anfrage wurde als Teil der Kampagne „Frag sie Abi!“ gestellt.

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Mecklenburg-Vorpommern Zentralabitur 2016 Deutsch Hinweise für die Lehrkraft zur Durchführung, Korrektur und Bewertung (nicht für die Hand des Prüflings)
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Abitur 2016 Deutsch                         Hinweise für die Lehrkraft                Seite 2 von 17 Block I A          Georg Simmel:          Aus dem nachgelassenen Tagebuche (Textauszug) Analysieren Sie den Textauszug und bewerten Sie seine Gestaltungs- und Wirkungsweise. I   Beschreibung der Anforderungen Die Schülerinnen und Schüler erfassen relevante Aspekte des Textauszuges. Sie erkennen wesentliche Strukturmerkmale als Elemente der Gestaltung, indem sie ihnen mögliche Funktionen zuordnen undsie so in ihrer Wirkungsweise beschreiben. Die Schülerinnen und Schüler sind in der Lage, die Argumentationsstrukturen in ihrer Funktionalität zu erkennen und zu bewerten. Lösungswege, die sinnvoll und begründet von den unterIl ausgeführten Aufgabenlösungen abweichen, müssen beider Beurteilung der Prüfungsleistung hinreichend gewürdigt werden. Die Aufgabe erfordert vornehmlich Fähigkeiten aus den AnforderungsbereichenIl undIll. II    Hinweise für mögliche Aufgabenlösungen Die Schülerinnen und Schüler erfassen relevante Aspekte des Textauszuges. °          Das Wesen des Tragischen bestehe darin, dass das Schicksal sich gegen die Exis- tenz richte, aber eben dieses Schicksal in der Existenz angelegt sei. .          Es erfolgt eine Gegenüberstellung des Komischen und des Tragischen. o          Festgestellt wird, dass die Verneinung destiefsten Wollens des Menschen eigentlich von ihm gewolltist. .          Die übliche Verwendung des Schuldbegriffes wird problematisiert. Die Schülerinnen und Schüler erkennen wesentliche Strukturmerkmale des Textauszuges als Elemente der Gestaltung. e          Der Textauszug ist klar strukturiert: Der anfänglichen Vermutung über das Wesen des Tragischen folgt später eine abschließende klare Begriffsbestimmung des We- sens der Tragödie. o          Ein Kennzeichenist das gegenseitige Durchdringen von Beispielen und Argumenten. .          Der alternierenden Abgrenzung des Tragischen vom Komischenfolgen ein Beispiel und das Fazit. o          Eine gezielte Wortwahl und besondere syntaktische Strukturen prägen den Textaus- zug. o          Der Textauszug ist bildhaft gestaltet. e          Die Gestaltung von Absätzen und die Nutzung von Satzzeichen strukturieren den Textauszug optisch.
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Abitur 2016 Deutsch                           Hinweisefür die Lehrkraft                       Seite 3 von 17 Die Schülerinnen und Schüler weisen den Strukturmerkmalen mögliche Funktionen zu, beschreiben deren mögliche Wirkung und bewerten diese. Die Verwendung des Adverbs „vielleicht“ verweist auf den hypothetischen Charakter, verdeutlicht die eigentliche Problematik und regt zum Nach- und Mitdenkenan. Ilustrierende,in ihrer Tiefe unterschiedlich ausgearbeitete Beispiele unterstützen die Gedankengänge und die Suche des Verfassers nach einer klaren Position und gestalten diese für den Leser damit nachvollziehbar. Es wird eine gemeinsame Lösungssuchesuggeriert. Die ungenaue Abgrenzung von Argumenten und Beispielen unterstreicht den dar- gestellten Denkprozess. Die Verweise auf unterschiedliche Theorien der Tragödie signalisieren,           dass       der Verfasser einen Lesermit literaturhistorischem Hintergrundwissen voraussetzt. Die unterschiedliche Verknüpfung von sich wiederholenden Adjektiven und Nomen zeigt die Gegensätzlichkeit         von     Tragödie         und Komödie und zielt  auf     die Aufmerksamkeit des Lesers. Der hypotaktische Satzbau verweist auf die Komplexität der Problematik. Das Wiederaufgreifen des anfänglich hypothetisch formulierten Gedankens in veränderter Form kündigt eine Konkretisierung an und lenkt gezielt die Aufmerksamkeit des Lesers. Der Einsatz von charakterisierenden Adjektiven und Verben verdeutlicht die Distanz des Verfassers zum häufig genutzten Schuldbegriff im Zusammenhang mit der Tra- gödie und lässt den Leser diesen möglicherweise hinterfragen. Metaphern verdeutlichen die Hilfsfunktion des herkömmlichen Schuldbegriffes und sollen die Identifikation des Lesers mit dem Dargestellten fördern. Weitere rhetorische Figuren nehmen die Leser auf suggestive Weise für die vermit- telten Ansichtenein. Die Gestaltung der Absätze, der Schriftart und die Verwendung von Gedankenstri- chen und Doppelpunkten verdeutlichen inhaltliche Zäsuren und Gedankengänge und signalisieren Standpunkte des Verfassers. Hinweise zur Bewertung Kriterien für eine gute Leistung Eine Leistung wird mit »gut« bewertet, wenn relevante Aspekte des Textauszugessorgfältig dargestellt werden, Strukturmerkmale des Textauszuges gründlich erfasst werden, Struktur-Funktions-Zusammenhänge angemessen beschrieben und auf ihre mögliche Wirkung hin überprüft werden, die Gestaltungs- und Wirkungsweisedifferenziert bewertet wird, die Ausführungen klar und leserorientiert strukturiert sind und die Arbeitstilistische Variabilität und sprachliche Kompetenzzeigt.
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Abitur 2016 Deutsch                       Hinweisefür die Lehrkraft              Seite 4 von 17 Kriterien für eine ausreichende Leistung Eine Leistung wird mit »ausreichend« bewertet, wenn ®          relevante Aspekte des Textauszuges in Grundzügen dargestellt werden, o          einige Strukturmerkmale des Textauszugeserfasst werden, o          Struktur-Funktions-Zusammenhängein Ansätzen beschrieben und auf ihre mögliche Wirkung hin überprüft werden, e          die Gestaltungs- und Wirkungsweise bewertet wird, o          eine nachvollziehbare Struktur der Ausführungenerkennbarist und die standardsprachlichen Grundanforderungen im Ganzenerfüllt sind.
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Abitur 2016 Deutsch                       Hinweise für die Lehrkraft                   Seite 5 von 17 B          Länderübergreifende Aufgabe auf erhöhtem Anforderungsniveau „Die Literatur — wozu brauchen wir sie überhaupt?“ Eine überregionale Tageszeitung greift diese Frage des Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki auf und veröffentlicht Beiträge dazu. Verfassen Sie einen Kommentar, in dem Sie sich zu dieser Frage positionieren. Nutzen Sie dafür die folgenden Materialien und beziehen Sie eigene Erfahrungen und eigenes Wissen ein. Wählen Sie eine geeignete Überschrift. Zitate aus den Materialien werden dem Stil eines Kommentars entsprechend ohne Zeilenangabe nur unter Nennung des Autors und ggf. des Titels angeführt. Ihr Kommentarsollte etwa 800 Wörter umfassen. I Beschreibung der Aufgabenstellung Die Schülerinnen und Schüler setzen sich mit der Fragestellung auf der Basis eigener Erfahrungen und Kenntnisse sowie der gegebenen Materialien (M1-7) auseinander, reflektieren relevante Aspekte, gewinnen einen eigenen Standpunkt und vertreten diesen schlüssig. In der Konzeptionsphase des Schreibprozesses soll das vorgegebene Material so ausgewertet und aufbereitet werden, dass es für die Argumentation in geeigneter Form zur Verfügung steht. Eine detaillierte Analyse der Materialien ist nicht verlangt. Die Schülerinnen und Schüler beachten den angegebenen kommunikativen Kontext. Bearbeitungen, die sinnvoll und begründet von den unter II ausgeführten erwarteten Schülerleistungen abweichen, müssenbei der Beurteilung der Prüfungsleistung hinreichend gewürdigt werden. Grundsätzlich sind die Schülerinnen und Schülerfrei in der Strukturierung ihrer Ausführungen. Eine klare Argumentationsstrategie und eine schlüssige Positionierung müssen jedoch erkennbarsein. Der Richtwert von 800 Wörtern stellt einen Orientierungswert für die Prüflinge dar und ist nicht per se bewertungsrelevant. Eine deutliche Unter- oder Überschreitung soll jedoch in Relation zur Güte des Textes bei der Bewertung berücksichtigt werden. Die Aufgabe erfordert vornehmlich Fähigkeiten aus den Anforderungsbereichen II undIll. II Erwartete Schülerleistung Die Schülerinnen und Schüler setzen sich pointiert mit Sinn und Nutzen von Literatur auseinander. Sie argumentieren zweckentsprechend strukturiert und berücksichtigen ggf. Gegenargumente. Dabei beachten sie den angegebenen kommunikativen Kontext und erfüllen die medialen, inhaltlichen und stilistischen Anforderungen des argumentierenden Schreibens in der vorgegebenen journalistischen Textsorte Kommentar. Umgang mit den Materialien Die Schülerinnen und Schüler entwickeln ihre Position auf der Grundlage der Materialien sowie ihrer eigenen Erfahrungen und Wissensbestände. Im Sinne einer differenzierten Auseinandersetzung nutzen sie dabei die Materialien zur Problematisierung, zur Stützung und Veranschaulichung eigener Argumente, zur Widerlegung möglicher Gegenargumente, zur Abgrenzung und zur Entgegnung.
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Abitur 2016 Deutsch                        Hinweise für die Lehrkraft                        Seite 6 von 17 Folgende Aspekte werden in den Materialien aufgegriffen: e     Anlass und grundsätzliche Fragestellung zur Rolle/Funktion von Literatur in unserer heutigen Mediengesellschaft (M1), e     Einblick in die Debatte zum Thema aus unterschiedlichen Perspektiven (M3 -6), e     Impulse für die Problematisierung (M1, M2, M7). Aus den Materialien lassen sich zustimmende und entgegnende Argumente ableiten. Darüber hinaussollten die Schülerinnen und Schüler weitere thematisch relevante Aspekte aus ihrem Wissens- und Erfahrungsbereich im Umgangmit Literatur einbeziehen. Der Bezug zur Textvorlage wird in der Regel nicht in Form der üblichen Zitier- und Belegtechnik mit Zeilenangaben hergestellt, wohl aber sind ausgewählte Zitate aus den Materialien, die zur Untermauerung der eigenen Position dienen, möglich. Inhaltliche Gestaltung Beim Kommentar als meinungsbildendem Text ist inhaltlich eine deutliche Pointierung sinnvoll. Diese ist an entsprechenden Wertungen und Positionierungen erkennbar. Eigene weiterreichende Überlegungen, z. B. zur Wirkung bzw. zum Einfluss von Literatur, entsprechender Textsorte in besonderem Maße. Mögliche Aspekte einer den Sinn und Nutzen von Literatur betonenden Auseinandersetzung könnensein: e     Ungebundenheit und Zweckfreiheit von Literatur (M1) e     Schaffung von Gegenentwürfen, Visionen durch Fiktionalität (M1, M4, M5) e     Förderung von Embotionalität, Individualität und Phantasie (M1, M3, M4, M7) e     Spiegelung bzw. Bewusstmachung               der       Komplexität des gesellschaftliichen      und individuellen Daseins (M1, M2, M5) e     Bewahrung kulturellen Wissens und Erlebens (M4, M5, M7) e     Sicherung des gesellschaftlichen Status durch Bildung (M6) e     Unverzichtbarkeit für gesellschaftliiche Veränderungsprozesse (M4, M5) Mögliche Aspekte einer den Sinn und Nutzen von Literatur negierenden Auseinandersetzung könnensein: e     Bedeutungsverlust unter dem wachsendenEinfluss digitaler Medien (M1, M7) e       Überbewertung der Wirkung von Literatur (M7) e     Gefahr des Eskapismus (M4) e     Missbrauch der Literatur als Erziehungsmittel (M2, M6, M7) e     Literatur lediglich Statussymboldes Bildungsbürgertums (M6, M7) e      Verunsicherung/Unverständnis/Überforderung durch Komplexität (M2, M4) e     abgehobene Debatte über die Funktion von Literatur (M7)
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Abitur 2016 Deutsch                        Hinweise für die Lehrkraft                            Seite 7 von 17 Argumentatives Vorgehen Der Argumentationsgang des Kommentars sollte zielgerichtet den Standpunkt des Schreibers veranschaulichen und die Meinungsbildung der Leser unterstützen. Er kann elliptisch angelegt sein, dann werden einzelne Argumente nur knapp begründet oder sogar nur summarisch aufgezählt. Zentrale Überlegungen werdenin der Regel nicht undifferenziert und pauschal dargestellt. Gegenargumente können aufgegriffen und von dem gewählten Standpunkt aus entkräftet oder widerlegt werden. Narrative oder beschreibende Elemente können eingesetzt werden, um dem Kommentar zusätzlich Glaubwürdigkeit und Lebendigkeit zu verleinen. Der Kommentar kann unterschiedlich aufgebaut sein; in jedem Fall muss eine interne Gliederung nachvollziehbarsein. Sprachliche Gestaltung Der Kommentar als meinungsbildender Text verlangt eine die Überzeugungskraft der eigenen Argumente unterstreichende, stilistisch anspruchsvolle, pointierte sprachliche Gestaltung. Zu erwartenist deshalb die funktionale Verwendung rhetorischer Mittel und der gezielte       Einsatz verschiedener   Sprachrepertoires              sowie  ein  deutlicher  Bezug      zum Adressaten. Die gewählte Stilebene kann unterschiedlich sein (sachlich-nüchtern, ironisch, polemisch). Üblicherweise werden Kommentare nicht aus der Ich-Perspektive geschrieben; ein Rollen-Ich kann jedoch sinnvoll sein. Il Hinweise zur Bewertung Kriterien für eine gute Leistung: Die Note gut verlangt e     eine zweckmäßige und reflektierte             Nutzung         der Materialien   sowie  der eigenen Erfahrungen und Wissensbestände, e     eine fundierte, deutliche Positionierung durch eine akzentuierte und differenzierte Argumentation, e     eine zielgerichtete Verwendung sprachlicher Mittel                         mit einem      deutlichen Adressatenbezug unter Beachtung derjournalistischen Form Kommentar, e     eine eigenständig gegliederte, terminologisch präzise und standardsprachlich korrekte bzw. der journalistischen Textform sprachlich angemessene Darstellung. Kriterien für eine ausreichendeLeistung: Die Note ausreichend verlangt e     eine insgesamt sachgerechte und aufgabenorientierte Nutzung der Materialien und das Einbeziehen eigener Erfahrungen und Wissensbestände, e     eine erkennbare       Positionierung     durch        eine      im  Wesentlichen    nachvollziehbare Argumentation, e     die im Grundsatz zweckmäßige und adressatengerechte Verwendung sprachlicher Mittel unter Beachtung der journalistischen Form Kommentar, e     eine in Aufbau und Stil verständliche, insgesamt standardsprachlichen Normen bzw. der journalistischen Textform sprachlich noch angemesseneDarstellung.
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Abitur 2016 Deutsch                          Hinweisefür die Lehrkraft                   Seite 8 von 17 BlockIl A           Adalbert Stifter:                        Brigitta (Textauszug) B           Eduard von Keyserling:                   Wellen (Textauszug) A        Interpretieren Sie den Textauszug. Gehen Sie dabei auch auf das Tragische im Konflikt der Figurenein. B        Vergleichen Sie die beiden Frauenfiguren Brigitta und Doralice unter ausgewählten Aspekten. I   Beschreibung der Anforderungen Die Schülerinnen und Schüler erfassen wichtige Aspekte des dargestellten Geschehens. Sie erkennen wesentliche Strukturmerkmale des Textes und analysieren diese, indem sie sie auf mögliche Funktionen prüfen und mögliche Wirkungen beschreiben. Dabei beachten die Schülerinnen und Schüler auch das Tragische im Konflikt der Figuren. Die Schülerinnen und Schüler, die den Aufgabenteil B auf erhöhtem Anforderungsniveau bearbeiten, vergleichen darüber hinaus die beiden Frauenfiguren Brigitta und Doralice unter ausgewählten Aspekten. Lösungswege,die sinnvoll und begründet von den unter Il ausgeführten Aufgabenlösungen abweichen, müssen bei der Beurteilung der Prüfungsleistung hinreichend gewürdigt werden. Die Aufgabe erfordert vornehmlich Fähigkeiten aus den AnforderungsbereichenII undIll. II Hinweise für mögliche Lösungen Aufgabenteil A Die Schülerinnen und Schüler erfassen wichtige Aspekte des dargestellten Geschehens. e     Eine Figur wird dem Leser näher vorgestellt. e     Der Erzähler zeigt auf engem Raum die Entwicklung Brigittas vom Kind zu einer jungen Frau. e     Er beschreibt ihr Äußeres und ihr Verhalten in verschiedenen Entwicklungsabschnitten und in verschiedenenSituationen. e     Er beobachtet sie im Kreise ihrer Familie und zeigt, wie deren Mitglieder mit ihr umgehen. e     Ergibt Erklärungen für das Verhalten einzelner Figuren. Die Schülerinnen und Schüler erkennen wesentliche Strukturmerkmale des Textes und analysieren diese, indem sie sie auf mögliche Funktionen prüfen. e     Die Darstellung der einzelnen Entwicklungsstufen der Figur gliedert den Textauszug in drei große Abschnitte. e     Verschiedene Textgestaltungselemente verdeutlichen die Struktur: o Gliederung in Absätze mit anaphorischem Auftakt, o Modifikationen im Figurenensemble,
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Abitur 2016 Deutsch                           Hinweise für die Lehrkraft                               Seite 9 von 17 o Wechsel des Sprachgestus durch Veränderungenin der Wortwahl. e     Eine bildreiche, eindrückliche und sehr lebendige Sprache prägt den ersten Abschnitt: o expressive und kontrastierende Wortwahl (Substantive, Adjektive, Konjunktionen), o grammatische Formen(Konjunktiv, Diminutiv), o Vergleiche, Metaphern und Symbole (Farben, Zahlen). e     Märchenelemente sind Teil der kontrastiven Gestaltung des Textes. e     Der zweite Abschnitt wirkt durch sparsamen Umgang mit sprachlichen Bildern nüchtern und sachlich. e     Der dritte Abschnitt nimmt den Sprachgestus des ersten wiederauf. e     Der Rahmen unterstreicht die zentrale Bedeutung desmittleren Abschnittes, in dem sich der Erzähler zudem auf die Hauptfigur konzentriert. e     Das Schlüsselwort „schön“ und das zentrale Motiv der Augen fungieren als textverbindende Elemente. e      Der überwiegend hypotaktische Satzbau verweist auf die Komplexität der dargestellten Problematik. Die Schü     leri  nnen und  Schü ler besc hrei ben    mögl    iche     Wirk unge n. Dab ei beac hten  sie   auc   h das Tragische im Konflikt der Figuren. e    Alle Figuren stehen im Spannungsfeld zwischen individuellen Ansprüchen und gesellschaftlich vorgegebenen Normen und Wertenin verschiedenen Zusammenhängen: o    Schönes und Hässliches, o   Außenwelt und Innenwelt, o    Selbst- und Fremdbestimmtheit, o    äußere Gestalt und seelische Verfassung. Daraus ergeben sich Konflikte, die u. a. durch die kontrastive Gestaltung des Textes verdeutlicht werden. In diesen Zusammenhängen ist die Diskussion des Tragischen in                                            der Figurenkonstellation zu erwarten: Unter den gegebenen Bedingungen sind                                    die Möglichkeiten aller Figuren, ihre Situation distanziert und vollständig wahrzunehmen                     und zu       analysieren,     begrenzt.       Dementsprechend                eingeschränkt      sind         ihre Handlungsmöglichkeiten. e     Die Gestaltung der Augen als Motiv verweist auf deren wichtige Rolle als Vermittler zwischen den Figuren und zwischen Figur und Leser. e     Die Akzentuierung desMittelteils hebt ihn als einen prägenden Entwicklungsabschnitt für die Hauptfigur hervor.
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Abitur 2016 Deutsch                      Hinweise für die Lehrkraft                 Seite 10 von 17 Aufgabenteil B Die Schülerinnen und Schüler, die den Aufgabenteil B auf erhöhtem Anforderungsniveau bearbeiten, vergleichen darüber hinaus die beiden Frauenfiguren Brigitta und Doralice unter ausgewählten Aspekten. Mögliche Aspekte sind: In beiden Texten wird Vergangeneserzählt. Das Geschehen um die Figur der Brigitta wird von einem beobachtenden und auch kommentierendenErzähler vermittelt. Das Geschehen um Doralice sieht der Leser überwiegend durch deren Augen. Sieteilt Vergangenes und Gegenwäfrtiges mit. Dabeifließen die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit. Die Figuren leben in verschiedenenhistorisch-gesellschaftliichen Zusammenhängen mit dem jeweiligen kulturellen Hintergrund. Beide stehen im Spannungsfeld zwischenindividuellen Ansprüchen und gesellschaftlich vorgegebenen Normen und Werten. Daraus ergeben sich Konsequenzen für ihre Entwicklung. Unter diesem Aspekt könnendie sie prägende unmittelbare Umgebung und ihr daraus resultierendes Verhalten betrachtet und verglichen werden. Beide Figuren kommen offensichtlich aus gut situierten Verhältnissen, die von gesellschaftlich festgelegten Hierarchien und Konventionen bestimmt sind, aus denen sich Zwängefür den Einzelnen ergeben. Brigitta begegnet dem Leser als Kind und Jugendliche, Doralice als erwachseneFrau. Brigitta wächst mit beiden Eltern und zwei Geschwistern auf. Ihr Verhältnis zu ihrer Familie — insbesondere auch das zu ihrer Mutter — ist gestört. Ursache dafür ist ihr Äußeres. Das entspricht nicht den vorgegebenen Erwartungen. Deshalb reagiert ihre Umgebung in verschiedener Form ablehnend. Das wirkt sich auf Brigittas Verhalten aus: Entgegen allen Vermutungenfügt sie sich ihrem Schicksalnicht. Selbstbewusst und konsequent ist sie aktiv und wehrt sich — auch, indem sie sich mit großem Interesse bildet. Sie entwickelt dabei einen scharfen Verstand und muss deshalb die Isolation nicht fürchten. Doralice lebt mit ihrer Mutter in einer gleichsam harmonischen Hierarchie und wird in diesem Zusammenhang scheinbar mit Erfolg standesgemäß erzogen und geformt. Dementsprechend geht sie — zunächst bereitwillig — den vorgezeichneten Weg, in dessen Verlauf sie allerdings zunehmendvoninneren Zweifeln und Konflikten bestimmt wird. Brigitta wirkt schon als junge Frau relativ souverän, während Doralice verunsichert ist, überwiegend passiv und abhängig bleibt. Beide Figuren sind auch tragisch konzipiert, weil sie ihre Lebenssituation nicht aus der Distanz wahrnehmenund deshalb nicht vollständig erfassen können. Daraus resultieren ihre inneren Konflikte wie auch die Konflikte mit ihrer Umwelt.
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