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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Informationsfreiheitsanfrage zur MONITOR-Pressemeldung

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25. MAR. ZU10 15:14 BUNDESKANZLERAMT NINO

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sie auch Strompreisspitzen. Auf Grund ihrer begrenzten Kapazität und relativ hohen
Kosten eignen sie sich aber nicht zur Speicherung der großen Mengen an Energie,
die in einem Stromversorgungssystem mit sehr hohen Anteilen regenerativer
Erzeugung benötigt werden, um mehrtägige saisonale und wetterbedingte
Einspeiseextreme von Wind und Sonne auszugleichen. Dafür sind andere Konzepte
wie Saisonspeicher, Back-up Kapazitäten oder auch chemische Speicher
(Wasserstoff, Methan) erforderlich. Da die Kosten der Stromspeicherung sehr hoch
sind, stellt sich auch die Frage nach wirtschaftlich möglichst günstigeren Alternativen.
Hierzu gehören der Ausbau des Netzes und die Optimierung des Last- und
Erzeugungsmanagements (auch für Renewables), die Nutzung von thermischen
Speichern (um KWK verstärkt stromgeführt einsetzen zu können) und die gezielte
Mitnutzung von Speichern in Anwendungen, die ohnehin Speicher benötigen, wie
Elektrofahrzeuge.

Diese Aussagen gelten prinzipiell auch für Stromspeicher außerhalb von
Deutschland, z. B. in Skandinavien. Selbst wenn hier noch Standorte denkbar sein
sollten, ist ungeklärt, ob die skandinavischen Staaten - und erst Recht die lokalen
Behörden und Gruppierungen — einen Ausbau von Pumpspeicherkapazitäten, der
zudem für die eigene, nationale Stromversorgung nicht erforderlich ist, akzeptieren
würden. Die Diskussion über die ökologischen Auswirkungen eines
Pumpspeicherausbaus - Salz- oder Brackwasser aus den Fjordbasin müsste dafür
in das süsswassergeprägte Landesinnere gepumpt werden — hat z.B. in Norwegen
gerade erst begonnen. Hinzu kommt die Frage des notwendigen Netzausbaus, um
die anfallenden Strommengen quer durch Europa und über die Nord- und Ostsee
transportieren zu können.

Wie gesagt: Die Potentiale für Speicher werden ganz offensichtlich in
Deutschland und Europa überschätzt! Es ist fahrlässig, wenn ein
Energiekonzept erarbeitet würde, bei dem ein wesentlicher Pfeiler nicht
belastbar ist. Solange nicht klar ist, wie die Speicherkapazitäten tatsächlich
aussehen, braucht der Standort Deutschland eine verlässliche
Grundlastversorgung: Und die kann gegenwärtig nur von den Kernkraftwerken
und den fossilen Kraftwerken kommen!
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6:

Anhang: Bewertung der einzelnen Technologien:
1. Pumpspeicherkraftwerke (PSP):

PSP dienen im Wesentlichen dazu, Spitzenlaststrom bereitzustellen und
unerwartete Schwankungen im Stromverbrauch auszugleichen. Überschüssiger
Strom wird dazu genutzt, große Mengen Wasser in ein höher gelegenes
Reservoir in der Nähe zu pumpen. Wird der Strom knapper, wird Wasser
abgelassen und treibt Turbinen an, die wiederum Strom erzeugen.
Pumpspeicherkraftwerke arbeiten zu geringen Kosten, sind technisch ausgereift
und sehr zuverlässig; ihr Wirkungsgrad liegt zwischen 65 und 85 Prozent; sie
können auch als Langzeitspeicher dienen. In Deutschland gibt es PSP mit einer
Leistung von zusammen ca. 7.000 MW, in denen etwa 40.000 MWh Strom
gespeichert werden können, die je nach Anlage in einem Zeitraum von 4 bis 8
Stunden nutzbar gemacht werden können. Darüber hinaus sind weitere ca. 4.000
MW Turbinenleistung im benachbarten Ausland (Luxemburg, Schweiz,
Österreich) installiert, die für den deutschen Markt nutzbar sind. Bis 2020 ist ein
Ausbau um rd. 1.400 MW (Turbinenleistung) geplant. Mit diesem Ausbau dürften
die Zubaureserven in Deutschland dann weitgehend erschöpft sein.

Die Kapazität reicht bei weitem nicht aus, um die Fluktuationen auszugleichen:
So lassen sich in den Speicherbecken derzeit bei einer installierten Windleistung
von 25.800 MW in Deutschland gerade einmal etwas mehr als 1,5 h
Windvolllastleistung speichern und abrufen - und das auch nur dann, wenn alle
Speicherbecken gleichzeitig leer wären. Um bei einem 30 Prozent-Anteil des
Windes an der Stromerzeugung (Annahme BMU-Leitstudie für 2030) eine
durchschnittliche Windeinspeisung für eine Woche zu puffern, betrüge die
benötigte Speicherkapazität das 70-fache der heute in Deutschland verfügbaren
Pumpspeicherkapazität. Hinzu kommt, dass die Zentren der Windkraft im Norden
und die Lage der Pumpspeicher im Süden liegen. Die geographische
Begrenzitheit der Standorte für neue Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland und
deren mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung erfordern damit neue
Lösungsansätze.

Große Pumpspeicher befinden sich insbesondere in den alpinen Regionen der
Nachbarländer. Teilweise besteht dort auch die Möglichkeit, vorhandene große
Salsonspeicher mit einer Pumpfunktion nachzurüsten. An entsprechenden
Projekten wird z. B. in Österreich bereits gearbeitet. Diese Standorte sind
allerdings sehr weit entfernt von Gebieten mit hohem Windenergiepotenzial,
insbesondere von zukünftigen Off-Shore Windparks. In Norwegen sind rd. 28 GW
Erzeugung aus Wasserkraft installiert, jedoch lediglich 1,4 GW Pumpspeicher
vorhanden, in Schweden stehen 0,33 GW Pumpspeicher zu Verfügung,
Dänemark verfügt nicht über Speicher. Freie Übertragungskapazitäten in der
erforderlichen Größenordnung sind in den Netzen derzeit jedoch nicht vorhanden
und Genehmigungsverfahren für neue Leitungsprojekte gestalten sich
zunehmend schwieriger, Die Vorlaufzeiten von Leitungsbau- oder
Pumpspeicherprojekten beträgt häufig mehr als 10 Jahre.
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2. Druckluftspeicherkraftwerke

Eine langfristig attraktive Alternative ist das Druckluftspeicherkraftwerk: Mit Strom
wird Luft auf bis zu 100 bar komprimiert und in unterirdischen (Salz-)Kavernen
gepresst. Die Entladung des Speichers erfolgt durch die Entspannung der
komprimierten Luft in geeigneten Turbinen. Druckluftspeicherkraftwerke - oft
auch als CAES-Kraftwerke bezeichnet (CAES - Compressed Air Energy Storage)
— arbeiten in einem Leistungsbereich und mit Betriebscharakteristiken, die
Pumpspeicherkraftwerken ähnlich sind. Die realisierten Anlagen benötigen eine
Erdgaszufeuerung. Ihr Wirkungsgrad liegt heute bei rund 50 Prozent. In
Deutschland existiert derzeit ein Kraftwerk (Huntorf) mit einer Leistung von 290
MW, das über zwei Stunden Volllastbetrieb (580 MWh; Gasspeichervolumen
310.000 m?) ermöglicht.

Mit sogenannten „adiabaten“ CAES soll der Wirkungsgrad auf 70 Prozent
gesteigert werden, Dabei wird im Gegensatz zu heute bestehenden Anlagen die
bei der Kompression entstehende Wärme nicht verworfen, sondern wird
zusätzlich zur Druckluft in einem separaten Wärmespeicher gespeichert. Damit
kann die ansonsten benötigte Zufeuerung von Erdgas bei der Entladung des
Speichers entfallen. Der Speicher ermöglicht daher einen emissionsfreien
Betrieb.

Speicherkavernen für die Druckluft lassen sich in unterirdischen Salzstöcken
ohne Bergbau durch Aussolung erzeugen. Für den Wärmespeicher kommen
insbesondere Feststoffspeicher in Frage. RWE hat zusammen mit General
Electric (GE), Züblin und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
ein Projekt gestartet — Projekt ADELE, um diese neue Speichertechnik bis zur
Einsatzreife zu entwickeln. Ab 2013 plant RWE die Errichtung einer
Demonstrationsanlage. Die Leistung soll bis zu 300 MW betragen, und eine
Speicherkapazität von bis zu 1.000 MWh erreicht werden. Eine kommerzielle
ADELE-Anlage soll in der Lage sein, Ersatzkapazität bereit zu stellen und für eine
Dauer von fünf Stunden 60 hochmoderne Windräder zu ersetzen, Auf Grund der
erforderlichen Wärmespeicherung ist die Speicherdauer bei adiabaten
Druckluftspeichern auf ca. 3 Tage begrenzt.

Das Nutzungspotenzial der Technik - wesentlich mitbestimmt durch die
Verfügbarkeit geeigneter Salzformationen zur Erstellung von Speicherkavernen —
ist insbesondere an den nordwesteuropäischen Küsten nach bisherigen
Untersuchungsergebnissen sehr groß. Theoretisch besteht zwar ggf. eine
Standortkonkurrenz mit der Erdgasspeicherung, jedoch liegen die Erdgasspeicher
. d. R. in viel größerer Tiefe, als die für Druckluftspeicher benötigten Kavernen. In
der Bauphase der Kavernen muss die natürliche Sole abgeleitet werden, was
einen Zugang zum Meer oder die Verwendung des Salzes als chemischen
Grundstoff erfordert.
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25. MAR. 2010 15:14 BUNDESKANZLERAMT NR 2592 8 0,

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3. Elektrochemische Speicher

Neben der mechanischen Speicherung von Energie ist seit langem die
slektrochemische Speicherung in Batterien üblich — dies aber auf kleine
Leistungen begrenzt. Die Zahl der Materialkombinationen, die in solchen
Akkumulatorsystemen zum Einsatz kommen können, ist sehr groß. Kommerziell
verfügbar sind heute u. a. Blei-, Nickel-Cadmium-, Natrium/Schwefel und Lithium-
Ionen-Batterien. Letztere weisen großes Potenzial für mobile Anwendungen auf.

Traditionelle Blei-Säure-Batterien sind ausgereift und relativ zu anderen
Baiteriespeichern kostengünstig. Sie haben eine Lebensdauer von 6 - 12 Jahren
mit ungefähr 2.000 Entladezyklen. Sie finden, neben dem primären Einsatzgebiet
als Starterbatterien in Kraftfahrzeugen, Einsatz vor allem in netzfernen
Stromversorgungen, zur Stabilisierung von Netzausläufern und zur
Aufrechterhaltung von Frequenz- und Spannungsstabilität. Darüber hinaus
kommen diese Batterien in der Notstromversorgung zum Einsatz.

Nickel-Cadmium-Batterien sind aus technischer Sicht gut erprobt und bringen
insbesondere auch bei Minustemperaturen noch gute Leistungen. Auf dieser
Basis sind ähnliche Großbatterien im Betrieb wie auf Bleibasis. Deren Kosten
sind allerdings mindestens um den Faktor 2 bis 3 höher, Problematisch ist die
Notwendigkeit die Lade- und Entladevorgänge zeitlich so zu führen, dass die
Batterie keinen Schaden nimmt. Dies steht Anwendungen mit fluktuierenden
Leistungsflüssen entgegen.

Ähnliche Konzepte werden seit über 15 Jahren von einzelnen japanischen
Energieversorgern mit Natrium-Schwefel-Batterien verfolgt. Diese Batterien
benötigen jedoch eine konstant sehr hohe Befriebstemperatur (350 °C) und die
Kompetenz liegt i. W. in der Hand eines einzelnen Japanischen Herstellers. Beide
genannten Technologien verwenden größere Mengen umweltgefährdender
Stoffe.

Lithium-lonen-Batterien sind im Bereich portabler, mobiler Anwendungen
Innerhalb weniger Jahre zur wichtigsten Speichertechnologie geworden. Sie
zeichnen sich durch eine hohe gravimetrische Energiedichte und eine hohen
Zyklenwirkungsgrad aus. Lithium-Ionen sind zwar noch relativ teuer, aber die
weltweite Konzentration der Entwicklung auf Anwendungen im Fahrzeugsektor
könnte hier beschleunigte Fortschritte erreichen,

Allen Batterietechnologien gemeinsam ist, dass sie auf Grund der für
Energiesystemanwendungen geringen Speicherkapazitäten und begrenzten
Zyklenfestigkeit überwiegend in mobilen oder Insellösungen oder aber nur zur
sehr kurzfristigen Pufferung von Stromschwankungen zum Einsatz kommen.

Batterien mit flüssigen Elektrolyten, so genannte flow-batteries, sind Gegenstand
einiger Entwicklungsvorhaben. Durch die Speicherung der Elektrolyte in Tanıks
sind Leistung und Energie voneinander entkoppelt und flexibel in der Auslegung
auf unterschiedliche Anwendungen. Die hohen Kosten bzw. mangelnde
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Einsatzreife und Zuverlässigkeit stehen der kommerziellen Anwendung dieser
theoretisch interessanten Technologie aber entgegen.

Neben den für Energieversorgungsanwendungen 2. T. problematischen
technischen Eigenschaften sind Preis und Lebensdauer der Batterien
insbesondere im Vergleich zu Pumpspeichern und adiabaten Druckluftspeichern
deutlich nachteilig.

. Elektromobilität

Batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge können aus Erneuerbarer Energien
gespeist werden. Dazu müssen Lösungen zur mobilen Energiespeicherung, i. W.
Batterien, entwickelt werden, die den Anforderungen an Energieinhalt, Kosten,
Größe etc. genügen können. Die Vernetzung mit dem Energiesystem kann es in
Zukunft ermöglichen, Fahrzeugbatterien als einen großen verteilten Speicher zum
Ausgleich von Erzeugungs- und Lastschwankungen einzusetzen. Die Batterien
können überschüssigen Strom aus Emeuerbaren Energien zwischenspeichern
und in Zeiten hoher Nachfrage wieder ins Netz einspeisen. Auch helfen
Elektrofahrzeuge der Energiewirtschaft dabei, das Lastmanagement ihrer
Stromneize zu optimieren. Hierzu ist sowohl auf der Energie, wie auch auf der
Datenübertragungsseite von Netzen und Fahrzeugen noch signifikante F&E
erforderlich. Für den Antrieb der Autos steht die ins Netz zurück gespeiste
Energie selbstverständlich nicht mehr zur Verfügung.

Die Speicher reiner Elektrofahrzeuge weisen dabei eine Kapazität von 15 bis 40
kWh auf. Für die Speicherung einer durchschnittlichen Woche Windstrom (2.820
GWh) in 2030 wären damit zwischen 70 und 180 Mio. Fahrzeuge erforderlich. Die
für 2020 erwarteten 1 Mio. Fahrzeuge könnten zusammen mit 1 @Wh gerade
einmal soviel Energie speichern wie ein einziger Druckluftspeicher.

. Saisonspeicher:

Um auch die saisonalen Schwankungen der Erneuerbaren Energien ausgleichen
zu können, sind immense Energiemengen zu speichern. Dazu wären Speicher
mit einer Entladedauer im Bereich von mehreren Tagen und einer Leistung von
einigen 10 GW erforderlich. Diese Speicher würden aber nur wenige Lade-/
Entladezyklen pro Jahr durchführen. Nur derartige Langzeitspeicher hätten das
Potential, thermische Kraftwerke für die Reservehaltung zu ersetzen,

Da die Speicherung aufgrund der generell hohen Investitionskosten UMSO
wirtschaftlicher wird, je häufiger der Speicher zum Einsatz kommt, wird nach
kombinierten Nutzungen gesucht, Saisonspeicher sind üblicherweise
Wasserkraftwerke, da hier die Speicherdauer in Abhängigkeit der möglichen
Reservoire groß ist.

Insbesondere in den Alpen und in Norwegen werden die Saisonspeicher durch
natürlichen Wasserzufluss gespeist. Die Pumpkapazitäten in Norwegen sind mit
1,3 GW sehr limitiert und werden ausschließlich zum kurzfristigen
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Spitzenausgleich genutzt. Ein Ausbau wäre z. B. möglich, indem Stauseen mit
Pumpen nachgerüstet würden.

. Back-up Kapazitäten:

Die einzige realistische Alternative zum Saisonspeicher bieten Back-up
Kapazitäten in konventionellen Kraftwerken, d. h. Kraftwerke, die ggf. nur wenige
Stunden im Jahr ins Netz einspeisen, wenn durch Erneuerbare Energien oder
Speicher nicht genügend Energie bereit gestellt werden kann. Hierfür können
eigens so genannte Peak-Kapazitäten gebaut werden. Auf Grund ihrer geringen
spezifischen Investitionskosten kommen dabei insbesondere offene Gasturbinen
in Betracht. Alternativ können Kraftwerke, die anderenfalls stillgelegt würden,
weiter in Kaltreserve vorgehalten werden. Im Hinblick auf die wirtschaftliche
Bewertung ist entscheidend, ob offene Gasturbinen ihre Vollkosten bzw. die
sonstigen Back-up Kapazitäten ihre variablen Kosten verdienen können. Sind die
Spreads zu niedrig, gibt es für Betreiber keinen Anreiz, entsprechende
Kapazitäten vorzuhalten.

. Erneuerbare-zu-Gas Technologie:

Als dritte aktuell diskutierte Alternative für eine Langzeitspeicherung ins Gespräch
gebracht wird synihetisches Methan als chemische Speicherung von Strom aus
Erneuerbaren Energien. Dazu wird zunächst über einen Elektrolyse-Prozess
Wasserstoff erzeugt, wenn z. B. überschüssiger Windstrom zur Verfügung steht.
Dieser könnte direkt in Salzkavernen gespeichert und dann in (noch zu
entwickelnden) Turbinen zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Da der
Wasserstoff aber relativ schwer zu handhaben ist und vor allem eine
(kostenintensive) Hz-Infrastruktur nicht zur Verfügung steht, soll der Wasserstoff
noch am Ort seiner Herstellung unter Hinzugabe von CO: in Methan
umgewandelt werden, Dieses könnte dann über das bestehende Erdgasnetz
transportiert werden. Zur Speicherung stehen die normalen Erdgasspeicher zur
Verfügung.

Der Wirkungsgrad dieses Prozesses liegt nach Abschätzungen des IWES
allerdings nur bei rund 30 Prozent. Das technische und energiewirtschaftliche
Potential dieser Technologie ist aber noch lange nicht erforscht. Elektrolyseure in
der erforderlichen Größenordnung existieren nicht und sind empfindlich
gegenüber Lastwechseln, wie sie gerade in dieser Anwendung typisch sind. Auch
sind keine geeigneten, großen Methanisierungsanlagen verfügbar. Aus Sicht der
Energiebilanz ist fraglich, ob die Vorteile dieser Technologie den geringen
Energienutzungsgrad ausgleichen. Zahlreiche technische Fragen und die
Wirtschaftlichkeit sind nicht geklärt.
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Folgen einer Abschaltung von Kraftwerken (weitgehend KKW) südlich

der Main-Linie für die Netzbelastung

 

Der Ausbau der Winderzeugung an der Küste und die gleichzeitig von Teilen
der Politik geplante Abschaltung von Kernkraftwerken südlich der Main-Linie
werden zu einer Instabilität des Netzes und zum Zerfall Deutschlands in zwei
Preisgebiete führen. Abhilfe könnte nur die zügige Verwirklichung der so ge-
nannten „DENA-Ausbaustrecken“ im deutschen Übertragungsnetz schaffen.
Die Inbetriebnahme dieser DENA-Strecken wird sich allerdings auf 2015, wahr-
scheinlich sogar später, verzögern. Wenn das Ziel eines weiteren Ausbaus der
Windenergie erreicht werden soll, muss alles daran gesetzt werden, möglichst
viel Kraftwerksleistung südlich der Main-Linie — darunter alle verfügbaren
Kernkraftwerke - bis auf weiteres am Netz zu halten.

Die regenerative Erzeugung und hier insbesondere die Offshore-Windenergie-
Erzeugung wird sehr umfassend ausgebaut:

« 2010 sind 20.000 MW Winderzeugungsleistung in den deutschen Küstenlän-
dern installiert

« bis 2015 ist mit mehr als 30.000 MW Winderzeugungsleistung Offshore und
küstennah zu rechnen.

Diese fluktuierenden Leistungen müssen vom Norden in Richtung der Lasizentren im
Süden übertragen werden. Die Zunahme der Windenergieerzeugung in den nördli-
chen Anrainerstaaten (NL, DK) verstärkt diesen Effekt noch weiter.

Dieses Ungleichgewicht verstärkt sich, wenn kurzfristig Kraftwerksleistung im Süden
(maßgeblich ist die Linie Rhein-Main-Thüringen) abgeschaltet würde. Mit den Kraft-
werken Neckarwestheim 1 (785 MW), Biblis A/B (2.400 MW), Isar 1 (878 MW), Gra-
fenrheinfeld (1.275 MW) und Phillipsburg 1 (890 MW) wären ausgerechnet im Süden
der Bundesrepublik rund 6.200 MW von einer laufzeitbedingten KKW-Abschaltung
bis zu kritischen Zeit ab 2015 betroffen.

Damit stiege die in den Süden zu übertragende Leistung deutlich an, bevor die dafür
erforderlichen Netzverstärkungen bereit stehen. Die wesentlichen in der DENA-
Studie! und im Energieleitungsausbaugesetz identifizierten Strecken werden erst ab
2018/2016 mit dem Risiko weiterer Verzögerungen in Betrieb gehen. Ursächlich für
diese Verzögerungen sind erforderliche Neuplanungen aufgrund des Energielei-
tungsausbaugesetzes, die Diskussion um Erdkabel und örtliche Widerstände gegen
den Leitungsbau,

Als Folge werden spätestens ab 2015 zwangsläufig strukturelle Engpässe innerhalb
des deutschen Übertragungsnetzes auftreten‘, Strukturelle Engpässe sind laut Ener-
giewirtschaftsgesetz mit marktorientierten Maßnahmen zu „bewirtschaften". Bewirt-
schaften heißt hier: Versteigerung der vorhandenen Übertragungsleistung an
den Engpässen mit der Folge, dass der deutsche Stromgroßhandel in zwei

Ba Dur ee
' Energiewirtschaftliche Planung für die Netzintegration für Windenergie in Deutschland an Land und Offshore
bis 2020. Deutsche Energie-Agentur, Berlin, 24.2.2005.

* zur konkreten Gefahr von strukturellen Engpässen siehe auch: Monitoringbericht 2009. Bundesnetzagentur,
Bonn, 2009. S. 12££.
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Preisgebiete zerfallen wird - in eine norddeutsche Niedrigpreiszone mit hoher
Überschusseinspeisung und in eine süddeutsche Hochpreiszone mit Unterde-
ckung.

Fazit: Solange die offensichtlichen Netzausbauschwierigkeiten nicht behoben sind,
ist das Abschalten von Kernkraftwerken auch aus Gründen der Versorgungssicher-
heit nicht zu verantworten.
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Kernkraftwerke und Klimaschutz

Noch bis vor wenigen Wochen gab es im energiepolitischen Bereich nur ein
Thema: Klimaschutz, die Reduktion von CO;. Davon hört man in Berlin
gegenwärtig wenig. Vor allem dann nicht, wenn es um das Thema
Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke geht. Das ist nicht nachvollziehbar:
Beide Themen gehören zusammen. Die Bundesrepublik wird ihr
selbstgesetztes Klimaziel verfehlen, wenn tatsächlich Kernkraftwerke vom Netz
gehen würden.

Die Europäische Union hat sich unkonditioniert verpflichtet, die Emissionen an
Treibhausgasen bis 2020 um mindestens 20 % gegenüber 1990 zu reduzieren. Das
bedeutet unter anderem, dass die EU-weit gültige Emissionsobergrenze für den
Emissionshandelssektor nach 2012 Jahr für Jahr um 1,74 % abgeschmolzen wird.
Dieses EU-weit gültige Cap gilt immer - unabhängig vom Weiterbetrieb der
Kemkraftwerke in Deutschland.

So gesehen können die Klimapolitiker in Berlin eigentlich beruhigt sein. Doch für
diese Beruhigungspille gibt es keinen Grund: Bei Abschaltung der Kernkraftwerke in
Deutschland müsste deren Stromerzeugung ersetzt werden:

Die erneuerbaren Energien werden bereits so schnell wie möglich ausgebaut. Das
heißt: Der zusätzliche Strom aus erneuerbaren Energien verdrängt entweder fossile
Kapazitäten in Deutschland (dann kommt es zu einer Reduktion der CO;-Emissionen
in Deutschland), oder aber er ersetzt die Kernenergie (dann ersetzt CO-freier Strom
CO; freien Strom und es gibt keine Emissionsreduktion).

Je nach Schätzungen führt der Vergleich „Emeuerbare ersetzen fossile Kapazitäten“
mit „Erneuerbare ersetzen Kernenergie" in 2020 zu Mehremissionen zwischen knapp
60 und gut 120 Mio. t CO..

Mit dem Emissionshandel ist dafür gesorgt, dass das EU-weite Cap eingehalten wird
nur würden die CO>-Reduktionen aufgrund der teuren Minderungspotentiale nicht in
Deutschland, sondern in allen EU-Staaten erfolgen.

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In der Koalitionsvereinbarung heißt es aber zu diesem Thema:

„Wir werden für Deutschland einen konkreten Entwicklungspfad festlegen und
bekräftigen unser Ziel, die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent
gegenüber 1990 zu senken“

Was heißt das? Deutschland wird seine Vorbildfunktion in Sachen Klimaschutz nicht
gerecht werden können, wenn es keine Laufzeitverlängerung geben sollte,

Übrigens: Diese Koalitionsvereinbarung ist unter maßgeblicher Beteiligung von
Bundesumweltminister Norbert Röttgen erarbeitet worden. Auf dieses Papier
verweist er bei jeder sich bietenden Gelegenheit.
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