IFG Bund Antrag Teil IV I zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des
Rechtsextremismus und der Hasskriminalität
Meldepflicht für Diensteanbieter nach dem NetzDG
Die vom NetzDG erfassten Anbieter sollen nach § 3a NetzDG n.F. verpflichtet werden, dem BKA sämtliche Inhalte zu übermitteln, die ihnen in einer Beschwerde über rechtswidrige Inhalte gemeldet worden sind, die er entfernt oder zu denen er den Zugang gesperrt hat und bei denen konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie mindestens einen der Tatbestände der §§ 86, 86a, 89a, 91, 126, 129 bis 129b, 130, 131 oder 140 StGB erfüllen und nicht gerechtfertigt sind. Neben dem Inhalt sollen auch die IP-Adresse sowie die Portnummer, die die nutzende Person beim Teilen des Inhalts verwendet hat, übermittelt werden.
1. Die pauschale Weiterleitung von IP-Adressen und Portnummern hat enorme Streubreite und kann nicht gerechtfertigt werden.
Bei der Herausgabe von IP-Adressen und Portnummern handelt es sich um einen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung, die das Grundgesetz in Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 schützt. Ohne Prüfung eines Verdachts durch die zuständigen Strafverfolgungsbehörden handelt es sich aufgrund der zu erwartenden Masse der Meldungen und Datenübertragungen um einen Eingriff von extrem großer Streubreite. Solange nicht geprüft wurde, ob ein solcher Verdacht besteht, kann ein solcher Eingriff nicht durch ein überwiegendes Allgemeininteresse gerechtfertigt werden. Diese Prüfung kann nicht auf Private übertragen werden, sondern sollte – angesichts der juristischen Komplexität insbesondere von Äußerungsdelikten – von der Staatsanwaltschaft durchgeführt werden.
2. Mit der Meldepflicht würde den Diensteanbietern eine bestimmende Rolle bei der essentiell staatlichen Aufgabe der Strafverfolgung zugeschrieben.
Die strafrechtliche Prüfung von Inhalten durch die Diensteanbieter würde zu einem Filter für all jene Sachverhalte, die der Strafverfolgung zugeführt werden. Im Ergebnis käme damit privaten Unternehmen und ihren internen Richtlinien eine eindrucksvolle Machtposition bei der Auswahl zu verfolgender Inhalte zu, der sie nicht gerecht werden können.
Die drohende Bußgeldverpflichtung setzt einen Anreiz dafür, im Zweifel eher Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat anzunehmen und einen Inhalt zu melden.
3. Es sind nicht nur Volksverhetzungen und Morddrohungen von der Meldepflicht erfasst, sondern eine Vielzahl von Delikten.
In der öffentlichen Kommunikation hat das BMJV bisher einen Schwerpunkt auf die Meldepflicht bei Morddrohungen und Volksverhetzungen gelegt. Betroffen ist nunmehr eine Auflistung von 13 Delikten, die auch deutlich weniger gravierende Vergehen umfasst, etwa die Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung eines Brandstiftungsdelikts (§ 126 Absatz 1 Nr. 6 StGB). Auch die Einbeziehung von § 129 StGB (Bildung krimineller Vereinigungen) ist eine Strafnorm mit hohem Missbrauchspotenzial, wie das im letzten Jahr eingeleitete Verfahren gegen das Zentrum für politische Schönheit zeigt.
4. Die Meldepflicht ist nicht zweckmäßig zur besseren Strafverfolgung.
Bereits jetzt wird eine Vielzahl der Strafanzeigen im avisierten Deliktsbereich mangels dafür ausgebildetem Personal in den Behörden nicht oder nicht fachgerecht bearbeitet. Mit Einführung der geplanten Meldepflicht sind massenhafte Meldungen von Inhalten zu erwarten. Wie diese beim BKA bearbeitet werden sollen, bleibt unklar. Statt einer Fülle von Meldungen zu erzeugen, sollten die Staatsanwaltschaften mit hinreichend ausgebildetem und spezialisiertem Personal und entsprechenden Strukturen die schon jetzt gemeldeten Straftaten verfolgen.
Anfrage eingeschlafen
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Datum25. Januar 2020
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29. Februar 2020
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