Sehr
geehrteAntragsteller/in
zu Ihrer Anfrage vom 18. Mai 2020 darf ich Sie zunächst darauf hinweisen, dass das Bundesministerium der Finanzen (BMF) keine Auskünfte zu Einzelfragen erteilen darf. Für die Erhebung und Kontrolle von Steuern, so auch der Umsatzsteuer, sind in Deutschland gemäß Artikel 108 Grundgesetz die Länder zuständig. Allgemein kann ich zu Ihrer Anfrage jedoch folgende Hinweise geben:
Der Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen (§§ 1 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. 1 a Umsatzsteuergesetz - UStG) zielt darauf ab, die Umsatzbesteuerung im innergemeinschaftlichen Warenverkehr in den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt (Bestimmungslandprinzip). Dies erfolgt durch die Umsatzsteuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung nach §§ 4 Nr. 1 Buchstabe b i. V. m. 6a UStG im Ursprungsland (Mitgliedstaat des Beginns der Versendung oder Beförderung) und der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsmitgliedstaat (regelmäßig in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung endet, vgl. § 3d Satz 1 UStG). Gleichwohl kann der Erwerber unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG die Umsatzsteuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb als Vorsteuer abziehen.
Obwohl somit die innergemeinschaftliche Lieferung eines Gegenstandes und sein innergemeinschaftlicher Erwerb einen wirtschaftlichen Vorgang darstellen, besteht jedoch keine Verknüpfung in der Weise, dass der Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs nur dann verwirklicht sein kann, wenn materiell-rechtlich die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung im Ursprungsland greift.
In beiden Mitgliedstaaten müssen nach den verbindlichen unionsrechtlichen Bestimmungen korrespondierende Regelungen bestehen. Eine falsche umsatzsteuerrechtliche Würdigung des wirtschaftlichen Vorgangs im Ursprungsland oder im Bestimmungsland entfaltet grundsätzlich keine Bindungswirkung für die umsatzsteuerrechtliche Würdigung des Vorgangs durch den jeweils anderen Mitgliedstaat.
Der liefernde Unternehmer muss, um die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung in Anspruch nehmen zu können, in Deutschland die Voraussetzungen der §§ 4 Nr. 1 Buchstabe b i. V. m. 6a UStG erfüllen. Danach ist u. a. Tatbestandsvoraussetzung, dass der Abnehmer ein in einem anderen Mitgliedstaat für Umsatzsteuerzwecke registrierter Unternehmer ist, der den Liefergegenstand für sein Unternehmen erwirbt (vgl. § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a UStG) und dieser Abnehmer gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) verwendet. Die Gültigkeit der vom Abnehmer verwendeten ausländischen USt-IdNr. kann der Unternehmer mittels des beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eingerichteten Bestätigungsverfahrens prüfen, welches seine Grundlage in § 18e UStG findet. Durch eine einfache Bestätigungsabfrage erhält der Unternehmer Auskunft darüber, ob eine ausländische USt-IdNr. zum Zeitpunkt der Anfrage in dem Mitgliedstaat, der sie erteilt hat, gültig ist. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, eine qualifizierte Bestätigungsabfrage durchzuführen, um zu prüfen, ob die vom Unternehmer mitgeteilten Angaben zu Firmenname (einschließlich der Rechtsform), Firmenort, Postleitzahl und Straße mit den in der Unternehmerdatei des jeweiligen Mitgliedstaates registrierten Daten übereinstimmen.
Sind die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erfüllt, z. B. weil der Erwerber gegenüber dem Unternehmer im Zeitpunkt der Lieferung keine gültige USt-IdNr. verwendet hat, muss der Unternehmer diese Lieferung der Umsatzbesteuerung unterwerfen.
Der Unternehmer hat in diesen Fällen zu prüfen, ob die Besteuerung dieser Lieferung im Ursprungsland (vgl. § 3 Abs. 5a und 6 Satz 1 UStG) oder im Bestimmungsland (vgl. § 3c UStG) zu erfolgen hat. Es obliegt den steuerlichen Pflichten des Unternehmers und den Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns, die ordnungsgemäße Umsatzbesteuerung sicherzustellen und sich hierfür geeignete Belege/ Nachweise seines Abnehmers vorlegen zu lassen.
Ich hoffe, Ihnen mit den vorstehenden Auskünften weitergeholfen zu haben.
Hinweis:
Für das BMF ist es ein sehr wichtiges Anliegen, Ihre Privatsphäre und Ihre persönlichen Daten (nachfolgend „personenbezogene Daten“ genannt) zu schützen. Über den datenschutzkonformen Umgang mit den von Ihnen übermittelten personenbezogenen Daten finden Sie weitere Erläuterungen auf der Webseite des BMF unter folgendem Link:
https://www.bundesfinanzministerium.de/…
Mit freundlichen Grüßen