Sehr geehrter Herr Hannig,
mit Ihrer angeschlossenen E-Mail vom 19.12.2016 haben Sie die Übermittlung aller im Denkmalbuch des Regierungspräsidiums Stuttgart verzeichneten Informationen zu Kulturdenkmalen und Sachgesamtheiten beantragt „nach § 1 Abs. 2 des Landesinformationsfreiheitsgesetzes (LIFG), § 25 des Umweltverwaltungsgesetzes (UVwG), soweit Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 Umweltinformationsgesetzes des Bundes (UIG) betroffen sind, sowie nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (VIG), soweit Verbraucherinformationen betroffen sind“. Außerdem haben Sie gebeten, es Ihnen vorab unter Angabe der Höhe der Kosten mitzuteilen, sollte die Aktenauskunft unseres Erachtens gebührenpflichtig sein.
§ 1 Abs. 2 LIFG ist keine Grundlage für einen Anspruch auf Informationszugang. Nach § 25 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) soll indessen die Behörde die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Wir gehen insoweit davon aus, dass Sie einen Antrag auf Informationszugang nach § 7 LIFG stellen wollen:
Maßgeblich für die Entscheidung wäre dann § 5 LIFG, da die im Denkmalbuch des Regierungspräsidiums Stuttgart verzeichneten Informationen zu Kulturdenkmalen und Sachgesamtheiten personenbezogene Daten sind. Es handelt sich um Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person gemäß § 3 Absatz 1 Landesdatenschutzgesetz (LDSG). Zu den Angaben über die persönlichen oder sachlichen Verhältnisse gehört auch die Auskunft, ob eine Person Eigentümer oder Bewohner eines Kulturdenkmals ist und wie dieses beschaffen ist. Eine Person ist bestimmbar, wenn Sie unter Zuhilfenahme von verfügbarem Zusatzwissen festgestellt werden kann. Für die Bestimmbarkeit genügt zwar nicht jede irgendwie gegebene theoretische Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen; dieser muss vielmehr mit normalerweise zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln ohne unverhältnismäßigen Aufwand hergestellt werden können. Diese Voraussetzungen sind nach unserer Einschätzung gegeben, denn auch wenn die Namen der Eigentümer und Besitzer von Kulturdenkmalen nicht im Denkmalbuch des Regierungspräsidiums Stuttgart enthalten sind, wäre eine Zuordnung der Kulturdenkmale über Adressbücher und Telefonbuch- oder Adressbuch-Datenbanken ohne großen Aufwand möglich.
Nach § 5 LIFG ist der Zugang zu personenbezogenen Daten im Sinne des § 3 Absatz 1 LDSG zu gewähren, soweit und solange die Betroffenen entsprechend § 4 Absatz 2 bis 5 LDSG eingewilligt haben oder das öffentliche Informationsinteresse an der Bekanntgabe das schutzwürdige Interesse am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt. Einwilligungserklärungen der Betroffenen liegen uns nicht vor.
Sie tragen vor, dass "das öffentliche Interesse nur dann gewahrt bleiben kann, wenn die Öffentlichkeit weiß, welche wertvollen Kulturdenkmale sie zu schützen und zu bewahren hat. Und für den Eigentümer heißt es doch, dass dieses Eigentum verpflichtet – es verpflichtet ihn zur Erhaltung des Kulturdenkmals.“ Die Sozialbindung des Eigentums, die ihren Niederschlag in Art. 14 Abs. 2 GG gefunden hat, in dem es wörtlich heißt, dass „Eigentum verpflichtet“, findet sich sinngemäß in § 6 Denkmalschutzgesetz (DSchG) wieder. Nach § 6 DSchG haben Eigentümer und Besitzer von Kulturdenkmalen diese im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten und pfleglich zu behandeln. Das Land trägt hierzu durch Zuschüsse nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bei.
Aber auch mit der Sozialbindung des Eigentums kann datenschutzrechtlich ohne eine diesbezügliche Ermächtigungsgrundlage nicht das Recht der Öffentlichkeit einhergehen, umfassend Einsicht in schutzwürdige personenbezogene Daten der Eigentümer und Besitzer von Kulturdenkmalen zu erhalten. Wir dürfen daher datenschutzrechtlich nur insoweit Daten übermitteln, als es konkret erforderlich ist, insbesondere für Planungen zu Bauvorhaben, Straßen- und Energietrassen etc. Da das DSchG Baden-Württemberg anders als in anderen Bundesländern keine Ermächtigungsgrundlage für eine weitergehende Veröffentlichung von Denkmaldaten enthält, ist es uns schlechterdings nicht möglich, Ihnen die gewünschten Informationen zur Verfügung zu stellen. Das öffentliche Informationsinteresse an der Bekanntgabe überwiegt das schutzwürdige Interesse am Ausschluss des Informationszugangs mithin nicht.
Ergänzend dürfen wir darauf hinweisen, dass nach § 14 Absatz 2 DSchG eine Einsicht in das Denkmalbuch zwar jedermann gestattet ist, aber nur dann, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt ist. Der Begriff des „berechtigten Interesses“ ist dabei eng zu fassen und die Darlegung eines berechtigten Interesses stets einer genauen Prüfung zu unterziehen. Insofern wird zunächst auf die obigen Ausführungen zur Abwägung zwischen dem öffentlichen Informationsinteresses an der Bekanntgabe und dem schutzwürdigen Interesse am Ausschluss des Informationszugangs verwiesen. Abgesehen davon wird in der Regel selbst Kaufinteressenten die Einsichtnahme in das Denkmalbuch mit der Begründung versagt, dass die Ernsthaftigkeit eines Kaufinteressenten grundsätzlich für die Behörde schwer überschaubar ist. Ein berechtigtes Interesse Ihrerseits haben Sie im Vergleich dazu nicht hinreichend dargelegt.
Soweit Sie auf § 25 UVwG abstellen, dürfen wir darauf hinweisen, dass die im Denkmalbuch des Regierungspräsidiums Stuttgart verzeichneten Informationen zu Kulturdenkmalen und Sachgesamtheiten keine Umweltinformationen im Sinne des § 23 Abs. 3 UVwG umfassen. Soweit Sie auf § 5 Absatz 2 VIG abstellen, dürfen wir darauf hinweisen, dass die im Denkmalbuch des Regierungspräsidiums Stuttgart verzeichneten Informationen zu Kulturdenkmalen und Sachgesamtheiten keine gesundheitsbezogenen Verbraucherinformationen im Sinne des § 1 VIG umfassen.
Nach alledem sehen wir keine Berechtigung für die Übermittlung aller im Denkmalbuch des Regierungspräsidiums Stuttgart verzeichneten Informationen zu Kulturdenkmalen und Sachgesamtheiten an Sie und müssten daher einen diesbezüglichen Antrag von Ihnen kostenpflichtig ablehnen. Für die Gebührenentscheidung wäre § 4 Abs. 2 und 4 Landesgebührengesetz (LGebG) maßgeblich. Danach legen die obersten Landesbehörden für ihre Geschäftsbereiche die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren durch Rechtsverordnung fest. Da in den Gebührenverordnungen (GebVO) sowohl des mittlerweile für Denkmalschutz und Denkmalpflege zuständigen Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft (MFW) als auch des hierfür früher zuständigen Innenministeriums (IM) noch kein spezieller Tatbestand für Entscheidungen nach dem LIFG aufgeführt sind, gilt der Auffangtatbestand unter "2 Allgemeine Verwaltungsgebühr" der jeweiligen GebVO:
„Ist für das Erbringen öffentlicher Leistungen in diesem Verzeichnis oder in anderen Rechtsvorschriften weder eine Gebühr noch Gebührenfreiheit vorgesehen, kann in allen Fällen nach § 4 Abs. 4 LGebG eine Gebühr von 3-10.000 Euro erhoben werden."
Die Höhe der Gebühr ist nach dem entstandenen Verwaltungsaufwand, der Bedeutung des Gegenstandes, Ihren wirtschaftlichen und sonstigen Interessen sowie Ihren wirtschaftlichen Verhältnissen zu bemessen. Mit Blick auf den Entwurf einer "Mantelverordnung der Ministerien zur Schaffung von Gebührenregelungen zum Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG)" mit Gebühren-Rahmen bis höchstens 500 € dürfte eine Gebühr in der Größenordnung von 100 bis 200 Euro für eine antragsablehnende Entscheidung angemessen sein.
Mit einer Veröffentlichung meiner Antwort unter
https://fragdenstaat.de bin ich nicht einverstanden und widerspreche daher einer solchen ausdrücklich.
Mit freundlichen Grüßen